Türkei 11.4.-18.4.2009
Einwöchige Busreise in Südwest-Anatolien


Wenn man heutzutage eine Reise bucht, ist das manchmal schon etwas abenteuerlich. Ein Reisebüro braucht man kaum noch, es gibt ja Internet, Sonnenklar und Telefon. In diesem Falle flatterte uns ein Reiseangebot für eine Busfahrt in der Türkei ins Haus. Alles umsonst - heißt es. Absender ist die Zeitschrift Hör Zu, die wir seit vielen Jahren abonniert haben. Das soll nun eine Belohnung sein.  Nach einem klärenden Anruf ist die Sache dann doch nicht kostenlos. Im April ist ein Saisonaufpreis zu zahlen, dazu kommen Flughafen-Zuschlag und Halbpension, alles zusammen 486 € für eine Woche und zwei Personen. Da kann man nicht meckern, wenn man bedenkt, was sonst allein die Tagesausflüge am jeweiligen Ferienstandort kosten. Sicher werden hier auch ein paar Verkaufsveranstaltungen dabei sein. So etwas nennt der Fachmann bei billigen Reiseangeboten "Refinanzierung". Wir entschließen uns also für diese Unternehmung und werden so über Ostern nicht zu Hause sein und Heidi spart das Kochen für die Kinder. Das wird stattdessen am Karfreitag dann doch veranstaltet und es gibt den ersten Spargel (aus Griechenland). Abends wird Hund Otto in seine bewährte Pension verfrachtet, von wo er jedes mal schlanker als vorher zurückkehrt.

1. Tag, Samstag, Antalya

Am Samstag morgen geht es los, der Flug von Hannover nach Antalya ist 10.15 - 14.50. Dabei geht einem unterwegs durch Zeitverschiebung eine Stunde flöten. Gegen 7.30 Uhr werden wir vom Nightliner, dem Zubringerdienst zum Flughafen, vor der Haustür abgeholt. Schon ertönt es von den Mitinsassen aus Waggum und Wolfsburg: "Wir haben bei Quelle eine Reise gewonnen". Aber auch sie haben zu bezahlt, und zwar mehr als wir. Ja, dann haben wir ja auch eine Reise gewonnen. Beim Einchecken haben dann alle ihre Reise gewonnen, bei Weltbild, Bertelsmann oder sonstwo. Veranstalter derartiger Reisen ist die refinanzierende Firma Viva d' Or, die haben den ganzen Flieger von Sky Air in Beschlag genommen.

Nach dem Abheben gen Osten schaut man erstmal angestrengt nach unten, ich habe einen Fensterplatz. Da fällt mir ein etwa dreieckiges Waldstück auf. Ist das nicht unser Wald? Und da stehen unsere vier Windräder und wir fliegen tatsächlich über unser Dorf Geitelde. Dann weiß man nicht mehr, wo man ist, in diesem Flieger werden keine Bildschirme mit der Streckeninformation angeboten. Zwischendurch kommt wohl mal die Donau in Sicht. Dazu gibt es zweimal Getränke und ein eingetütetes Gummisandwich. Wenn man Hunger hat, isst man sogar das.


Reiseführer Aziz

Ausblick im Hotel Falcon

Nach der Landung geht alles planmäßig vor sich, nachdem die Koffer endlich auf dem Förderband erscheinen. Wir sind 10 Gäste, die mit dem Flug von Hannover gekommen sind. Man bringt uns nun zu unserem ersten Hotel, dessen Lage oder gar Namen noch keiner von uns kennt. Vorbei an zahllosen mehr als zehnstöckigen Wohnblocks und z.T. auf abenteuerlichen Wegen werden wir schließlich im Club Hotel Falcon im Ortsteil Lara abgeliefert. Der Reiseleiter namens Aziz erwartet uns schon. Man kann nun zusätzliche Buchungen vornehmen: Gala Abend, All Inclusive, Mittagessen. Wir beschränken uns auf die Eintrittsgelder für die Rundfahrt von 25 € p.P. Wir bekommen ein Zimmer zur Straße raus, wo zwar kein Durchgangsverkehr ist, aber im Eingangsbereich des Hotels herrscht immer Trubel, zumal hier heute eine Hochzeit stattfindet


Obst- und Gemüsemarkt

Viele Fische

Kükenkarton

In der Nähe ist heute ein ausgedehnter Obst- und Gemüsemarkt. Da schlendern wir nun einmal hin und einmal her. Es werden auch kleine gelbe Küken aus ihrer Kartonbehausung angeboten. Wenn man die fotografiert, will der Besitzer gleich ein paar Münzen sehen. Zurück im Hotel ist schon bald das Abendbuffet geöffnet. Das ist mittelmäßig aber man findet schon was zum Sattessen. Nur das Bier ist eine Katastrophe, blassgelb und wässerig zum stolzen Preis von 3 €. Danach gibt es nicht mehr viel zu tun, wir werden am nächsten Tag um 8 Uhr zur ersten Unternehmung starten, so legt man sich nicht allzu spät zur Ruhe nieder. Wegen des Lärms muss die Balkontür geschlossen werden. Am frühen Morgen übernehmen ein Hund und die Muhedzine die Gestaltung des Konzerts.


