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Von der holsteinischen Grenze nach Skagen

An der Grenze kann man dann natürlich noch einkaufen, hätte man sich ja denken können, denn Dänemark ist teuer. Auf geht’s, der Skandinavische Teil der Reise beginnt. Man fährt nun auf dem Radweg R1, der Westküstenroute, die bis hinauf nach Skagen ausgeschildert ist. Die ersten hundert Meter sind allerdings keine Werbung, da geht es grob geschottert neben der Straße dahin. Ich fahre auf der schnurgeraden Straße direkt nach Højer, wo man auch übernachten könnte. Ab hier wird es schön, man fährt wieder in der Botanik, teils auf geschotterten Wegen. Die Landschaft ist hier abwechslungsreicher, hügeliger und mit Wäldchen durchsetzt. Hin und wieder sieht man seltsame Hügel, vielleicht vorgeschichtliche (keltische oder so) Grabhügel? Linkerhand sieht man die Insel Sylt im Dunst. Sogar einen Zug auf dem Hindenburgdamm kann ich erkennen, der zieht in der Ferne dahin wie ein Wurm.


Kirche in Brøns

Dann geht es weniger interessant auf der Landstraße dahin, bis zum Horizont keine Kurve. Ich spüre einen Muskelkater im linken Oberschenkel, der wird mir die nächsten Tage noch Freude machen. Man kommt dann an der Abzweigung zur Insel Rømø raus, auf Höhe der Stadt Skærbæk. Noch gut 5 km bis Brøns, zunächst auf Schotter und dann auf glatter Straße. Da taucht schon die malerische Kirche auf, in deren Angesicht ich die letzte Rast einlege. Das wäre allerdings nicht nötig gewesen, denn das Hotel liegt schon 100 m weiter. Per Sprechanlage kann man eine Dame munter machen, die einen freundlich willkommen heißt.

Man haust hier in einem ebenerdigen Appartement mit 3 Betten und Kocheinrichtung usw. Ein Anruf zu Hause lässt sich per Handy nun nicht mehr erledigen, da sind nur noch dänische Netzdienste auf dem Programm. Oben an der Straße soll es noch funktionieren, wird gesagt, aber bei mir funktioniert so was natürlich nicht. So lasse ich mir die Verbindung an der Rezeption vermitteln und das Handy wandert fortan in die tieferen Gefilde der Packtaschen.


Abendsonne auf dem Hotelhof in Brøns

Zu essen gibt es Hühnerbrust mit Kartoffelchips, nicht so ganz mein Fall, dafür ordentlich teuer. Aber die Serviette ist gut, die kommt mit und dient mir fortan bei entsprechenden Gelegenheiten als Tischdecke. Deutsches Fernsehen kann man noch empfangen. Da ziehe ich mir „Die goldene Stimmgabel“ oder so mit Andy Borg rein, zu Hause darf man das ja nicht. Ich setze die dargebrachten Titel dann gern in Beziehung zu meiner Situation, und da kann man sich kaputt lachen. Folgende Titel habe ich notiert:

Einen Sommer lang sind wir im Glück geschwebt...

Du bist mein Robinson, zeig mir die Insel...

Ich könnt ohne Berge nicht leben...

Der letzte Titel gewinnt, passt ja auch am besten zum Radfahren. Ein Herr namens D.T. Heck bietet zum Schluss Wiener Weisen an, und das ist so was von schlimm...

Zu Dank verpflichtet bin ich den Inhabern Hanne og Kai Madsen, bei denen ich diesen schönen Abend verleben konnte.

4 Sonntag, 21.7. Brøns - Nymindegab, 117 km

Windstille! Jetzt rollt es! Auf Nebenstraßen fährt man durch landwirtschaftliches Gebiet und hübsche Orte, heute morgen noch sehr verschlafen. Hinter dem Ort Vester Vedsted ist ein Damm zur Insel Mandø. Da steht auch schon ein eigenartiges Gefährt am Straßenrand: Mandø Bussen, damit kann man sich wohl durchs Watt kutschieren lassen.


