Sonntag, 15.5.
Der Flug nach Venedig mit Air Berlin
soll nun am Sonntagvormittag von Hamburg aus starten. Um rechtzeitig
dort zu sein, müssen wir schon einen Tag früher mit Bahn und
Niedersachsenticket nach Hamburg anreisen und eine Übernachtung im
Radisson Hotel am Flughafen in
Kauf nehmen. Man gönnt sich ja sonst nichts - diesen Spruch
können wir des weiteren noch gut gebrauchen. Aber so können
wir uns auch mit unserer Tochter Stefanie verabreden, die in Hamburg
beim Jumbo Verlag
(Hörbücher) tätig ist. Wir treffen uns am Bahnhof
Altona, und suchen uns aus dem reichhaltigen Programm, das unsere
Tochter sich ausgedacht hat, den Besuch des Botanischen Gartens in Klein Flottbek aus.
Anschließend besichtigen wir noch ihre jetzige und nebenan
vielleicht zukünftige Wohnung und landen schließlich in
einem italienischen Restaurant, um eine Pizza zu uns zu nehmen,
sozusagen als Vorgeschmack auf die kommenden Tage. Am Ende
verabschieden wir uns an der S-Bahn Linie 1, indem wir uns zwischen
schließenden Abteiltüren in den fast schon abfahrenden Zug
zwängen. Beinahe wären unsere ehelichen Bande bei diesem
Manöver zumindest örtlich getrennt worden, und dann wäre
guter Rat teuer gewesen. Das nächste Mal warten wir lieber die 10
Minuten auf die nächste Bahn. Bei der Ankunft am Flughafen
herrscht strömender Regen, aber der Weg von der S-Bahnstation zum
Hotel lässt sich unterirdisch durch die Parkdecks
zurücklegen. Der vorsorglich mitgeführte Regenschirm erweist
sich als defekt, der kann gleich entsorgt werden. Auch auf dieses Thema
werden wir zurückkommen.
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Nach einem Frühstück, das jenem im Kempinski auf Gozo, wo wir im letzten Jahr
kostenfrei (s. dort) hinein gestolpert sind, nur wenig nachsteht - es
gibt auch Lachs - finden wir uns rechtzeitig an den Flugschaltern ein.
Bei der Sicherheitskontrolle kann man wählen, ob man durch den
Körperscanner geht - oder nicht. Ist das der berühmte
Nacktscanner? Keine Ahnung, uns macht das nichts aus, sofern das nicht
gleich auf einer Großleinwand übertragen wird. In meinem
Fall wird moniert, dass ich das Taschentuch aus der Hosentasche nicht
herausgenommen hätte, als ob das explodieren könnte, oder
was?
Nun aber geht der Flug regulär vonstatten, am Ende sieht man die
Lagune von Venedig unter sich mit bizarren Mustern der
Land-Wasserstrukturen und im Dunst die Stadt selbst - die Serenissima. Wir hatten noch zu
Hause die Wettervoraussage bemüht: sie stimmt, es herrscht
strömender Regen und ein kalter heftiger Wind.
Leider hatten wir uns nicht darauf vorbereitet, was nun zu tun ist,
wenn man nicht von einer Empfangsdame mit kennzeichnendem Plakat,
passend zu den Kofferanhängern, begrüßt wird.
Inzwischen haben wir es gelernt, und vorgreifend sei es mitgeteilt. Man
begibt sich zuerst zu den Schaltern der Nahverkehrsbetriebe ACTV und
kauft sich eine Dauerkarte für die Zeit des Aufenthalts. Dann kann
man alle Busse und Transportboote - die Vaporettos - ungeniert benutzen.
Vom Flughafen nimmt man zunächst einen Bus zum Piazzale Roma in der Nähe der
Bahnstation Ferrovia. Eine
Bootsverbindung auf die Dauerkarte gibt es in beiden Richtungen nicht.
Wir haben nun erstmal ohne Dauerkarte 10 EURo p.P. aufzuwenden um mit
einem sog. Expressbus nach Venedig zu gelangen.
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An jenem besagten Piazzale Roma pfeift
der Wind und Regen, und in einem Wartehäuschen suchen wir Schutz.
Nahebei finden wir dann so etwas wie einen Kanal. Da kommt auch schon
ein Boot heran gebraust. Und ehe wir uns zu versehen sind wir selbst
und
die Koffer an Bord verladen und man braust los in Richtung Ca'
Vendramin, dem Hotel. Der Bootsfahrer gibt Vollgas, unsere
geografischen Kenntnisse sind auch gleich Null, und so geht es
über die offene Lagune bei rauer See in voller Fahrt dahin.
Derweil sitzen wir in der gemütlich geheizten Kabine und
beglückwünschen uns, dass das so gut geklappt hat. Nur die
Koffer
auf dem Vorderdeck kriegen so manche Gischt und überschwappende
Wogen zu spüren. Hoffentlich sind sie wasserdicht! Schon sind wir
am Anleger des Hotels angekommen, lassen uns und die nassen Koffer
ausladen. "Quanta Costa?" "Sixtie" "Sixteen?" "No, Six and Zero!"
Schluck, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Da muss man durch,
obwohl man im Reiseführer Marco Polo nachlesen kann, dass man sich
vor den Wassertaxis in Acht nehmen sollte. Sie sind das teuerste
Verkehrsmittel überhaupt. Ein Trinkgeld muss man in diesem Fall
wirklich nicht zahlen. Auf dem Stadtplan kann man später
feststellen, dass unser Bootsführer wahrlich nicht den
kürzesten Weg genommen hat.
