Es bestehen einige Zweifel, wie die weitere Tour verlaufen soll. Man kann hier nämlich elegant auf den Altmühlradweg wechseln, das bedeutet eine weitere gemütliche Talfahrt. Ich kann es durchsetzen, daß wir der Romantischen Straße treu bleiben. Die wird nun aber tüchtig bergig. Gehorsam folgen wir der Beschilderung und schieben bergan. Da hält ein entgegenkommender Treckerfahrer und informiert uns darüber, was uns erwartet. "Hier kommen drei Berge, fahren sie da unten rum, da kommt nur ein Berg".
Wir diskutieren. Wie der Esel zwischen den zwei Heuhaufen, der schließlich verhungern muß, weil er sich nicht entscheiden kann. Wir schieben schließlich weiter bergan, eigentlich wollen wir die Romantischen Straße erleben, und nicht irgendwelche Bundes- und Umgehungsstraßen. Im Nachhinein ist es dann doch ein Fehler gewesen, denn die drei Berge kommen wirklich. Nach dem schweißtreibenden Auf und Ab erreicht man das Krähennest Schillingsfürst hoch droben auf dem Berg. Zwischendurch rasten wir auf Baumstämmen, wo man die Einschlupflöcher des Borkenkäfers studieren kann. Das hilft auch nicht aus der Mißstimmung heraus, eben so wenig die Tatsache, daß sich in besagtem Krähennest der Bayrische Jagdfalkenhof und das Schloß der Fürsten von Hohenlohe befinden soll.
Schlauer, wie wir nun sind, folgen wir der Straßenbeschilderung bis Wörnitz und begeben uns dort auf die Bundesstraße B25, immerhin die Original – Romantische Straße. Darüber informieren die braunen Hinweisschilder, auf denen man nicht versäumt hat, die Route auch in japanischen Schriftzeichen als solche zu kennzeichnen. Nun verpassen wir natürlich Orte mit geheimnisvollen Namen wie Wittum, Ratzendorf oder Zischenhausen. Auch das Fahrradmuseum in Zumhaus liegt weitab von der Strecke.
"Na siehste" sagt Heidi angesichts der Tatsache, wie gut wir nun voran kommen. Tüchtige Straßenbauer haben sich natürlich bemüht, bei der Trassierung dieser Bundesstraße unbequeme Geländeunebenheiten weitgehend weg zu bügeln.
So rollen wir schließlich auf Feuchtwangen zu, unserem heutigen Ziel. Zu guter letzt biegen wir wieder reumütig auf den Radweg ein, feuchte Wiesen und Feuchtwangen, für heute ist es geschafft. "Ich kann auch nicht mehr" sagt Heidi. Das Verkehrsbüro am Marktplatz hat leider schon geschlossen. In dem Buchladen nebenan hat man aber auch ein Quartierverzeichnis und schickt uns auf den Weg zum Gasthof Ballheimer mit angeschlossenem Biergarten. Damit sind wir wieder einmal gut untergekommen. Wie jeder Radfahrer weiß, hebt sich dann die Stimmung schlagartig.
Marktplatz in Feuchtwangen |
Da in Bayern immer alle Kirchen geöffnet sind, haben wir auch in Feuchtwangen die Gelegenheit genutzt, und meinetwegen der Stifts- und Johanniskirche einen Besuch abgestattet. Das ausliegende Informationsblatt beginnt sehr salbungsvoll, dafür weniger informativ, darf man zitieren?:
Lieber Besucher!
Ihr Weg hat Sie in die Stiftskirche geführt.
Sie haben sich ein wenig umgesehen und haben nun
dieses Blatt in die Hand genommen.
Sie sind neugierig geworden,
wollen mehr wissen, wollen vielleicht auch sicher sein, daß Ihnen
nichts Wichtiges entgangen ist.
Dazu kann Ihnen dieses Blatt eine Hilfe sein.
