Also fahren wir ein paar mal ratlos um die Parkhäuser, Hotels und was da noch an wenig einladenden Einrichtungen herumsteht. Auch auf dem Vorplatz von HAPAG LLOYD läßt sich sicher nicht verläßlich für zwei Wochen das Auto abstellen. Es bleibt nichts anderes übrig, als nach der dritten Umrundung eine Schranke zu passieren, die führt zum Parkdeck 2, auf Nr. B-105 stellen wir das Auto ab. Dermaßen numeriert studiert man dann erstmal die Gebührentafel. Also für zwei Wochen, das kostet 210.- DM. Schluck!
Aber was soll man machen mit so einem Auto am Hals. Sei's drum, lassen wir es uns was kosten, jedenfalls nicht die Laune verderben. Mit der EUROCARD läßt sich das später ja elegant regeln, das wird dann nur vom Konto abgebucht, dann merkt man das gar nicht. Wenigstens stehen in Reichweite Gepäckwagen herum.
(Inzwischen hat man mir ein kundiger Kollege erzählt, daß es ein wenig weiter weg noch zwei Parkhäuser gibt mit angemesseneren Gebühren, dazu muß man dann mit einem Shufflebus fahren - leider kommt diese Information nun zu spät!)
Nachdem wir die Gepäckstücke also aufgeladen haben, Heidi zielsicher den Fahrstuhl ansteuert, und ich über die Bordsteinkanten hinterherhoppele, fährt plötzlich der Fahrstuhl ab, nach oben, mit Heidi, aber ohne mich. Eigentlich kein Problem, ich drücke auf den Knopf, dann kommt der Fahrstuhl auch, leider leer, jedenfalls keine Heidi darin. Ich fahre, getreu der Beschilderung zu den Abflugterminals, nach unten. Keine Heidi in Sicht!. Das Beste in so einem Fall ist ja immer, stehen zu bleiben und dumm zu gucken, das gelingt mir auch ganz gut.
Dann sind ganz vernehmlich Stöckelschritte zu hören, die behende von oben nach unten eilen, eine Umrundung des Fahrstuhlturms, tacker - tacker, da erscheint meine Gattin hochaufgelöst aus dem Nichts. Ach wie schön, daß man sich wieder hat!
Nun sind wir noch gut in der Zeit, checken uns jedenfalls rouitiniert ein, nach Entgegennahme der Flugtickets sagt dieses Weltweib: "War's denn schlimm?" Meint aber damit meine Verhandlungskünste mit den Platzkarten, immerhin haben wir einen Fensterplatz, Raucher, letzte Reihe.
Nun haben wir das auch geschafft, suchen einen Sitzplatz in der Wartehalle, nur getrennt läßt sich das machen. Ein freundlicher Herr neben mir sagt in astreinem Englisch: "We could change our place, that you can sit beside your wife". Sprachgewandt kann ich mich sogar bedanken: "Oh, thank you, that's very kind of you". Dann kommt eine Familie eilenden Schritts vorbei, die Koffer hinter sich herzerrend: das Oberhaupt zeigt richtungsweisend nach vorn und setzt seine Horde ins Bild: "AERO LLOYD ist schon angezeigt". Wir lehnen uns genüßlich zurück, denn wir sind ja bereits eingecheckt.
Eine halbe Stunde vor Abflug geht es durch die Sicherheitskontrolle in den Warteraum. Ich steuere auf die kontrollierende Dame zu, werde aber zu einem Herrn umgeleitet, das geht streng nach Geschlechtern. Heidi fällt wieder durch lautes Piepen auf, jeden falls ihre Jacke mit Feuerzeug und Schmuckgerödel u. dgl.
Nun kann man die Mitflieger mustern, eine Gruppe biertrinkender Machos in Jeansanzügen läßt Vorfreude auf Mallorca aufkommen. In letzter Minute (Last Minute ?) tauchen noch zwei Familien mit zahlreichen Kindern auf.
Allerdings hat der Flug eine halbe Stunde Verspätung, die Maschine hat an diesem Morgen bereits einen Flug nach Palma hinter sich, und die dortigen Fluglotsen bereiten sich so langsam auf die allfälligen Sommerstreiks vor - so wird es jedenfalls mitgeteilt.
Also an Bord: wir sitzen tatsächlich in der letzten Reihe, ein Fenster gibt es aber nicht, weil sich dort das Triebwerk befindet. In der Reihe davor kann man zwar selbiges sehen, dagegen so gut wie nichts von der Außenwelt. Die Fernsehschirme an der Decke fehlen auch, wo man sonst die Flugroute anzeigt oder einen Film mit Mr. Beam zu zeigen pflegt. So sind wir etwas enttäuscht, zudem stauen sich im Gang neben uns während des Fluges die Reisenden mit einem dringenden Bedürfnis vor der hinter uns rauschenden Bordtoilette.
Erwähnenswert ist noch das Ballett der Stewardessen, die einem durch Gebärden das Umgehen mit den Sicherheitseinrichtungen demonstrieren. Wichtigste Mitteilung: Nach Anlegen der Schwimmwesten sind diese erst nach dem Aussteigen aufzublasen, weil man sonst im schmalen Notausstieg womöglich eine schlechte Figur abgibt.
Regenwolken zum Empfang |
Nun geht es wie gewöhnlich weiter, Gepäck vom Förderband entgegennehmen und dann zum Bus nach Paguera. Ein Großteil der Mitflieger hat offensichtlich andere Ziele, so auch zu unserer Erleichterung die biertrinkenden Jeansgenossen. Die sind auch in S' Arenal oder Cala Ratjada sicher besser aufgehoben.
