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Montag, 2.4.

Wieder herrscht Superwetter, aber erstmal wollen wir das Geschäftliche erledigen. Wir versuchen, uns ordnungsgemäß anzumelden und die Kurtaxe zu entrichten. Das klappt noch nicht so ganz und wir werden auf den nächsten Tag vertröstet. Ebensowenig klappt das mit dem offiziellen Geldumtausch in der Bank. Geld kann man nur in der Bank in Bergen tauschen - das ist für mich das Stichwort. Während sich die sonnenhungrige Familie am Strand wohlsein läßt, breche ich auf, um auf Umwegen nach Bergen zu radeln. Erst längs der Strandpromenade, dann auf der nicht so reizvollen Straße nach Prora. Nun mache ich mich auf die Suche nach der Steinheide, einem bekannten Naturschutzgebiet. Hinter dem vom Vortag bekannten Bahnübergang biege ich auf einem sandigen Weg links in den Wald. Zum Glück sind dort Hinweisschilder angebracht, sonst würde man wohl schwer den Weg finden. Vor einem Wildgatter endet der Fahrweg, ein paar gehörnte Waldtiere beäugen mich neugierig.



Die Steinheide


Amphibische Landschaft
Am Gatterzaun entlang führt ein Trampelpfad direkt in die Steinheide. Von einem Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick über diese sonderbare Landschaft. Buschgruppen stehen zwischen Geröllfeldern aus Feuerstein. Die Geröllschicht soll mehrere Meter dick sein. Das Wildgatter teilt die Steinheide, man will damit bezwecken, daß die Vegetation die Geröllfelder nicht überwuchert, sondern vom Wild abgeäst wird.

Weiter geht es Richtung Lietzow enlang der Eisenbahn, links schimmert er kleine Jasmunder Bodden im Sonnenlicht. Wenn nicht gerade ein Zug durchfährt, herrscht eine himmlische Ruhe, nur die Seevögel machen ihr Geschrei, aber das gehört hierher. Eine armlange Schlange - wohl eine Ringelnatter - kreuzt den Weg und verschwindet im Gras. Es ist sommerlich warm - wie im Paradies.



Am kleinen Jasmunder Bodden

(Um den 20. April, keine vier Wochen später, wird im Fernsehen gezeigt, wie genau an dieser Stelle die Ueberreste eines großen Fischsterbens in Güterwaggons abtransportiert werden. Ursache: wegen jahrelang eingeleiteter ungeklärter Abwässer aus der Stadt Bergen und anderen Orten in den kleinen Jasmunder Bodden ist es zu einer schlagartigen Vermehrung von Algen gekommen, die ein auf Fische tödlich wirkendes Nervengift erzeugen.)


Blühede Pestwurz

Der Weg wird immer schmaler, schiebend gelange ich aber doch nach Lietzow. Rechterhand liegt der große Jasmunder Bodden. Auf der Hauptstraße fahre ich durch die schwarzen Berge bis Prisvitz, wo ich mich wieder einer Nebenstrecke anvertraue. Rechtshaltend erreiche ich schließlich eine Anhöhe mit dem Ernst Moritz Arndt Turm. Das ist auch eines der Wahrzeichen Rügens, mein Besuch dort oben ist eher zufällig, weil ich von dessen Existenz gar nichts wußte. Ich klettere ein paar Meter zu dem Turm hinauf, die Eingangstür ist sogar offen. Ein Handwerker informiert mich aber, daß eine Turmbesteigung zur Zeit wegen Schlosserarbeiten noch nicht möglich ist.


Ernst Moritz Arndt Turm

Ich fahre hinunter nach Bergen, kurz vor 14 Uhr bin ich da und mache vor der Bank auf einer Bank die wohlverdiente Rast. Nur mit dem Geldumtausch klappt es wieder nicht, denn ich habe den Reisepaß nicht mitgenommen. Das macht aber nichts, sogleich mache ich mich wieder auf den Weg. Ich fahre nach Putbus, einem Ort, der von einem Fürst Malte als Residenz ausersehen und erbaut wurde. Spektakulär ist der "Circus", ein kreisrunder Platz umstanden von klassizistischen Bauten. Die waren sicher auch schon mal weißer. Daran anschließend befindet sich ein verwilderter Park mit vielen exotischen Baumarten. Leider haben aber viele Bäume bereits das Zeitliche gesegnet, sind umgestürzt oder gefällt. Vom Südende des Parks ist man nach 2 km in Lauterbach, einem kleinen Fischerort am Rügischen Bodden. Ganz nahe liegt die Insel Vilm, wo laut DDR-Reiseführer Seeadler und andere sonderbare Vögel hausen. Für die ßonderbaren Vögel" ist aber die Nistzeit nunmehr abgelaufen.


Putbus

Jetzt geht es nach Vilmnitz, hier sind viele strohbedeckte Katen entlang der Straße. Eine schöne Allee führt zurück Richtung Binz, am Wege liegen viele kleine Hügel, die Hünengräber beherbergen.


Lauterbach

Hünengrab

Gegen 16 Uhr bin ich zurück in Binz, einigermaßen durchgeschüttelt von den zumeist nicht sehr bequemen Wegen.

Beim Abendessen in der Kurhausklause sitzen zwei Westberliner am Tisch, die nicht müde werden, sich über die Zustände in der DDR aufzuregen: keine Anlegeplätze usw. Wir halten uns da raus. Der eine von den beiden betreibt tagsüber um die Ecke einen Verkaufsstand, wo zu saftigen Preisen Westwaren verkauft werden. Nach dem Essen machen wir einen schönen Spaziergang über den Kirchberg, durch ein Gartenviertel und hinab zum Schmachter See. Ein paar Leute kommen von einer Versammlung. Mit einem unterhalten wir uns kurz. Man versucht in Eigeninitiative eine private Quartiervermittlung aufzubauen. Begleitet von zahlreichen Fledermäusen gehen wir den schönen Weg am See entlang zurück in unser Quartier.

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