Zurück zur Home Page
Zurück zur Index Seite

Mallorca im November
17.11.-1.12.2002

Sonntag

Warum fahren wir diesmal ausgerechnet im November nach Mallorca? Die Antwort darauf ist eine längere Geschichte für sich. Vielleicht kann man sie mal aufschreiben, wenn man etwas mehr Abstand hat. Jedenfalls mussten wir uns von unserem kleinen Hund Lotta trennen und das hat uns sehr sehr weh getan.

Um auf andere Gedanken zu kommen hilft am besten der Weg ins Reisebüro, was Heidi auch prompt erledigt. Da gibt es gar nichts zu diskutieren: 399 EURos für zwei Wochen Paguera Hotel San Valentin. So preiswert sind wir noch nie gereist. Mittwochs gebucht, Sonntags geflogen, schneller geht es auch kaum.

Vor sieben Uhr in der Frühe hängen wir schon auf dem Flughafen herum, nachdem Annika uns hingebracht hat. Die üblichen Eindrücke, ein biertrinkender Ekelmann, der eine Frau mit Baby mit krächzender Stimme anpöbelt: er sei Vielflieger oder so was. Antwort: „Bitte lassen sie mich in Ruhe, das interessiert mich nicht im geringsten“. Das hilft. Darauf zum Baby (höchstens drei Monate alt): „Was wir wohl erst für Vielflieger sind, tututu“. So vergeht die Zeit, bis wir im Flugzeug sitzen.

Alpenkämme, Rhone Delta und Pyrenäen, dann schon längs der Nordküste von Mallorca. „Eindeutig Andraitx“ sage ich als Kenner, aber es ist wohl eher Pollenca. Die Landung klappt dann auch noch und wir sind da. Das heißt in dem neuen Flughafengebäude von Palma ist man noch lange nicht da, nachdem man angekommen ist. Einen langen Gang lang, 90º  Knick, der nächste lange Gang, Knick, das wiederholt sich drei mal, beihnahe wäre man erfolgreich im Kreis gelaufen. Wenn einen die Beine nicht mehr tragen, kann man sich auch auf ein Rollband bis zum Horizont stellen. Schließlich landet man in einer Halle, in der mittels Pappkulissen eine alte spanische rustikale Ortsatmosphäre herauf beschworen wird. "ist denn schon wieder Weihnachten?"...

Wir holen das Gepäck vom Band und lassen uns zu dem richtigen Bus einweisen, schon sind wir mit 6 weiteren Gästen auf dem Weg nach Paguera. Über die Umgehungsstraße mit Tunnel geht es erst nach Camp de Mar (18 Loch Golfplatz, sehr schwierig). Da steigen die ersten aus, was immer die da wollen – dann sind wir schon dran. Unser Hotel heisst eigentlich gar nicht San Valentin sondern Valentin Paguera und das alte Hotel Paguera heißt jetzt Valentin Park. Das ist alles in einem Konzern aufgegangen, nicht nur die Zeiten ändern sich, sondern auch die Immobilien. Das alte Hotel, wo wir unseren ersten Urlaub hier verlebten, ist kaum wieder zu erkennen. Alles sehr großzügig erweitert, leider ist nur der Spatzenbaum weg. Bei aller Großzügigkeit ist das Hotel jetzt geschlossen.

An der Strandpromenade hat sich auch einiges getan. 1995 wurde sie ja schon eröffnet, inzwischen sind die Palmen angewachsen, eine ist auch wieder abgebrochen. Es bummelt sich gut da, und das werden wir von nun an auch jeden Abend tun, damit die Zeit bis zum Abendbuffet besser rum geht. Für heute aber müssen wir zu Mittag etwas essen und setzen uns am "Boulevard" nieder im "Cafe Epia Sta. Margarita", da scheint so schön die Sonne. Obwohl wir auf Salat verzichten, wird darauf bestanden, uns Ai-Oli zu servieren, das ist dann eine Mayonaisecreme mit Brot. Lecker. Die Schweinelendchen sind auch lecker. Das teuerste ist die Cola.

