21 Mittwoch, 8.6., Fagaras,
90 km
Nach dem Frühstück (wieder unter Aufsicht) kann es losgehen, doch mit
der Visacard auschecken kann man nicht, der Apparat ist kaputt (33 EUR
pro Nacht mit Frühstück). Da muss der Bankomat noch einmal mit ein paar
Millionen aushelfen. Heute wollen wir einige der legendären
Kirchenburgen sehen. Die lassen nicht lange auf sich warten. Wir sind
auf der Landstrasse 106 (Radroute 8) unterwegs, und die ist in einem
sehr guten Zustand.
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Das Wetter ist noch etwas dunstig, die Bergkämme hängen in den Wolken bzw. umgekehrt. Wir kommen in den Ort Apold, da liegt ein Hund selig schlummernd am Strassenrand und eine Katze ihm gleichtuend oben drauf. Das hätte die mal bei unserem Hund Otto (Beagle) versuchen sollen. Und da ist sie, die erste Kirchenburg in Apold oder Trappold. Leider ist sie nicht im besten Zustand.
Ich habe mitunter ein kleines Problem, im Nachhinein die Bilder den richtigen Orten zuzuordnen. Das liesse sich vermeiden, indem man unterwegs die Angelegenheiten notiert. Aber man ist ja kein Bürokrat, ausserdem stets sicher, dass man die Dinge später auf Reihe bekommt. Dem ist leider nicht so. Aber von der Kirchenburg in Apold findet sich ein Bild im Internet - besser als meines und bei Sonnenschein.
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Wenn man ein Stück weiter gefahren ist, lohnt sich noch einmal ein Blick zurück, wie diese Kirche mit den Wehrtürmen über dem Ort thront. Der nächste "urige" Ort ist nach einer kleinen Bergüberschreitung Bradeni, Henndorf, auch dort eine Kirchenburg und ein See. Dann geht es schnurgerade nach Agnita, Agnethen. In den Ort muss man einen Abstecher machen, weil die weitere Strasse schon vorher abzweigt. Aber es lohnt sich. Hier gibt es eine gut erhaltene Kirchenburg.
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Danach wird die Strecke immer schöner und die Orte auch. In Gross-Schenk gibt es eine herkömmliche Kirche mit spitzem Turm, in Klein-Schenk dagegen wieder eine Kirchenburg - wenn es denn nun schon interessiert. Einem Storch begegne ich noch, er auf der Wiese, ich allerdings nicht. Der schlingt tatsächlich gerade was runter, einen Frosch oder eine Maus? Er verrät es nicht und wendet sich weiteren Beuteopfern zu. Die Jungen im Nest, falls es sie schon gibt, mögen es ihm danken, wenn er dann alles wieder rauswürgt.
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Nun schlagen wir das Bilderbuch für heute zu, indem wir für die letzten
Kilometer auf die Hauptstrasse mit der fatalen Nummer 1 oder E 68
einbiegen. Machen wir noch die Beobachtung, dass die Fenster der Häuser
zur Strasse hin hermetisch durch Rollläden verschlossen sind, sind sie
unbewohnt oder blüht ein Leben dahinter? Mit Hunden, Hühnern und
Gänsen? Wir wollen es hoffen. Schnurgerade geht es nach Fagaras mit
reichlich Verkehr, da ist man froh, wenn man ankommt.
Die übliche Suche nach einem Hotel endet in einer Seitenstrasse an der
Pension Flora (22 EUR), wo man
mal wieder ein ausgewachsenes Wohnzimmer
beziehen kann. "Deutsch, Stuttgart, München" werde ich begrüsst. Und
einen Kaffee bringt man sogleich: "Kaffee nix kosten". Die Stadt ist
nicht so anheimelnd, da ist die Durchgangsstrasse verkehrsreich und
vierspurig, gesäumt von den üblichen Wohnblocks. Eine Art Wasserburg
gibt es auch, die passt hier irgendwie nicht hin, war aber sicher
früher da als das Drumherum. Nach einigem Suchen finde ich tatsächlich
ein sehr nettes Lokal, dazu muss man nur ein Gebäude durchqueren, an
dem "Fast Food" ausgeschildert ist. Das ganze nennt sich dann Crama Bulevard und bietet auf der
Rückseite eine Freiluftterrasse und eine Kellertaverne. Ich verziehe
mich in den Keller, an der Luft war man ja den ganzen Tag, ausserdem ist
es wieder etwas regnerisch. Ich genehmige mir wieder - entschuldigt
meinen Abwechslungsreichtum - eine Forelle, dazu heute mal, weil man
hier so nett sitzt, drei
Bier, alles zusammen 8 EUR. Der junge Mann, womöglich heisst er ADI, wie
es auf seinem T-Shirt angeheftet ist, bringt sogar noch Zahnstocher
vorbei - als ob er hellsehen könnte!
