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Freitag, 12.10. Radtour nach Bad Salzungen

Nun ist das Wetter so schön geworden, daß es einen freut, an der Luft zu sein, es ist fast wie im Sommer. Wie schön, daß wir uns für heute eine Radtour vorgenommen haben. Es soll - auf Umwegen - nach Bad Salzungen an der Werra gehen, von da wieder mit der Bahn zurück. Wir fahren in westlicher Richtung, und bleiben am Rande des Thüringer Waldes, da kann das mit den Steigungen ja nicht so schlimm werden. Erst geht es nach Norden, da liegt in Weidebrunn ein Bergwerksmuseum mit einem historischen Schmelzofen. Wir fahren aber daran vorbei. In Atzerode geht es links ab und dann hinauf. Heidi steigt bald ab, die Sonne meint es auch zu gut.


Apfelbaum

Ich fotografiere einen Apfelbaum und sause dann hinterher, wir schieben nun erstmal wieder eine Weile. Einer kommt uns entgegen: "Die Hälfte habt ihr schon geschafft!" Schön wär's gewesen. Lang zieht sich die Strecke hin, oft überholen uns Fahrzeuge mit Müll auf den Anhängern, das ist auch nicht so romantisch. Irgendwann gucke ich mir die Karte mal genauer an, es geht tatsächlich wieder auf knapp 600 m hoch. Ist ja erstaunlich! Heidi findet das gar nicht witzig. Aber schließlich sind wir nicht in der Lüneburger Heide oder in Ostfriesland. Ist doch alles nur Gewohnheitssache usw. Doch das nützt alles nichts, endlich habe ich wie immer recht, daß nach der nächsten Kurve es wieder bergab geht. Hier liegt zur Rechten auch die riesige Müllhalde, auf die Schönheit der Landschaft wird da keine Rücksicht genommen.

Nun endlich geht es in bewährt zaghafter Art wieder hinunter. Es ist aber auch Vorsicht geboten, weil die Straße vom Morgentau noch stellenweise naß ist, auf dem Teerbelag ist es da schmierig glatt wie auf Seife. So rollen wir in den Ort Trusetal, dem ersten Ziel. Hier gibt es einen Wasserfall, der besichtigt werden muß. Dazu geht es durch den Ort und - wie könnte es anders sein - wieder bergauf. Am Ortsrand eine geologische Merkwürdigkeit: der "Trusetaler Hauptgang". Anhand einer Schautafel kann man sich informieren. Es treten hier mehrere Gesteinsformationen in Schichten zutage, ein paar davon hat man abgebaut, dadurch ist ein tiefer Einschnitt im Gelände entstanden. Wäre die Informationstafel nicht, würde man sagen: "alter Steinbruch", was ja auch nicht falsch ist. In der Nähe auf der gleichen Seite eine tiefe Spalte im Berg, die wird für den Rückweg vorgemerkt.

Dann erreichen wir den Wasserfall, der stürzt aus knapp 100 m Höhe über die Felsen hinunter. Leider sieht das Wasser nicht gerade sauber aus, es ist trübe und bildet Schaum. Oberhalb des Wasserfalls liegen auch Industriebetriebe. Zunächst geleite ich Heidi zur nebenan gelegenen Imbißbude, wo sie Kaffee trinken kann.


Trusetaler Wasserfall

Dann steige ich den luftigen Weg längs des Wasserfalls hinauf (eintrittsfrei). Ab und zu sieht man im Gegenlicht einen Regenbogen. Oben ist eine lange Holzrutsche, die das Wasser über den Felsabsturz führt. Der Bach wird am Hang entlang von der oberhalb gelegenen Sammelstelle geführt. Auf diesem Weg laufe ich wieder runter und finde mich ebenfalls zu einem Kaffee am Kiosk ein.

Frisch gestärkt geht es weiter. Bei der Rückfahrt in den Ort inspiziere ich schnell die geheimnisvolle Felsspalte. Dazu muß man über das Dach eines vorgebauten Schuppens klettern, von da kann man in die Spalte hinuntersteigen. So wie es aussieht, zieht sich die ganze Sache als Spaltenhöhle in den Berg hinein, ohne Lampe kann ich aber weiter nichts ausrichten. Lieber zurück in den Sonnenschein, nun geht es Richtung Bad Liebenstein. Wieder wird ausgiebig geschoben, dann wieder eine Abfahrt nach Bairoda. An einer uralten Linde (Naturdenkmal) warte ich auf Heidi, die mit Schmackes um die Ecke saust, ehe ich sie auf die Linde aufmerksam machen kann. Wieder folgt die Strafe für das Bergabfahren, noch einmal geht es hinauf. Bis zum Ortseingang von Bad Liebenstein müssen wir nocheinmal schieben. Ich kann verstehen, daß diese Geschichte für jemand ohne Bergerfahrung trotz Mountainbike wenig Reiz abgibt.