(Eigentlich wollten wir bei Bernis essen, von dem hatte ich mal eine Email, weil wir solche Lokalmuffel sind. Leider finden wir das Restaurant nicht. Erst drei Tage später in der Eukalyptus Straße, nachdem wir zehnmal daran vorbei gelaufen sind. Aber der hat auch zu. )

Am Nachmittag kann man sich sogar an den Pool setzen, wo man es bis 16 Uhr aushält, wenn man nicht zu verfroren ist. Danach muss man sich aufwärmen.

Wir haben mal wieder ein Problem: ein Hühnerauge. Längere Spaziergänge unmöglich. Heute am Sonntag kann man da nicht direkt etwas machen, nur ein paar Lederpuschen mit fester Sohle erwerben.

Ab 19 Uhr können wir dann endlich das Abendbuffet aufsuchen. Wir werden an Tisch 60 eingewiesen, und sitzen mit einem Ehepaar zusammen, kommen aber zunächst nicht so recht ins Gespräch. Irgendwann heißt es dann "Weimar" und "Aha, Zwiebelmarkt" - dann ist das Eis gebrochen. Das Buffet ist übrigens ausgezeichnet, das hatten wir bisher noch nie so gut angetroffen. Die Suppen allerdings klingen zwar vielversprechend, sehen aber nicht so aus. Besonders die graue Fischsuppe! Aber der Nachtisch: Obst, Pudding und Eis, möglichst alles mit Sahne. Unsere Tischgenossen suchen lieber das Weite, wie ich mit diesen Bergen herum hantiere.

Leider haben wir Fernsehen auf dem Zimmer, da lässt Heidi sich Tatort und Barbara Wood nicht nehmen. Man kann aber auch auf dem Balkon lesen, so warm ist es immerhin. Das Licht ist dort immer an, bis Mitternacht, und am Gebäude der Bar rauscht ein Agregat, das wird nicht abgeschaltet. Wenn man die Balkontür zu macht, hört man davon nichts. Dafür wacht man dann irgenwann in der Nacht auf und kriegt keine Luft mehr. Dann lieber das Rauschen von draußen, man gewöhnt sich an alles.

Montag

Weil beim Abendbuffet einige komisch auf die ledernen Puschen geguckt haben, erwerben wir heute lieber gleich ein paar praktische Goldtrittchen, bei denen die Riemchen haarscharf am Hühnerauge vorbei laufen. In Paguera gibt es ein Ärztezentrum, da ist auch eine Abteilung für Fußmedizin zuständig. Einen Termin gibt es aber erst für Dienstag. Also heute noch nicht auf den Galatzo! Dafür gehen wir zur Abteilung Hapimag, ob die noch den Wanderführer haben? Ja, haben sie, neu aufgelgt und wieder für die beschriebenen Wanderungen weitgehend unbrauchbar. Trotzdem erwerben wir ihn - "Gleich auf Rechnung?" werden wir gefragt. Da sticht einen der Hafer, aber lieber nicht, nachher muss man eine Gästenummer oder Appartements-Identifikation oder sowas offenbaren.

Trotzdem gehen wir auf dem Rückweg durch das ein oder andere Hotel (Milamil, Beverly Playa, Palmira Cormoran...), "Haben sie einen Prospekt des Hauses?" oder "Was sagt der Wetterbericht?" - so kann man sich einigermaßen durchschlagen.

Der Nachmittag vergeht mit Nichtstun, ein bisschen Bibbern am Pool oder auf dem Balkon...

Dienstag

11.15 Uhr ist Hühneraugentermin. Soll eine halbe Stunde dauern, solange setze ich mich an den Strand und schaue blinzelnd Surfern zu oder einem Vater, der sich mit seinem Baby herum schlägt. Dann kommt Heidi im Pas de Deux daher.

Also inspizieren wir Cala Fornells, immer wieder anheimelnd mit seiner verschachtelten Architektur. Leider hat man am Ende der Bucht mit einer wüsten Bauerei begonnen, und das ist keine künstlerische Architektur mehr. Warum lernt man nicht mal aus einem gelungenen Projekt? Vielleicht, weil es zu teuer ist?