22 Donnerstag, 9.6., Brasov
(Kronstadt), 83 km
Es wird die letzte Etappe werden - leider - aber die Stadt Brasov hatte
ich als Endstation ausersehen, und von dort soll es einen Nachtzug nach
Wien geben. Zunächst ein ordentliches Frühstück in der Pension Flora,
dann hinaus in den Sonnenschein, der allerdings einen ordentlichen
Gegenwind aus Richtung Osten mit sich bringt. Da sind die ersten 14 km
bis Sercaia bei gefährlichem
Verkehr eine lange Strecke. Und alles schnurgeradeaus. Zur rechten
liegt die beeindruckende Kulisse des Fagaras-Gebirges
mit bis zu 2500 m
hohen Gipfeln wohl der höchste Gebirgsteil der Karpaten. Sieht ganz
ähnlich aus wie die Hohe Tatra oder die Alpen bei Föhn.
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Darauf kann man
sein Augenmerk nur schwerlich richten, wenn einen gerade ein
Schwerlaster mit null Seitenabstand bei Gegenverkehr überholt.
Endlich kann man abbiegen auf die Strasse 73 A (Radroute 3), die durch
das Sinca-Tal hinauf führt. Das ist nun noch einmal eine Traumstrecke,
gute Strasse (zunächst) durch ein waldreiches Tal, das schliesslich immer
enger und verwunschener wird, und man fragt sich, wie man da wohl
wieder raus kommt.
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An den steilen Hängen hat man kleine äckerchen
angelegt, mit Kartoffeln und was man sonst so braucht. Im letzten Ort
versammelt man sich wohl gerade zu einer Beerdigung, jedenfalls sind
Einwohner mit Kränzen unterwegs. Ein anderer Einwohner dagegen wäscht
gerade seine Hemden im Bach.
Aus dem Tal geht es raus wie immer: über eine Steigung. Vor mir schiebt
einer mit dem Moped rechts in den Wald, der kennt wohl eine Abkürzung.
Das stimmt, denn als ich die Passhöhe erreiche kommt er gerade aus den
Büschen raus, trotzdem hat er länger gebraucht als ich. Er fährt dann
im Leerlauf die Abfahrt runter, die nun leider wegen der ungeniessbaren
Oberfläche eben kein Genuss ist. An der nächsten Tankstelle sehe ich
den
Mopedfahrer wieder - aha, der hatte kein Benzin mehr.
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Damit sind wir in dem Ort Zarnesti.
Um den zu sehen, muss man wieder
einen Abstecher machen "Centru" ist angesagt. Das kann man aber auch
bleiben lassen, ausser man will die hässlichsten Wohnblocks sehen, die
es bisher zu sehen gab. Einige sind wohl nie fertiggestellt worden,
trotzdem leben da Menschen. Es ist alles sehr verwahrlost, im
Hintergrund drohen Industrieanlagen. Auf ein Foto verzichte ich -
nachher kriege ich womöglich wieder die Hucke voll? Doch dann ist da
eine Markthalle, die sieht ganz urig aus. Als ich die Kamera auspacke,
werde ich schon von einem kleinen Jungen angebettelt, und da wird das
mit dem Foto wieder nichts.
Im Internet sieht die Recherche über diesen Ort ganz anders aus:
der eigentliche Ort befindet sich anscheinend hinter diesen
fürchterlichen Blocks und ist ein Zentrum für alle Arten von
Abenteuersportarten zwischen Free Climbing und River Rafting und hat
ausserdem noch eine grosse Geschichte. Damit man hier nicht falsches
verbreitet..., man kann sich ja auch mal irren!
