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Freitag

Der Morgenspaziergang führt hinauf zum Supermarkt und zum "Garden Center", wie es auf gut Spanisch heißt. Da finden sich all die exotischen Gewächse, die sich die stolzen Hausbesitzer als Statussymbol in den Vordergarten stellen. Eine schon etwas höhere Palme kostet 220.000 Peseten ( 1.322 EUR). Auch schön blühende Bougainvilleas und Orchideen gibt es. Heidi hat schon wieder einen Ableger geklemmt. Dafür haben wir dann einen Kalfaktor im Nacken, der uns argwöhnisch verfolgt.

Zurück gehen wir über Cala Fornells, obere Abteilung, die heißt Monte Fornells. An einem Neubau kommt ein Ehepaar aus einer Informationsbude. "Na, was kostet eine Wohnung?" fragen wir. Antwort: 275.000 EUR für 2 Zimmer mit Küche, 70 qm. Das kann man bis an sein Lebensende sowieso nicht mehr abwohnen. Am Ende der Straße (La Especia) finden wir auch den richtigen Abstieg über einige Treppen, sodass man die Serpentinenstraße vermeiden kann.

Heidi richtet sich gemütlich am Pool ein. Und ich werde meine erste Unternehmung starten, die in der Erstürmung des nahegelegenen Berges Moleta de son Vic enden soll. Dazu muss man über den "vergessenen Pass Fortuny", soviel ist mittlerweile bekannt. Der Pass liegt ziemlich genau über dem Tunnel der Umgehungsstraße. Ich bleibe ein Stück auf der Straße hinter dem Hotel Paguera - jetzt Valentin Park - und biege dann an einem Tor in den Wald. Bald endet das Ganze vor einem Zaun, und da läßt sich auch nirgendwo ein Loch im Zaun entdecken. Irgendwo ist eine Straßenunterführung, die ist voller Matsche, außerdem liegt auf der anderen Seite die Finca Paguera, der sollte man wohl auch nicht zu nahe kommen. Schließlich bin ich nach mühevoller Kraxelei wieder am Ausgangspunkt angelangt.

Also muss man den Ansatz höher wählen. Ich halte mich mehr links und damit höher auf einem breiten Karrenweg. Als dieser endet, markieren Steinhäufchen einen Trampelpfad. Und dann entdecke ich auch das alte Pflaster des historischen Passweges. Als die Freude am größten ist, steht man schon wieder vor einem verrosteten Drahtzaun. Dahinter neu errichtete Mauern, ich resigniere und trete den Rückweg an in der Annahme, dort befinde sich eine private Baustelle (es ist nur ein neuerer Wasserbehälter dort gebaut worden, den Zaun kann man übersteigen, außerdem bildet er genau die Passhöhe - das wusste ich zu dem Zeitpunkt alles nicht).

Der Rückweg ist schnell geschafft, auf dem breiten Karrenweg bleibe ich nun oben und quere den Berghang über Paguera unterhalb der Sa Bruta, dem Hausberg von Paguera. Quer durch ein Stück abgebrannten Waldes. Hin und wieder reizvolle Ausblicke nach unten. Schließlich landet man oberhalb der Wohnanlage Esmeralda. Im Wald markiert eine Steinröhre eine alte Zisterne, die ist leider mit Müll angefüllt. Bei der Esmeralda hat man dann wieder eine asphaltierte Straße unter den Füßen und kann sich in die zivilisierte Welt zurück begeben. Auf der ganzen Tour ausserhalb des Ortes habe ich nicht einen einzigen Menschen getroffen. Das vielzitierte "andere Mallorca" kann u.U. gleich hinter dem letzten Haus beginnen.

Sonnabend

Heute fahren wir nach Palma. Die Strecke kennt man nun schon so langsam. Heute fallen besonders die Luxusyachten im Hafen von Palma auf. Die heißen Lady Moura , Elegance oder Blue Star. Die Lady Moura soll einem Ölscheich gehören, sagt man. In den Straßen von Palma streunen wir nur herum, besorgen uns einen Stadtplan in einer Information, pausieren an der Kathedrale. Da kostet der Eintritt 3.50 TEUro, die sparen wir uns. Außerdem steht da "Cathedral Claustro", heißt das nicht "Kathedrale geschlossen"? (Richtig: Kathedrale und Kloster).