Mandø Bussen

Kammerslusen

Am Deich entlang geht es nun auf dem sog. Katastrofevej, topfeben und ich erreiche sagenhafte Geschwindigkeiten bei höchster Übersetzung (c.a. 30 km/h). Anhalten muss man natürlich, wenn es was zu sehen gibt wie z.B. an dem Sperrwerk Kammerslusen. Dort mündet der Fluss Ribe Å. Der Ort Ribe soll auch sehr schön sein, aber da müsste man einen Abstecher machen. Ich genieße die flotte Fahrt und die Industrieanlagen von Esbjerg, zunächst am Horizont sichtbar, kommen schnell näher. Vor Esbjerg hat man den Radweg gut ausgebaut parallel zur Schnellstraße 34. Da kommt mir ein eigenartiges Gefährt entgegen, ein Liegedreirad mit Segelmast. Der Fahrer ist mopsfidel, macht wohl Spaß, das Fahren.


Esbjerg Panorama


Mensch am Meer
Eine Rast auf dem zentralen Platz in Esbjerg (Torved?) und eine Panoramaaufnahme. Schnell ist man aus der Stadt wieder draußen. Nächste Attraktion: Mensch am Meer, eine überdimensionale Steinplastik von 1995. Da gucken vier Figuren Tag und Nacht aufs Meer, hoffentlich wird es ihnen nicht langweilig dabei. Zu sehen ist: Meer, mehr aber auch nicht.

Die Route führt nun mehr landeinwärts, manchmal etwas unwegsam aber schön durch Heidegebiet. Eingebettete kleine Seen und erste ernsthafte Steigungen sorgen für Abwechslung. Schließlich gerät man nach Oksbøl, ab hier geht es durch Militärgelände wieder zurück Richtung Küste. Ab Vejers Strand fährt man durch ausgedehntes Dünengelände, durchsetzt von den allgegenwärtigen Ferienkolonien. Leider beginnt die Heide (Erika) erst mit der Blüte. Die höchste Düne hier heißt Blåberg, die ist 64 m hoch und bewaldet.


 

Wege

 

Auf einem Bahndamm komme ich schließlich nach Nymindegab, hoffentlich die Endstation für heute. Nach ein wenig Herumschauen ist es da auch schon: Hotel Nymindegab Kro. Ich bekomme mein Zimmer – nicht ganz billig – dafür habe ich ein unbezahlbares Dünenpanorama vor dem Zimmerfenster. Da braucht man gar kein Fernsehen, es gibt sowieso nur noch dänische Sender.


Dünen vom Hotelzimmer in Nymindegab

Es folgen nun meine drei Verfehlungen. Als erstes soll ich das Fahrrad draußen in die Garage stellen. Ich verstaue es hinter ein paar Autos, beim Rausgehen merke ich, dass ich mich in Reichweite eines schwarzen angeleinten Hundes bewege. Dieser aber ist die Freude selbst über die Abwechslung. Wäre er bissig gewesen, hätte die Fahrt wohl ihr vorzeitiges Ende gefunden. Außerdem handelt es sich nicht um die Garage des Hotels, sondern um die eines benachbarten Privatanwesens.

Die zweite Verfehlung ereignet sich beim Einkaufen, wo ich versehentlich mit Euro bezahle. Da kriege ich einen Berg in Dänischen Kronen heraus, die hätten mich ganz schön übers Ohr hauen können. Zum Essen gehe ich in eine Grillbude mit Burgern, Pølser und Hähnchen. Das Fahrrad stelle ich draußen ab, das ist nach dem Essen verschwunden. Panik! Aber da steht es ja, wo es hin gehört, im Radständer. Ich hatte es vor die Eisausgabe gestellt.