Das Phänomen ist ein anderes - nicht so wichtig für die Stimmungsbilder
der letzten Kilometer - aber für den Radelgenuss: ich habe nun einen
extremen Rückenwind, da kenne sich einer aus. Da kann einen auch keiner
die 5 km seitwärts nach Schloss Bran
locken, was es für mich mit dem
Dracula auf sich hat, habe ich ja schon mit einem Satz abgewürgt. Das
ordnen wir mal in die Kategorie "Disneyland" ein. Sorry!
Lasst uns nach Brasov segeln, vorbei an der Stadt Rosenau mit einer
Burg auf dem Berg. Da muss ich nicht hoch, ich habe ja den
Zoom in der
Kamera. Dann kommt man nach Brasov. Und das ist fürchterlich. So einen
Verkehr habe ich auf der ganzen Fahrt und auch sonst noch selten
erlebt. Nun muss man wohl einsehen, dass hier im Karpatenknick etliche
Verkehrsströme zusammen treffen. "Centru" ist angesagt, und da geht es
rechts ab, eine lange Strasse rauf und die heisst Str. Lunga. Man kommt auch
direkt an den ersten Hotels am Platze vorbei, dem Aro Palace und dem
Capitol, beide nicht dem
bisher gewohntem Preisniveau gerecht werdend.
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In der Touristeninformation zeichnet man mir auf dem Stadtplan einige
Billigpensionen ein, und auf dem Weg dorthin gerate ich an das
Hotel Coroana in der Str. Republicii.
Ja und das ist es doch, das im
Rumänienführer als
Traditionshotel bezeichnet wird und gar nicht so teuer sein soll? Na
ja, 45 EUR kostet es schon, aber dafür ist man am Ende der Reise
angekommen und
nahe dem Zentrum untergebracht. Soviel Luxus muss sein. Das Zimmer ist
auch sehr gut,
nur die Badewanne nicht ganz sauber - sorry. In den beiden Nobelhotels
erkundige ich mich später auch nach dem Zimmerpreis, die kosten 60-90
EUR, nur zur Warnung!
Bevor man sich irgendwie in der schönen Stadt Brasov umschaut, muss die
Angelegenheit mit der Rückreise geklärt werden. In der
Touristeninformation winkt man gleich ab: es sei gerade ein
Eisenbahnerstreik, da ginge gar nichts. Die gleiche Auskunft bekomme
ich an der Rezeption des Hotels. Also auf zum Bahnhof, das sind
allerdings 3 km durch Stadtbereiche, die nicht zu den schönsten von
Brasov gehören. Am Bahnhof (man pumpt gerade den vom vorherigen Regen
überfluteten Vorplatz frei) bekomme ich am Schalter für Auslandsreisen
problemlos ein Ticket nach Wien für den Zug morgen abend. Nur bezahlen
(100 EUR) kann ich nicht, die Lei reichen nicht und die Creditkarten
funktionieren nicht. Also alles wieder zurück, noch mal ein paar
Millionen aus dem Bankomat, das Fahrrad aus dem Hotel geholt, und so
ist der erneute lange Weg zum Bahnhof ein Klacks. Nun kann ich die
Fahrkarte einlösen, eine Fahrradkarte gibt es dagegen nicht.
Für eine Stadtbesichtung bin ich nun nicht mehr geschaffen, ich freue
mich auf das Chinarestaurant an der Piata
Sfatului, das ist in dem
Reiseführer als womöglich bestes Lokal in ganz Rumänien beschrieben?
Als ich eintrete - oh je, kein weiterer Gast - muss ich die
Kellner aufschrecken, die an einem Tisch vor sich hin dösen. Das
Interieur ist allerdings bemerkenswert, zum Glück habe ich die Kamera
dabei und kann unauffällig ein Foto
machen. Die Bedienung ist nun sehr
beflissen und ich erhalte ein Entengericht mit Pilzen. Da hat wohl
einer
mit dem Beil die Entenkeule in Stücke gehauen, denn man muss um einige
Knochensplitter herum kauen. Nun gut, man wird satt, das ist
schliesslich die Hauptsache.
