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Sonntag, 28.7.

Wir schlafen in den Sonntag. Am Morgen können wir sogar in Ückeritz in einem Supermarkt einkaufen. Auf dem Rückweg erfreut uns ein Huhn, das hartnäckig den Rand des Weges besetzt. Der Grund ist ein leider schon lädiertes Ei, das dem Huhn wohl an dieser unpassenden Stelle entfallen ist.

Die Wetterlage, entnehmen wir den Nachrichten, ist klassisch sommerlich, ein Hochdruckgebiet mit einem männlichen Namen reicht von Frankreich bis in das Baltikum. Da werden wir von der schönen Insel erstmal nicht viel zu sehen bekommen. Wellen, Strand und Sonnenschein, da jauchzt das Herz, nur der Hintern wird rot. Besonders beim Bernsteinsuchen, worin wir schnell eine Fertigkeit entwickeln, strahlt einem die Sonne auf die gebückte Hinterpartie. Zum Aufheben der zumeist winzigen Bernsteinsplitter verwenden wir Einwegtassen vom Kaffeetrinken am Kiosk. Mehrfach gelingt es uns, den Boden einer Tasse zu bedecken. Stefanie füllt später die goldgelben Schätze in Flaschen vom "Küstennebel" um, einem derzeit beliebten Abendschmankerl. Größere Bernsteinstücke lassen sich mit Tuch und Zahnpasta putzen und polieren.

Am Sonntagnachmittag ist der Fischer von seiner Ausfahrt zurück. Ein Teil des Fangs geht an die Fischerei-Genossenschaft, der Rest wird privat verkauft. Frischfische wie Zander oder Barsch werden zum Braten oder Kochen verwendet. Aale und Schollen werden ausgenommen, gewaschen, gesalzen und anschließend in einer abenteuerlichen Räuchertonne neben dem Holzstoß über Buchenfeuer geräuchert. Die Frauen sitzen dabei meistens am Tisch und schwatzen, während die Männer sachkundig um die Tonne herumstehen oder -sitzen, wo auch höherprozentige Werte evtl. die Zeit verkürzen helfen. Das ganze dauert ca. drei Stunden, dann kommen die Fische goldgelb zum Vorschein.

Fischfang

Am Abend gehen wir zusammen mit unseren Bielefelder Freunden zum Essen in das Lokal "Waterblick" am Achterwasser. Man hatte einen Tisch bestellt, aber das klappt nicht so ganz, mit Glück ergattern wir den besten Tisch auf der Aussichtsterrasse. Vorne strohgedeckte Katen, dahinter ein Schilfgürtel, dann die glänzende Fläche des Achterwassers, das aus einem Mündungsarm der Oder bis zum Peenestrom gebildet wird. Diese Aussicht ist postkartenreif. Wir genehmigen uns einen Zander, diesen Fisch haben wir noch nie gegessen. Wir buddeln uns auch gefahrlos durch die Gräten und sind begeistert.

Als wir mit dem Essen fertig sind, hat sich bereits eine längere Warteschlange auf der Treppe gebildet, wo man auf freiwerdende Plätze wartet. So brechen wir auch schnell auf, Ulla läßt in der Hast sogar ein halbes Bierglas stehen, was wir noch öfter zu hören kriegen. Später erzählt der Wirt dieses Etablissements dem Roland, daß an diesem Tag der zweitstärkste Besucherandrang der Saison zu verzeichnen gewesen sei.

Wir gehen hinunter ans Achterwasser. Hier unten ist ein Bootsverleih, Segeln, Rudern, Tretbootfahren - alles da. Ulla und Roland treffen schon wieder Bekannte, die kennen hier anscheinend jeden. Dann machen wir uns auf den Weg zum "Höft" einer herausragenden Landzunge mit Steilufer. Heidi hält auf Abstand, Stefanie und ich springen hinunter und sind unversehens verschwunden. Es handelt sich aber nur um einen Absatz von einem Meter. "Macht sowas nicht mit mir" ist die bange Reaktion. Trotzdem hat man einen herrlichen Blick hinüber nach Ückeritz. Durch die Mücken bahnen wir uns den Weg zurück. Auf der Rückfahrt werden wir in den "Biergarten" eingeführt. Das ist ein Kioskzelt mit Sitzgelegenheiten auf einer Wiese. Außer Holsten und Küstennebel gibt es hier die besten Pommes weit und breit. Roland macht seine Zeche unter Bielefeld I, wir unsere unter Bielefeld II. Auch mit dem "Küstennebel" machen wir Bekanntschaft.

Wieder zurück im Quartier, versammelt sich die komplette Manschaft auf den zwei Gartenbänken vor der Haustür, die dazu notwendigen Flaschen passen man so gerade auf den Klapptisch. Als der Vollmond erscheint, machen Stefanie und ich sich noch zu einem Strandmarsch auf. Die Wellen plätschern wieder im Mondlicht, barfuß wandern wir bis zum Fuß des Streckelberges. Hier beginnt eine verfallene Uferbefestigung aus großen Felsbrocken. "Betreten "lebensgefährlich" und streng verboten. Deshalb muß ich partout auch noch ein paar Meter weiter erkunden. Dann sehe ich die Silhouette eine Hundes vor mir, da kehre ich dann auch um. Als ich wenig später Stefanie von dieser Beobachtung erzähle, ist für einen flotten Rückmarsch gesorgt. Der Ruf eines Käuzchens und huschende Fledermäuse bestätigen uns, daß um uns herum Natur pur herrscht.

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