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Kapitel 1. Kristiansand - Haugesund
Kapitel 2. Insel Stord und Bergen
Kapitel 3. Shetlands und Schottland (Highlands)
Kapitel 4. Aberdeen - Edinburgh
Kapitel 5. England

15 Samstag, 28.6., Inverness - Buckie, 118 km

Hinter Inverness führt die Strecke weg von der Küste durch welliges Gelände durchsetzt von Wiesen, Wäldchen und kleinen Flüssen. Die Strecke ist praktisch verkehrsfrei. Statt der bisherigen Urlandschaften hat man es hier mit "normalem" landwirtschaftlich genutztem Terrain zu tun. So kommt man in den Ort Nairn, wo eine schmale Brücke als Fotomotiv dient.


Brücke in Nairn

Wieder näher an der Küste folgt Brodie Castle, damit man auch mal eines dieser legendären britischen Schlösser zu sehen kriegt. Der Ort Dyke gleich danach bietet eine hübsche Kirche samt altem Friedhof und ein paar gepflegte blühende Gärten.


Brodie Castle

Kirche in Dyke

Häuser in Dyke

In der freien Natur blühen entlang den Flussläufen ganze Dschungel der Herkulesstaude - die vielen Naturfreunden ein Dorn im Auge ist, weil sie nicht Teil der heimischen Flora ist. Hier scheint sie niemanden zu stören.


Flussufer mit Herkulesstauden

Bailey Bridge

Blick auf Forres

Kurz vor Forres wieder eine dieser unverhofften kleinen Brücken (Bailey Bridge). Dann aber komme ich direkt auf der Hauptstraße raus, auf der die Stadt Forres  durchquert wird, bis bei dem Stichwort "Mill of Grange" die Radroute wieder gefunden wird. Bei strahlender Sonne durchradelt man eine farbenfrohe Landschaft. Spannend wird es dann in der Stadt Elgin. Da hat man die Route so abenteuerlich am Fluss entlang verlegt, dass ich nach einer regelrechten Schnitzeljagd den Radweg nur mit Mühe wieder finde.

Die nächste Attraktion ist eine alte Eisenbahnbrücke über die verzweigte Mündung des River Spey. Gleich dahinter kann man einen schönen Rastplatz an einem stillgelegten Flugplatz finden. Es ist interessant, wie die Natur die einst weitläufig betonierten Flächen zurück erobert. Ein Rehbock leistet mir bei der Rast Gesellschaft - d.h. nicht ganz, denn er springt gleich wieder ins Gebüsch.


Alte Eisenbahnbrücke

über die Mündung des River Spey
Das letzte Stück für heute führt direkt an der Küste entlang und bietet damit noch einen farbenfrohen Höhepunkt. In dem Ort Buckie finde ich keineswegs ein B&B an jeder Ecke, wie ich es erwartet hatte. Und das Hotel am zentralen Platz steht zum Verkauf, damit ist es auch nichts. In einer Seitenstraße finde ich schließlich das The Old Coach House Hotel und da komme ich gut unter. Obwohl hier gerade wieder ein Festival abläuft, das heißt "Lost Weekend" oder so.


Abendsonne in Buckie

Noch ein Foto in der Abendsonne, dann flüchte ich vor den herum geisternden Jugendlichen, die hier wie allerorten besonders an Wochenenden ausschwärmen. Zu tun gibt es genug, mal wieder rasieren, Wäsche waschen. Das ist überhaupt das Größte, das Waschen, da braucht man fast gar kein Gepäck mehr, wenn man sich nur auf die unbedingt nötigen Kleidungsstücke beschränkt.

Die Nacht ist hier nicht ganz so ruhig. Möwen sind untereinander wohl nicht ganz so verträgliche Nachbarn, was man aus ihren akustischen Kommunikationen ableiten kann. Aber da gewöhnt man sich schnell daran, es gehört schließlich zum Flair eines Küstenortes.

16 Sonntag, 29.6., Buckie - Tarves, 115 km

Den ersten Abschnitt heute früh fahre ich auf der Hauptstraße direkt am Meer. An einem Sonntagmorgen ist das kein Problem. Man passiert Orte mit wundersamen Namen wie Portessie, Findochty oder Portknockie. Irgendwo zwischen den Klippen (bei Cullen) hat man einen Golfplatz angelegt. Da schlagen gerade zwei ab, beim ersten gibt es ein schales Geräusch und der Ball trudelt nach 20 m oder so aus. Der zweite dagegen hat wohl voll getroffen, denn ich sehe den Ball weder fliegen noch landen. Da fährt man besser weiter, da ist noch ein schöner Eisenbahnviadukt, auf dem man nun wandern oder radeln kann.

