Mangels Interesse der Restbagage machen sich mal zur Abwechslung Heidi und ich allein auf einen Spaziergang. Die Sonne meint es sogar gut mit uns. Den Schmachter See haben wir noch gar nicht erkundet, und der liegt nur wenige hundert Meter von unserem Quartier entfernt. Vielleicht kann man diesen ja umrunden. Ob das möglich ist, wissen nicht mal die Einheimischen. Dieser Spaziergang wird am Ende in eine vierstündigen Wanderung ausarten, zudem gewürzt mit dem Kennenlernen von neuen Menschen, aber das ist erstmal noch nicht abzusehen. Wir wandeln zunächst ganz gemütlich am Seeufer entlang, Sumpfdotterblumen blühen, Wasservögel lagern auf der blauen Wasserfläche. Ein Trampelpfad am Seeufer entlang könnte gar nicht schöner sein.
Doch wie es Trampelpfaden so eigen ist, enden sie irgendwo in der Botanik, auch hier ist das wieder ganz besonders der Fall. Wieder rettet uns der rasende Roland, zumindest durch dessen Gleisführung inmitten der Natur, auf der sich trefflich wandern läßt. Während ich mir Gedanken über den Rückweg mache, marschiert Heidi munter drauf los, was sonst gar nicht ihre Art ist. Vielleicht ist der Storch am Himmel schuld - ist es überhaupt einer - man muß schon genau beobachten. Zu dieser Jahreszeit ist es zwar unwahrscheinlich, daß der Adebar schon wieder sein Sommerquartier aufsucht. Aber alles stimmt, schwarz weiße Schwingen, die Beine hinten raus, langer Hals, alles was ein Storch so an sich hat.
Sumpfdotterblumen Schwarzdorn |
Unser See, den wir umwandern wollen, verläßt uns rechterhand und geht in Verlandungsgebiet, d.h. Sumpfgelände über. Wir kommen an ein Haus im Grünen, kein Mensch ist jedoch zu sehen. Auf einer Weide grasen Schafe. Wir müssen zurück auf die Bahnstrecke, weil Heidi vor einem Schafbock doch wieder allzuviel Respekt entwickelt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf den Bahnschwellen bis zur Hauptstraße Sellin - Bergen weiter zu hoppeln. Mit dem Fotoapparat im Rucksack hofft man natürlich auf das Eintreffen des Rasenden Rolands, der hier in der Pur-Natur mit seiner Dampfkulisse ein vortreffliches Motiv abgeben würde. Endlich ein Tuten. Mehrere Minuten warte ich mit gezückter Kamera auf die Rauchfahne, aber dann kommt von hinten eine viel weniger malerische Draisine, in Gelb gehalten, da packe ich den Fotoapparat zähneknirschend wieder ein. Bald packe ich ihn aber wieder aus, trotz der langweiligen Straße bietet die kleine Ortschaft Pantow mit zwei strohbedeckten Katen einen reizvollen Anblick.
Pantow |
Ungewiß, wie der Weg weiter gehen könnte, so kommen wir an einen Waldrand, da ist ein Parkplatz, ein russisches Tankfahrzeug parkt dort. Immerhin zweigt hier wieder ein Trampelpfad ab. Ein paar Häuser Richtung See haben wir auch schon vorher ausgemacht, da muß ja ein Weg hinführen. Das klappt auch, wir kommen auf einen Fahrweg und marschieren nun straks auf die besagten Häuser zu. Hier sind sogar Menschen anzutreffen, ein Auto vor einer der strohbedeckten Katen läßt uns darauf hoffen, wenigstens über den Weiterverlauf des Weges Auskunft zu erlangen. Wir kommen mit einem Ehepaar ins Gespräch, das eines der Häuser hier als Ferienhaus eingerichtet hat. Bald sind wir wieder in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Schließlich werden wir eingeladen, uns das Haus von innen anzusehen. Es gibt eine Reihe von gut ausgestattenten Räumen, sodaß eine größere Familie gut unterkommen kann. Wir werden sogar ermuntert, uns einmal zu einem Urlaub anzumelden. Auf Stühlen in der Sonne sitzend setzen wir den Schnack noch ein wenig fort, dann werden die Adressen ausgetauscht und wir ziehen weiter. Noch eine dreiviertel Stunde marschieren wir durch den Wald, bis wir wieder in Binz eintreffen.
Für den Abend haben wir uns eine Belohnung verdient. Auf Empfehlung von B.s fahren wir nach Saßnitz, wo wir nach einigem Suchen das Fischrestaurant am Hafen finden. Die Bewirtung und das Essen sind hier vorbildlich. Der anschließene Gang durch einige Hintergassen von Saßnitz ist weniger erbauend. Grau und teilweise in trostlosem Zusatand sind viele Häuser, die fast alle aus der Vorkriegszeit stammen.