23 Freitag, 9.6., Brasov
Das Frühstück ist leider nicht das, was man erwarten könnte, es wird in
einem Cafe um die Ecke eingenommen. Nun wollen wir uns endlich den
Sehenswürdigkeiten der Stadt zuwenden. Von dem zentralen Platz Sfatului
war schon die Rede. Da baut man heute morgen die Stände zum Verkauf von
hölzernen oder tönernen Kunstwerken, Souvernirs, Blumen oder Obst auf.
Es gibt zahlreiche Bänke, wo sich die ersten Flanierer in die Sonne
setzen. Ich strebe der "Schwarzen
Kathedrale" zu, die keineswegs
schwarz ist.
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Ihren Namen hat sie von einem Brand während der Bauzeit
(vor einigen Jahrhunderten), da sei wohl einiges schwarz gewesen. Man
muss ein wenig Eintritt zahlen und nun weiss ich wieder nicht mehr, was
da alles zu sehen war. Nur die Schautafeln über die
Restaurierungsarbeiten (vorher - nachher) - die sich über Jahre
hingezogen haben, sind mir in Erinnerung.
Dann interessiert mich die "Seiler
Gasse", Str. Sforii, das soll eine
der engsten Gassen Europas sein.
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Da patroulliert auch gerade ein Uniformierter auf und ab. Die Polizei ist übrigens in dieser Stadt gut vertreten, so dass man keine Angst vor Taschendieben oder dgl. haben muss. Nun gibt es einen Aufgang zur Stadtmauer und darüber die Seilbahnstation hinauf zum Belvedere, dem Aussichtspunkt 700 m höher. Das muss man gesehen haben! Von der oberen Station sind es dann noch 15 Minuten Weg bis zur Aussichtsrampe, wo in mächtigen Buchstaben "Brasov" angezeigt wird, damit man immer weiss, wo man ist. Der Ausblick ist tatsächlich grandios und die Kameras schnurren.
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Ich mache wie immer ein Panoramafoto, einmal von links nach rechts durchgezogen. Den Platz und die schwarze Kirche kann man heranzoomen, die sehen aus wie Spielzeuge von hier oben.
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Nun setzen wir uns eine Weile auf einer Wiese in die Sonne und finden alles prima! Dass man gut her gekommen ist, eine Fahrkarte hat und das Wetter so schön ist. Nur der Wind weht recht heftig aus westlicher Richtung, da hätte man einen schönen Gegenwind gehabt, wenn man noch eine Etappe nach Sibiu (Herrmannstadt) oder so drangehängt hätte. Dann geht es wieder hinunter, nun ist es erst Mittag und der Tag ist noch lang.
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Noch ein Blick in die russische Kirche, da bleibe ich lieber
draussen, drinnen wartet man schon, womöglich muss man noch eine Kerze
für sein Seelenheil erstehen und den anderen bereits vor sich hin
schmelzenden Lichtern zugesellen?
Den Nachmittag hänge ich ab in einem kleinen Park. Dort ist auch ein
Gedenkstein an die Opfer der Revolution 1989. Es war mir nicht bewusst,
dass diese doch so blutig stattgefunden hat, denn diese Stadt hat so an
die 50 Opfer zu beklagen. Um die Ecke ist ein riesiger Supermarkt -
alles vom feinsten. Das bedeutet sicher nicht, dass der Lebensstandard
bereits westliches Niveau erreicht hätte, kaufen können hier nur die,
die auch entsprechend verdienen, und das mag der kleinere Anteil der
Bevölkerung sein. Gerne hätte ich meiner lieben Frau Heidi eine
Pralinenschachtel mitgebracht, da steht nämlich "Heidi" drauf. Aber
meine Lei reichen nicht mehr. Für eine Fanta und ein paar Kekse reicht
es gerade noch.
