Zurück zum Kapitel Index

So 15.5. Pont de Montvert - Vallon Pont d'Arc 90 km: Regen und Sonne

Wie schon einigemal beginnt auch dieser Tagesbericht mit dem treffenden Satz: "der Himmel ist grau verhangen". Fast hundertprozentig trifft zur Zeit die Regel zu: jeder zweite Tag ist schön. Heute ist wohl leider wieder ein erster und kein zweiter Tag. 300 m muss ich hinauf auf den Pass mit dem klangvollen Namen Col de la Croix de Berthel, 1088 m. Das ist kein Problem, langsam steigt die Strasse mit einem der Quellflüsse des Tarn hinauf.

Nach Passieren des Passes setzt Nieselregen ein. Bald muss ich mich dick einmummeln, Handschuhe wie im Winter, Mütze tief in's Gesicht und Anorakkragen hochgestellt, so geht es hinunter. Über 20 km Gefälle in einem schroffen Tal. Auch das strengt an, weil man immer sehr konzentriert fahren muss.

Dann stösst man auf die Strasse, die hinauf in die Cevennen führt, die hatte ich eingeplant. Eine ganze Weile stehe ich ratlos am Strassenrand. Es regnet so richtig drauf los, alle Berge sind in den Wolken verschwunden. Hoffnung auf Besserung an diesem Tage besteht eigentlich auch nicht. Einzige Entscheidung: hinab in die tiefer gelegenen Regionen, das geht über die Orte Besseges und St. Ambroix.


St. Ambroix
Tatsächlich hört der Regen bald auf, dann ist die Strasse trocken, hier hat es überhaupt nicht geregnet. Das glaubt man kaum und ist froh, die Regensachen wieder wegpacken zu können. In St. Ambroix finde ich ein Cafe, hier ist wieder viel Historisches zu bestaunen.

Ich umradle ein kleines mitten in der Stadt befindliches Bergmassiv, das ist von der obligatorischen Burgruine gekrönt.

In Sommerkleidung geht es weiter, mit kurzer Hose und natürlich dem neuen Hemd. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Trockenflächen wechseln mit Sumpfgelände in den Senken. Der Blick reicht weit über das Land, voraus schon die Berge der Ardeche. Meine Nebenstrasse erfüllt alle Erwartungen: rauf und runter, kein Verkehr, schöne Blumen links und rechts.


Mohn
Auch der Mohn, meine Lieblingsblume auf Radtouren (ausser Orchideen), beginnt die Wegränder und Felder rot einzufärben.

Schon lange vor Erreichen der Ardeche geht der Rummel wieder los. Campingplätze, Boots- und Fahrradverleih, Souvernirläden, Imbissbuden. Um 15.30 bin ich heute schon im Hotel in Vallon Pont d' Arc. Weiter kann ich nicht fahren, weil nun die Ardecheschlucht mit 40 km Länge beginnt. Da muss man ausgeruht am Morgen rangehen. Für heute bleibt Zeit für einen Mittags schlaf, das tut auch mal ganz gut.

Etwas matschig nach dem ungewohnten Schlummer mache ich mich auf, um einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Frankreichs die Aufwartung zu machen. Diese liegt 5 km vom Ort entfernt. Ich muss wieder auf das Fahrrad, und man glaubt es gar nicht, habe auf dieser Strecke ernsthafte Sitzprobleme. Damit bin ich wohl so beschäftigt, dass ich auf dem Weg zu der nämlichen Sehenswürdigkeit gar nicht merke, dass die Ardeche zur Rechten der Strasse plötzlich verschwunden ist. Dann biegt man um einen Felsvorsprung auf einen Parkplatz ein, wo sich schon die Leute drängen. Und da liegt er, der Pont d' Arc, wo die Ardeche sich ihre Bahn durch eine Felsbarriere gegraben hat.



Pont d' Arc
"Hent ihr den Torboge gsähe" fragt eine aufgeregte Motorradbeifahrerin ihre Mitstreiter. Die winken cool unter ihren Integralhelmen ab, kennen wir doch alles. "Die Campingplätz lieget elle an der Stross" philosophiert das Motorradgirl weiter. Ich mache mein Foto und fahre dann noch auf die andere Seite des "Torbogens", wo seltsamerweise wieder ein Baum die schönste Ansicht auf den Pont d' Arc verstellt. Sehr unaufmerksam von der Kurverwaltung!

Ich verbringe den Abend in einem netten Pizzalokal, Pizza fruits de mer war es wohl wieder.

Nachtrag:
Ein halbes Jahr später wird genau hier in der Gegend eine der aufregendsten Entdeckungen dieses Jahrhunderts (nach Ötzi) gemacht werden. Unter einer Geröllhalde findet man ein Höhlensystem, daß Jahrtausende nicht betreten wurde und dessen Wände voll mit 30 Tausend (!) Jahre alten Malereien sind. Hätte man das an diesem Tag nicht gleich miterledigen können...?

Nächster Tag