5 Montag, 22.7. Nymindegab – Fjaltring (Jugendherberge), 104 km

Draußen vor der Tür weht ein scharfer Wind. Beim Aufladen spricht mich ein Herr aus Hannover an, der ist mit seiner Frau schon fast drei Wochen von Holland aus unterwegs. „Na dann gute Fahrt“ vermutlich sieht man sich ja nicht mehr. „Wird ein schwerer Tag heute“ hatten wir noch festgestellt. Ich fahre los, schräg gegen den Wind, der von See her Nieselschauer herüber peitscht. Nach wenigen 100 Metern wechsele ich von dem groben Schotterweg zur Straße. Das ist auch nicht so gut bei dem regen Verkehr. Man kann gegen den Wind die Ballance schlecht halten, das schlägt einen manchmal wie mit Brettern. Die Brille ist bald zu gesetzt mit salzigem Belag. Wenn einen dann noch ein Schwerlaster eng überholt, weiß man gar nicht mehr, wo man ist. Es ist lebensgefährlich! Gelegentlich sehe ich das Ehepaar aus Hannover, wie sie sich auf dem Schotterweg durch die Dünen kämpfen. Dass die Frau das mit macht, heute geht es wirklich an die Grenze des Erträglichen.

Ich verlasse die Straße, und bin damit gut beraten. In den Dünen ist man dem Wind nicht ganz so ausgesetzt, wenn auch immer noch reichlich. Am Supermarkt eines Campingplatzes mache ich Rast. Da kommt das Ehepaar angezockelt. Die Frau ist quietschvergnügt und ich mache ihr ein Kompliment, dass sie das heute aushält. „Meine Frau hätte längst das Handtuch geworfen“ sage ich. Bei dem Regen hätten sie auch schon harte Tage gehabt. Sie fahren dann vor mir her und sind deutlich schneller. Das liegt wohl an meinem Muskelkater, der heute wohl auch nicht besser werden kann.

Nach endloser Fahrt (c.a. 25 km) auf dem Holmsland Klit, einer Landzunge zwischen der See und dem Ringköping Fjord, kommt man nach Hvide Sande, einem belebten Hafenort. Dann geht es noch mal 15 km genauso weiter, nur Kampf, die Dünen rauf und runter. Schließlich durch ausgedehnte Feriensiedlungen nach Søndervig. Da hat man es geschafft und darf ein paar Kilometer landeinwärts mit Rückenwind fahren. Wenn man die Pedalen nicht benutzt, treibt einen der Wind mit 25 km/h vor sich her.


Rastplätze

Rastplätze

Dann zweigt ein unbefestigter Weg auf einem Damm nach Norden ab. Es geht durch das Naturschutzgebiet Nørrekær. Man hat hier auf der Windseite zerzauste Fichten, die einen gut schützen. Aber nach ein paar Kilometern ist man wieder in der freien Landschaft. Dann stehen ein paar Figuren gegen den Wind gelehnt auf dem Damm, die haben ein Fernglas auf ein Stativ montiert und äugen fasziniert in die Gegend. Was es da zu sehen gäbe, frage ich interessiert. „De braune Kiekendief ist meine akustische Wahrnehmung, weiteres Nachfragen bringt nichts. Das Wort Kiekendief schreibe ich mir doch gleich auf, bis heute weiß ich nicht, was es bedeutet, wahrscheinlich ein seltener Vogel.

Wenig später schaue ich mich mal um, da kommen sie doch heran gerollt, die Herrschaften aus Hannover. Sie haben in Hvide Sande Einkehr gehalten und rollen mir nun alsbald davon. Wir kommen nach Vedersø Klit, da geht es wieder in die Dünen. Aber da gibt es auch einen Wald, durch den die Strecke führt. Voller Ungeduld biege ich vorzeitig ab und das ist ein schwerer Fehler. Ich gerate mit viel Rückenwind auf die Landstraße und muss schließlich alles wieder zurück frontal gegen den Wind. In Bjerghuse biege ich außerdem zu früh ab und gerate auf die falsche Seite des Nissum Fjords. Noch mal zurück fahren und dann schnurgerade auf der nächsten Landzunge nach Torsminde. Ich bin mit den Kräften am Ende. Außerdem herrscht hier so ein Sturm, dass man absteigen muss. Kein Hotel zu finden. Ich fahre zum Campingplatz. Die haben auch nichts für einen ohne Zelt. Noch mal 10 km weiter gibt es aber eine Jugendherberge (Vandrerhejm). Da hilft alles nichts.