Gleichzeitig will es aber auch mehr: es will
Ihnen ein Gebäude vorstellen, das durch die Jahrhunderte gewachsen
ist, ...
Um weiteres zu erfahren und zu sehen, sollte man selbst dieser Stadt einen Besuch abstatten.
Nun plagt uns der Hunger und wir finden uns in dem unserer Pension angeschlossenen Biergarten ein. Heute sitzen wir unter mehreren Bäumen: einer Linde, einer Esche, einer Zwetschge und - nach Befragen - einer Hainbuche. Und es schmeckt mal wieder, Leber auf Spätzle oder so.
Da der Abend so lind und lau ist, sitzen wir ein wenig länger. Nebenan poltert ein Anwohner mit einer motorisierten Kehrmaschine herum. Da gibt es was zu lachen. Aber als wir uns schon längst der Ruhe hingeben wollen, sind die Gäste an diesem linden und lauen Abend noch lange nicht aus dem Biergarten zu vertreiben. Bis lange nach Mitternacht dürfen wir den klugschwätzerischen Reden lautstarker Alleswisser lauschen.
"Das müssen sie uns aber im Preis nachlassen" meint Heidi. Davon kann ich sie gerade noch abhalten.
Sonnabend, Feuchtwangen - Harburg, 72 km, Die Halbwertzeit von Dinkelsbühl
Wir bleiben unserem Tick, auf der Bundesstraße zu fahren, erst einmal treu, so sind wir heute morgen im Nu in Schopfloch, verpassen aber einen Ort, der z.B. Heiligenkreuz heißt. Aber nun kann Entwarnung gegeben werden, was die Berge angeht, denn man erreicht das Tal der Wörnitz. Da geht es wieder gemütlich zu, durch die Talauen erreicht man Dinkelsbühl.
Dinkelsbühl |
Kloster Maihingen |
Weiter geht es nach Wallerstein, das wir sicher wieder nicht richtig zu würdigen verstehen. Liegt das Augenmerk auch bereits auf dem Nördlinger Ries, einem Krater, der von einem Meteoreinschlag vor der Kleinigkeit von 15 Millionen Jahren herrühren soll. Die im Süden erkennbaren Berge lassen sich gut ausmachen, auf unserer Strecke bemerken wir den Anfang des Nördlinger Ries nicht.
Auch Nördlingen mit seiner kreisrund angelegten Struktur müssen wir für heute stiefmütterlich abhandeln, denn die Halbwertzeit von Dinkelsbühl beginnt abzulaufen. "Bloß ab in die Botanik" klagt der Betroffene von uns beiden.
Nun muß man sagen, daß es hier eine schöne Botanik gibt, vor allem viele Maisfelder. Kleefelder sind weniger vorteilhaft, da sollte man zumindest die weithin sichtbare weiße Mütze ablegen, wie der Nicht-Betroffene vorschlägt. So macht es einigen Spaß, hier am Rande des Ries dahin zu rollen, rechts grüßt die Kirche von Mönchsdeggingen.
Nun gibt es wieder eine kleine Geschichte am Rande. Auf der Straße zieht sich die ganze Zeit schon im Zickzack ein weißer Strich dahin. Es sieht so aus, als habe ein Markierungsfahrzeug einen Mittelstrich ziehen sollen, aufgrund übermäßigen Wirtshausbesuches des Fahrers vielleicht aber nicht die richtige Linie gefunden. So mutmaßt man jedenfalls. Einmal erblicke ich einen Mann im Rollstuhl, der in aller Ruhe die Landschaft betrachtet. Nachdem wir schon vorbei sind, fällt mir ein, den könnte man ja mal fragen. Schnell zurück, sichtlich erfreut über das Interesse fängt der alte Mann zu erzählen an.