Hafenpanorama in Antalya

2. Tag, Ostersonntag, Antalya

Um 6.30 werden wir per Telefon geweckt. Wenn man heute jemandem Frohe Ostern wünscht, heißt es "Ach ja, ist ja Ostern". Nach dem Frühstück geht es pünktlich ans Werk. Unser Busfahrer heißt Schakir und wird im folgenden sehr besonnen fahren, sodass die Sorge über allzu rabiate Busfahrer gegenstandslos ist. Wir haben einen schönen Platz zwei Reihen hinter dem Fahrer. Unser Reiseführer Aziz bringt den Busgästen das "Guten Morgen" auf Türkisch bei, und das heißt "Günaydin". Das i ist allerdings ohne Punkt und wird wie ein stumpfes e ausgesprochen.


Aussichtspunkt

Laterne

Ein Durchblick

Erker 2007

Erker 2009

In Abänderung des ursprünglichen Programms ist für den ersten Tag der Besuch von Hafen und Altstadt Antalyas und weiterer Sehenswürdigkeiten vorgesehen, wie wir sehen werden. Zuerst wird ein Ausblickspunkt angefahren, wo man einen herrlichen Blick auf die Bucht von Antalya, den Strand und das Taurusgebirge hat. Anschließend geht es ins Zentrum. Der Hafen, umgeben von steilen Felsen, bietet wie immer ein malerisches Bild. Die verwinkelten Gassen der Altstadt sind vorbildlich mit Natursteinen gepflastert. Ein Foto von ein paar malerischen Balkonen - und oh Wunder, das gleiche Motiv hatten wir zwei Jahre zuvor auch schon fotografiert. Viel hat sich nicht verändert - zum Glück. Alles Moderne rund um die Altstadt ist schlichtweg scheußlich. Laut Merian Reiseführer hatte Antalya in den 60er Jahren gerade mal 60.000 Einwohner, mittlerweile sind es über 800.000, und da kann man sich vorstellen, welch ein Bauboom hier stattgefunden hat.


Prozessionsspinner

Prozessionsspinner

Als wir auf den Bus warten, kommt eine Kette kleiner Raupen des Weges. Die haben sich eine nach der anderen am hinteren Ende des Vorgängers eingeklinkt und steuern geradewegs auf den Fußweg zu. Dort sind bereits einige Raupen zertreten. Ein mitleidiger Passant versucht, den Weg der Raupen in ein nahes Gebüsch abzulenken. Ziemlich sicher rettet er damit gerade einen Schädling namens Prozessionsspinner. Diese Spezies befällt ganze Kiefernwälder und bringt die Bäume nach und nach zum Absterben. Giftig sind sie noch obendrein durch ihre sog. Brennhaare. Man kann überall die Gespinste der Brutstätten in den Wipfeln der malätrierten Kiefern hängen sehen. Beliebter sind natürlich die Seidenraupen, die den Maulbeerbaum bevorzugen. Darüber werden wir zu gegebener Gelegenheit mehr erfahren.

Die Weiterfahrt führt uns durch nicht endende Hochhaus-Siedlungen. Viele der Gebäude sind gar nicht oder spärlich bewohnt. Dazu wird etwa folgender Kommentar gegeben: "Hier links war früher alles grün, durfte nicht bebaut werden. Aber die Politiker haben sich durchgesetzt, vielleicht auch gut verdient. Aber nun durch die Finanzkrise ist es schwer, Mieter oder Käufer zu finden. Rechts ist ein Naturschutzgebiet, da kann man mit dem Geländewagen hin und her fahren, als Sport". Es ist bemerkenswert, wie die Stadt Antalya sich in den vergangenen Jahren ausgebreitet hat, fast ist es schon eine Millionenstadt. Da mag manches sich nicht so gut auf die umgebende Natur auswirken. Was wir vor zwei Jahren auch noch nicht beobachtet haben sind die vielen Treibhausflächen, wo Gurken, Tomaten, Erdbeeren, Succhini usw. usw. gezogen werden. Alle Güter werden zu 90% per Schwerlastverkehr befördert, die Bahnstrecken sind in der Türkei nur spärlich vorhanden. Berühmt ist allerdings die historische Bagdadbahn.