Am Hotel hole ich gegen 16 Uhr Gepäck und Fahrrad ab, und bin dann -
Rentnersyndrom - zwei Stunden zu früh am Bahnhof. Die müssen nun auch
noch abgehangen werden. Endlich auf dem Bahnsteig stelle ich mit
Schrecken fest, dass der Zug keinen Gepäckwagen mitführt, das kann ja
heiter werden - und wird es dann auch, zur Nachahmung nicht empfohlen. Als der
Zug pünktlich einfährt - von einem Eisenbahnerstreik keine Spur -
steige ich mit dem Rad unterm Arm in den Wagen, wo mein Liegeplatz
reserviert ist. Man hilft mir sogar dabei und niemand murrt, dass man
sich nun kaum mit dem jeweiligen Gepäck an mir und dem alles
versperrenden Rad vorbei zwängen kann. Da erscheint auch schon die
dralle Wagenschaffnerin samt Kollegen, die sprechen zum Glück
Wienerisch. Das ginge ja nun ganz und gar nicht, in diesem Zug würden
keine Fahrräder transportiert. Das Rad müsse mit in das Abteil - die
Mitreisenden werden sich freuen, wenn da ein Fahrrad sich mit auf der
Liege räkelt. Doch dem Kollegen, der sonst nicht viel sagt, fällt was
ein: da ist doch ein unbenutztes Dienstabteil? Das wird nun aufgesperrt
und das Rad passt tatsächlich hinein. Ich könnte die beiden
Bahnschaffenden schier umarmen.
Endlich fährt der Zug an, die schroffen Karpatengipfel zeigen sich noch
einmal in ihrer ganzen Schönheit, ich komme gar nicht weg vom Fenster,
bis die Berge in der Ferne verblassen. Ausserdem höre ich aus den
Fahrgeräuschen eine frohe Melodie nach der anderen heraus, was man
verstehen wird. Und da kann man gut schlafen (obere Liege, Kopfkissen
und Leinenbezug vorhanden). Nachts um zwei Uhr ist allerdings die
Kontrolle an der ungarischen Grenze. Da bauen zwei Zollbeamte die
Oberbeleuchtung im Abteil aus und kontrollieren mit Taschenlampen, ob
über der Deckenverkleidung vielleicht ein blinder Passagier, Drogen
oder vielleicht auch ein Fahrrad versteckt sind. Das ist nicht der Fall.
Gegen 9 Uhr morgens sind wir in Wien, wo allerdings ein Anschluss nach
Passau mit Radbeförderung nicht so einfach zu finden ist. So geht es
erst einmal nach Linz, wo man Zeit genug hat, eine Stadtbesichtigung
vorzunehmen. Am Spätnachmittag bin ich erst in Passau, wo ich in
dem
mir aus dem Jahr 1987 bekannten Hotel "Wilder Mann" in der Nähe des
Flüssedreiecks Donau/Inn absteige. Und ich gehe noch einmal chinesisch
essen (Jasmin, Residenzplatz). Und diesmal ist das Gericht erstklassig,
sorry Brasov.
Am Sonntag geht es nach Hause, das ist zunächst nur mit dem
Wochenendticket angesagt, da alle ICs ausgebucht sind, - das bedeutet 7
mal umsteigen und über 12 Stunden Fahrzeit. Die
Fahrradabteile quellen
über vor Fahrrädern, so 30 an der Zahl. "Aber es sind doch gar keine
Ferien?" "Das sind die Rentner!" bekommt man zur Antwort. In dem
Weltort Plattling fällt schon
mal der erste Anschlusszug aus, sodass der ganze Fahrplan für diesen
Tag durcheinander kommt. Aber ich habe mir drei Versionen ausdrucken
lassen, da bleibt man im Bilde. Regensburg,
Hof (Vogtlandbahn), Zwickau, Leipzig sind die nächsten
Stationen. In Leipzig kann ich schliesslich in einen abfahrbereiten IC
mit leerem Fahrradabteil hüpfen, der direkt über Braunschweig fährt,
man muss allerdings für die zwei Stunden, die ich nun früher zu Hause
bin, 25 EUR nachbezahlen. Das lässt sich verschmerzen, denn dann ist
die Freude meiner lieben Frau Heidi und natürlich Hund Otto unbändig,
als wir drei uns nach all den überstandenen Abenteuern glücklich in den
Armen bzw. in den Pfoten liegen.