Dann geht es wieder über die Felder, und in dem Ort Fordyce gibt es einige alte Gemäuer zu sehen. Dann kommt man nach Portsoy, wo heute ein Hafenfest gefeiert wird. Das kostet natürlich Eintritt. Man kann aber das kassierende Mädchen davon überzeugen, dass man nur auf der Durchfahrt ist, und für ein Foto darf ich kostenfrei passieren.

Hinter dem Ort Banff geht es lange in einem Flusstal des River Deveron entlang und man kommt dann in die größere Stadt Turiff. Von diesem Ort kriegt man nicht so viel mit, da geht es einfach am Fluss lang. So geht es weiter bis zu dem Ort Maud, wo es wieder spannend wird. Ab hier führt die Route auf der ehemaligen Buchanan-Bahntrasse dahin. Stellenweise etwas grob geschottert, aber meistens gut befahrbar.
Wieder durch die Felder bis ich ein Hinweisschild übersehe, geradeaus weiter fahre und mich in einem Ort wiederfinde, der gar nicht an der Route liegt. Es ist nur schwer, sich wieder richtig einzuordnen, es gelingt schließlich mit Hilfe eines Flusses und dessen Strömungsrichtung. Aber so an die 4 Meilen Umweg sind zu beklagen. Danach bin ich reif für ein Quartier und bemühe mich in dem Ort Tarves um eine Bleibe. Man schickt mich einen Ort weiter, der heißt Pitmedden. Wie so oft - hätte ich beinahe gesagt - leider weil selten steht plötzlich ein Schild an der Straße mit der Verheißung Farmhouse -B&B. Dann nichts wie hin. Eine freundliche Dame erscheint und der Dialog ist: "Can I stay overnight here?" "Yes, you can". Der Hund namens Cate begrüßt mich gleichermaßen freudig. Das ganze nennt sich Coulliehare Farm und wird gastfreundlich von Evelyn Snidtker betrieben.

Am Abend fahre ich dann noch in den besagten Ort Pitmedden, wo sogar am späten Sonntag noch ein Geschäft geöffnet hat und wo man telefonieren kann.

17 Montag, 30.6., Tarves - Arbroath, 142 km

Heute fahre ich bis an den Stadtrand von Aberdeen wieder mit großem Genuss auf der alten Bahntrasse "Formatine and Buchanan Way". Oftmals scheucht man scharenweise Hasen vor sich her, die hier in den Böschungen ihr Eldorado finden. Nachdem man die Großstadt Aberdeen erreicht hat, wird man an diese Hasenjagd erinnert, nur dass jetzt die Rollen vertauscht sind und man selbst der Hase ist. Im dichtesten Verkehr muss man sich bis in die Innenstadt vorkämpfen. Ich teile mit vielen anderen die Abneigung gegen Städte und pfeife auf deren Sehenswürdigkeiten. Trotzdem lande ich genau vor der Touristeninformation, und das ist entscheidend. Denn sie haben tatsächlich die Sustrans-Radkarte vorrätig für das folgende Stück bis Edinburgh. Die Karte würde ständig gekauft, meint die Angestellte. "I hope so" sage ich.


Aberdeen

Über die Victoria Bridge und am Hafen entlang ist man schnell wieder raus aus der Stadt und oben am Leuchtturm und der Nigg Bay hat man endlich seine Ruhe. Es geht nun schön immer an der Küste weiter. In Portlethen geht es in das Landesinnere, wobei man auf einem unwegsamen Steig an einem Steinkreis vorbei geführt wird. Am originellsten sind dort die aufgestellten Schilder (Beware Dogs in Field).

Die Route windet sich danach ziemlich durch die Landschaft, bis man den malerischen Küstenort Stonehaven erreicht. Oberhalb der Stadt hat man eine schöne Aussicht über den Ort.

Stonehaven

Wo die Hauptstraße näher an der Küste entlang führt, fahre ich auf dieser - natürlich mit Rückenwind. Da kommt man doch sehr schnell voran. Spätestens in Inverbervie bleibt einem sowieso keine andere Wahl, weil der Weg an der Küste sehr grob geschottert ist. Vier alte Männer auf einer Bank müssen noch aufs Bild. Ich murmele noch etwas von "Nice Place here" und vernehme so was wie "If you sit here twenty years?". Dann bin ich schon um die Ecke verschwunden.