Zwischen Kleinorsheim und Großorsheim |
Damit haben wir die beiden Orte Kleinsorheim und Großsorheim hinter uns gelassen. Die Wörnitz hat uns den Gefallen getan, an dieser Stelle den das Ries umgebenden Kraterrand zu durchnagen. Ein paar Millionen Jahre hatte sie ja Zeit dazu. Heidi wählt die bequemere Strecke auf der Straße, ich hole mir die Erlaubnis ein, auf dem begleitenden Radweg den beschwerlicheren Teil über ein paar Hügel zu wählen. Und das lohnt sich. Liegt doch unvermittelt eine Märchenburg vor einem. "Müssen wir da rauf?" fragt Heidi bange. Natürlich nicht, ein Foto und dann ab nach Harburg, wo wir heute den Tag beenden wollen.
Die Märchenburg von Harburg |
Die alte Brücke in Harburg |
Ausnahmsweise zitiere ich unsere Zeche, denn die hört sich nun doch sehr romantisch an:
3 Landsknechtbier
1 Weizen Dunkel
1 Jägerbraten
2 Salat v. Buffet
1 Lachsforellenfilet
Das ist doch wohl knapp über DM 50.- wert, Trinkgeld ist da auch noch drin. Am Nebentisch sitzt ein französisches Ehepaar, die fragen uns nach dem tieferen Sinn von Maultaschen und Spätzle. Auf Englisch können wir so halbwegs diese schwäbischen Spezialitäten umschreiben, mit noodles und so. Ein paar Japaner wuseln auch noch herum und fotografieren sich gegenseitig.
Glücklich wandern wir schließlich den steilen Weg zum Cafe Käferlein wieder hinab. Der Abend hat aber noch viel zu bieten. Gegenüber im Wirtshaus Zum Straußen findet ein Fest statt. Von unserem Zimmer aus kann man das gut einsehen. Was macht man in so einem Fall: Kopfkissen (um die Ellenbogen zu schonen) aufs Fensterbrett und gucken. Vor dem Wirtshaus befindet sich ein moderner Brunnen in Bronze, eine Bank ist auch da. Als die ersten Leute bemerken, daß wir da von oben gucken, ziehen wir die Ecken der Kopfkissen erst mal soweit ein, daß man sie von der Straße aus nicht mehr sehen kann. Heidi ist nun auch bald rechtschaffen müde, so gucke ich den Rest des Abends alleine aus dem Fenster.
Da könnte ich noch ein paar Seiten darüber berichten, die Romantik dieser danach benannten Straße überfällt einen heute Abend konzentriert. Da ist erst mal ein schwarzer Typ, der interessiert den Brunnen umkreist und jede der Bronzefiguren genauestens inspiziert. Da wackelt eine ältere Anwohnerin auf ihn zu: "Bischt Du's, der Rotzbub, jo meih!" Ein verlorener Sohn vielleicht?
Aus dem Wirtshaus klingt es nun:
Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein,
und das heißt: ERIKA!!
Und dann, sogar auf deutsch:
Zum Geburtstag viel Glück,
Zum Geburtstag, liebe ERIKA,
Zum Geburtstag viel Glück.
Auf der Straße schreit eine aufgeregte Frau wiederholt: Silkäh - Pause - Silkäh!! Die sucht wohl Silke. Die Kirchturmuhr schlägt 10 Uhr (22 Uhr an). Das geht hier so: vier Schläge für die volle Stunde, dann 10 Schläge volltönend, dann noch mal 10 Schläge in einer anderen Tonart, auch volltönend.
Die Kapelle im Wirtshaus intoniert nun mit neuem Schwung:
Es gibt kein Bier auf Hawai...
Marina, Marina, Marina...
Oh when the Saints go marchin in...
Hey Postman give me answer, is there Memphis Tennessie...
Dann werden die Fenster des Wirtshauses geschlossen und der Blick auf ERIKAS Geburtstagstisch mit den Gartenzwergen verstellt. Da gehe ich auch ins Bett.