Aber draußen ist es auch ganz interessant. Da steht sowas wie ein Pantomime in einem silberbronzierten Rüstungsgewand, wenn man dem einen Euro spendiert, kann man sich auch mit ihm zusammen zusammen fotografieren lassen. Was der wohl für einen Stundenlohn hat? Ein grüngewandetet Kollege von ihm steht bewegungslos vor einem grünen Busch, den sieht man kaum.


Inzwischen haben wir heraus gekriegt, wo die Markthallen sind. Ganz in der Nähe der Busstation, wo wir zurück fahren, das ist günstig. Die Markthallen mit ihrer Geschäftigkeit und den Marktständen sind dann auch das Interessanteste bisher. Besonders merkwürdig sind die Pilze, bei einer Sorte (Colmenillas, Morcheln) kostet das Kilo 360 EUR. Lustig sind auch die Fischstände, einige Fisch haben merkwürdige Gesichter.


Dann gehen wir wieder zu unserem Bus, der auch pünktlich abfährt. Der Nachmittagsspaziergang führt uns durch bislang nicht bekannte Straßen (das ist gar nicht so einfach hier) wie Mallorca, Val Verda oder Capdines. Dann kommt man wieder an der Promenade raus.

Sonntag

Nun hat man auch mal einen Ruhetag verdient. Wir bummeln nur die Strandpromenade entlang bis zum Hapimag. Dabei sehen wir einen Kormoran, der ist etwas größer und hat eine weiße Brust. Wir fragen einen Angler danach, etwa so: "Das Kormoran?" Er antwortet in einwandfreiem Deutsch: "Ja ja, soone Aale fressen die uns weg, da gibt es sonne und sonne, dicke dünne, große kleine". Jetzt sind wir schlauer.

Am Nachmittag setzt es wieder Sturm und Regen, die Stühle am Pool fliegen selbständig durch die Gegend. Wie man den Katastrophenberichten entnehmen kann, herrschen in Italien schlimme Zustände nach tagelangen Regenfällen, und das ist ja nicht so weit von hier.

Im übrigen war hier der gesamte Sommer recht regenreich. So ist die Vegetation in diesem Herbst nicht so verdorrt sondern erfrischend grün, im Gegensatz zu dem allgegenwärtigen Novembergrau zu Hause.

Montag

Am Montag ist die "Hjerbas-Fahrt" angesagt, die kostet gar nichts. Unsere Weimarer fahren auch mit, ferner ein flotter junger Mann aus Berlin, den Heidi im Schwimmbad kennen gelernt hat. Der heißt Peter und ist mit jedem per Du. Wir werden abgeholt von einem Udo aus Soest, der macht diesen Job auch schon jahrzehntelang. Es regnet weiterhin, so kann man an diesem Tag sowieso nichts anderes machen.

Der Udo aus Soest ist sehr witzig, besonders wenn seine ansteckende Lache nach einem eigenen Witz ertönt. Als wir irgendwo ein Kloster auf einem Berg passieren, meint er: "Leider kann man bei dem Wetter nicht den Mönchen beim Paragliding zusehen, mit den Kutten!". Wenn die Schafe einen roten Fleck auf dem Rücken hätten, dann sei das Paprika, die schmecken dann viel besser. Warum die Stromkabel an den Masten so durchhängen? Weil sogar die Strommasten bei dem fruchtbaren Boden noch wachsen. Aber Wäsche könne man an den Kabeln nicht aufhängen: da springen die Wäscheklammern von alleine ab. Usw.
 
So geht das in einer Tour. Schließlich werden wir dann bei Montuiri oder so in ein Schmuckzentrum gesperrt. Und da wird - man glaubt es kaum - die Rente versemmelt, dass es eine Lust ist. Auch Peter kauft ein Kettchen für einen Anhänger aus Florenz.

