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Dienstag, 30.4.

Das Frühstücksbuffet wird heute als erstes untersucht. Ich labe mich an Lachs und Matjes, mehr interessiert mich gar nicht. Heidi hält sich mehr an das reichhaltige Obstangebot. Ein Blick aus dem Fenster ist weniger erbauend, wir müssen uns einen Schirm leihen. So marschieren wir eingehakt los, Matsch und Pfützen umrundend. Wir schauen uns den schiefen Kirchturm der Oberkirche mal von der Nähe an. Das sieht gefährlich aus. Zwischen den gemauerten Stützpfeilern und der Turmwand klaffen spannenlange Lücken, sicher ist das der Statik wenig zuträglich.

Der schiefe Kirchturm
Wir marschieren einen steilen Weg hinauf zum Rundpanorama. Dabei handelt es sich um das oder eines der größten Ölgemälde der Welt (123 x 14 m) im Innern eines architektonisch nicht gerade in die Landschaft passenden Rundbaus. Wir kommen gerade noch zurecht zu der Führung, nachdem wir ordentlich Eintritt gelöhnt haben. Aber die Garderobe ist umsonst.

Wenn man die Treppe emporsteigt in den dunklen Raum, umgeben von dem angestrahlten Rundumgemälde, dann muß man doch auf seine Kinnlade aufpassen, daß die nicht runterklappt. Dieses strahlende Monumentalwerk wurde 1983-1987 von dem Leipziger Professor Werner Tübke geschaffen. Es sind in verschiedenen Landschaften und Jahreszeiten 3000 Figuren dargestellt, die sich um eine Entscheidung im Bauernkrieg von 1525 bemühen. Unzählige Hinrichtungsszenen lassen auf Anlaß und Ausgang dieser Auseinandersetzung schließen. Die Schlacht von Frankenhausen hat zu genanntem Zeitpunkt genau an diesem Ort - dem Schlachtberg - stattgefunden. Von 8000 Aufständischen wurden 6000 niedergemetzelt - Schlacht oder Schlachtefest? Zu DDR-Zeiten entsprach die Verherrlichung des Bauernkrieges dem sozialistischen Selbstverständnis. Die Stadt Mühlhausen, in der Thomas Müntzer hingerichtet und gepfählt wurde, nennt sich konsequenterweise heute auch „Müntzer-Stadt“.

Eine Gruppe uniformierter Bundeswehrsoldaten befindet sich unter der Besuchergruppe. Sicher wird dieser Besuch als Dienstzeit angerechnet, weil man sich hier ja wehrtechnisch weiter bildet.

Ganz beeindruckt begeben wir uns wieder an das Tageslicht und wandern durch das „Wüste Kalktal“ hinunter nach Bad Frankenhausen. Es drüppelt weiter so auf uns nieder, so werfen wir einen Blick in die Unterkirche und begeben uns anschließend in das Schloß, wo das Heimatmuseum untergebracht ist.

Schloß mit Heimatmuseum
Bemerkenswert ist die Abteilung über die Knopfproduktion, die ein wichtiger Zweig des Frankenhäuser Handwerks war. Weiterhin wird geologisches, archäologisches, botanisches oder historisches Bildungsgut vermittelt. Da hängt z.B. ein kunstvoll gearbeiteter Schlüssel mit dem Hinweisschild: „Schlüssel“. Wenig weiter ein Schwert mit dem Vermerk: „Schwert“. So haben wir wieder viel gelernt.

Da es immer noch regnet, müssen wir uns nun doch ins Auto setzen und fahren zur Barbarossahöhle. Wieder kommen wir genau zu einer Führung zurecht. Umringt von einem Ältere-Damen-Kränzchen - fast alle bebrillt - und einer Schulklasse erleben wir nun eine der größten erschlossenen Gipshöhlen. Die Damen bekunden ihre Anteilnahme an den Ausführungen der Führerin fast nach jedem Satz mit einem aufgestöhnten „Ooh!“ oder „Aah!“. Das übernehmen alsbald die Jungen der Schulklasse, worauf das Damenkränzchen merklich ruhiger wird.

Inhaltlich bietet die Führung eher Bescheidenes. An einer Stelle hat man einen steinernen Stuhl und Tisch in Anlehnung an die Barbarossasage errichtet. Leider sitzt er aber nicht dort, den Barbarossa darf man selber spielen. An einer anderen Stelle ist aber eine Felsgruppe so beleuchtet, daß der Schatten sich wie das Profil jenes schlafenden Kaisers ausnimmt. Ooh! und Aah! s.o. Höhepunkt der Führung ist ein Fototermin, da wird erst die Schulklasse abgelichtet. Ich bleibe aus Versehen hinter der Gruppe stehen und gerate wohl auch mit auf das Bild. Als Heidi auf ähnliche Weise hinter das Damenkränzchen zu stehen kommt, wird lapidar verlangt: „Bitte die junge Frau dahinten weg!“. Abschließend werden die Wasserlachen als Höhlenseen gepriesen und eine Gesteinsgruppe als Krokodil bestaunt. Unser Urteil als Höhlentester: Nicht lohnend.

Im Restaurant gönnen wir uns einen Kaffee und diskutieren, wer bei dem Fototermin besser wegkommt: ich falle hinter einer Schulklasse nicht auf, Heidi aber hinter einem Ältere-Damen- Kränzchen!

Unsere weiteren Arbeiten erschöpfen sich im Erleichtern des Postsparbuchs, Tanken, Besuch eines ALDI- und eines Baumarktes auf der grünen Wiese, sowie der Erkundung eines China Restaurants in Bahnhofsnähe.

Wir speisen aber heute in unserem Hotel Reichental. Bei Gänsebrust und Bauernteller lassen wir es uns gutgehen. Der Ober ist perfekt. Sehenswert, wie er am Nachbartisch eine Flasche Bordeaux entkorkt, zum Vorkosten einschenkt, das Etikett der Flasche sichtbar dem Gast zugewandt. Wir belassen es bei ein/zwei Bierchen.

Am Abend soll im Hotel ein Tanz in den Mai stattfinden, an dem wir aber nicht teilnehmen müssen, denn wir planen ja für Oktober. Die eine oder andere Melodie erfreut aber dann doch das Ohr: „You will never see the Rain..“ oder „You succeed at Night...“.

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