Sonntag, 4.7.
Am Sonntag ist der Tag der Abreise gekommen. Herzlich verabschieden
wir uns von den Müllers, die uns nicht nur so gastfreundlich
aufgenommen haben, sondern uns und den anderen Gästen auch noch ein
tolles Beiprogramm beschert haben. Wir werden gerne wieder hinfahren,
es ist ja von Brauschweig überhaupt nicht weit.
"On the road again", d.h. wir biegen hinter dem Malchower Erddamm links ab in die Botanik. Satter Rückenwind, da kann nichts schiefgehen. Nach links ab und zu der Blick über den Fleesensee erreichen wir Göhren-Lebbin. Hier hat man das Schloß in das mondäne "Hotel Blücher" verwandelt. Ich begebe mich neugierig in die Eingangshalle, Heidi traut sich mit ihren Radlerhosen nicht hinein.
An der Rezeption versuche ich, einen Prospekt oder sowas über das Haus zu bekommen. Vorher wird ein älteres Ehepaar abgefertigt, die blättern 1200 DM auf den Tresen. Soviel kostet unser ganzer Urlaub ja nicht. Immerhin kann man in dem Hotel ein Traumwochenende mit Champagnerfrühstück und Kutschfahrt etc. für 390 DM verleben. Da könnte man direkt mal drüber nachdenken.
Über einige hoppeligen Straßen fahren wir weiter zum Klink. Dort liegt wieder ein Schloß hoch über dem Müritzsee mit einem phantastischen Blick. Hier hat sich noch nichts getan, das Gebäude steht leer und wartet auf bessere Zeiten. Ein Ehepaar mit nagelneuen Kettlerrädern taucht auf und wir unterhalten uns ein wenig. "Spinnwebenromatik" bezeichnet die Frau die Angelegenheit.
Schloß Klink
Wir erkundigen uns nach dem weiteren Weg, der führt ein Stück direkt
an der Müritz entlang. Dann wird es zu unwegsam und wir suchen uns
wieder eine bequemere Strecke nach Röbel. Das ist auch eine schöner
Ort mit einer alten Kirche. Wir rasten an einem Imbißlokal. In Ludorf
steht eine alte Backsteinkirche.
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Kirche in Ludorf An der Müritz |
In Vietzen brauchen wir drei Anläufe, um die Abzweigung nach Mirow zu erwischen. Ein junges Pärchen, die wollen zum Campingplatz, beobachtet uns dabei amüsiert.
In Mirow wollen wir Quartier nehmen, über 70 km sind wir ja schon wieder unterwegs. Bei dem Rückenwind allerdings keine Strapaze. Über den Ort wissen wir wieder nichts, ist er nett oder öde? Nun, es gibt ein Schloß, und, was wichtiger ist, eine Pension Schloßinsel. Die war allerdings früher auch ein Ferienheim und sieht von außen nicht so romantisch aus, wie der Name erwarten läßt. Aber wir bekommen ein anständiges Zimmer mit Seeblick und sind zufrieden.
Der Ort bietet nicht allzuviel, längs der Durchgangsstraße ducken sich die grauen Häuser. Das Schloß ist in Arbeit, das wird noch seine Zeit dauern. Neben der Schloßkirche steht das fertig montierte Skelett einer neuen Turmhaube. Von Mirow erstreckt sich nach Norden der langgezogene Mirower und Kotzower See, dicht von Wäldern umsäumt. Aber das können wir nur der Karte entnehmen, die Zeit, das zu erwandern, haben wir nicht.
Unter unserem Zimmerfenster liegt die Cafeterrasse des Hotelrestaurants. Nun bin ich wegen meines angegriffenen Gesichts gezwungen, mit einer geeigneten Creme (von ALDI) dem Feuchtigkeitsgehalt der Haut auf die Sprünge zu helfen. Dazu lege ich die Brille, Titangestell, bifokale und superentspiegelte Gläser, auf die Fensterbank, damit ich freie Bahn habe. Als ich mit der Cremerei fertig bin, finde ich meine Brille nicht wieder. Komischerweise ist auch das Fenster jetzt angelehnt, das hat wohl der Wind gemacht. Anscheinend ist die Brille über Bord gegangen.
So muß ich meine Ersatzbrille hervorkramen und mich auf die Suche machen. Dazu muß ich an der vollbesetzten Cafeterrasse vorbei, die Köpfe drehen sich, wie ich zwischen den Büschen umherkrieche. Die Brille ist verschwunden. Dann suchende Blicke nach oben in die Baumzweige, die Leute gucken auch. Endlich nochmal ein Blick auf die Erde, da stehe ich fast auf der Brille, die zum Glück unversehrt ist. Ich setze sie gleich auf und passiere noch einmal die staunenden Cafegäste und versuche mich im "coolen Gang".
Als wir unser Abendessen einnehmen, erscheint ein beflissener Herr, setzt sich in lässiger Haltung an einen Tisch und verlangt den Chef zu sprechen. Wie wir dem Gespräch entnehmen können, handelt es sich um die Anmeldung einer Busgesellschaft. Der lässige Herr verkonsumiert bei der Verhandlung mehrere Bier auf Kosten des Hauses. Er benimmt sich jedenfalls, als sei es eine Gnade seinerseits, dieses Lokal ausgesucht zu haben. Um wieviele Gäste es sich handeln wird, weiß er allerdings auch nicht, wir tippen auf eine Werbefahrt.