Es werden die längsten 10 km meiner Radlerkarriere. Hier weht es einem auch noch den Sand von den blanken Dünen ins Gesicht. Was ist das für eine Erlösung, als ich den blauen Wimpel der Jugendherberge entdecke. Ich lade gleich ab, hier kriegt mich keiner mehr weg. Aber es gibt kein freies Zimmer. Ich suche die Herbergseltern auf, die wohnen um die Ecke. In der Turnhalle wäre ein Matratzenlager, oder ob ich ein Privatquartier möchte. Aber ja doch. Man telefoniert, macht eine Skizze und vier Kilometer von hier wäre ich da.

Also wieder aufgeladen, mit dem Wind landeinwärts – bis es bis zum Horizont keine Häuser mehr gibt. Bin ich da richtig? Ehe ich mich hier gründlich verfahre, kehre ich lieber um, dann eben Matratzenlager. Alles gegen den Wind zurück, nun ist mir alles egal. Nun werde ich mit meinem Jugendherbergsausweis ordnungsgemäß aufgenommen und ziehe mich in die Turnhalle zurück. Da bin ich alleiniger Herr über alles, denn 4 weitere angemeldete Gäste kommen nicht mehr, die haben wohl bei dem Wind gestreikt.


Quartier in der Turnhalle

Duschraum als Ankleidezimmer

Einkaufen kann ich nicht mehr, zu essen gibt es nur Schokolade von zu Hause – die eiserne Ration. Ich sitze aber gemütlich im Aufenthaltsraum, da ist es warm und man hat eine schöne Aussicht. Heute bin ich früh müde, kann man sich ja denken, und ich schlafe wunderbar, allein in der riesigen Turnhalle.

6 Dienstag, 23.7. Fjaltring - Klitmøller, 103 km

Für das Frühstück kann ich beim Kopmand um die Ecke einkaufen, Brötchen, Käse, Joghurt und Milchreis Fertiggericht. Schmeckt wunderbar, dann Abwasch, Turnhallenschlüssel abgeben und dann wieder in den Wind. Aber es ist freundlicher als gestern, außerdem biegt die Küste allmählich Richtung Westen um, da hat man den Wind schräg von hinten.


Küstenszene

Bei Fjaltring

So weit sind wir aber noch nicht, zunächst muss der Trans Kirke und dem Leuchtturm Bovbjerg ein Besuch abgestattet werden. Hier ist Steilküste, die aber, angenagt vom Meer, nach und nach zurück weicht. Manche Ortschaft musste hier in den vergangenen Jahrhunderten aufgegeben werden – ist zu lesen.


The Cement Man

Man gelangt nun nach Ferring, dort gibt es das Jens Søndergaard Museum. Da steht auch wieder ein Mensch am Meer, zusammen geklitscht aus Beton: The Cement Man. Wenn die anderen Skulpturen des Künstlers auch so aussehen, braucht man das Museum nicht unbedingt zu besuchen – Sorry. Etwas bergig geht es weiter mit schönen Ausblicken auf Ferring Sø und die angrenzenden Ortschaften.

Und dann – Juch Hei – mit Rückenwind über die Harbøre Tange, eine weitere Landzunge am Nissum Bredning. Jetzt macht es Spaß und alles bekommt wieder einen Sinn. Herrliche Natur rings herum, das Industriegebiet Cheminova wird rechts liegen gelassen. Die Zwischenstation Thyboron mit dem Ausgang des Limfjords wird erreicht, hier muss man auf die Fähre umsteigen. Eine kleine Rundfahrt durch den Ort bringt nichts, dafür sehe ich die Fähre von hinten. Die sollte um 12.00 Uhr fahren, darauf hatte ich mich eingestellt. Aber nach 20 Minuten ist sie wieder da und es geht auf die andere Seite, Nord-Dänemark nun schon.


