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Dienstag, 3.4.

Das Wetter hat sich verschlechtert, noch ist es aber sonnig. Zuerst erledigen wir die Sache mit der Kurtaxe. Heute klappt es, wir sind die dritte Familie in diesem Jahr, die sich anmeldet. Anschließend begeben wir uns auf eine Wanderung nach Sellin. Dorthin führt ein schöner Wanderweg durch das Waldgebiet der Granitz. Oberhalb des Steilufers hat man oft einen schönen Blick auf die Ostsee. Die Arbeit des Meeres kann man gut studieren, Erdrutsche und hinabgestürzte Bäume zeugen vom steten Nagen des Wassers an der Küste. Der Weg führt ständig rauf und runter. Das setzt nicht alle in Entzücken. Mehrmals werde ich gefragt, wie weit es noch ist, ich sage jedesmal: "20 Minuten", was schließlich auch stimmt. Von einer anderen Familie erfahren wir unterwegs, daß der "Rasende Roland", die Kleinbahn von Göhren über Binz nach Putbus, gegen 17 Uhr in Sellin abfährt. Noch ist uns nicht klar, wie wir die Stunden bis dahin rumbringen sollen.

Angekommen in Sellin, trübt sich das Wetter ein und es beginnt leicht zu regnen. Wir bemühen uns erstmal um eine Eßmöglichkeit, leider sind aber alle Gaststätten geschlossen. Nur an einem Imbißstand bekommen wir ein paar Würstchen. In Sellin herrscht rege Bautätigkeit, an der Hauptstraße werden mindestens zwei oder drei Pensionen und Ferienheime für den Besucheransturm gerüstet. Die Straße führt direkt zum Meer und endet dort. Der Strand hier ist nicht so schön wie in Binz. Wir zockeln zurück durch den ganzen Ort zum Bahnhof. Eine beleibte und sehr freundliche Frau klärt über die Verkehrsverbindungen auf. Eine Möglichkeit besteht darin, mit dem Bus nach Göhren zu fahren, dort ist ein Heimatmuseum, was uns die Zeit verkürzen könnte. An der Bushaltestelle ist aber zu lesen, daß der Bus nach Göhren nur feiertags fährt. Erstmal setzen wir uns auf die Bank, die Stimmung ist nun auf dem Nullpunkt.

Zum Glück hat Heidi auf dem Hinweg aufgepaßt, um die Ecke befindet sich das Cafe "Frohsinn". Dort fallen wir ein, es ist angenehm warm und wir bekommen Kaffee und Kuchen. Zuvor erkunde ich nochmal die Busverbindung, an einem Kiosk erfahre ich, daß der Bus doch fährt. Die Tafel mit dem Fahrplan ist allerdings an dem Mast hinunter in die Gosse gerutscht und läßt sich nur auf unbequeme Weise lesen. Kurz vor 15 Uhr steigen wir ein Richtung Göhren. Wenig später mitten in einem Wald heißt es "nach Göhren umsteigen". So habe ich genügend Gelegenheit, einer älteren Frau beim Aus- und Einsteigen zu helfen, wofür sie mir fast um den Hals fällt, vielleicht auch unfreiwillig.

In Göhren regnet es inzwischen recht stark, kurz vor einer größeren Jugendgruppe flüchten wir uns in das Museum. Hier ist die Kultur des Mönchguts dokumentiert. Das Mönchgut ist die Südostspitze von Rügen, früher gesichert durch den Mönchgraben zwischen Sellin und Baabe. Durch die Abgeschiedenheit dieses Landstrichs hat sich die Kultur bis in jüngste Zeit ungestört erhalten, inzwischen hat aber auch der Tourismus seinen Einzug gehalten. Zwei Museumsführer bemühen sich redlich, der albernden Schulklasse die historischen Hintergründe nahezubringen. Wir schlängeln uns dieweil wieder hinaus. Vor dem Regen flüchten wir nun in einen Laden und kaufen zum Heben der Stimmung Kekse und Baumkuchen. Nebenan liegt die Kirche mit einem Grabhügel daneben, bei dem Wetter kümmern wir uns leider nicht näher darum. Wir trotten stattdessen zum Bahnhof, wo noch eine dreiviertel Stunde Zeit bleibt. Diese sitzen wir leicht frierend ab. Endlich erscheint der Rasende Roland, schnaufend und qualmend läuft er in den Bahnhof ein. Wir gucken uns die altertümliche Lokomotive an, da läßt diese ein so durchdringendes Zischen vernehmen, daß es Stefanie fast aus den Schuhen fegt. Heizer und Lokomotivführer lachen sich eins. Die Lokomotive wird an das andere Ende umrangiert, dann geht es endlich los. Wir sind froh, uns wieder aufwärmen zu können, nach einer halben Stunde sind wir wieder in Binz. Abends schmeckt uns das Essen wieder gut, wir haben sogar Glück, daß wir die letzten zwei Rumpsteaks ergattern.


Bahnhof Göhren

Der rasende Roland

Nächster Tag