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Immerhin sind wir nun in unserem Hotel ohne Schirm und
Fußmärsche
einigermaßen trocken angelangt und werden herzlich empfangen.
Nach dem Einchecken werden uns die Koffer nach oben in unser Zimmer
gebracht, da ist natürlich dann doch ein Trinkgeld fällig.
Unser
Zimmer ist zweigeschossig. Unten ist das Badezimmer, und eine Treppe
höher der Wohnbereich. Der besteht aus einem Doppelbett, einem
Stuhl und einem Fernsehgerät, auf dem man neben den
landesüblichen Sendern nur das ZDF empfangen kann. Bei einem Stuhl
kann sich einer setzen und der andere muss sich auf das Bett legen, und
das bin meistens ich. Bei nur einem für uns verständlichen
Fernsehsender ist auch die Möglichkeit gegeben, ein Buch zu lesen
z.B. "Die Liebenden von San Marco"
(Charlotte Thomas).
Nachdem wir die Koffer ausgepackt haben - es sind keine
Wasserschäden festzustellen - treibt es einen nun doch nach
draußen. Zuerst wird am nächstbesten Straßenkiosk ein
Schirm für 5 EURo erstanden, damit man sich in diesem Regen
bewegen kann. Später werden wir feststellen, dass im Hotel ein
Schirmständer mit so um die 10 Schirmen herumsteht, wo man sich
wohlgefälligst hätte bedienen können. Stattdessen wird
schließlich unser Schirm in besagtem Sammelbehälter landen,
weil wir ihn nach dem einen Regentag weder in einem Koffer
verstauen noch beim Rückflug durch die Sicherheitskontrollen
schleusen könnten (Bajonettverdacht).
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Nun erleben wir Venedig im Regen, wie alle anderen Touristen auch. An
allen Ecken sieht man kleine Elendshäufchen von verkrüppelten
Regenschirmen, die den Unbilden der Natur nicht stand gehalten haben.
Nun hat Venedig sicher größere Umweltprobleme als entsorgte
Regenschirmwracks, so kann man das eher lustig sehen. An der Rezeption
unseres Hotels haben wir auch einen Stadtplan überreicht bekommen,
sodass man sich in den verwinkelten Gassen einigermaßen
orientieren kann. Im übrigen sind die Wege zu den
Hauptattraktionen wie der Rialtobrücke
oder dem Markus Platz gut
ausgeschildert. An der Rialtobrücke erreichen wir zum ersten mal
den Canale Grande. Ja, so
stellt man sich Venedig vor! Sogar bei Regen macht das schon was her.
Wir schlagen uns weiter bis zum Markus Platz durch. Heidi war nur
schwer davon abzubringen, ihre Gummistiefel mitzunehmen. Zwar steht der
Markus Platz heute nicht unter Wasser, aber nasse Füße haben
wir auch so.
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Ab und zu stolpern wir in eine Kirche, von denen es wohl etliche gibt.
Ausgestattet mit einer neuen Kamera (Nikon Coolpix S9100),
die es zu meinem letzten Geburtstag gab, ist man nun auch in der Lage,
anständige Innenaufnahmen anzufertigen. Zuvor hatte ich immer
neidisch auf die Displays fotografierender Touristen geschielt, die
gestochen scharfe Ansichten im Visier hatten, während meine Kamera
nur das rote Alarmlicht wegen unzulänglicher
Lichtverhältnisse meldete. Irgendwann haben wir schließlich
gemerkt, dass das Fotografieren und Filmen in den Kirchen meistens
untersagt ist, danach war es dann aus mit dem Vergnügen. Ein paar
Bilder hat man immerhin stibitzt.
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Mit unseren nassen Füßen machen wir uns an den
Rückmarsch. Gleich zu Beginn unseres Spaziergangs hatten wir
vorhin den Supermarkt Billa
gleich um die Ecke bei unserem Hotel entdeckt. Dort gibt es sogar das
gleiche Bier wie bei unserem letzten Urlaub auf Madeira: Bavaria 89 sowie eine ansprechende
Auswahl an Weinen. So versorgt man sich für den
Abend und dann begeben wir uns in die nahegelegene Pizzeria Pasqualigo zum Abendessen.
Heute kann man nicht draußen sitzen, doch drinnen tagt eine
muntere Gesellschaft, zusammengesetzt aus drei Generationen und an die
20 Personen und ein paar Hunden. Man kann sich vorstellen, dass es da
sehr lebhaft zugeht. Doch bald bricht die Corona auf und es wird
ruhiger. Der Kellner verdreht die Augen. "Acht Stunden!" stöhnt
er, sichtlich geschafft.
Wir bestellen erst einmal wie wir es gewohnt sind, ein großes Bier. Und schon kommen
zwei Maßkrüge mit wohl einem Liter Bier darin. Kostenpunkt
12 Euro pro Humpen. Und bei der reichhaltigen Pizzamahlzeit fällt
es einem am Schluss schwer, das alles in seinem Inneren unterzubringen.
Da sind wir froh, dass wir nur um zwei Ecken und über eine
Brücke zurück zu unserem Hotel zu bewältigen haben. Nun
hat auch schließlich der Himmel ein Einsehen und belohnt uns nach
all dem Regen mit einem Ausblick auf ein sonnenbeschienenes
Türmchen aus unserem Zimmerfenster.
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