8,5 km schnurgeradeaus an der Agger Tange

Es folgt die Agger Tange mit einer 8,5 km langen schnurgeraden Straße. Landschaftlich schön, die ersten Kormorane, manche mit ausgebreiteten Flügeln zum trocken werden, die haben wohl gerade gefischt. Links ein amphibisches Vogelschutzgebiet, daran kann man sich ergötzen während die Silhouette des nächsten Ortes Agger nur langsam näher kommt. Schließlich ist auch das geschafft, wieder mehr landeinwärts und bergig zwischen zwei Seen hindurch. Bei der Ørum Kirke mache ich Rast. Auf einer windgeschützten sonnigen Bank esse ich den Käse mit dem Teelöffel auf.


Landschaft bei Agger

Kirche in Ørum

Als ich wieder auf die Straße einbiege steht da doch das Ehepaar aus Hannover, in die Karte vertieft. Das hätte man ja nun nicht gedacht, dass man sich noch einmal wieder sieht. Sie haben gestern Abend in dem Ort Torsminde nach Rumfragen doch ein Nachtquartier in einer Ferienwohnung bekommen. Aber meine Turnhalle war ja auch nicht schlecht. Nun wollen sie aus Zeitgründen abkürzen und noch die Strandstrecke vor Løkken abfahren – darauf werden wir noch kommen. Wir verabschieden uns – nun werden wir uns nicht mehr sehen.

Auf der weiteren Strecke im Wald mache ich eine neue Bekanntschaft: ein Ehepaar aus Kassel auf ihrem Tandem. Die fahren einmal um Dänemark herum, dann wollen sie an die Ostsee und noch bis Dresden, da wundert man sich aber. „Wohl im Ruhestand“ frage ich. Ja, seit zwei Wochen, heißt es. Beneidenswert! Aber da müssen die ja gleich vom letzten Dienst losgefahren sein?

Der Rest für heute fährt sich schön durch Wälder und so, aber mich plagt der Muskelkater. So gegen 16.00 Uhr nehmen die Beschwerden immer zu und man wird müde. Aber ich schaffe es noch bis Klitmøller. Dort gibt es so ein Mittelding zwischen Hotel, B&B und Vandrerhejm: Strandgaaden. Das Tandem steht schon vor der Tür. Und ich bekomme aufatmend auch mein Zimmer.

Hier kann man auch ordentlich essen gehen, eine Pizzeria erfüllt alle Wünsche. Noch ein Blick zum Hafen oder Strand, da wimmelt es von Wind- und anderen Surfern. Bei denen quillt das Equipment aus den Wohnmobilen. Wenn man denen zu sieht, wie sie sich da in Wind und Wasser tummeln, bekommt man eine Gänsehaut.

7 Mittwoch, 24.7. Klitmøller - Løkken, 150 km

Hanstholm

Das Frühstück nehme ich zusammen mit den Tandemfahrern ein. Dadurch erfolgt die Abfahrt etwas später. Es gibt eine Gewissensfrage: nach Hanstholm sind es auf der Straße 10 km, die Radroute aber führt durch die Botanik über 30 km. Da entscheidet man sich doch fürs schnelle Weiterkommen, die Straße ist am Morgen kaum befahren und führt schön durch die Dünen. Von Hanstholm geht es nun aber flott voran, direkt im Rückenwind. Bis zu einem Ort namens Vigsö. Dort wird man auf eine Schotterstrecke geschickt, die lässt sich kaum fahren. Zum Glück kann man bald wieder auf die Landstraße ausweichen, wäre sonst schade um den Wind heute. Bald treffe ich die Tandemfahrer wieder, die sind auch ganz happy, haben sich aber genauso mit dem Schotterstück rum geschlagen.