Die Weiterfahrt führt auf kleinen Straßen durch die Dörfer, leider heute alles unter Regen. Die zweite Station ist Inca mit der Fabrica Paco Llabres: Lederprodukte. Ich muss mir einen neuen Gürtel kaufen, weil das abendliche Buffet auf den Leibesumfang durchschlägt. Sonst habe ich Heidi immer unter Kontrolle, damit da nichts passiert. Einen Mantel für 2000 EUR hat sie schon am Wickel, aber der ist dann doch nichts für unser Dorf.

Sonst ist die Verkaufspsychologie schon recht geschickt. Man hat Urlaub, Vati ist dabei, da darf man sich doch wohl schon mal was gönnen! Und das funktioniert.

Dienstag

Endlich Sonne! Das ist dann die Gelegenheit, die zweite Wanderunternehmung durchzuführen. Ich breche auf Richtung Mönchsbucht (Cala Monjo, 30 min). Dort ist es wild romantisch, seit 1993 hat sich nichts verändert. Das Gelände soll mal ein Deutscher aufgekauft haben, wer weiß, was draus geworden ist.


Von hier kann man steil zu dem Wachtturm auf dem Cap Andritxoll aufsteigen. Auch hier markieren Steinhäufchen den Weg. Oben kommt man dann auf dem bequemeren Gratweg raus. Quer über dessen Windungen hat man rigoros einen 2.50m hohen Drahtzaun gezogen. Die ganze Seite der Landzunge nach Camp de Mar hinüber ist von einer jungen Deutschen aufgekauft worden und irgendwo steht ein Schild mit der Aufschrift: "Claudia tu PriSSion" (SS wie Nazi-Runen dargestellt). Auch die Wanderer haben protestiert und den Zaun eingerissen oder säuberlich aufgeknipst, wo der Weg entlang führt. Würde man sich in das eingezäunte Gelände begeben, wäre das ohnehin lebensgefährlich bei den steilabfallenden Klippen. So aber kann ein jeder im Hintergarten von Claudia wandeln, warum sollte sie es stören?


Ich gehe noch vor bis zum Cap Andritxoll, und da kann man ein schönes Panoramafoto aufnehmen. Ein wanderndes Pärchen taucht auf: "Ach ist das schön hier" usw. Der Rückweg ist einfach: immer am Zaun entlang. Auch den alten Wachtturm hat die gute Claudia mit erworben. Da hat man früher die bedrohlichen Piraten auf See ausgeguckt und von Wachtturm zu Wachtturm weiter gemeldet. Diese Aufgabe muss ja dann ab jetzt die Claudia übernehmen. 

Am Boden blühen Blumen, deren Blätter ich schon länger bemerkt hatte, das ist sowas wie Aronstab. Es läßt sich auch nachlesen: Zwergaronstab (Krummstab, Arisarum vulgare), häufig wie Unkraut. Eine Blüte knipse ich ab, als Mitbringsel. Breite Wege führen schließlich zurück nach Cala Fornells. Dort halte ich mich wieder an die obere Abteilung, hier muss irgendwo der Wanderguru H.H. hausen, der mit den vielen Büchern. Über 80 ist er wohl inzwischen. Mit etwas schmerzenden Füßen lande ich wieder am heimischen Pool, wo meine blinzelnde Gattin meinen Wegschilderungen lauscht. Rings herum haben sich lauter Engländer gelagert, die verstehen wohl nur Bahnhof.


Mittwoch
Wieder scheint schon morgens die Sonne und ich darf mich von meiner sonnenhungrigen Gattin verabschieden für den finalen Ansturm auf den Berg Moleta de son Vic (349 m). Als Anmarsch empfieht sich nach den letzten Erfahrungen wohl die Esmeralda, wo auch eine alte Köhlerhütte nebst Feuerfläche im Wald herum stehen soll. Die Köhlerhütte finde ich, die gepflasterte Feuerstelle dagegen nicht. Auf dem breiten Karrenweg Richtung Pass Fortuny kommt man gut voran. Ein Abstecher auf die Sa Bruta, dem Hausberg von Paguera, misslingt allerdings vor steilen Felswänden.

