Nach Passieren des Passes setzt Nieselregen ein. Bald muss ich mich dick einmummeln, Handschuhe wie im Winter, Mütze tief in's Gesicht und Anorakkragen hochgestellt, so geht es hinunter. Über 20 km Gefälle in einem schroffen Tal. Auch das strengt an, weil man immer sehr konzentriert fahren muss.
Dann stösst man auf die Strasse, die hinauf in die Cevennen führt, die hatte ich eingeplant. Eine ganze Weile stehe ich ratlos am Strassenrand. Es regnet so richtig drauf los, alle Berge sind in den Wolken verschwunden. Hoffnung auf Besserung an diesem Tage besteht eigentlich auch nicht. Einzige Entscheidung: hinab in die tiefer gelegenen Regionen, das geht über die Orte Besseges und St. Ambroix.
St. Ambroix |
Ich umradle ein kleines mitten in der Stadt befindliches Bergmassiv, das ist von der obligatorischen Burgruine gekrönt.
In Sommerkleidung geht es weiter, mit kurzer Hose und natürlich dem neuen Hemd. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Trockenflächen wechseln mit Sumpfgelände in den Senken. Der Blick reicht weit über das Land, voraus schon die Berge der Ardeche. Meine Nebenstrasse erfüllt alle Erwartungen: rauf und runter, kein Verkehr, schöne Blumen links und rechts.
Mohn |
Schon lange vor Erreichen der Ardeche geht der Rummel wieder los. Campingplätze, Boots- und Fahrradverleih, Souvernirläden, Imbissbuden. Um 15.30 bin ich heute schon im Hotel in Vallon Pont d' Arc. Weiter kann ich nicht fahren, weil nun die Ardecheschlucht mit 40 km Länge beginnt. Da muss man ausgeruht am Morgen rangehen. Für heute bleibt Zeit für einen Mittags schlaf, das tut auch mal ganz gut.
Etwas matschig nach dem ungewohnten Schlummer mache ich mich auf, um einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Frankreichs die Aufwartung zu machen. Diese liegt 5 km vom Ort entfernt. Ich muss wieder auf das Fahrrad, und man glaubt es gar nicht, habe auf dieser Strecke ernsthafte Sitzprobleme. Damit bin ich wohl so beschäftigt, dass ich auf dem Weg zu der nämlichen Sehenswürdigkeit gar nicht merke, dass die Ardeche zur Rechten der Strasse plötzlich verschwunden ist. Dann biegt man um einen Felsvorsprung auf einen Parkplatz ein, wo sich schon die Leute drängen. Und da liegt er, der Pont d' Arc, wo die Ardeche sich ihre Bahn durch eine Felsbarriere gegraben hat.
Ich verbringe den Abend in einem netten Pizzalokal, Pizza fruits de mer war es wohl wieder.
Nachtrag:
Ein halbes Jahr später wird genau hier in der Gegend eine der
aufregendsten Entdeckungen dieses Jahrhunderts (nach Ötzi)
gemacht werden. Unter einer Geröllhalde findet man ein
Höhlensystem,
daß Jahrtausende nicht betreten wurde und
dessen Wände voll mit 30 Tausend (!) Jahre alten Malereien sind.
Hätte man das an diesem Tag nicht gleich miterledigen können...?