Kapitel 1: Ankunft, Markttag in Ierapetra
Kapitel 2: Sitia, 7 Bergdörfer
Kapitel 4: Festos, Matala
Kapitel 5: Ag. Nikolaos, Spinalonga

Drei Badetage

Da man schon wegen der Entfernungen nicht jeden Tag etwas unternehmen kann, das Wetter wunderschön ist und wir ausreichend Lesestoff haben, läßt es sich am Strand herrlich leben. Das glasklare Wasser läd nicht nur zum Schwimmen ein. Leider habe ich als Brillenträger ein paar Probleme mit dem Schnorcheln. Einmal fehlt es an einem Schnorchel, aber man kann ja auch die Luft anhalten. Schwieriger ist das mit einer Taucherbrille, die man schlecht wasserdicht über die Brillenbügel stülpen kann. Ich bin aber seit Jahren im Besitz einer auf die Kurzsichtigkeit eingerichteten Schwimmbrille (von Fielmann), die habe ich noch nie ausprobiert.. Die Brille kneift zwar furchtbar, aber um so wasserdichter müßte sie ja dann eigentlich sein. Also ab zwischen die Felsen, mal sehen, ob es hier Seeigel gibt.

Der erste Blick ist wunderbar, ein Schwarm kleiner Fische wuselt herum. Der Grund und die Felsen erscheinen auf Armlänge entfernt, sind aber viel weiter weg. Einmal Luft geholt, der zweite Blick ist weniger angenehm, alles verschwommen und es brennt in den Augen. Natürlich ist die Brille voll Wasser gelaufen. Weitere Versuche gehen genauso aus. Jedenfalls gibt es keine Seeigel.

Da gibt es an Land mehr zu sehen. Das Ehepaar, das mit uns angekommen ist, hat auch merkwürdige Badegewohnheiten. Sie suchen sich immer einen Platz auf einer Klippe aus, und stehen dort ausdauernd mit erhobenen Armen der Sonne zugewandt oder machen Freiübungen. Wir dagegen haben an den Innenseiten ganz weiße Arme. Wo sich beim Halten des Buches Hautfalten bilden, bleiben keilförmige weiße Stellen von der allseitigen Bräunung ausgenommen. Das kann man eben mit diesem Klippentrick vermeiden.

Wir haben auch noch eine vollbusige Blondine im Visier, die beim Abendessen immer in vorteilhaftester ihre Reize betonenden Garderobe erscheint. Die planscht zuweilen lustvoll mit ihrer Luftmatratze in den Wellen, zum Glück oben ohne. Manchmal fällt sie von ihrer Luftmatratze herunter, da lachen wir dann. Sie hat auch mit einem eigenartigen Individuum angebändelt, der trägt einen Vollbart, eine Schiffermütze, ein rotes Hemd und grüne Weste. Er schleppt ein Buch mit sich herum, das hat den Titel Der Mönch.

Ein anderes Mädchen aus dem Hotel ist schwarzhaarig und beneidenswert braun gebrannt. Wenn die neben einem steht, muß man allerdings den Kopf in den Nacken legen, um bis zu ihrem oberen Ende zu gucken. Die nennen wir "der braune Kannister".

Unser Strandkassierer Stefanos kommt an einem Tag anscheinend besser gelaunt als sonst zu uns und kassiert nur 1000 Drachmen statt 1400. "Du verstehen, Chef nix Kontrolle, kein Problem" zwinkert er uns zu. Dafür haben wir ihm die anderen Tage immer 100 Drachmen Trinkgeld gegeben, wodurch sich die Ersparnisse wieder aufheben.

Das Wetter ist jeden Tag gleich, was den wolkenlosen Himmel angeht. An manchen Tagen ist es zwar dunstiger, was weniger stört. Was aber stark wechselt ist der Wind. Er ist manchmal so ruppig und unangenehm, daß man sich ein geschütztes Plätzchen am Pool suchen muß. Einmal sehe ich am Strand eine Windhose, die zieht sogar die Kieselsteine hoch, verschwindet dann aber landeinwärts. An diesen Tagen mit starkem Wind ist es merklich ruhiger im Club, auch das Surfprogramm Stehen bei Flaute fällt dann aus. Die es trotzdem wagen, marschieren bald reihenweise zu Fuß nach Hause.