Ich finde mich dann an dem rostigen Zaun wieder, der genau auf die Passüberquerung führt. Na, und genau da war ich schließlich vor ein paar Tagen auch schon. Und nun taucht ein wanderdes Ehepaar auf, die übersteigen gerade den Zaun. "Wollen sie auch auf die Moleta?" frage ich. "Aber klar, das ist unser Hausberg!" Damit kann ja nun nichts mehr schief gehen. Es ist ja nicht so ohne, sich in diesem einsamen Gelände (dem "anderen Mallorca") allein herum zu treiben. 

Auf dem historischen gepflasterten Passweg geht es hinunter - wenn Steine erzählen könnten - in Richtung der uralten Finca Son Fortuny . Da halte ich lieber Abstand, ein Hund bellt, demnach ist das ja wohl Privado. Der Anstieg zieht sich rechts den Hang hoch, gut gekennzeichnet durch Steintürmchen. Hin und wieder sollte man dann auch ein Steinchen dazu tun, das danken einem dann die nachfolgenden Wanderer. Mit dem sicheren Ziel vor Augen geht alles wie geschmiert. Bald tauchen hinter der Höhe des Bergkammes die Giganten der Gegend auf, Esclop (926 m) und Galatzo (1026 m).

Die letzten Meter zum Gipfelkreuz, und dann natürlich eine gigantische Aussicht! Während ich mein Panoramafoto schieße (270 Grad), tauchen auch meine Mitstreiter auf. "Herzlichen Glückwunsch - Berg Heil" heißt es. "Wie ist das denn mit dem Galatzo?" frage ich. "Der Lieblingsberg meines Mannes" sagt die Frau. Auch für mich bleibt das eine Herausforderung, die ich aber auf eine späteren Urlaub verschieben werde. Nun stehe ich aber auf dem Gipfel des Berges, den ich schon so oft angerannt habe in 349 m Höhe, geradezu schwindelerregend. Selbst der Elm (bekannt aus Kreuzworträtseln) vor unserer Haustür zu Hause ist höher. Aber hier muss man erst mal den Weg finden, und das ist das Ziel. Es hat ja auch lange genug gedauert.


Beim Abstieg halte ich mich rechts, da kann man angeblich unterhalb der Roten Wand (Garrafa) einen anderen Abstieg wählen. Ich finde auch eine verfallene Köhlerhütte, aber dann versperren umgestürzte Bäume den Weg und ich verliere in freiem Gelände die Orientierung. Jederzeit kann man sich über einem steilen Felsabsturz befinden. Bevor ich in Panik verfalle - man stelle sich vor, es würde bereits dunkeln - steige ich lieber bergan und zurück, finde die Köhlerhütte und den vertrauten Weg wieder. Da ist man dann schnell wieder unten.

Über den Pass Fortuny zurück nach Paguera, 4 Stunden bin ich unterwegs gewesen. Zur Belohnung darf ich meine sonnenhungrige Gattin zum Nachmittagsspaziergang dann noch hinauf zur Esmeralda führen. Danach habe ich für den heutigen Tag genug geleistet. Ach ja, eine Sonnenuntergang hinter dem Hotel Mar y Pins haben wir auch noch genossen.

Den Kontrast zu jeglichen Wanderaktivitäten bildet eine Gruppe von vier Motorradfahrern, die sich in Machomanier (Hosenträger, Rauschebart) im Hotel bewundern lassen. Ein rechter Biker pflegt wohl einen Gang wie ein Seemann, breit auftretend dem schwankenden Gefährt entronnen. Ich bin mehr am Humpeln.