Auf der Fahrt nach Paguera werden dann auch Gäste in Megaluf oder Santa Ponsa inmitten von scheußlichen Neubaugebieten ausgeladen. Da möchte man ja nicht begraben sein.
Wie man schon vorher gehört hat, befindet sich Mallorca derzeit im Wassernotstand, seit September hat es nicht mehr anständig geregnet. So sind viele Wiesen und Pflanzen braun und vertrocknet, das erhoffte Blütenmeer ist noch nicht auszumachen. So wundern wir uns über einen kräftigen Gewitterschauer, das Wasser läuft schon in Bächen die Böschungen runter. Aber kurz vor Paguera ist die Straße wie mit der Schnur gezogen plötzlich trocken und die Sonne wagt sich wieder hervor.
Dann werden wir in Paguera, Hotel Palmira ausgeladen, an der Rezeption finde ich nur mit Mühe den uns legitimierenden Zettel inmitten dem Durcheinander der Reiseunterlagen. Man gibt uns Zimmer 405, gespannt bringen wir das Gepäck hinauf. Wir beziehen wie erhofft ein Westzimmer, ein bißchen klein zwar, aber alles sauber und gemütlich. Am besten ist der Balkon, der klebt wie ein Schwalbennest draußen über der Straße, 4 Stockwerke hoch. Das ist was für Heidi, die ab 1 m Höhenunterschied um sich herum einen gehetzten Ausdruck in den Augen bekommt. Um den Balkon zu betreten, muß man sich mit dem Rücken am Geländer um die nach außen öffnende Tür herumdrücken. Mit dem zweiten Anlauf gelingt es dann, ein Stuhl wird dicht an die Rückwand gerückt und sogleich Platz genommen.
Mit der Aussicht haben wir auch ein Glückslos gezogen. Abgesehen davon, daß wir das gesamte Geschehen auf der Straße unter uns kontrollieren können, schweift der Blick links vorbei an der Leuchtreklame vom Sutimar über das Meer bis zu den Malgrat Inseln. Geradeaus kontrollieren wir gleichermaßen das Geschehen auf den Balkons vom Hotel MILO, wo Heidis Bruder Achim immer seine Suite zu nehmen pflegt, wenn er mit seiner Frau Luise nach Mallorca fährt. Zwischen unserer und der nächsten Parallelstraße aber befinden sich die wohl letzten Grundstücke im Originalzustand, d.h nicht modern und hochgeschossig bebaut, sondern mit kleinen Häuschen und gut bestellten Gärten, wo einige spanische Familien mit Kindern, Hund und Katze ihrem Tagwerk nachgehen. Mitten durch verläuft ein eingefaßtes Flussbett, derzeit natürlich trocken.
Wir winden uns wieder um die Balkontür herum nach innen, Heidi mit geschlossenen Augen und leicht schwankend. Ausgepackt wird erst gar nicht, erstmal ein Erkundungsgang hinab zum Strand. Dort herrscht rege Bautätigkeit, man legt gerade eine neue Promenade an. Die Preßlufthämmer tackern, Staubwolken ziehen zwischen den Strandrestaurants und den auf Liegen unter einem Sonnenschutz aus Stroh lagernden Badegästen.
Unter Palmen am Pool |
Da werden wir uns also zwei Wochen herumwälzen, wenn das Wetter es zuläßt. Erstmal geht es zum Abendessen, wo wir mit einem Ehepaar aus Hildesheim zusammensitzen, die sind schon eine Woche da. Sogleich wird uns versichert, daß das Essen vom Buffet sehr gut sei. Mehrere Gerichte zur Auswahl, ein großes Salatbuffet, wo Heidi sich den Teller bergeweise füllt. Ich liebe mehr das Deftige, Leber, Braten oder Gegrilltes.
Nun klären uns unsere freundlichen Tischnachbarn über die Möglichkeiten in und um Paguera auf. Als wir informiert werden, daß es zum Strand nur 150 m weit sei, muß ich mein Kauen unterbrechen und gestehen, daß wir vor zwei Jahren schon einmal hier waren. "Ach so, dann kennen Sie ja schon alles" - man merkt die Enttäuschung. Dann legen wir los, was man alles so machen kann und unsere Gegenüber lauschen andächtig.
Supermarkt |
Damit man unter Menschen kommt, begeben wir uns abschließend auf ein Bier in die Bar. Im Hotel Paguera haben wir das ja immer im Foyer gemacht und dabei Leute ausgeguckt. Nun sitzen wir steif auf zwei kleinen grünen Sesseln und harren der Dinge. Was da so durch die Tür walzt, ist nicht so erbauend, zumeist eine Altersklasse über uns. Man sitzt zusammen bei Kartenspiel und Strickzeug. Die meisten kennen sich untereinander, wir kommen uns etwas deplaziert vor. Nach dem zweiten Bitburger zahlen wir ohne Trinkgeld, weil der Kellner, ein schlanker Mittdreißiger mit Schnauzbart, uns etwas zu wenig devot erscheint, indem er tänzelnd und singend, sein Tablett im Takt der Hintergrundmusik schwenkend, durch die Reihen der zwinkernden alten Damen tänzelt.
Die letzte Aufgabe: Unordnung in die Preßdecken der Betten bringen, damit man am nächsten Morgen nicht als Flunder aufwacht.