In einem der Supermärkte gibt es einen 24 Stunden Fotoservice. Immer wenn ein Film voll ist, gebe ich den ab, und kann dann am nächsten Tag kaum die Nachmittagszeit abwarten, um die Bilder abzuholen. So hält man schon einen Tag nach einer Unternehmung die dabei geschossenen Fotos in der Hand. Am Schluß des Urlaubs haben wir bereits alle Bilder komplett.

Weil man nicht den ganzen Urlaub am Strand verbringen kann, schon gar nicht auf einer so schönen Insel, kümmern wir uns nun doch um ein Auto. Das machen wir natürlich dort, wo ich schon das Fahrrad gemietet hatte (Motor Jiannis). Wir fragen die blonde Frau, warum sie so perfekt Deutsch spricht und erfahren ihre Geschichte. Sie ist aus Nürnberg und hat Jiannis so um 1980 im Urlaub kennengelernt. Man hat sich dann immer nur im Urlaub wiedergesehen, ein paar Jahre war dann auch Pause. So Anfang 90 ist man dann zu der Erkenntnis gekommen: "Du bist immer noch allein, und ich auch noch, jetzt müssen wir was machen". Rosi, so heißt sie, hat dann in Deutschland alles aufgelöst und ist nach Kreta gezogen. Das Geschäft ist zwar nicht einfach, in mancher Saison habe man empfindliche Einbußen. Aber irgendwas bereuen, nix da. Das Resultat dieser Liebesgeschichte geht nun schon zur Schule und hat gerade Mumms.

Ein Auto für drei Tage können wir für Sonntag, Dienstag und Mittwoch vorbestellen. Am Sonnabend davor fahren wir natürlich noch einmal nach Ierapetra zum Markt. Um neuerlich Geld zu besorgen, suchen wir einen Geldautomaten, der mit der Erocard gefüttert werden kann. Deshalb hat sich schon eine kleine Schlange gebildet. Das erste Ehepaar muß unverrichteter Dinge wieder abziehen, entweder kommen sie mit dem Automaten nicht klar oder ihr Konto ist nicht gedeckt. Als die Leute vor uns ganz veruückt schon dem Rascheln der Geldscheine lauschen, sind wir plötzlich von einer Schar kleiner Jungen umringt, die interessiert am Geschehen teilzunehmen scheinen. Da geht die innere Sirene los: was haben die vor - ein schneller Griff und die sind um die nächste Ecke verschwunden? Das Wort "Polizei" wirkt aber Wunder, schwups, sind sie wirklich um die nächste Ecke verschwunden - ohne Schaden anzurichten. Bei der Polizei kommen wir später auch noch vorbei. Da werden stapelweise ausrangierte Matratzen verladen - wahrscheinlich durchgelegen.

Auf dem Markt begegnen uns heute zwei Originale, die würde man gern fotografieren. Der Mann trägt das Hemd offen und hat eine von Narben übersähte Brust. Vielleicht ein Bluträcher? (Wir haben davon gelesen, daß die Kreter tüchtige Bluträcher sind, ob das heute noch so ist, sei dahingestellt). Als wir den beiden Figuren wieder begegnen stellt sich raus: sie betteln, die knotigen Narben dienen als Mitleid erheischender Blickfang.

Wir suchen in der Nähe des Hafens noch das Napoleonhaus. Da soll Napoleon anläßlich seines Ägyptenfeldzuges einmal übernachtet haben. Wir finden das Haus aber nicht, vielleicht weil es nicht gekennzeichnet ist.

Fahrt zur Lasithi Hochebene

Am Sonntag ist es soweit, wir können das Auto am Morgen in Empfang nehmen. Es ist ein roter Suzuki Maruti mit Schiebedach. Wir starten in Richtung Lasithi Hochebene, da soll es einmal an die 10.000 Windmühlen gegeben haben. Mal sehen, was davon übrig ist.