Donnerstag

Heute wolkig, was kann man denn nun noch veranstalten? Es sei eingefügt, dass wir auch den einen oder anderen Langzeiturlauber kennen lernen, die hier in angenehmerem Klima überwintern. Vorneweg ein älterer Herr, Tischpartner von Peter, der seinerseits sicher an jüngerer Beute interessiert wäre. Dieser ältere Herr ist dagegen schon an die 89 heran gekommen, geht aber eisern jeden Morgen im Meer schwimmen. 6 Monate hat er gebucht und kommt aus Linz, Oesterreich. Ein anderes Ehepaar teilt uns mit - während wir schon wieder unser Gepäck packen - sie hätten noch 6 1/2 Wochen vor sich. Wann ist man frei im Leben - erst im Alter?

Nun gut, wir marschieren mal los, kann man nicht nach Calvia zu Fuß wandern? Erfolgversprechend ist das nicht, ich schreibe mal (frei) die Wegbeschreibung aus dem Hapimag-Wanderführer ab:

...gelangt man auf ein Privatgrundstück, und dort darf man nur am Montag, Mittwoch und am Freitag durchgehen, um 9.00, 10.00 und 11.00 nach Voranmeldung in der Turismus Informationszelle. Sie bekommen einen Durchgangsschein, es sind höchstens 20 Wanderer pro Stunde erlaubt. Bei Wochenmarkt sind die drei Durchgangszeiten lange im Voraus bestellt...

Wir lassen es erst mal dabei bewenden und machen uns unverdrossen auf den Weg, der zunächst vielversprechend in Richtung Kläranlage verläuft. Bevor wir deren ansichtig werden, kommt uns ein Ehepaar entgegen. Die sind schon wieder auf dem Rückweg, nachdem sie ein Jeepfahrer aus dem Gelände verwiesen hat. Da kehren wir gleich wieder um und verzichten auf die Kläranlage. Stattdessen biegen wir auf einen steinigen Waldweg ein, treffen bald darauf eine Gruppe Wanderer aus dem Hapimag. Die wissen auch nicht viel besser Bescheid. Wir folgen einfach unserem (bzw. meinem) Richtungssinn und durchwandern womöglich das Nachtigallental. Hübsch ist der Weg jedenfalls. Dann landen wir wieder vor einem hohen Drahtzaun, der sich wie ehemals unsere budesdeutsche Zonengrenze über Berg und Tal schlängelt.

Am Zaun entlang talwärts kommt man dann doch auf dem Fahrweg in Richtung des geheimnisvollen Privatanwesens namens Finca Tora. Aber die Landschaft ist sehr schön mit grünen Feldern, Hecken  und Mandelhainen. Schließlich windet sich der Weg bergan - und da geht ein Herr mit Stock vor uns, anscheinend seine Waldbesitzungen inspizierend. Wir stellen uns dumm - weil uns das nicht so schwer fällt - und wandeln weiter. Bald haben wir den Herrn erreicht, der uns ohne viel Federlesens klar macht: "Privado". Ausserdem macht er mit seinem Stock so etwas wie eine Schießbewegung. Da gibt es keine Sprachprobleme und wir sind ganz Einsicht. Schade, dass man diesen schönen Weg nicht für die Öffentlichkeit frei halten kann, aber die Eigentümer muss man respektieren.

Auf dem Rückweg begegnen wir unserer Wandergruppe aus dem Hapimag, der wir aufgeregt unser Erlebnis erzählen. Da kehren die auch um. So kommen wir doch noch in den Genuss der Kläranlage und man ist froh, als man um die nächste Kurve herum ist. Am Beginn des Weges ist tatsächlich ein Verbotsschild, wir wir nun beiläufig feststellen.

Damit haben wir uns die Faulenzerei wiederum verdient. Erst am Abend wird es wieder aufregend. Unsere Tischgenossen aus Weimar waren heute an ihrem letzten Tag noch einmal in Palma. Von dort sind sie mit der altehrwürdigen Bahn nach Soller gefahren. Trotzdem kommen sie nun mit einem Gesicht daher, als ob sie uns auffressen wollten. Haben wir vielleicht was angestellt? Da poltert Herr S. schon los: "Se ham uns alles geklaut, die Tasche mit Geld und Papieren, alles weg". Sie haben am Busbahnhof in Palma auf die Rückfahrt gewartet, während er noch einmal in die Touristeninformation gegangen ist. Währenddessen saß seine Frau auf einer Bank, die Tasche neben sich, aber mit der Nase in einer anderen Tasche mit Mitbringseln oder Sovernirs. Als sie wieder aufschaut, ist die Tasche verschwunden, sie hat überhaupt niemanden bemerkt. Auch die umstehenden Passanten wissen von nichts.

