Desweiteren drehen sich die Gespräche um das fachgerechte Bremsen,
technische Datails der Motorradszene oder über überstandene Unfälle
Ab und zu sagt auch schon mal einer "Schön hier, woll". Da sich die
Ritter der Landstraße ansonsten anständig benehmen, stören sie uns
nicht, lenken nur vom Lesen ab. Gegen Schluß der Vorstellung läßt
einer einen Furz, ich gucke weg, weil ich Angst vor Heidis
Lachanfällen bei solchen Gelegenheiten habe.
Dann erscheinen um die Mittagszeit ein paar Straßenarbeiter, die
verzehren ihre Currywürste inmitten der Ledermonturen auf dem
Imbißtisch. "Du sitzt auf meinem Platz" sagt der eine zum anderen.
"Hier sitze ich schon seit gestern" antwortet der. Schade, daß die
nicht Platt sprechen. Nun raffen die Motorradfahrer ihre Klamotten
zwischen den kauenden Straßenarbeitern zusammen und rüsten sich
wieder auf. Bald schon hört man die auffauchenden Maschinen der
Lederhelden, wie sie lässig die Gänge einlegen und mit
hochaufragendem Gesäß um die nächste Kurve gen Malchow entrauschen.
Wir klappen unsere Unterkiefer wieder hoch und erfrischen uns nun auch
mal im Wasser. Ich gehe raus, soweit ich stehen kann, das ist schon
fast eine Wanderung. Wenn man dann noch ein wenig schwimmt, ist man
fast schon in Plau auf der anderen Seite. So kommt es einem vor.
Die Sonne tut das ihre, ich werde immer röter, vor allem im Gesicht.
Auch das Eincremen hilft nicht mehr, es ruft eher den Eindruck einer
polierten Tomate hervor. Wir fahren wieder die normale Straße
zurück, freuen uns auf den Abend auf unserer Terrasse.
Heute essen wir im Deutschen Haus, Heidi wählt Rinderbraten, ich
versuche mich erfolgreich an einer gebratenen Forelle, die kaum auf
den Teller paßt. Im Lokal herrscht Hochbetrieb. Unsere Kellnerin ist
ein echtes Original. Sie muß alles allein bewältigen, das hebt ihre
Originalität erst hervor. Grauer Bürstenschnitt, die Schultern
hochgezogen, eilt sie trotz einiger Fülligkeit behende von Tisch zu
Tisch. Ein leeres Bierglas reißt sie einem aus der Hand, der
Nachschub wird nicht weniger aprupt auf den Tisch geknallt. Alle
Gäste amüsieren sich schon. Die Stufe zum Innenraum des Lokals nimmt
sie jedesmal anders, mal mit dem Mittel- mal mit dem Vorderfuß, mal
links, mal rechts, das Tablett balancierend.
Wieder "zu Hause", wie man in solchen Fällen immer gern sagt,
lassen wir uns aufatmend auf "unserer" Terrasse nieder. Müllers
haben etwas vor, und das ist das Grillen von einigen Lachsforellen am
nächsten Abend. Ob wir, die jungen Leute, wie sie sich ausdrücken,
auch Lust dazu hätten. Da sind sie an die richtigen geraten.
Lachsforelle gegrillt, ein Traum.
Nachdem das geregelt ist, fläzt sich Heidi vor den Fernseher, ich
will auf der Terrasse noch mein "Damals in Mecklenburg" weiter
genießen. Da habe ich mich geschnitten. Aus der Ruhe wird nichts. Ein
Nachbar hat sich in den Kopf gesetzt, das Dach seiner Wellblechdatsche
mit einer Hochdruckspritze einer gründlichen Reinigung zu
unterziehen. Nachdem er das erste Mal das Dach abgespritzt hat, fängt
er wieder von vorne an. Wenn er mal eine Pause einlegt, empfindet man
die Ruhe, Hoffnung keimt auf. Aber dann geht es gleich wieder los, ich
bin den Tränen nahe, verfluche alle Baumärkte der alten und der
neuen Bundesländer, suche bei Heidi vor ihrem Fernseher Trost. Aber
der spannende Western mit häufigen Schußwechseln, unterbrochen von
Werbeeinlagen vermittelt auch nicht die reine Form der Abendruhe.
Als es dunkel wird, und das ist gegen 22 Uhr, ist dann endlich die
Sache überstanden. Nun wird es aber kalt draußen, nach einer Weile
muß ich mich von meinem Mecklenburgroman trennen und bibbernd das
warme Bett aufsuchen.
Donnerstag, 1.7.
Badewetter - keine Wolke am Himmel! Welchen See werden wir geruhen,
zum Baden zu erwählen? Wir entscheiden uns für den Plauer See, am
Lenz, wo wir am Vortag schon vorbei kamen. Mit den unbepackten
Fahrrädern sind wir ungeheuer mobil, wir fahren diesmal nicht die
Straße, sondern den Wanderweg entlang am Malchower und Petersdorfer
See. Landschaftlich herrlich, fahrradmäßig eine
Geschicklichkeitsprüfung. Am Lenz breiten wir unsere Isomatten aus,
der Plauer See ist ein blauer See, das Wasser durchsichtig.
Als wir uns so richtig in unsere frisch erworbenen Bücher vertieft
haben, erscheint eine fünfköpfige Motorradrotte auf der Bildfläche.
Helmvermummt, in Leder gerüstet, schreiten sie wiegenden Schrittes
einher und schlagen neben uns ihr Lager auf. Aus Köln kommen die, der
Kopf brummt ihnen noch von der gestrigen Sauferei, wie man hört. Als
sie sich aus ihren Monturen geschält haben, sehen sie in ihren
Badehosen und bleichen Körpern nicht gerade wie Machos aus. Nur zwei
sind ganz kaputt, die bleiben gleich in ihren Rüstungen und legen
sich in der prallen Sonne zum Schlafen nieder.
Der Plauer See