Am Anfang fahre ich mit leicht verschwitzten Handflächen, man muß sich an das Auto erst mal gewöhnen. Wenn man 60 km/h drauf hat, meint man, schon wie Schumi am Limit zu fahren. Aber auch Schumi muß trainieren, nachher fahren wir sogar 80 km/h, wenn es die Straße zuläßt, was allerdings selten ist. Die Straße entlang der Bucht von Mirabello hat es mit ihren Kurven in sich. Das ist eine gute Vorübung für den Anstieg zur Lasithi Hochebene, die in 900 m Höhe liegt. Die Abzweigung dorthin ist in Neapolis zwischen Nikolaos und Malia. In Neapolis auf dem Platz vor der Kirche ist heute am Sonntag einiges los, Leute in Trachten - oder sind es Uniformen - wir fahren in unserer Unrast durch. Die Straße hinauf ist nun recht schmal, wir können uns nicht vorstellen daß hier auch Busse rauf fahren können. Die Vegetation wird immer grüner und üppiger, es blüht, wo man hinsieht. Hübsche kleine Dörfer, in denen die schwarz gekleideten alten Männer, gestützt auf Krückstöcke, ihrer Hauptbeschäftigung nachgehen, dem Ablauf des Weltgeschehens auf die Schliche zu kommen. Man sieht das ja in jedem Ort, nicht nur am Sonntag, fast ist es schon ein Klischee, aber es ist so. Zuweilen sieht man auch Figuren, denen möchte man nicht im Dunklen begegnen, schwarzbärtig und finster. Hin und wieder auch die alte Bekleidungsweise: Stiefel, Reithosen, schwarzes Hemd und ein Tuch um den Kopf geknotet. Eine weitere Eigenheit der Kreter besteht in einem Perlenband, einem Rosenkranz ähnlich, mit dem ständig herumgespielt wird - niemand weiß warum. An den Straßen sind verschiedentlich Stände aufgebaut, da bietet man Käse, Honig, Raki, Gewürze oder Obst an. Einer hat sich als Ziereinheimischer in eine Tracht geworfen, mit dem kann man sich gegen einen Obulus fotografieren lassen.

Durch diese herrliche Welt kurvt man hinauf, der Verkehr ist so gut wie nicht vorhanden. Wenn einem ein nachdrängender Eilfertiger auf die Nerven geht, fährt man rechts ran und läßt ihn vorbei, dann kann man weiter bummeln. Weiter oben wird es wieder karger, endlich erreicht man nach 25 km den Rand der Lasithi Hochebene. Wir parken vor einem Abhang, da fällt mir ein, ich habe den Rückwärtsgang ja noch gar nicht ausprobiert. Es gibt aber keine Probleme. Das Lasithi Plateau liegt wie in einer Schüssel, nahezu kreisrund allseits umgeben von den Bergen. Die Enttäuschung ist groß, wenn man es nicht schon vorher in Erfahrung gebracht hat: von den 10.000 weiß bespannten Windrädern sind nur noch verfallene Reste übrig.

Eine der Haupattraktionen dieser Region ist die Diktalon Höhle oder Diktische Grotte. In der soll Zeus geboren sein. Aber so genau weiß man das auch nicht. Deswegen lassen wir sie auch links liegen und biegen rechts zu dem Hauptort Tzermiadon ab. Da sind ganze Häuser vollbehängt mit Teppichen, Tischdecken und Häkelarbeiten. Also stellen wir das Auto irgendwo in eine Ecke und wandeln die Dorfstraße entlang. Lange wird man nicht in Ruhe gelassen, schon ist man umringt von interessierten Fragern, wo man her komme, ob man mal einen Moment gucken wolle, "kein Problem", und schon wird man in einen dieser textilen Läden hineingezogen. Nichtmal die Ware braucht man sich selbst auszusuchen, mit der wird man sozusagen gleich eingewickelt.

"Schade," sagt Heidi, "ich würde so gern ein bißchen rumstöbern", aber das versteht man bei dem überentwickelten Geschäftssinn nicht. Als wir uns aus den Klauen dieser Häkelmafia befreit haben, wenden wir uns wieder den landschaftlichen Attraktionen zu. Für die Rückfahrt wählen wir die andere der zwei Straßen, die auf die Lasithi Ebene führen. An der Kante kann man eine Reihe von Mühlenresten sehen, die eine nach der anderen auf dem windausgesetzten Berggrat früher das Wasser bergauf fließen ließen. (Der Ausdruck Mühlen ist natürlich ganz falsch).

Diese Straße hinunter nach Malia ist besser ausgebaut, hier kommen auch die Busse rauf. Der Hauptverkehr kommt uns entgegen, bald wird Rush-Hour auf der Lasithi sein. Bis dahin sind wir schon wieder weg. Wir halten noch einmal an und erfreuen uns an dem blühenden Stechginster oder einem Blick hinunter auf den Badeort Malia.