Vier Männer und eine Bank

Eisenbahnbrücke in Montrose
Nun geht es ruck zuck nach Montrose, und da erlebe ich auch nichts weiter aufregendes. Der Verkehr in Montrose ist allerdings wieder aufregend und man gelangt schließlich über eine Brücke wieder in stilleres Fahrwasser.

Damit ist das letzte Teilstück für heute erreicht. Monoton fahre ich dahin, es wird noch die Ruine des Red Castle passiert, die sieht aus wie ein Pferdekopf. In Arbroath wird man über einen sog. Nature Trail in den Ort geführt. Da läuft einem gleich das Wasser im Mund zusammen, denn es scheint hier eine Menge Fischräuchereien zu geben. Aber erst muss ich ein Quartier finden. Nach einigen vergeblichen Versuchen lande ich in dem Guesthaus The Pend, das etwa den Eindruck einer Backpacker-Unterkunft macht. Hauptproblem ist das Fahrrad, wo kann man das lassen. Die Lösung ist schließlich eine benachbarte Kneipe, wo es in einem Abstellraum landet. Zum Abendessen kann ich leider nicht von den Fischräuchereien profitieren. Stattdessen gibt es Fish’n Chips vom Takeaway, die ich dann in meiner Bude mit den Händen verzehre - gut, dass mir keiner dabei zusieht. Die anscheinend größte Sehenswürdigkeit des Ortes: die Ruine der Abbey von 1148.

18 Dienstag, 1.7., Arbroath - Edinburgh, 136 km

Beim Frühstück wird mir die Frage gestellt, ob ich auch den Ort Auchmithie - ein paar Meilen vor Arbroath - besucht hätte. Leider nicht, der lag nicht direkt an der Route. Ob er mich hinfahren solle, fragt der Chef, aber ich verzichte - neue Herausforderungen warten.

Bis Monifieth, das ist schon ein Vorort von Dundee, kann man gut auf der Landstraße (A930) fahren. Dann kommt wieder ein Schloss und das heißt Broughty Castle. Die Stadt Dundee kann man rechts liegen lassen, wenn man sich immer am Wasser des Firth of Tay entlang hangelt. Das verhindern dann aber einige Industrie- und Hafenanlagen. Schließlich findet man sich unter der Autobrücke über den Firth wieder. Erst auf den zweiten Blick finde ich den Aufzug, der für Kinderwagen, Rollstühle und Radfahrer eingerichtet ist. Dann geht es endlich über die Tay Road Bridge, die ist über 2 km lang, auf Betonpfosten erbaut  und die längste Flussbrücke auf der britischen Insel. Für den nicht motorisierten Verkehr ist eine Spur in der Mitte vorgesehen. Rechts liegt die Eisenbahnbrücke, über die es eine Geschichte gibt.


Broughty Castle

Tay Rail Bridge

Aufzug an der Road Bridge

Darüber erfährt man am anderen Ende der Brücke auf einer Schautafel. Die Eisenbahnbrücke, damals die längste Brücke der Welt, stürzte im Jahre 1879 vier Tage nach Heiligabend während eines Sturmes ein, als gerade ein Zug darüber fuhr. Es gab 75 Tote und keine Überlebenden. Es gibt darüber ein schauriges Gedicht von Theodor Fontane, und das beginnt mit dem Spruch von drei Hexen: "Wann treffen wir drei wieder zusamm?".

So kann man mit etwas Gruselgefühlen die Stümpfe der alten Brücke betrachten, die noch immer aus dem Wasser ragen. Nach so einer Brückenüberquerung hat man immer das Gefühl, dass ein neuer Abschnitt der Reise beginnt. Neu ist allerdings nicht, dass es wieder munter auf und ab geht, mit zum Teil herrlichen Ausblicken auf den River Tay. In Newburgh ist Schluss, ab da geht es wieder in das Land. Das Wetter hat sich eingetrübt und meine Stimmung ist heute nicht ganz so gut, während das Bergmassiv West Lomond auf einsamen Wegen umfahren wird. Obwohl die Berge nur um die 500 m hoch sind, sind sie von Wolken umwabert. Bei Kinross passiert man das Loch Leven, von dem aber auch nicht so viel zu sehen ist.