Der schmale Sandstreifen, wo wir 1995 gebadet hatten, steht unter Wasser. Wahrscheinlich sind die Polkappen inzwischen soweit abgeschmolzen, dass der Spiegel des Mittelmeers gestiegen ist? (Nein, es liegt an der Windrichtung). Wir klettern noch ein wenig um das Hotel Coronado herum, öffnen eine Tür zum Gelände der Anlage, da kommt schon eine Bedienstete heraus gestürmt: "Privado". Auch dieses Hotel hat zur Zeit geschlossen. Wegen des noch etwas beschwerlichen Laufens gelangen wir heute nicht zur nahegelegenen Mönchsbucht bzw. Cala Munjo.

Trotzdem hat es Heidi auf einmal ziemlich eilig. Ach so, die Sonne scheint und der Pool lockt. Wir haben am Tag zuvor schon ausgeguckt, auf welchen Liegen die Sonne am längsten genossen werden kann. Die suchen wir uns aus, haben zwischendurch allerdings eine halbe Stunde Schatten von einer Fächerpalme. Aber gegen 16 Uhr dafür 5 Minuten länger Sonnne als die anderen. Stimmt die Bilanz? Dabei ist es auf dem Balkon viel schöner, windgeschützt und warm.

Schön aber ist das Nichtstun. Heidi liest gerade: "Auf Mallorca liebt sich's besser". Hoffentlich hilft's. Ich lese dagegen "Philippe Djian - Schwarze Tage, weiße Nächte" und hoffe, dass mir zumindest am Kopf nicht anzusehen ist, was man da so liest. Dieses Buch ist am Ende leider so zerfleddert, dass wir es in der hoteleigenen Bücherbörse entsorgen müssen. Dazu legt man ein ausgelesenens Buch auf eine Flurkommode, wo man sich seinerseits mit Büchern oder Zeitschriften versorgen kann. Das funktioniert ausgezeichnet.

Abschließend gehen wir ein wenig in der Botanik herum, wo man sich schnell verlaufen kann. Überall wird gebaut oder auch nicht mehr gebaut, da ist dann wohl das Geld ausgegangen. Heute probieren wir auch die Schwimmhalle im Hotel aus. Da ist das Wasser 28 Grad warm, angenehm. Zur vollen Stunde sprudelt ein Whirlpool, was immer das soll. Schwimmen kann man weniger gut, da stößt immer geich irgendwo an. Heidi bringt es trotzdem auf über 50 Bahnen. So hoch könnte ich gar nicht zählen.

Daher habe ich wohl auch nicht bemerkt, dass heute unserer 30ter Verlobungstag ist...

Mittwoch

Markttag in Andraitx. Man kann sich vom Hotel chauffieren lassen, das kostet 5 EURo, der öffentliche Bus kostet 1 EURo. Unsere Weimarer Freunde schließen sich an, die können auch rechnen. Heidi kennt auch die "geheime" Bushaltestelle am Hotel Palmira Caormoran. Dafür kommt der Bus mit 20 Minuten Verspätung und fährt an der nächsten Haltestelle durch, weil er mittlerweile voll besetzt ist. Die dort wartenden Fahrgäste gucken dumm.

Auf dem Markt in Andraitx schauen wir aus nach einer Armbanduhr und schon bald werden wir in eine Feilscherei hinein gezogen. Eine hübsche Uhr wird per Zettel mit 35 EUR ausgewiesen. Ich male 20 darunter. Die Marktfrau malt 30 auf. Also 25 dagegen gehalten. Da willigt die Frau ein, auch wenn danach für sie die Welt anscheinend untergeht. Und das Armband wird auch noch enger gestellt.