Nächstes Ziel ist die Ausgrabungsstätte eines der minoischen Paläste östlich von Malia. Auf dem Parkplatz treffen wir auf eine erboste Dame. Also, am Sonntag sei der Eintritt doch überall frei, hätte die Reiseleitung versichert, außerdem sei die deutschsprachige Führung fast schon vorbei. Wir werfen einen Blick auf die Mauerreste, die man da hinter dem Maschendraht sieht und kalkulieren, ob sich das Löhnen von zwei mal 1.400 Drachmen lohnt. Das Ergebnis ist: wir sitzen gleich wieder im Auto.

Unsere rote Nuckelpinne mit Schiebedach trägt uns sicher über die Berge nach Agios Nikolaos. Nun hat uns die Neckerfrau bei der Begrüßung den folgenden Spruch mitgegeben:

"Auf Kreta fährt der Deutsche rechts, wie es sich gehört,
der Engländer fährt links, wie er es gewohnt ist,
und der Kreter fährt in der Mitte, wo Platz ist."

Nach diesem Prinzip kommen wir ganz gut zurecht. Das nächste Ziel ist der Ort Kritsa, eines der schönsten Bergdörfer Kretas, wie man nachlesen kann. Den Namen kann ich mir ausnahmsweise gut merken, indem ich in Gedanken immer die Silbe "La" davorsetze. Noch vor dem Dorf findet man die berühmte Kirche Agios Georgios. Die weist in ihrem Inneren die am besten erhaltenen Fresken weit und breit auf. Leider "Fotografieren verboten", zu dunkel ist es ohnehin. Wir bestaunen die Farbenpracht andächtig, zum Verinnerlichen muß man mehr Zeit und Sachverstand mitbringen.

Wir fahren weiter hinauf zum Dorf, da ist ein großer Parkplatz und nur ein einziger Touristenbus. Auf der Dorfstraße das gleiche Bild wie auf der Lasithi, Handarbeitswaren stehen zum Verkauf und die Betreiber lauern auf Beute wie die Spinnen im Netz. Wir bestaunen einen großen blauen Teppich. Der würde gut in Stefanies Zimmer passen, meint Heidi. Schon kommt eine resolute Dame um die Ecke, wir wollen eigentlich nur nach dem Preis fragen. 10.000 Drachmen, sagt sie, nimmt den Teppich von der Leine, zieht uns mit in den Laden und verpackt ihn gleich in einer Tüte. 8.000 Drachmen sagt sie dann. "Bei IKEA kriegst du so was nicht für das Geld" meint Heidi. Außerdem kann man mit der Visa-Card bezahlen, das überzeugt mich dann auch. Da wird ein leicht angestaubter Ratsch-Ratsch-Automat aus einem Spind hervorgezaubert, der eben runter gehandelte Betrag gleich wieder drauf geschlagen - wegen der Bankgebühren, und ich darf unterschreiben.

Es ist jedenfalls das Erlebnis wert. Als weiterer Service dürfen wir die Tasche solange dort lassen, bis wir die Dorfbesichtigung beendet haben. Wir wenden uns bald ab von der Dorfstraße und stolpern durch die verwinkelten Nebengassen, die ja bekanntlich nach der Größe eines beladenen Esels dimensioniert sind. Eine auf dem Boden sitzende arme Frau bietet nur ein paar Mandeln aus einer Tüte an. Und da gehen wir vorbei. Man ist zu unvorbereitet. Hinterher sitzen wir auf dem Dorfplatz bei einem griechischen Salat und einem Glas frisch gepreßtem Orangensaft und denken darüber nach: die Frau mit dem Teppich ist ja steinreich, verglichen mit den Bewohnern in den Hintergäßchen, die nur ihre Wohnhöhle und ein Gärtchen besitzen mögen, aber sonst vom Tourismus nicht profitieren. In einem anderen Hauseingang haben wir eine alte Frau gesehen, dem Tode nahe, glaubt man, der wird von den Touristen Geld zugesteckt. Innen sieht man aber auch eine jüngere Frau, die Beifallsbekundungen von sich gibt, wenn die zur Schau gestellte Oma wieder einen Schein erhascht hat.