Sonntag, Harburg - Friedberg, 73 km, Kirchentag
Das erste Stück heute morgen kürzen wir wieder ab, um eine unnötige Steigung zu vermeiden. Als wir wieder auf den Radweg einbiegen, ruft uns ein Mann mit Hund zu "Hier geht’s lang" und meint die Bundesstraße. Wir lassen uns aber nicht beirren und bestaunen wenig später eine kleine Kapelle hoch auf dem Berg in Wörnitzstein. Durch die Talauen im Morgentau erreichen wir Donauwörth. Diese Stadt kennen wir schon von unserer Donau-Radtour vor zwei Jahren. An der Mündung der Wörnitz in die Donau machen wir Rast.
Wörnitzstein |
Zusammenfluß von Wörnitz und Donau |
Kloster Holzen |
Erst auf den zweiten Blick offenbart sich etwas Gruseliges. In den Seitenaltären sind Figuren aufgebart, die man anfangs für Skulpturen hält. Bei genauerem Hinsehen, zeigt sich eher, daß es sich um echte Leichname zu handeln scheint. Über die skelettierten Schädel ist jeweils eine strumpfähnliche Gaze gezogen. Dem Informationsblatt zufolge handelt es sich um die sterblichen Überreste des hl. Märtyrers Nikolinus, der hl. Aurelia, oder der hl. Theodora. Den einen Altar schmückt eine Knochensammlung, alles Reliquien, ein Herz ist auch dabei.
Stuckgewölbe |
Eine Mumie |
...Hilf mir, daß ich die Statik-Vorprüfung bestehe.
Und mach, daß ich mit H.C.W. zusammen komme und er Anette
vergißt...
Wir verlassen die Kirche etwas kopfschüttelnd. Aus der nahen Klosterschenke klingt es ganz profan von einer zünftigen Kartenklopperei nebst dem durch reichlichen Biergenuß verursachtem Gebrüll. Der Betroffene von uns hat immer noch mit der Halbwertzeit von Dinkelsbühl zu tun, das läßt sich hinter Büschen erledigen nach dem Motto, ...das Herrgöttle hat geholfen...
Bei Markt |
Dann gelangt man nach Biberbach, wo mit der Pfarr- und Wallfahrtskirche Hl. Kreuz wieder eine prächtige Barockkirche aufgebaut ist. Vor der Kirche befindet sich eine Kreuzigungsgruppe, wo man beim Betrachten versucht ist, Haltungsnoten zu verteilen. (vgl. der Turner am Kreuz, G. Grass). Außerdem gibt es hier noch eine Lourdes-Kapelle. Wenn ich den Namen Lourdes höre, reicht es mir sowieso schon. (Das sind alles persönliche Meinungen !).
Kreuzigungsgruppe vor der Pfarrkirche in Biberbach |
Friedhofsautomat |
Kanalisierter Lech |
Naturflußbett
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Spannungsreicher Kontrast |
Maximiliansstraße in Augsburg |
St. Ulrich und Afra |
Rathaus in Friedberg |
Der Rundgang bietet wider Erwarten nicht so viel. Nur mühsam findet man Reste der Stadtmauer wieder, das meiste ist modern überbaut. Ein Stückchen vom hölzernen Wehrgang besteht noch auf ein paar Metern Länge. Zwei Wassertürme gibt es noch, die Kirche ist uns zu modern. Irgendwie klappt das heute nicht mit der Stimmung. Auch müssen wir immer wieder auf die Uhr schauen, weil die Zeit bis 17.30 so langsam vergeht. Dann öffnet nämlich das China-Restaurant Big Panda.
Den Abend verbringen wir anschließend wieder im Biergarten unter Linden. Dieser Biergarten liegt so verkehrsgünstig, daß man der vorbei wummernden Technomusik genauso lauschen kann wie den aufheulend beschleunigenden Motorrad-Assen. Gegen Abend wird es dann ruhiger, so daß wir erstaunlich gut schlafen.