Zwei Stände weiter sticht mich der Hafer. Heidi ist schon weiter gegangen. Mal sehen, was eine Uhr hier kostet? Ich kriege ein Angebot für 30. 10 schreibe ich diesmal auf. Jetzt geht es wie gehabt weiter, nur dass ich kein weiteres Interesse mehr zeige und weggehen will. Aber ich werde festgehalten und dann wird mir die schon eingepackte Uhr doch für 10 EUR überlassen. "Doch nicht schlecht, hier hast du zwei Uhren", sage ich dann zu Heidi, die das ganze verwundert aus der Ferne beobachtet hat. (Später im Hotel stellen wir fest,dass die Uhr gar nicht geht, ausserdem sind die Preise trotz Runterhandelns immer noch zu hoch, aber es soll ja auch Spaß machen...)

Nach diesem Trödelmarkt bekommen wir ein paar schöne Eindrücke von den Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüse- oder Gewürzständen. Hier werden vorzugsweise die Einheimischen bedient, als Tourist guckt man zuweilen ganz schön dumm...

Wir gehen hinauf zur Kirche. Die ist leider geschlossen. Ein Teilnehmer einer Busrundfahrt lungert hier herum und bedauert gleichfalls, dass man die Kirche nicht besichtigen kann. "Das Sehenswerteste ist hier allerdings der Friedhof" vermelden wir, denn wir kennen uns ja aus. Aber wo ist der Friedhof? Dazu muss man gößere Kreise um die Kirche ziehen und bergwärts wird man dann fündig. Linkerhand vor dem Friedhof ist sogar eine Baustelle, da werden neue Eigenheime für die künftig Abzulebenden erstellt. Sieht nicht so romantisch aus, im Gegensatz zu dem älteren Teil des Friedhofs. Der Kollege von der Busrundfahrt ist ganz außer sich vor Freude, dass er das hier zu sehen kriegt. Und wir sind ganz stolz, dass wir ihm den Tipp geben konnten.

Vor den offenen (aber leeren) Grabkammern kann man seine Gänsehaut pflegen. Dann machen wir uns auf den Fußweg in Richtung Porto Andraitx. Da ist zwar irgendwo ein Schild: "Peatons Port" - heißt das vielleicht Fußweg zum Hafen?  Besser man fragt diesen und jenen Einheimischen - mit Händen und Füßen. Heidi meint bald, sie beherrsche nun das Spanisch - mit Händen und Füßen. Und so geraten wir tatsächlich auf den richtigen Weg, an der Sportanlage vorbei.

Ein Baum mit aufgeplatzten Granatäpfeln, ein paar Mandeln für die Tasche, leider keine Apfelsinen oder Zitronen, die müsste man klauen, und sowas machen wir doch nicht. Die Apfelsinen sind auch noch gar nicht ganz reif. Der Weg ist schön, obwohl es leicht nieselt. Wir beneiden die Bewohner der Anwesen hier, einige Deutsche darunter, wie man den Autokennzeichen entnehmen kann. Wenn man so ein Anwesen heute erwerben würde, könnte man für den Preis wohl auch den Rest des Lebens Hotelurlaub machen - überschlägig gerechnet.

Schließlich  die letzten Apartement Arrangements vor Porto, da sind alte Brunnen wohl mehr als Phantasiedekoration bzw. Attrappen aufgestellt. Vorbei am gut belegten Busparkplatz erreichen wir durchgefroren von Wind und Nieselregen Porto Andraitx - inzwischen ein Domizil einiger zahlungskräftiger Promis - besonders einer - darauf kommen wir noch zu sprechen. Am Hafen steht ein Kormoran zwischen Enten und Möven mit ausgebreiteten Flügeln, auch ein Promi? Ein anderer Kormoran ist noch fleißig und taucht eifrig herum. Wir dachten immer, Kormorane seien sehr scheu - diese sind es nicht.

Wir finden ein recht uriges Cafe zum Aufwärmen bei einem Cappuccino. Wir haben die Bushaltestelle für die Rückfahrt von hier aus im Blick. Einige frierende Gestalten treten dort von einem Bein auf das andere. Man sagt, die Abfahrtzeiten der Busse seien Glücksache, aber wir haben Glück: der Bus kommt pünktlich und wir müssen nicht lange von einem Bein auf das andere treten. Aus dem Bus heraus sehen wir unsere Weimarer Freunde, wie sie wacker entlang der Straße marschieren. Später erzählen sie uns, dass sie auf dem Marsch durch Camp de Mar in das Golfgelände (18 Loch, extrem schwierig) geraten sind und von einem Deutschen als "Scheiß Ossis" beschimpft worden sind. Weniger schön, sowas!