Eine Bergüberquerung ist noch angesagt, die ist ganz angenehm zu fahren, dann wieder eine alte Bahnstrecke bei Dunfermline, und irgendwann sieht man die nächsten großen Brücken vor sich. Es dauert aber noch eine Weile, bis man durch die dichtbesiedelten Küstenregionen durchgeschleust worden ist. Dann ist es endlich so weit, und man erreicht die Forth Road Bridge. Auch die ist fast 2 km lang und war bei ihrer Erbauung 1964 die längste Hängebrücke in Europa. Noch eindrucksvoller ist die Eisenbahnbrücke daneben mit mächtigen Fachwerkbögen, erinnert geradezu an die Brücke am Kway, oder wie man sich die vorstellt.


Forth Rail Bridge

Man kommt dann auf der anderen Seite des Firth of Forth in Queensferry an. Von hier bis Edinburgh sind es noch an die 20 km, die ganz gut geführt und ausgeschildert sind. Wieder auf einer Bahntrasse entgeht man dem Verkehr. Bei der Ankunft in Edinburgh in der Nähe von Haymarket nehme ich mir vor, die erste Übernachtungsmöglichkeit wahrzunehmen.

Das ist wieder ein Glücksgriff und heißt Glenerne, 4 Hampton Terrace. Es ist ein altes viktorianisches Haus mit entsprechender Einrichtung und alten Gemälden im Treppenhaus. Ich bekomme ein geräumiges Zimmer mit anschließendem Badezimmer. Vor 15 Minuten noch erschöpft und verschwitzt auf der Straße, nun in der Badewanne im warmen Wasser liegend, finde ich wieder einmal, dass die Welt doch sehr schön ist.

Obwohl gleich gegenüber ein Japan-Restaurant ist, bin ich zu faul (und sparsam), um noch einmal hinaus zugehen. Stattdessen bewundere ich die Gartenkulisse draußen vor dem Fenster, die vom letzten Licht der untergehenden Sonne illuminiert wird.


Gartenpanorama

19 Mittwoch, 2.7., Edinburgh - Kelso, 137 km

Von meinem Quartier ist man schnell im Zentrum von Edinburgh,  Princess Street und so. Hier kann man sich mit den doppelstöckigen Bussen anlegen, mit denen die Cyclisten die Fahrspuren teilen. An einer Ampel anfahrend passiert es mir, dass ich einen Bus zur Linken und einen zur Rechten habe, und die beiden sich dann anschicken "zuzumachen", d. h. ich gerate um ein Haar in die Quetsche. Danach fahre ich auf dem Fussweg...

Sonst will ich auch mit Edinburgh nichts zu tun haben und vertraue darauf, wieder auf den ausgeschilderten Radweg zu stoßen, der die Ausfallstraße irgendwo kreuzen muss. Das kriege ich natürlich nicht mit und fahre viel zu weit raus. Immerhin kann ich dadurch berichten, dass sich hier ungezählte Guesthouses, B&Bs und private Hotels angesiedelt haben. Irgendwann beschließe ich zurück zu fahren, und das führt mich dann wieder ins Zentrum bis zum Tevot Place, den finde ich endlich auf dem Stadtplan. Trotzdem bleibt die Angelegenheit ein Mittelding zwischen Schnitzeljagd und Ostereiersuchen. Schließlich erreicht man einen ehemaligen Eisenbahntunnel, wo die Radreise nun richtig beginnen kann.


Tunnel in Edinburgh

Garvald Lodge

Lange Abfahrt

Das geht eine ganze Weile gut. Und dann kommt man doch an eine Stelle, da ist die Route gesperrt und man wird auf eine Umleitung mit Umweg gezwungen. Eine Weile geht es noch ein wenig mühsam durch die Vorstädte von Edinburgh, bis man wieder auf eine Landstraße in freier Natur trifft. Dafür sind alsbald Steigungen angesagt. Die beginnen hinter der Brücke über den River South Esk hinauf in die Moorfoot Hills. Die Ausblicke auf die Küste und die Stadt Edinburgh sind aber so faszinierend, dass man da ziemlich leicht hinauf kommt. Schließlich erreicht man hinter einer Kurve die Passhöhe. Nun öffnet sich ein langes grünes Tal, da geht es hinunter mit 40 km/h ohne bremsen oder gar treten zu müssen. Die Berghänge zeigen keinen Baumbewuchs, einige Heideflächen, die sich anschicken zu blühen. An einer Stelle ist schon eine große rot überflorte Fläche, leider lässt die Beleuchtung kein Foto zu.

