Ag. Pareskevi |
Also nun wieder bergan, auf engen Serpentinen kommen einem auffallend häufig Busse entgegen, die in den Kurven den ganzen Platz der Strasse in Anspruch nehmen. Das ist nicht ganz ungefährlich, aber schliesslich bin ich oben in Erwartung des Dorfes Ahillio. Da bin ich ganz auf dem falschen Dampfer. Da ist ein grosser Busparkplatz, Restaurants und Tavernen, Souvernirbuden und ein Tor, wo alles mit gezücktem Photoapparat ein und aus eilt. Ich will gerade durch dieses Tor schieben - im Hintergrund erkennt man ein kastenartiges weisses Haus - da werde ich zurückgepfiffen: "Hello, ticket". Da fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren, ich bin hier an dem sagenumwobenen Sissi-Schloss, der meist besuchten Sehenswürdigkeit auf Korfu! So schnell bin ich selten auf das Rad gestiegen und um die nächste Ecke verschwunden. Anscheinend bin ich kein Sissi-Fan.
Ausserdem sehe ich auf der Rückfahrt das radelnde Paar wieder, die gerade erst Sinarades verlassen haben. Womöglich haben die sich die ganze Zeit den Ort angesehen oder sind eingekehrt oder beides?
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Pelekas |
Ich bin so ein bisschen desillusioniert und fahre nun doch in Richtung Korfu-Stadt, um in der Gegend der Mäuseinsel raus zu kommen. Da kann man dann das ultimative Foto produzieren, für den Fall, dass man später dort nicht mehr hin kommt. Die Lagune, in die man die Start- und Landebahn des Flughafens hinein gebaut hat, ist durch einen Damm vom Meer getrennt. Über diesen Damm kann man hinüber zur Halbinsel Kanoni turnen und dann soviel Fotos verschiessen, wie man lustig ist. Ich fahre danach zügig zurück und mache noch einen Halt in Benitses um weitere Fotos nach zu holen, ein paar Äpfel zu fassen sowie offenen Rotwein in 1.5 L Flaschen abfüllen zu lassen. Gegen 15 Uhr bin ich mit schwerem Rucksack wieder zurück, da kommt meine liebe Familie doch gerade aus der Kneipe - oder besser: Taverne?
Sie sind ganz begeistert von dem Lokal, vielleicht ergibt sich ja noch eine andere Gelegenheit, da näher darauf ein zu gehen. Ich schmeisse mich jedenfalls ins Meer und wasche mir danach das viele Salz von der Haut. Gegen 17 Uhr bin soweit wieder hergestellt, dass ich noch eine weitere Erkundung starten kann, das Rad muss erst bis 19 Uhr zurück gegeben werden. Wie geht es hinter Messongi weiter? Das will ich nun herausfinden. 10 Minuten braucht man mit dem Rad bis zu der Stelle, wo man mit dem Bus schon war. Da hinter kommt eine touristische Geschäftsstrasse, wo schon die vielen Motorroller-Verleiher keine rechte Idylle aufkommen lassen.
Wenig weiter kann man von dieser Strasse Richtung Küste abbiegen und sogleich geht es ruhiger zu. Die Strasse entwickelt sich nun direkt zu einer "Traumstrasse", kaum Verkehr, direkt am Wasser, traumhafte Ausblicke. So fahre ich dahin und es könnte immer so weiter gehen. Der Zeiger der Uhr aber ist unerbittlich, und als ich dann gerade eine Anhöhe erklommen habe, kehre ich auf freier Strecke um. Kurz nach 18 Uhr bin ich wieder beim Verleih und gebe das Rad zurück: "No problems" obwohl das Rad eine Schlurre ist und mir Arme und Rücken schmerzen. Damit ist das erste Fahrradabenteuer abgeschlossen, so restlos begeistert bin ich nicht.
Samstag, Sonntag
Unsere Unternehmungen werden nun etwas bescheidener, heute wollen wir nur nach Benitses zum Einkaufen, die Babynahrung ist alle. Den Weg kennen wir nun schon – Gänsemarsch und so. Einziges Erlebnis: ein paar Strassenarbeiter sind damit beschäftigt, die in die Strasse hinein ragenden Baumzweige zu stutzen. Zwei der Arbeiter haben einen ausgewachsenen Streit miteinander, ein dritter kann sie nur mühsam daran hindern, aufeinander los zu gehen. Wir machen, dass wir da vorbei kommen.
Römisches Bad |
Auf dem Rückweg gehe ich mit der Kinderkarre schon vor, weil die Damen noch mit wichtigen Einkäufen beschäftigt sind. Bei den Bauarbeitern steht gerade ein Krankenwagen. Bevor wir dort sind, fährt dieser los, einer der Arbeiter sitzt drin. Mehr kann ich leider nicht berichten, man kann nur der Phantasie freien Lauf lassen, in welcher Form und mit welchen Folgen da womöglich eine Auseinandersetzung ihr Ende gefunden haben mag.