Wir wärmen uns in der Schwimmhalle bei 28 Grad Wassertemperatur auf und faulenzen den Rest des Nachmittags.

Donnerstag

Auf den Straßen werden immer wieder Prospekte für Inselrundfahren verteilt. Z.B. Toscana Reisen: Große Inselrundfahrt mit Bahnfahrt im Roten Blitz nach Soller, Bootsfahrt nach Sa Calobra und zurück auf der dortigen Straßen-Achterbahn. Das ist ja was für mich, weniger für Heidi. Aber sie wird auch noch auf ihre Kosten kommen - im wahrsten Sinne des Wortes. Das ganze kostet wesentlich weniger als die offiziellen Rundreisen der Reiseveranstalter oder Hotels, nämlich 14 EURo. Doch so billig werden wir nicht davon kommen, wie man sehen wird. Ach ja, eine kleine Werbeeinlage ist auch vorgesehen!

Weil es heute regnet, finden sich zu der Rundfahrt recht viele Gäste ein, trotzdem thronen wir mal wieder auf dem Panoramasitz gleich hinter dem Busfahrer. Der heißt Miguel. Die Reiseführerin heißt Helga aus Rosenheim, 17 Jahre auf Mallorca. Jetzt kommen wir ins Grübeln - kennen wir die Dame nicht schon von 1993? Damals hatte ich Erika aufgeschrieben, vielleicht ein Erinnerungsirrtum. Da war die Sache mit Betten-Dieter usw., und unsere Rosenheimer Erika oder Helga ist sicher dieselbe. An uns kann sie sich natürlich nicht erinnern. Wie auch?

Hinter uns sitzt eine beredte Dame, die nennen wir mal kurzerhand Radio Gelsenkirchen wegen der vielen geistreichen Kommentare mit Woll und Wat ("Die französische Schuhe kannse dir voll von de Backe putzen..."). Ab und zu kommt auch die Reiseleiterin zu Wort und erklärt uns u.a. die Gruselecke von Palma mit Hospital, Irrenhaus, Gefängnis und Friedhof. Danach geht es zu IKEA, da werden noch weitere Gäste eingeladen. Die Fahrt geht nun gen Norden bis in die Gegend von Sa Pobla. Wir fahren durch das landschaftlich fruchtbarste Gebiet der Insel. Da hat man drei Kartoffelernten im Jahr und reife Erdbeeren gibt es das ganze Jahr. Leider sind die einst malerischen Windräder zur Bewässerung großteils verfallen, man sieht deren Reste sie ja auch in der Gegend um den Flughafen recht häufig.

Ziel ist die Finca Amorini, ein freundlicher Herr wartet schon auf uns und weist die ganze Gesellschaft in einen Pavillon ein. Da verbergen sich Geheimnisse unter Tüchern, bald hat man herausgefunden, um was es sich handelt: Kochtöpfe. Nun wendet sich der freundliche Herr an die Gesellschaft, er heißt Achim Rost und verkauft Edelstahl-Kochtöpfe. Im folgenden wird ein Feuerwerk an Lobpreisungen der Ware abgebrannt, man muss schon sagen: das ist professionell. Wer noch nie von dieserlei Kochtöpfen gehört hat, der muss sich fragen, wozu er eigentlich gelebt hat. Entsprechend erfolgreich fällt diese Verkaufsveranstaltung auch aus, zudem gibt es noch einen Messerkasten, eine Chromputzpaste, ein Mikrofasertuch oder einen Bratenwender zu kaufen. Bald ist ja auch schon Weihnachten. Inzwischen haben wir die Käse- oder Schinkeplatte auch verzehrt und es kann weiter gehen, die eigentliche Fahrt hat ja noch gar nicht angefangen.