Aksu

Blühende Wiese

Wir fahren nun in das, wie es heißt, typisch türkische Dorf Aksu, direkt an der Autobahn gelegen. Aziz entschuldigt sich geradezu: "Das Programm ist vorgegeben, ich fülle es nur mit Inhalt". Da hat er recht, denn hier gibt es nichts zu sehen, außer einer blühenden Wiese. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter zu den Kursunlu Wasserfällen.


Grüne Hölle

Kursunlu Wasserfall

Schildkröte

Das ist schon interessanter, geradezu eine grüne Hölle. Auf befestigten Wegen gelangt man zu dem ersten Wasserfall, die weiteren sind in der verfügbaren Zeit nicht zu erwandern. Über Treppen und Stege gelingt es uns, ein Stück weit vorzudringen, eine Schildkröte mit der Sonne entgegen gerecktem Hals zu beobachten. Beim weiteren Vordringen kommen uns Leute entgegen: "We are completely lost". Da kehren wir lieber auch um. Bei dem Rückweg gilt es, auf den schmalen Stegen den entgegenströmenden Menschenmassen auszuweichen. Wenn sich japanische Touristen gegenseitig und gleichzeitig fotografieren, ist man immer im Wege. Hin und wieder quakt ein Frosch. Als wir wieder den Ausgang erreichen, atmen wir auf. Inzwischen geht es auf die Mittagszeit zu, und schon strömen einheimische Großfamilien bepackt mit Riesentaschen voller Picknickausrüstung in Richtung grüner Hölle. Schön ist es da!


Namensschild

Baumpflanzaktion

Namensschild

Auch für uns ist die Mittagsrast angesagt. Ein Restaurant am Meer wird angefahren. Die Gäste, die ein Mittagsessen gebucht haben, werden an den gedeckten Tischen plaziert, wir anderen etwas abseits. Der Wirt dieses Etablissements ist sehr geschäftstüchtig und erscheint lautstark anpreisend mit Tabletts voller Rakigläser oder gar einem Granatapfelcocktail. Das geht alles reißend weg, während wir an der Cola schlürfen. Schließlich kann man am Strand einige hübsche Muscheln sammeln, die darf man hoffentlich zollfrei exportieren. Nun findet die berühmte Baumpflanzaktion statt. Es werden Kiefernschösslinge in Eimern bereit gestellt, Schaufeln verteilt, und dann kann man buddeln. Das eingepflanzte Pflänzchen wird sodann gegossen und mit einem Namensschild versehen, damit man sehen kann, was man für einen Mammutbaum geschaffen hat, falls man mal wieder hierher kommt. Wir wüssten aber nicht, wo das überhaupt war. Nebenan spielen Kinder auf den frischen Anpflanzugen Fußball. Dann ist das Schicksal der Pflanzen wohl ungewiss. Längs der Küste befinden sich in dieser Gegend öffentliche Flächen, wo Grillplätze eingerichtet sind und heute an diesem schönen Sonntag eifrig genutzt werden.


Gazanie

Gazanie


Cafe beim Bazar
Zum Abschluss der heutigen Tour geht es noch einmal in die Stadt, um den Bazar aufzusuchen. Doch leider wird man praktisch an jedem Verkaufsstand sehr unangenehm belästigt. Als wir das zweite mal mit abwehrenden Gesten an einem Stand vorbeikommen, wird uns zugerufen "Da ist der Ausgang". Das lässt man sich dann nicht zweimal sagen. Draußen sind ein paar Restaurants, da kann man dann gemütlich einen türkischen Kaffee trinken. Nachdem der Bus uns wieder in das Hotel gebracht hat, kann man noch eine Stunde die Sonne am Pool genießen.

Nach dem Abendessen setzen wir uns mit einem Ehepaar aus Jena in einen Biergarten um die Ecke. Dort schmeckt das EFES Bier ganz gut und ist einen Euro billiger. Leider findet gerade ein Fußballspiel zwischen Galatasaray und einer anderen Mannschaft aus Istanbul (Fenerbahce)statt. Das Spiel wird auf einem Fernsehschirm in den Garten übertragen und das geht sehr lautstark zu. Dadurch wird die abendliche Idylle empfindlich gestört. Wie man später hörte, musste das Spiel wegen derber Rangeleien unterbrochen werden, nachdem die Schiedsrichter sich in Sicherheit bringen mussten.

Inzwischen unterhalten wir uns mit unserem Ehepaar über diese und jene Reisen. Ja, die schönste Reise sei ja nun eine Fahrt mit dem russischen Atomeisbrecher Jamal zum Nordpol gewesen. Alles vom feinsten, und man sei wirklich bis auf wenige Breitengerade an den Nordpol herangekommen, der Kompass sei dort ratlos gewesen. Es wird uns auch der Preis für die Reise verraten: so etwa der Preis eines Kleinwagens. Ende diesen Sommers soll es dann Richtung Antarktis gehen, das wird von den norwegischen Hurtigrouten veranstaltet.


Kapitel 2
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