Montag, Friedberg - Schongau, 85 km, Alpenausblick
Morgennebel |
Wenn man früh am Morgen schon auf einen Ausblick auf die Alpen hofft, so wird man durch den Morgennebel in den Wiesen daran gehindert. Sind wir doch heute schon kurz nach 7 Uhr unterwegs. Schon wieder eine Kapelle mit dem Namen St. Afra, dann erreichen wir den Kuhsee südlich von Augsburg. Neben einem große Wehr ist die olympische Wildwasserstrecke, der Eisseekanal.
Danach geht es lange lange durch den Wald, von Staustufe 23 bis Staustufe 18. Einmal kann man 2 Wiesen studieren, die eine als Nutzwiese gedüngt und grün, die andere sich selbst überlassen mit Magerrasen und Artenvielfalt. Deren Farbe ist eher gelb.
Zwei Wiesen |
Durchblick |
Pfarrkirche in Kaufering |
...ich bitte Dich, daß es mit Herbert und mit mir wieder so wird wie früher...
Vor der Kapelle kurvt ein gelb bedreßter Rennfahrer herum, der hat sich wohl verfahren, die Kapelle interessiert ihn gar nicht. Er kehrt um, biegt auf die ansteigende Straße ein und – uns stockt der Atem, steigt ab und schiebt. Das machen wir dann genau so, aber wir sind ja auch nicht gelb bedreßt.
Wallfahrtskapelle St. Leonhard |
Oberhalb von Landsberg |
Landsberg |
Bei Staustufe 15 treffen wir auf ein Ehepaar, die können uns einen wertvollen Tip geben. Statt die nächste Steigung des Radweges zu nehmen, sollten wir auf dem als R6 gekennzeichneten Weg bleiben. Das machen wir auch so, rasten noch einmal an einem schattigen Waldrand. Danach geht es sehr steinig zu auf grobem Schotter holpert man dahin. Bei der ersten Gelegenheit flüchten wir auf die Landstraße. Abgesehen von der brennenden Sonne ist es hier auch viel schöner als im Wald. Die Alpen liegen nun schon näher vor einem. Grüne Matten und Dörfer mit schmucken Kirchen, so stellt man sich das Allgäu vor, wo wir uns ja auch gerade befinden.
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Ein altes Mühlrad |
Schongau |
Dienstag, Schongau - Füssen, 50 km, Königsetappe
Die letzte Etappe der Radtour Romantische Straße steht an. Kaum zu glauben, welche Diskussionen nun über den Ablauf derselben ins Haus stehen. Es gibt drei Möglichkeiten: Rechtsseitig vom Lech, da ist es bergig, Linksseitig vom Lech, da sei es schön zu fahren, sagt der Wirt vom Wirtshaus Sonne, und direkt auf der B17, das ist am bequemsten. Wir einigen uns auf die linksseitige Strecke. Dazu müssen wir aber wieder den Berg rauf, den wir gestern runter gekommen sind. Dazu habe ich keine Lust. Ich habe sowieso keine Lust heute.
Auf dem Weg zur Wieskirche |
Trotzdem sind wir auf diese Weise schnell in Steingaden und werfen thriumphierende Blicke auf die Berge, wo der Radweg sich hindurch schlängelt. In Steingaden gibt es natürlich wieder ein Kloster mit einer - wer hätte das gedacht - prächtigen barocken Klosterkirche. Wer nun noch einen Mangel an barocken Sensationen hat, der macht sich auf den Weg zu der weltberühmten Wieskirche. Die liegt ein paar km entfernt in 871 m Höhe.
Die Wieskirche |
Barocker Prunk |
Und dann kommt noch das Schlimmste: ein geschlossenes Gatter, dahinter glotzen so an die 30 Kühe, da führt der Weg hindurch. Während ich das Gatter hinter uns schließe, sehe ich Heidi schon in zügigem Tempo mit Hohlkreuz durch die Herde eilen. Ich feixe mir eins, fahre hinterher und schon sind wir durch das nächste Gatter wieder draußen. Man wird also auch nicht immer gleich in einen Stierkampf auf Tod und Leben verwickelt.
