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Freitag

Der Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Nach Zurückziehen der Vorhänge erkennen wir deutlich das Meer in zwei Richtungen, links und rechts. Wir haben ein Südzimmer, ein sonnenüberfluteter Balkon liegt hinter der gläsernen Schiebetür. Später werden wir lesen, daß alle Zimmer des Hotel RELAX einen Blick auf das Meer aufzuweisen haben, und das stimmt sogar, auch wenn wir es nicht überprüft haben.

Das Frühstück ist spartanisch, ein paar Brötchen, alle Beigaben handlich in Tütchen (Zucker), Fingernagelschälchen (weil man die Alufolie mit dem Fingernagel abbpulen muß) das sind Butter und Marmelade, ein Tellerchen mit zwei Scheiben Wurst und Käse - für drei Personen. Der Tee wird aus Teebeuteln bereitet, der Kaffee aus einer großen Kanne lauwarm serviert. Nachdem das überstanden ist, und wir eine rauchen wollen, stellt sich heraus, daß die Plastiktasche mit der Stange zollfreier Zigaretten wohl im Flugzeug vergessen worden ist. Stefanie trauert ihren Schokoriegeln nach.

Pünktlich um 9 Uhr erscheint die Neckermann-Service-Dame, die heißt Anke Stoeter und kommt aus dem Extertal bei Rinteln im Landkreis Grafschaft Schaumburg. Braun würde sie nicht auf Rhodos, bei einem freien Tag in der Woche, erfahren wir.Nun aber geht es zur Sache. Das mit dem kreuzbrecherischen Beistellbett, wo man ein Dreibett-Appartement gebucht hatte, für eine stolze vierstellige Summe, das sei doch wohl nicht zumutbar, wie wir meinen.

Wenige Minuten später ist das geregelt, wir dürfen umziehen, allerdings auf ein Zimmer nach Norden raus, Blick auf eine militärische Anlage in Form von großen Sendemasten, die uns nachts durch ihr rotes Funkelfeuer das Fernsehen ersetzen. Nachdem wir Koffer und Gewänder über die Flure geschleift haben, haben wir uns bald in dem Nordzimmer häuslich eingerichtet. Stefanie haust halbseparat in einer Seitennische.

Nun soll der Urlaub aber losgehen. Heidi begibt sich als versierte Mallorcafahrerin direkt an den Pool. Das ist der eingebaute Badeteich, wie man ihn in jedem besseren Hotel vorfindet. Als Badeutensilien nimmt man die im Hotelzimmer bereitgehaltenen Handtücher und Badelaken mit. Nach einer Weile Sonenanbeterei meldet sich Stefanie mit der bemerkenswerten Äußerung "Ich kann hier nicht ewig rumsitzen" Allso schaun wir mal, wir fragen, ob wir dürfen, Heidi cremt sich gerade ein. "Nur los mit Euch - ich habe Urlaub!"


Eukalyptusallee
So marschieren wir beide los auf der Eukalyptusallee, die ist drei Kilometer lang. Wenn man nach vorne schaut, sieht man wie durch einen Tunnel ganz hinten am Ende ein gelbes Gebäude. Auf beiden Seiten der Straße werden an jeder Ecke Flächen und Auffahrten betoniert, Rent a Car steht dann dort zu lesen. Auf der linken Straßenseite verläuft eine betonierte Rinne, das ist eine Wasserleitung, die das Wasser aus dem Tal der sieben Quellen in die ehemals landwirtschaftlich genutzte Ebene um Kolimbia führen soll. Im Augenblick ist die Betonrinne vielfach löcherig und wird kaum das Wasser halten können. Manchmal kann man eine huschende Eidechse entdecken, die sich auf den Steinen sonnt.

Hin und wieder erkennt man ein Haus, das aus älteren Zeiten stammen muß. Das ist dann entweder für modernere Nutzung umgebaut oder in einem trostlosen Zustand. Kennzeichnend ist ein großer Torbogen, fast so groß wie das ganze Haus. Daneben sind die Ställe für Rinder Esel oder Ziegen.


Alte Anwesen

Hühner
Wenn man Glück hat, zischen auch ein paar Hühner durch die Gegend und ein einsamer Kettenhund freut sich über eine Abwechslung. Hier herrscht offensichtlich noch Armut, anders kann man das nicht nennen.

Als wir einen Blick über den Zaun von Hotel Dounavis werfen, ruft uns einer zu "Morgen Eröffnung!" Gut zu wissen. So schlendern wir - mal ein Grüppchen deutsche Touristen vor, mal hinter uns - bis ans Ende der Straße. Das gelbe Haus an ihrem Ende ist eine Anstalt für Behinderte, eine Kirche ist auch noch dabei, an die man aber nicht herankommt. So ist hier absolut nichts weiter los, weder ein Geschäft, noch eine Ortschaft, nur der Verkehr der Hauptstraße Rhodos - Lindos rauscht hier hindurch.