Schlimm genug, sowas, aber was dann folgt, ist fast noch mehr deprimierend. Die Polizei gibt sich unzuständig, man bekommt eine Telefonnummer in Madrid, da solle man erst mal anrufen. Wie das machen, ohne Geld? Eine andere Touristin leiht ihnen immerhin soviel, dass sie anrufen und die Rückfahrt bezahlen können. In Madrid spricht man ausserdem kein Deutsch und ebenso leidlich Englisch wie unsere bedeauernswerten Tischgenossen.  Man kann verstehen, dass die nun fix und fertig sind nach dem Motto: "Nie wieder Mallorca".

Unser lieber Peter aus Berlin setzt noch eins drauf: man hätte in den letzten Tagen eine Dame aus dem Hotel "sexuell vergewaltigt" - wie er sich ausdrückt. Ein Mädchen wäre außerdem am Strand belästigt worden. Peter erzählt gern Geschichten, soweit kennen wir ihn inzwischen, da weiß man nicht so genau, was davon stimmt. Außerdem neigt er dazu, den Inhalt seiner Geschichten durchaus zu variieren...

Freitag

Unser Ehepaar aus Weimar reist heute ab und wir bedauern sie noch einmal beim Abschied. Da tauchen zwei junge Mädchen in der Hotelhalle auf, die wollen gerade nach Palma mit lose über die Schulter hängenden Täschchen. Die kriegen was zu hören, Peter führt das Wort. Da kehren sie zweifelnd noch einmal in ihr Zimmer zurück und stapeln um. Nun sehen sie aus wie fortgeschritten schwanger, sie haben alles vorne unter die Jacken gestopft. Als sie abends zurück sind, erfahren alle zur Erleichterung, dass ihnen nichts passiert ist.

Bei uns passiert auch nicht viel, weil sich das Wetter mal wieder von seiner schönen Seite präsentiert. Aber am Abend gilt es noch einen Pflichtgang zum Friseur zu machen. Ich gehe inzwischen Wein kaufen - Berni hat immer noch nicht geöffnet. Als ich wieder zum Salon zurück kehre, werde ich meinerseits vergewaltigt, wenn auch nicht "sexuell". Ich muss auch unter die Schere. Die nette Dame, auch aus Deutschland, macht das dann allerdings so ausgezeichnet, dass die "Vergewaltigung" schnell vergessen ist. Ausserdem kann sie viel interessantes erzählen, denn sei wohnt mit ihrem Mann (Innenarchitekt) schon seit 28 Jahren hier (in Capdella). Auch der von mir verehrte H.H. mit den vielen Büchern lässt sich hier frisieren. Zum Abschied bekommen wir eine Apfelsine aus dem eigenen Garten geschenkt. Die beste Apfelsine aller Zeiten!

Samstag

Nun gibt es nichts mehr zu erzählen, die zwei Wochen sind sehr angenehm vergangen und waren mal wieder zu kurz. Wir beneiden die Langzeiturlauber , die - wie uns erzählt wird - allem häuslichen und  weihnachtlichem Stress mit Kindern, Enkeln und Christbaumständer aus dem Weg gehen. Wir werden dem - diesmal noch - die Stirn bieten. Am Sonntag Nachmittag kehren wir zurück in das erwartungsgemäß graue und kalte November-Deutschland.

(Ein Kollege, der mit einer Spanierin verheiratet ist, hat einmal eine Zeit in Sevilla gelebt. Und der hat mir erzählt, dass man sich irgendwann unheimlich nach so einem grauen November-Wetter zurück sehnt. Die Erfahrung müssen wir noch machen...)


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