Als eine Busladung die Dorfstraße herauf strebt, brechen wir auf. Wir nehmen unseren Teppich in Empfang, ich darf im Voraus berichten, daß er in Stefanies Zimmer wirklich hervorragend paßt, auch farblich, und Stefanie uns um den Hals gefallen ist, ein Teppich aus einem kretischen Bergdorf, und dann noch mit Visa-Card bezahlt, das ist doch was.

Wir geigen zurück um den Golf von Mirabello und sind rechtzeitig für eine Prise Sonne und Meer zurück am Strand. Aber kaum hat man ein Auto, ist Action angesagt. Wir hatten einer einsamen Dame versprochen, ihr noch etwas besonderes zu zeigen. Um 18.00 Uhr sind wir in der Rezeption verabredet. Die einsame Dame erscheint in Schale und geschminkt. Dabei wollen wir nur noch mal hinauf in das Bergdorf Ag. Ioannis fahren, das ich ja von innen auch noch nicht gesehen habe.

Neulich bin ich da mühsam hinauf geschoben, heute sind wir nach 5 Minuten weg von der Küste in einer anderen Welt. Allerdings sind meine beiden mitfahrenden Damen plötzlich mucksmäuschenstill. Die Straße hat keine seitliche Sicherung und es geht auf der rechten Seite beachtlich in die Tiefe. Beim Fahren versuche ich, gestikulierend auf die Schönheit der Berge in der Abendsonne hinzuweisen. "Guck doch lieber auf die Straße!" wird mir von rechts nur zugezischt. Aber die ist breit genug, Verkehr gibt es hier nicht, so kommen wir doch noch wohlbehalten oben an und stellen das Auto an der Kirche ab. Alle Kirchen, die wir bisher gesehen haben, sehen aus, wie neu erbaut, frisch geputzt und geweißt. So auch diese. Wir betreten nun die inneren Gassen des Dorfes und man sieht es gleich, ein Geisterdorf. Nur wenige Gebäude sind noch bewohnt, der Rest verfällt. Man kann nicht mehr unterscheiden, waren das früher mal Ziegenställe oder Wohnräume. Türen und Fenster fehlen, die Dächer fallen zusammen. Menschen gibt es nicht. Immerhin äugen ab und zu interessierte Ziegen aus den dunklen Verliesen heraus. An einer Stelle ist ein Haus auf die Gasse gefallen, da müssen wir umkehren und einen anderen Durchstieg suchen. Schließlich kommen wir einigermaßen sprachlos wieder unten an der Kirche raus.

Einen Dorfbewohner treffen wir nun doch noch, der schneidet Halme von Schilfgras zurecht, das an feuchten Stellen wächst. Die Halme sehen aus wie Bambusstöcke und werden für Sonnendächer verwendet. Der Mann fragt, woher wir seien. Da unsere Begleitung ein bißchen Griechisch kann, bringen wir in Erfahrung, daß hier oben Italiener und Engländer zugange sind, einzelne Anwesen zu erwerben und wieder bewohnbar zu machen. "Deutsch gutt" sagt er aber auch.

Um nichts zu verpassen erscheint nun auch noch ein kleiner Hund auf der Bildfläche, das ist eine Mischung zwischen Tschautschau und Pekinese. Der begleitet uns zum Auto. Dort führt er unaufgefordert ein paar Kunststücke vor: senkrecht in die Höhe springen, oder Männchen machen und dabei mit den Pfoten auf und ab schlagen. Leider ist er gut besetzt mit wohlgenährten Zecken, so daß man doch lieber auf einem gewissen Abstand besteht.

Als wir losfahren, läuft der Hund noch eine Weile hinter dem Auto her, aber sicher macht er das immer so. Wir geben das Auto wieder ab, morgen haben wir wieder einen Ruhetag und das ist ganz angenehm. Zu den Preisen, damit man das in späteren Jahren vergleichen kann. 1 Autotag kostet 10.000 Drs, zwei 18.000 und drei 25.000. Die Kilometer sind frei. Den Tank sollte man etwa so voll zurückbringen, wie man ihn übernommen hat.

Vor unserem Hotel an der Straße tummelt sich auch ein Hund an einer Laufleine. Eines Morgens bekommt er auch ein paar der kleinen Würste vom Frühstücksbuffet ab, auf die wir gerne verzichten können.


Kapitel 4: Festos, Matala