Zunächst regnet es noch heftig, während wir nach Bunyola fahren, um auf den Roten Blitz zu warten.  Es geht dann eine halbe Stunde lang mit dem Zug z.T. unter den Bergen durch, der längst Tunnel ist 2,8 km lang. Manchmal gleiten auch vollbehangene Apfelsinenbäume vorbei. Zum Pflücken aus dem Fenster würde man aber doch den Verlust eines Armes riskieren. Als wir in Soller aussteigen, ist es merklich wärmer. Radio Gelsenkirchen: "Hier weiter im Süden isses ja auch viel wärmer" - dabei sind wir die ganze Zeit in nördliche Richtung gefahren. Nach einem kurzen Fußmarsch besteigen wir wieder den Bus, um nach Porto Soller zu fahren. Dort machen schon einige Landratten einen Rückzieher und verzichten von vornherein auf die Seefahrt.

Wir haben auch Bedenken, weil in Sa Calobra das Aussteigen über einen schmalen Steg erfolgen soll, womöglich schwierig bei bewegter See. Heidi ist schon etwas blass um die Nase. Noch blasser werden wir, als das Schiff von Sa Calobra kommend anlegt: da hängt schon einer über die Reling und füttert die Fische. Die Gestalten an Bord wirken durchweg sehr mitgenommen, einige muss man beim Verlassen des Schiffes stützen. Als wir an Bord gehen, sehen wir die verkotzten Sitzbänke, da muss ja einiges los gewesen sein. So fahren wir einem ungewissen Schicksal entgegen. Gleich nach Verlassen der schützenden Hafenbucht geht die Schaukelei los. Die älteren Damen juchzen. Am lautesten juchzt eine ältere Dame über achtzig Jahre alt. Ich schätze mal, die Schwankungs-Amplituden liegen bei drei Metern. Als das Schiff beidreht, erfolgen die Schwankungen quer, das wirkt noch bedrohlicher. Nun wird aber gewendet, und bald sind wir wieder im schützenden Hafen. Das hat wohl alles heute keinen Zweck. Später erfahren wir: bei der Gesellschaft vor uns waren 80% seekrank.

Da sitzt es sich in einem Hafencafe besser. Ein Herr bestellt ein Stückchen Kuchen und muss die Kleinigkeit von 5 EURo dafür berappen. Zurück am Busparkplatz stellt sich raus: die dortigen WCs sind geschlossen. Unsere vorhin noch jauchzende Oma in ihrer Not verschwindet hinter einer Mauer. "Hat's geklappt?" heißt es danach. "An Baum 7, und da stand auch noch ein Mann!" sagt sie.

Wir fahren nun die Küstenstraße Richtung Valdemossa entlang. Die ist sehr eng und kurvenreich, wenn da einer von vorne kommt, setzt es eine Vollbremsung. Derweil hört man die alten Geschichten von Michael Douglas und Hotel Paradiso, Sissi, Chopin und George Sand. Aber auch vom Ballermann. Das sei nur Negativwerbung, mit bezahlten Säufern würden dort gestellte Fernsehaufnahmen produziert. Am schlimmsten ist dieser J.D. (Ein Bett im Kornfeld), auf den ist man ja gar nicht gut zu sprechen. Nennt sich auch noch "König von Mallorca"...

Im Künstlerdorf Deja kann der Bus nicht parken. Darum fahren wir durch bis Valdemossa. Dort kann man sich in dem Garten des Klosters die Beine vertreten. Von einer Besichtigung der Innenräume wird abgeraten, da stehe nur ein Klavier rum. Der Ort ist ganz hübsch aber touristisch ausgelutscht. Damit ist die schöne Fahrt fast zuende. Auf der Rückfahrt wird noch fleißig Hjerbas Öl verkauft, das hilft ja so ziemlich gegen alles. 1 EURo kriegt noch der Busfahrer (der gerade Vater geworden ist und ständig am Handy hängt).


Kapitel 2
Zurück zur Home Page
Zurück zur Index Seite