Unten an der Abzweigung der B709 und einem kleinen Fluss da blühen wieder üppig meine Gauklerblumen. Am Hang liegt ein einsames Anwesen, das nennt sich wohl Garvald Lodge. Es geht weiter in dem schönen kahlen Tal, leicht ansteigend und dann am Leithen Water hinab nach Innerleithen. Hier erreicht man nun den River Tweed, an dem entlang die weitere Route zurück zur Küste führen wird. Unter der Straßenbrücke bieten sich einige hübsche Szenen,. Hier kann ich auch endlich eine Nahaufnahme meiner Gauklerblume machen, mit dieser Kamera wird die leider nur unscharf.

Das Tal, das man nun hinunter fährt, erinnert schon eher an die Deutschen Mittelgebirge. Der River Tweed nimmt nach einigen Nebenflüssen schnell an Breite zu. Man erreicht die Orte Galashiels und Melrose, die etliche Sehenswürdigkeiten aufweisen. Leider bin ich wohl an den Ruinen der berühmten Melrose Abbey vorbei gerauscht, sicher ging es gerade bergab oder der Rückenwind hat mich vor sich her getrieben. Dafür bekommt man eine Straße ganz für sich, da sie durch Gattertore für den restlichen Verkehr gesperrt ist. Bei dem Ort Newton St. Boswells ist wieder eine spektakuläre Hängebrücke.


Dryburgh Bridge
Gleich darauf wieder "eine der schönsten Telefonzelle der Welt". Dort kann ich zu Hause anrufen, von unterwegs diesmal, Quartier findet man hier an jeder Ecke - so meine ich. Wann ich denn nun wieder nach Hause käme, meint Heidi. "Aber heute ist doch erst Mittwoch" sage ich. Da sind die eingeworfenen Münzen auch schon aufgebraucht.

Schönste Telefonzelle der Welt?

Schilderwald

Ich habe danach einen Blackout, trotz eines Schilderwaldes am Wege, das muss auch einmal gesagt sein. Ich bilde mir ein, auf der falschen Strecke zu sein und fahre nach etlichen Steigungen eine knappe Meile zurück. Da stelle ich fest, dass die Richtung doch stimmte. So bin ich an einem Garten mit einem freundlich grüßenden Gentleman schließlich dreimal vorbei gekommen - was der sich wohl gedacht haben mag.

Weiter durch die Felder, an einsamen Gehöften vorbei. Einmal passiere ich ein Individuum, das ist ein alter Mann mit nur einer Plastiktüte als Gepäck. Der studiert gerade angelegentlich seine Wanderkarte. Da er mich nicht zur Kenntnis zu nehmen beliebt, fahre ich lieber an ihm vorbei und kann nun nichts Näheres über die Lebensumstände dieses "Tramps" berichten. Schnell ist man dann in der Stadt Kelso, wo ich nach einem Quartier Ausschau halte. Zu regnen beginnt es außerdem.

Wieder einmal blitze ich ordentlich bei verschiedenen B&Bs oder Guesthouses ab. Angeblich haben die alle "full". Erst im "The Queens Head Hotel" erfahre ich von einem freundlichen Herrn den Grund: es  findet gerade eine Ralley im Gedenken an den Autorennfahrer Jim Clark statt, der hier aus der Gegend stammt und 1968 auf dem Hockenheimring bei einem unbedeutenden Rennen ums Leben gekommen ist. Nun ist in dieser Stadt alles vor- und ausgebucht. Nur dieses Hotel wurde bis vor kurzem noch renoviert, da gab es keine Vorbuchungen. Ich darf "just in time" einchecken. Mal wieder großes Glück gehabt.


Kelso

Beim Herumsuchen hatte ich ein "Pizza Take Away" erspäht, das ist heute für die Abendverpflegung ausersehen. Eine Seafood Pizza, 10 Zoll Durchmesser oder so, wird mir eingepackt, nachdem ich die Wartezeit mit einem Blick auf die Flussauen des River Tweed, einem auf den Eingang zum Park des Floors Castle und einem auf die Kelso Abbey überbrückt habe. Dann mit der Pizzatüte schnell an dem freundlichen Herrn an der Rezeption vorbei gemogelt, und in meinem Zimmer verzehre ich die Pizza mangels Besteck mit Taschenmesser und Teelöffel. Geht prima und schmeckt hervorragend.

Hinter dem Hotel steht inzwischen auf einem Anhänger ein aufgebockter Porsche, der hat wohl auch noch just in time eingecheckt.


Kapitel 5. Kelso - York/Hull
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