An der Badebucht finden sich kaum Menschen ein, man ist mit den Fischen und dem anderen Getier ganz unter sich. Zierde der Bucht ist heute eine etwas beleibte Dame, die sich oben ohne auf einer Felsgruppe drapiert hat. Es fällt einem sofort die Loreley ein: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten... Wir wandeln den Namen um: "Loreleier", das erkenne ich mit kundigem Blick, alles ausgeleiert.
Ich begebe mich wieder auf eine Schwimmwanderung in die Nachbarbucht. Dort rüstet ein Taucher mit Hilfe seiner Begleiterin gerade auf und läßt sich die Gummirüstung anzerren. Beim Zurückschwimmen entdecke ich linkerhand ein Geheimnis: das ist eine Felsspalte, wo man in die nächste Nachbarbucht hindurch schauen kann. Nichts wie hin. Nur mit der Badehose bekleidet zwänge ich mich da durch und befinde mich in einer nur vom Wasser aus zugänglichen Nische. Oben von der Straße äugen Menschen herunter. Nachdem man sicher ist, daß diese einen auch bemerkt haben, verschwinde ich wieder durch die Nische und überlasse die Beobachter ihrer Ratlosigkeit.
Unser Tagesrhythmus normalisiert sich, Spätnachmittag am Pool, Gespräche mit einigen Gästen, die kurz vor der Abreise stehen. Die Leute werden dann irgendwie mitteilsamer. Ein Ehepaar ist mit dem Hotel nicht zufrieden, ihnen geht es vornehmlich um das Haarewaschen. Man bekomme den Kopf nicht unter den Wasserhahn, die Dusche sei auch nicht verstellbar. Bei einigen Zimmern befinde sich das Bidet direkt vor dem vorgereckten Hals, wenn man auf dem Klo sitze. Wie ein Kotzbecken komme das einem dann vor. In unserem Badezimmer ist das nicht so, allerdings gesteht Heidi, daß sie bei einem kleineren Bedürfnis auch schon mal das Becken verwechselt habe.
Heute hat sich Heidi eine Überraschung ausgedacht: für unsere strapazierte Haut soll ein Ölbad genommen werden. Dazu reichert man das Badewasser mit ganz normalem Speiseöl (aus dem Supermarkt) an, ein paar ausgequetschte Zitronen sollen das Ganze dann noch verfeinern. Nach dem Bad - Haare möglichst nicht eintauchen - muß man sich dann an der Luft trocknen lassen, damit die Fettaugen auf der Haut richtig einziehen. Dazu gehen wir auf den ausgebreiteten Badetüchern im Zimmer auf und ab, in der Hoffnung, daß man uns nicht aus dem gegenüberliegenden Hotel Nilo mit Ferngläsern beäugt. Ein Problem bereitet auch die Badewanne, die mit Klopapier und Seife nur schwer von den Ölresten gereinigt werden kann. Dann haben wir aber auch an allen möglichen und unmöglichen Stellen des Körpers diese Zitronengriepsche kleben. Unter Verrenkungen kann man wenigstens einen Teil davon wegklauben, inzwischen ist man trocken - und tatsächlich, eine samtweiche Haut ist der Lohn. Ich als in diesen Dingen immer skeptisch, bin sogar überzeugt, aber das nächste Ölbad würde ich nur in einer ausgeprägten Notsituation über mich ergehen lassen.
Strandpromenade |
Wir kehren nun dieser ganz in spanisch gehaltenen Kundgebung den Rücken - die sollen ja auch mal unter sich sein dürfen. Wir beschreiten die neu fertiggestellte Strandpromenade. Schon gibt's wieder Ärger, ein vor uns dahinschreitendes Ehepaar moniert die unzulänglich eingesetzten Gullideckel. Die wackeln beim Drauftreten. Der Ehemann ist offensichtlich technisch auch nicht von gestern: entweder sei die Fassung verzogen oder der Deckel selber. Das kann man sogar nachvollziehen.
Als die Popgruppen aufbrüllen, machen wir uns eilig auf den Weg zu unserem Flamencoabend. Für Heidi bestellen wir einen Sangria, ich ordere eine Flasche spanisches Bier, das ist billiger als Bitburger.
Die Vorstellung hat schon angefangen, und wir platzen mitten in eine Szene, die man beschreiben muß. Ein kleiner Mann mit Rüschenhemd und enganliegenden Hosen tritt hervor und konzentriert sich mit halbgeschlossenen Augen, Arme verschränkt und Hohlkreuz. Dann macht er ein paar Stampfversuche mit seinen Schuhen, aber die Musik vom Band hat wohl noch nicht den richtigen Einsatz parat. Das ganze von vorn, dann endlich kommt er fingerschnipsend in den richtigen Takt und klappert mit seinen Schuhabsätzen ein wenig im Kreis herum. Ein spärlicher Applaus belohnt ihn für all die Mühen, worauf er sich hinter dem Tresen erstmal eine Zigarette ansteckt. Dann treten drei Damen auf. Eine ist wirklich feurig, das muß man schon sagen. Die zweite ist blond, weniger feurig und läßt den Verdacht aufkommen, daß es sich um eine an einem Spanier hängengebliebene Deutsche handelt. Die dritte aber ist eine spanische Matrone, wie man sie sich vorstellt. Wenn sie die Röcke rafft, kommen beachtliche Gehwerkzeuge zum Vorschein. Sie hat aber bei weitem das größte Temperament.
In dieser Weise geht die Vorstellung weiter, wir sind nur froh, daß weder Eintritt erhoben wird noch erhöhte Getränkepreise gelten. Das Feuerwerk am Strand haben wir derweil verpaßt, eines kann man nur haben. Aber auch davon wird uns am nächsten Tag berichtet: faustgroße Löcher habe so manches Kleidungsstück aus synthetischen Materialien durch herabrieselnde pyrotechnische Relikte davongetragen.
Nicht mal auf dem Balkon läßt sich nach so einem erfüllten Tag noch etwas erleben, die Popgruppen vom Strand klingen noch herüber, ein Mopedfahrer fährt mit mörderischem Aufheulen den Berg hinauf, dann begeben wir uns mit unserer ölig-samtweichen Haut in unsere Preßbetten.