 

Küstenausblicke

 

Es geht nun viel durch die Wälder, die heißen hier Klitplantage und sind zum Schutz der Dünen angelegt. Ich kann es nicht lassen und kürze wieder ab, an einem See Lund Fjord vorbei und bei Torup Strand wieder auf die Route. Die Tandemfahrer treffe ich nicht mehr. Weitere Zickzack und Schotterstrecken lassen sich gut umfahren, und einigen wir uns auf den Ort Blokhus, wo die gerühmte Strandstrecke nach Løkken beginnt. Viel Trubel hier, wohl eine beliebte Baderegion.


Museumsfahrrad

Museumsschild

Am Strand bei Blokhus

Bloß weg vom Strand

Am Strand weht es prächtig, aber man hat ja Rückenwind. Aber so glatt ist der Strand gar nicht, ein wenig hoppelt es schon. Dann ist auflaufendes Wasser, da muss man hin und wieder durch heran leckende Wasserzungen hindurch. Außerdem weht loser Sand umher und bald knackt die Kette? Und das über 15 km? Doch wohl lieber nicht, wenn einem das Rad lieb ist. Ich finde einen versandeten Weg, der wieder ins Land führt, zwischen den Ferienkolonien mit lauter Sackgassen habe ich das Glück, irgendwann auf einer Straße raus zu kommen. Eine alternative Route nach Løkken ist hier nicht angesagt, man muss sich an die Hauptstraße halten. Die hat allerdings einen Radweg.

Doch die Nachmittagsmüdigkeit setzt wieder ein und mit schmerzenden Beinen quäle ich mich bis Løkken. Aber nun: Quartier Fehlanzeige. Beide Hotels voll und sonst nichts auszumachen. 4 km landeinwärts in Vrenstedt soll eine Jugendherberge sein. Also dorthin, aber auch die ist besetzt. Der Herbergswart steht rauchend vor der Tür und bedauert mich nicht einmal. Hier ist alles voll mit Fußballern, nichts zu machen. Ich solle man noch 16 km weiter nach Brønderslev fahren, dort gäbe es Hotels. Was soll ich machen, es ist schon nach 19 Uhr. Ich ergebe mich in mein Schicksal und fahre weiter. Nach wenigen km die Erlösung: Zimmer! Mitten in der Botanik. Zum Glück habe ich Lebensmittel bei mir. So endet der Abend auf der Terrasse mit Weißbrot und Käse (Castello, extra cremet).

8 Donnerstag, 25.7. Løkken - Skagen, 110 (123) km

Am Morgen bekomme ich ein prima Frühstück und zum Abschied darf ich mich noch in das Gästebuch eintragen:

How thankful is a cyclist
If he finds no accommodation.
And at last there is one
in Nowhereland.

Die Adresse der netten Leute gebe ich natürlich gerne weiter:

Jytte Rasmussen
Lökkenvej 471, Stenum
9700 Brønderslev
Tel. 98 83 81 93

Løkken: Speisekarte

Rubjerg Knude: Der Verhinderte Leuchtturm)

Nun muss ich zurück an die Küste 10 km gegen den Wind. Am Morgen ist das nicht so schlimm. Und einen schönen Gruß vom Strand: Pedale oder Tretlager oder beides knacken. In Løkken mache ich ein paar Fotos, sonst bin ich ja nicht so gut auf diesen Ort zu sprechen. Ich hätte gestern auch gut auf der Strecke bleiben können, denn einen Ort weiter, in Lyngby ist zu lesen: Møller Hotel, Zimmer frei. Man kommt nun vorbei an einer Kuriosität, der Sanddüne Rubjerg Knude. Da hat man mal einen Leuchtturm gebaut, der liegt heute, von See aus unsichtbar, hinter der Düne, denn die ist inzwischen 90 m hoch. Erste Rast in Lønstrup, da steigt gerade ein Radlerpaar mit vollem Gepäck in den Linienbus. Panne oder müde?