Der nächste Ort ist Trauchgau, dann fährt man auf dem Radweg der Bundesstraße am Bannwaldsee vorbei. Links voraus sieht man es schon, daß Romantischste der ganzen Tour: Schloß Neuschwanstein. Als wir uns endlich zu Füßen desselben nieder lassen, sind wir gar nicht so romantisch gestimmt, das ist manchmal so. Wir marschieren erst mal zum Schloß Hohenschwangau hinauf, das liegt näher. Als wir oben sind, sind die Kräfte verbraucht, nicht mal zum Zücken der Geldbörse für das Eintrittsgeld reicht es. Aber was interessieren schon Intarsienparkett, Kachelöfen und Biedermeiersofas oder was sonst man im Inneren so eines Schlosses besichtigen kann.
Neuschwanstein |
Hohenschwangau |
1. Es ist es das letzte Teilstück, da sinkt die innere Spannung ab, das haben wir auf früheren Touren auch schon erlebt.
2. Es ziehen dunkle Wolken auf, da scheint sich ein Wetterwechsel anzubahnen, und das spürt man dann eben in den Knochen.
Daher verzichten wir schweren Herzens auf einen weiteren Aufstieg hinauf nach Neuschwanstein (20 min) und fahren nach Füssen. Heidi will nun zum Bodensee, also fahren wir am besten zum Bahnhof. Da wird uns auch gleich eine Verbindung in der nächsten halben Stunde angeboten, zwei mal umsteigen. Die Fahrkarten werden gleich gelöst, der Fahrradtransport ist frei, und das freut einen dann ja auch.
Noch einen Kaffee in einem Biergarten, dann geht es schon los. Neben uns im Zug sitzt ein Ehepaar mit Kind, die haben 18.- DM für den Fahrradtransport bezahlt. "Vielleicht hat sie der falsche Schalterbeamte bedient" mutmaßen wir. Es stellt sich dann aber raus, daß sie genau eine Station zu weit fahren, der Freitarif gilt nur bis eine Station davor. So ist das mit der Deutschen Bahn, Ordnung muß sein. Zufrieden, daß wir alles richtig gemacht haben, lehnen wir uns zurück, schauen dem nun einsetzenden Regen und der vorbeigleitenden Landschaft des Allgäu zu.
In Kaufbeuren müssen wir umsteigen. Dort verpaßt uns nun die Deutsche Bahn einen Tiefschlag der besonderen Art. Wir erleben ja immer sowas beim Bahnfahren. Der Zug, der uns nur eine Station weiter nach Kempten mitnehmen wird, ist der Interregio Alpsee Berlin – Oberstdorf. Als wir die Räder in das Fahrradabteil verladen, steht die Schaffnerin schon parat mit der fröhlich machenden Auskunft: "Hier müssen Sie aber Reservierungs- und Transportgebühren bezahlen, das sage ich Ihnen gleich". Ich glaube das nicht so ganz, hat uns doch der nette Schalterbeamte nichts davon gesagt. Der Zug fährt schon längst, da finde ich im Kleingedruckten des Fahrplans den entsprechenden Hinweis, die Schaffnerin schreibt schon die Tickets aus. Für jedes Rad müssen wir 12.- DM nachbezahlen, obwohl wir nur eine einzige Station weit den IR benutzen. Da treibt es einem die Zornesröte ins Gesicht – die Schaffnerin bedauert den Tatbestand auch – aber Ordnung muß sein. "In Polen wär das nicht passiert" ist unsere einhellige Meinung, eine entsprechende Erfahrung haben wir ja im letzten Jahr auf der Fahrt von Stettin nach Swinemünde gemacht.