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Vorgeschichte

Die vielbesungene Wende samt Wiedervereinigung hat nicht nur zur Folge, daß sich zwischen "hüben" und "drüben" alte und neue Kontakte knüpfen - auch bei uns ist man eifrig damit beschäftigt, die "historischen Ereignisse" - wie Onkel Helmut, der Vereinigungskanzler, sie zu nennen pflegt, eindringlich mit Freunden, Kollegen oder am Stammtisch zu diskutieren. So führe ich auch mit meinem Kollegen Rainer B. einige Gespräche über die Ost-West-Problematik. Es stellt sich heraus, daß Kollege B. ein kompetenter Kenner der Dinge ist: er ist seit Jahren mit einer Fischerfamilie auf Usedom befreundet. Seine Schilderungen klingen stark nach Paradies: "ein herrliches Stückchen Erde" usw. Nach unserem Besuch der Insel Rügen ein Jahr zuvor haben wir schon eine begeisternde Landschaft kennengelernt.

Im Frühjahr machen wir uns Gedanken über unseren Urlaub. Mit dem Rennsteig wird mir bereits im Mai Gelegenheit gegeben, die überschüssigen Kräfte abzubauen. Heidi hat inzwischen eine neue Stelle angetreten. So kommt nur ein "Erholungsurlaub" in Frage, d.h. Sonne, Sand und Meer. Also der Vorschlag: Usedom - denn in das "Ossiland" müssen wir schon fahren, sonst fehlt was.

Kollege B. erklärt sich bereit, bei seiner Familie in Kölpinsee anzufragen. Ausgiebig schildert er die Schönheiten der Insel. Ungeduldig erwarten wir die Antwortpost. Die ist endlich da, wir können uns den Reisetermin sogar aussuchen. Doch es gibt noch einiges Hin und Her, bis Heidi bei ihrem neuen Arbeitgeber den Urlaubsstermin festgeklopft hat. So werden schließlich die beiden letzten Wochen der Sommerferien für die Fahrt nach Usedom ausgeklickert.

Doch "ach du großes Halali" - das stammt aus einem Dackelbuch - es gibt noch manches auszukämpfen. Was machen die Kinder? Verena bucht eine Reise nach Frankreich, Annika fährt mit ihrem Freund Fredde nach Ahrenshop und ist im Besitz eines Ferienpasses für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Niedersachsen, Bremen und Hamburg für DM 25.-. Außerdem kriegen wir noch einen neuen Hund namens " Ajax", das gibt noch mehr Durcheinander. Auch Stefanie ist nicht begeistert: "schon wieder in's Ossiland" ?

Dann wird Heidi auch noch rebellisch, wie ist das mit der Bettwäsche, ob man die mitnehmen muß..., ob man auch kochen kann..., und womöglich noch eine andere Familie in der Ferienwohnung..., und zum Essen landen wir ja doch immer nur in einem Kiosk... usw. Meine Äußerungen: "das wird schon werden" sind völlig unzureichend. Jedenfalls haben wir ordentlich Zoff, beinahe hätten wir auf Cuxhaven umgebucht, da wüßte man ja, was man hat. Zuguterletzt versetzt uns unser neuer Hund Ajax auch noch in Angst und Schrecken, als er bei einem abendlichen Spaziergang auf der nahegelegenen Autobahn Dompteur spielt und einige dahinrasende Autofahrer zu verwegenen Ausweichmanövern zwingt. Und die Haftpflicht ist noch gar nicht bezahlt. Nun bin ich auch urlaubsreif.

Annika und Verena werden Haus und Hund, Meerschweinchen, Hasen und Blumen versorgen. Ein Meerschweinchen namens "Kuddel", das wir in zweifelhaftem Zustand zur Pflege übernommen haben, verendet uns leider noch am Vorabend, das hebt die Stimmung auch nicht gerade. Etwas mißmutig werden die Koffer gepackt, Lust hat keiner so richtig, außer mir - "es wird schon werden", in diesem Sinne. Der Wetterbericht ist wenigstens sehr vielversprechend, die Verkehrsnachrichten dagegen weniger, Deutschland strotzt von meistens stehenden Autokarawanen.

Nun ist Freitag, am besten fahren wir also am kommenden Morgen zeitig los. So schwer, wie ins Bett zu finden, fällt mir der Schlaf, zwei, drei Stunden, zu mehr reicht es nicht nach all der Aufregung.

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