Aber jetzt brausen wir durch Bad Liebenstein hindurch, auf der Rechten fliegen elegante Kureinrichtungen vorbei, zahlreiche Gäste genießen auf der Promenade das schöne Wetter. Wir suchen die Ortsmitte, vielleicht gibt es da einen Imbißstand? Ehe wir uns versehen, sind wir aber schon am anderen Ende des Ortes angelangt, ein eigentliches Zentrum existiert anscheinend nicht. Ich würde gern noch die "Altensteiner Höhle" aufsuchen, aber im Moment ist die Stimmung nicht danach. Mit einem Mann, der froh über eine Pause beim Laubfegen ist, diskutieren wir die Weiterfahrt. Er sagt uns auf den Kopf zu, daß wir die Herfahrt von Schmalkalden viel kürzer hätten machen können. Für den Radfahrer gilt aber der alte Spruch: "Der Weg ist das Ziel", das hat nicht jeder drauf. In diesem Sinne habe ich noch einige Vorschläge für die letzte Etappe nach Bad Salzungen, aber da komme ich schlecht mit an. Nun soll es endgültig nur noch bergab gehen, da müssen wir die Hauptstraße nehmen und können damit jeglichen Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehen. Heidi ist auch ziemlich geschafft, man sieht das immer an ihrem roten Kopf. So rollen wir also hinunter zur Werra, der Verkehr ist auch nicht so schlimm. Wir fahren durch Barchfeld; ein Ort, der schön sein könnte, wenn er besser gepflegt wäre. Aber die Vordergärten sind verwahrlost, es gibt keine Blumenkästen, die Häuser sind großteils in beklagenswertem Zustand. Zum Abschluß bestaunen wir ein verfallenes Schloßgebäude vor der Werrabrücke. Eine LPG hat hier ihr Unwesen getrieben.


Rathaus in Bad Salzungen

Der Rest der Strecke bis Bad Salzungen ist zum Glück mit einem Radweg versehen, so geht das mit Rückenwind flott dahin. Auf Bad Salzungen sind wir gespannt, haben wir doch schon einige Enttäuschungen mit vielversprechenden Orten erlebt. Nach einer langen Fahrt durch Außenbezirke glaube ich fast schon daran, daß es auch hier keine Ortsmitte gibt, doch dann erreichen wir den Marktplatz mit einem schönen Rathaus.

Hier auch wieder die fliegenden Händler. Besonderen Zulauf hat einer mit einem Computer und angeschlossenem Drucker. Hier werden Urkunden ausgestellt mit einer Analyse der Vor- und Zu-Namen des jeweiligen Kunden. DM 6.- kostet der Spaß. Ich kann Heidi gerade noch davon abhalten, für die Kinder so etwas als Mitbringsel zu erstehen.


Kurgebiet

Wir wenden uns dem Kurgebiet zu und wandern ein Stück an dem schönen See entlang. Unser Ziel ist das Kurhaus-Cafe, es ist inzwischen vorgerückte Mittagszeit. Wie so oft ist das Cafe geschlossen. So landen wir im "Cafe am See", wo wir bei Wiener Würstchen und Cola so halbwegs auf unsere Kosten kommen. Lange wollen wir uns auch nicht mehr aufhalten, von der Fahrt und dem Herumlaufen bei diesem Wetter ist man irgendwie geschafft. Also geht es zum Bahnhof, ein Zug würde in 10 Minuten fahren. Ruck zuck erledigen wir die Formalitäten, DM 4.20 kostet der Spaß heute. Auf dem Bahnsteig versuche ich herauszubekommen, ob der Zug einen Gepäckwagen hat. Da steht eine uniformierte Beamtin mit Paketen, die frage ich. "Ich muß das nicht wissen, ich bin bei der Post" antwortet diese. Darauf frage ich den diensthabenden Aufsichtsbeamten. "Ich habe den Zug noch nicht gesehen, ich bin erst seit 14 Uhr eingesetzt". Etwas kopfschüttelnd ziehen wir uns zurück und laden dann die Fahrräder in ein Kinderwagenabteil.

Jetzt gibt es wieder Aufregung, es steigen zwei Volltrunkene ein, die können sich kaum auf den Beinen halten. Der eine schlägt gleich lang hin und bleibt im Gang eines Abteils liegen. Heidi murmelt was von "Polizei holen..". Da antwortet eine Frau neben uns: "Das ist vorbei mit dem Polizei holen". Wir sagen weiter nichts. Wenig später kommt der eine Betrunkene zurück und macht sich an der Frau zu schaffen. Es stellt sich heraus, daß die zusammengehören. Zwei Stationen weiter - in Breitungen - steigt die Korona zum Glück aus, wir beobachten, daß auch die Frau nicht gerade geradeaus geht.


Abschied von Schmalkalden

Dann müssen wir auch raus, in Wernshausen steigen wir um. Ein Beamter hilft beim Einladen in den Gepäckwagen, da ist nun nichts zu beanstanden. Da kommen zwei krakeelende Jugendliche mit Flaschen in der Hand auf den Bahnsteig. Die steigen zum Glück am anderen Ende ein. Dann sind wir wieder zurück in Schmalkalden, müde zockeln wir in unser Gartenhaus hinauf. Heute treffen wir auch unsere Gastgeber, da regeln wir gleich das Finanzielle und melden uns für den nächsten Morgen ab.

Zu Abend essen wir ein letztes Mal im Pfalzkeller, heute sind wir die einzigen Gäste. Wir verabschieden uns von der netten Bedienung und versprechen, tüchtig Reklame zu machen.

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