Dienstag, Fahrradtour im Süden


Petreti

Ich will noch eine zweite Fahrradtour in der näheren Umgebung machen. Diesmal bekomme ich ein erstklassiges Rad, alle Gänge OK und gute Seitenzugbremsen. Ich bin immer noch nicht mit der "Traumstrasse" fertig, ich will wissen, wo sie hinführt. Hinter der Agia Pelagia kommt nicht mehr viel, noch eine Taverne, dann geht die Strasse in eine Lehm-Schotterpiste über. Da ist man dann ganz allein, umgeben von blühendem Ginster. Nach ein paar Kilometern kommt man in einem kleinen Hafenort raus, der müsste Petreti heissen. Von dort geht es an der Küste nicht weiter, und man fährt durch Weinfelder, Gärten und – man darf raten: Olivenhaine. Mich überkommt wieder jenes Gefühl: nur noch fahren - egal wohin.


Ag. Barbara


Das heimliche Foto

Das ist auch notwendig, denn nachdem man einen Berg erklommen hat, geht es gleich wieder hinunter und umgekehrt. So verschlägt es mich an einen Ort unbekannten Namens, ich kaufe mir eine grosse Flasche Brause und orientiere mich dann an "To the Beach". Da fährt man wieder munter dahin und findet sich nach 4 km unversehens an der anderen Seite der Insel in Ag. Barbara. Und da ist weiter nichts los, nur ein grosser Sandstrand mit entsprechenden Einrichtungen. Ausserdem muss man die ganze Strecke wieder zurück, es ist eine Sackgasse. Zwei Kontraste: Ein Mann mit Luftmatratze, Sonnenschirm und Kühltasche strebt dem Strand zu. Eine alte Frau sitzt auf einem grasbeladenen Esel, ein müder Hund trottet hinter her. Ich fahre ein wenig voraus, mache die Kamera fertig, und knipse. Die alte Frau verhüllt schnell mit ihrem Kopftuch das Gesicht und ich habe ein schlechtes Gewissen. Wie soll man aber sonst zu solchen Bildern kommen?


Perivoli


Argirades


Hlomos

Als ich den Ort wieder erreiche, wo ich vorhin schon einmal war, kann ich ihn nun auch identifizieren, es ist Perivoli. Ich habe vorhin die Hauptstrasse nach Lefkimmi überquert, ohne es zu merken und bin dadurch zu einer unfreiwilligen Inselquerung gekommen. Ich fahre nun besser wieder zurück über Argirades. Dort wird die einspurige Ortsdurchfahrt durch Ampeln geregelt. 3 km weiter ist eine Abzweigung zu dem Ort Hlomos, dort hinauf führt eine 4 km lange Steigung. Es soll Leute geben, die sich trotz der Mittagshitze einer solchen Tortur unterziehen. Allerdings sind viele Passagen der Strecke überschattet von Bäumen, deren Name mit O anfängt.

Der Ort Hlomos liegt etwa auf 300 m Höhe, auf der Strecke hat man einen schönen Blick über die Lagune Korission, die so eine Art Binnenmeer bildet. Von oben ist schon zu sehen, da braucht man nicht auch noch hin. Ich streife ein wenig in den engen Dorfgassen herum, ein Mann ist unaufgefordert so freundlich, mich mit "Messonghi" auf eine mögliche Rückfahrstrecke hinzuweisen. Diese erweist sich als steile Abfahrt durch den Wald (diesmal nicht ein OH) direkt nach Messonghi. War ich nicht heute morgen hier schon einmal? Natürlich, das ist doch die "Traumstrasse". Die habe ich nun also gründlich erforscht.


Es ist gegen 13 Uhr, zu früh zur Rückkehr. Also ein Blick auf die Karte: das Bergmassiv an unserem Küstenstreifen lässt sich umrunden, das müsste noch am frühen Nachmittag zu schaffen sein. Man fährt ein Stück nach Westen und biegt dann nach Norden in Richtung Strongili ab. Die Strecke ist so gut wie unbefahren, die Sonne steht im Rücken, der Wind auch und es geht stetig leicht bergan. So kommt man immer höher in das Quellgebiet des Messongi Flusses, das ein grünes Becken umstanden von bewaldeten Bergrücken bildet. Die Anwesen entlang der Strasse sind teilweise recht urtümlich, man fragt sich manchmal, wie man unter solchen Bedingungen leben kann. In einem Schuppen zündet eine Frau gerade ein offenes Feuer an, wozu - entzieht sich meiner Vorstellung.

Ein Haus mit angestückelten Anbauten klebt wie ein Schwalbennest am Hang: fotogen. Ein paar hundert Meter weiter holt einen der Tourismus wieder ein, in einer Taverne tafeln die Teilnehmer einer Busfahrt: "Einkehr in einer urigen Taverne in einem Bergdorf" steht dann so etwas wohl im Werbeprospekt. Ich halte für einen Schluck aus der Flasche auch kurz an und lasse mich von einer Bremse stechen.


Benitses von oben


Loukata

Damit hat man die höchste Höhe erreicht, und um die nächste Ecke erwartet einen die Überraschung. Ein weiter Blick auf den Nordwesten der Insel, hinüber nach Korfu-Stadt und - gleich gegenüber - Ahilio mit dem Sissi-Schloss. Tief unten an der Ostseite kann man Benitses von oben sehen, vielleicht finde ich eine Abkürzung dorthin. Zuerst gerät man aber noch in ein kleines Bergdorf, das wohl Loukata heissen mag. Dort gibt es wieder die Gässchen, durch die gerade ein Esel hindurch passt. Ich schiebe ein wenig mit dem Rad herum, aber dann freue ich mich auf die Abfahrt nach Benitses. In rauschender Fahrt kann ich gerade noch die Abzweigung erkennen, dann befinde ich mich auf einer holperigen Schotterstrecke, z.T. mit Waschbrettstruktur, und die Bremsen kommen zum Einsatz.

Gegen 15 Uhr bin ich pünktlich in Benitses, wo - wenn man schon mal da ist - wieder ein offener Rotwein - abgefüllt in meine gerade geleerte Brauseflasche - im Rucksack verschwindet. Wenig später liege ich wieder am Pool - tut das gut - und geniesse die Erinnerung an die heutige schöne Tour. Gern hätte ich mit Verena bzw. sie mit mir auch mal eine Tagestour zusammen gemacht, aber unser junger Herr ist noch zu unzuverlässig, was sein gelegentliches Geschrei angeht, wenn die Mama mal ausser Sichtweite ist.

Die meisten Gäste mieten sich auch einen Motorroller, das ist eine bequeme und luftige Angelegenheit, wenn man sich in den Verkehr traut. Aber es hat sich gezeigt, dass die Nebenstrassen fast verkehrsfrei sind.

Der Mittwoch ist wieder ein sehr heisser Tag und wir unternehmen weiter nichts.


Von Kanoni nach Korfu-Stadt
Zurück zur Kapitelseite