Leuchtturm in Hirtshals

Hirtshals

Weiter geht es wieder durch Dünen und Wälder, über Hügel etwas wellig. Wir landen in Hirtshals, ein Ort, den man sich merken sollte, denn hier landet die Fähre von Kristiansand an. Ob ich da je hinkommen werde? Ein Leuchtturm auf einem Hügel, ein geschäftiger Hafen, Gewimmel in den zwei Einkaufsstraßen.


Hafen in Hirtshals
Schon geht es weiter durch den Wald, da ist ein schöner Seerosenteich. Da sitzen ein paar Deutsche herum, wenn man zu denen sagt: „Das ist aber ein schöner Teich“ – dann reagieren die überhaupt nicht. Egal. Einmal kommt mir ein Ehepaar mit Kind entgegen, da rasseln Mutter und Tochter plötzlich zusammen und liegen der Länge nach auf dem Schotter. Die Mutter begraben unter all ihrem Gepäck. Die Tochter hat sich das Knie aufgeschürft und weint jämmerlich. Der Vater schimpft. Ehe ich helfen kann, ist die Mutter unter ihrem Gepäck raus gekrabbelt und ich überlasse diese Karawane ihrem Schicksal.


Dünenpanorama

An einer Tankstelle öle ich die Pedale – ohne Erfolg. Aus ist es mit dem geräuschlosen Dahingleiten, jedenfalls wenn man in die Pedale tritt. Eine Rast bei Råbjerg Kirke, dann kommt eine Attraktion: die Råbjerg Mile, eine 2 km lange und 40 m hohe Wanderdüne. Hier sollen schon Außenaufnahmen für Sahara Szenen abgedreht worden sein. Da muss man sich schon die Schuhe ausziehen und eine Weile auf der Düne herum wandern, die tatsächlich unendlich groß erscheint. Es folgt ein asphaltierter Weg gesäumt von nummerierten Bunkern, was die wohl hier sollen? Das heißt dann auch Bunken Klitplantage. Das Stück durch die Dünen vor Skagen ist schön angelegt und es herrscht ein reger Radverkehr.

Den Tilsandete Kirke Skagen

Leuchtturm in Skagen
Kurz vor Skagen noch ein Abstecher zur Tilsandete Kirke, da steht der halbe Kirchturm im Sand. Die Besichtigung kostet Eintritt, da verdient man sicher gut an dieser ausrangierten Kirche.

In Skagen frage ich gleich am ersten Edelhotel (Color), was das Zimmer kostet. Das ist nicht zu bezahlen, außerdem sei kein Zimmer frei. Das wäre in den anderen Hotels wohl auch nicht besser, sagt man mir. Ein wenig weiter aber ein Schild aus Holz: Zimmer. Da wuseln lauter Kinder herum und eine Dame und der Hund Daisy eilen herbei. Ich bekomme ein Zimmer! Das ist zwar nicht ganz first Class und liegt im Keller. Egal, Hauptsache man hat ein Dach über dem Kopf.


Skagen (Links oben Brechungslinie)

Um zu sagen, man war in Skagen, muss man nun noch bis zu äußersten Landspitze raus fahren. Da gibt es nicht viel zu sehen, Drachmanns Grav, was immer das sein mag (Grab des Dichters Holger Drachmann, 1908). Auf der See sieht man eine gerade Linie, dort treffen die Wellen von Skagerrak und Kattegat aufeinander. Mir gelingt dann noch ein Anruf zu Hause vom wohl nördlichsten Campingplatz Dänemarks.

Nun ein Lokal suchen, die Sitzplätze im Freien sind in der Abendsonne alle voll besetzt. Aber ich war den ganzen Tag an der Luft und kann auch drinnen meine Pizza verzehren. Danach wird es empfindlich kalt und mit etwas Mühe finde ich mein Quartier wieder.


Kapitel 3. Skagen - Grenaa
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