Wir machen uns auf den langen Rückmarsch. Wenige hundert Meter von der Kreuzung entfernt liegen rechterhand die Reste einer alten frühchristlichen Basilika aus dem 5./6. Jahrhundert, nur die Fundamente sind erkennbar. Das ganze ist eingezäunt und nicht näher zu besichtigen.

Etwas müde erreichen wir wieder unser Hotel und packen uns nun auch in die Sonne. Ich schlafe bald ein. Als ich anfange zu schnarchen werde ich aus dem Schlummer geboxt. Es hat aber schon gereicht, meinem Gesicht die charakteristische Leuchtturmfarbe zu verleihen, wie sie unvernünftige Touristen an den ersten Tagen in den südlichen Ländern auszeichnet.

Nun schauen wir einigen Hotelangestellten dabei zu, wie sie die kleine Imbißbude auf der anderen Seite des Pools für die Saison vorbereiten. Das macht auch wieder müde, denn fern von aller Hektik geht man hier zu Werke. Da werden ein paar Sachen mal von hier nach da geräumt und dann wieder zurück. Am Schluß werden alle Gebäudeflächen weiß überstrichen, zwischendrin immer mal wieder eine angemessene Pause.

Besonders zeichnet sich ein junger Mann durch stets wechselnde Betätigungen aus, wir nennen ihn den Kalfaktor, was Stefanie in Karl-Viktor umdichtet. Richtig heißt er Leonida, denn so wird er von den anderen gerufen. Heidi hat das erst nicht richtig verstanden und sagt "Er muß wohl zum Telefon". So haben wir auf unseren Sonnenliegen ganz schön zu tun. Während wir über die arbeitende Bevölkerung lästern, bekommen wir nicht einmal ein schlechtes Gewissen.

Auch gibt es noch andere interessante Gäste. Zwei Damen mittleren Alters erfreuen die Welt durch eine ausgefallene Mode, die hauptsächlich aus weitgeschnittenen Gewändern und Tüchern besteht. Wir nennen sie etwas respektlos die Tücherweiber. Sie lassen sich einen Sonnenschirm in eine Ecke bringen, wo sie dann zurückgezogen, allerdings von der Straße aus weithin sichtbar, sich dem Oben-Ohne-Sonnenbad hingeben.

Dann erscheint ein Mädchen, das uns gleich mit Beschlag belegt. Mit lautstarkem Geschrei fordert sie uns auf, ihrem Bauchtanzschwimmen zu huldigen, das habe sie sich selbst beigebracht. Schließlich gelingt es ihrem stets mißmutig dreinschauenden Vater, das Kind zum Eisessen oder Billardspielen von uns abzuziehen. Künftig werden wir auch in Ruhe gelassen, offenbar hat Stefanie zu deutlich die kalte Schulter gezeigt.


Fischeranwesen
Am späten Nachmittag wird es schnell kühl, die kleine Gemeinde um den Pool löst sich auf, so auch wir. Mit brennenden Gesichtern begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang hinunter an die Nordseite der hier vorgelagerten Landzunge. Dort steht die ehemalige Fischerhütte, ein verwitterter Mann sitzt auf einem roten Plastikstuhl in der Sonne. Das ist sicher der alte Fischer. Dahinter hat man einen gläsernen Anbau errichtet, wo man gut essen und trinken kann.

Der Blick schweift über die blaue See und die rotweißen Sendemasten der Militäranlage.

Der Strand besteht weniger aus Sand als aus Steinen. Diese allerdings sind bildschön, zum Teil kugelrund und farbig geädert. Mit den flachen Steinen kann man sich im Steinehüpfen auf der Wasseroberfläche erproben, Stefanie fehlt es noch etwas an Technik, Heidi ist über solche Kindereien erhaben.


Die Bucht von Kolimbia
Durch leicht sumpfiges Gelände, überall blüht es üppig, erreichen wir wieder die Eukalyptusallee. Es gibt zwei Geschäfte, in denen man einkaufen kann. Frische Apfelsinen und ein Sortiment Wein zum Probieren werden eingekauft. Beim Wein bleiben wir vom ersten Tag an der Marke Platoni,semi sec (halbtrocken) kleben, der uns wunderbar schmeckt.

Leider wird das Abendessen dadurch immer etwas teurer. Leider auch gibt es kein Buffet, sondern das Essen wird in vier Gängen serviert. Das sind Vorspeise oder Suppe, Salat, Hauptgericht und Dessert. Meistens schmeckt es auch recht gut, aber an einem Buffet hat man eben doch größere Möglichkeiten.

Wir zweifeln auch so langsam an der finanziellen Angemessenheit dieser Reise. Wenn man eine vierstellige Summe pro Person und Woche abgenommen bekommt, noch dazu zum Hauptsaisontarif, obwohl hier vor Ort weit und breit noch tote Hose ist, dann in ein Hotel niedrigerer Kategorie umgelegt wird und in einem klammen Nordzimmer bibbert, dann geht man schon in sich. Aber wir sind friedliche Menschen, besonders ich, und stürzen uns nicht gleich in den nächsten Rechtsstreit. Aber zur Warnung für Nachahmer sollte das nicht unerwähnt bleiben.


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