Am Nachmittag versammeln wir uns für einen Kaffee und Kuchen in der "Taverne Aristidis" an der gegenüberliegenden Strassenseite. Die Taverne wird von drei Brüdern geführt, zwei davon Zwillinge, der dritte die Stimmungskanone. Der eine der Zwilling spricht perfekt Deutsch, seine Frau stammt aus Deutschland. Da bekommen wir eine ganze Menge über Land und Leute erzählt. Z.B dass in den Sommernächten niemand zur Ruhe komme, weil wegen der Hitze keiner schlafen könne. Wenig später stösst noch ein merkwürdig beflissener Holländer hinzu, der hat sich heute beim Arzt durchchecken lassen, wie er erzählt, anschliessend anscheinend aber zum Ausgleich etwas für seine innere Ausgeglichenheit getan, was er nicht erzählt. Er tanzt mit Joni in der Gegend herum, was wir mit scheelem Blick verfolgen. Endlich ruft ihn sein Handy zu ernsthafteren Dingen.
Am heutigen Tag sind viele abgereist und dafür neue Bleichgesichter (Arbeitsausdruck: Frischfleisch) angekommen. Ein junges Pärchen fragt uns direkt, wie denn das Essen sei. Wir geben soweit Auskunft und verraten dann den Trick mit dem Zimmertausch. Wenig später verkünden die beiden strahlend, dass sie nun auch nicht mehr zur Strasse raus sondern mit Meerblick wohnen würden. Wir bekommen auch neue Zimmernachbarn, ein amerikanisches Ehepaar. Die geben sich recht verschlossen und sitzen meistens auf der Terrasse des Strandcafes bei einem Gin Fizz. Als ich an einem Abend auf unserer Terrasse gerade den Wein nachschenke, tönt auf einmal eine Frauenstimme: "May I have a wine in here?" und ich zucke zusammen. Ich war aber nicht gemeint.
Sonst ist an diesem Samstag wohl nicht mehr passiert, und wir machen am Sonntag weiter. Da passiert allerdings auch nicht allzu viel. Das heisst doch. Um nicht ganz untätig zu sein, machen wir nach dem Frühstück einen kleinen Spaziergang, obwohl es schon recht heiss ist. Man kann in der Nähe des Bike-Verleihs eine schräge Strasse hinaufgehen, die durch eine interessante Landschaft führt (Olivenhaine), aber auch an einigen vollbehängten Zitronenbäumen vorbei. Plötzlich treffen wir die beiden "Brüder", die waren mit uns angekommen und wir haben uns erst über sie amüsiert. Als wir nun ins Gespräch kommen, stellen wir fest, dass der eine der beiden wohl behindert ist, und dann bereut man natürlich alles. Wir erfahren, dass der Weg noch ein wenig weiter hinauf geht, bis ein Anwesen mit einem frei laufenden Hund kommt. Wenn man da vorbei sei, komme man hinten bei unserem Kaufmannsladen wieder raus.
Daraus wird nichts. Als der frei laufende Hund auftaucht, springt Heidi beinahe in die Kinderkarre, wo Jonathan den Hund mit lautem "DahDah!" begrüsst. Der Hund ist auch ganz lieb, nur bellen tut er eben. Heidi krallt sich mal bei mir, mal bei Verena fest, bis ein junger Mann erscheint und den Hund zurück holt. Wir gehen auf dem gleiche Weg zurück, während Heidi ihren Kreislauf wieder herunter fährt, übermannt Jonathan dagegen prompt der Schlaf. Das ist ganz praktisch, denn während die Kinderkarre in einer schattigen Laube steht, kann Verena auch einmal im Meer oder im Pool baden, was ansonsten um keinen Preis gelitten wird.
Vielleicht kann man noch ein paar Worte über Jonathans jeweilige Abendvorstellung verlieren. Er hat nach einiger Zeit entdeckt, dass unter seinem Kindersitz sich ein Töpfchen befindet, so dass theoretisch bei gleichzeitigem Essen und Ausscheiden ein reger Stoffwechsel praktizierbar wäre. Wenn Joni mit dem Essen fertig ist und brav war, darf er auch schon mal aus dem Sitz heraus, herum wackeln und zum Ergötzen von Gästen und Personal allerlei Faxen machen. Der Koch leiht ihm seine Mütze, der Ober sein Fummelkettchen, der Barkeeper verteilt ein Küsschen usw. Nur wenn Jonathan mit behendem Griff das Töpfchen unter seinem Sitz aushebt und runter schmeisst, dass es laut polternd in Richtung warmes Buffet rollt, müssen wir eingreifen.
Eine besondere Vorstellung gibt er eines Abends, als ihm ein älterer Herr seinen Krückstock überlässt. Joni hat sofort entdeckt, dass es sich um eine famose Gehhilfe handelt, und wandelt sogleich zwischen den Polstermöbeln der Eingangshalle herum. Weil seine Körpergrösse aber die der Sitzmöbel noch nicht überragt, sieht man meistens nur einen wandernden Krückstock herumwackeln, und alle halten sich die Bäuche vor Lachen. Der Höhepunkt ist erreicht, als Joni mit lautem Krachen mit dem Krückstock zusammenbricht, da ist das Geschrei gross.