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So 1.5. Onzain - Chinon 127 km: Abflüge


Flohmarkt
Gleich im ersten Ort wird unsere Fahrt durch einen riesigen Flohmarkt verzögert.
Autos kommen hier heute gar nicht durch, in allen Strassen sind Verkaufsstände aufgebaut. Einen ganzen Tag könnte man hier verbringen, wenn man genügend Geld und Stauraum im Gepäck hätte. So belassen wir es beim Bewundern des vielfältigen Angebots und schwingen uns am Ortsausgang wieder in die Sättel.

Vor Amboise fahren wir im Takt mit einer Rennfahrergruppe, die sich allerdings mit einem gemächliches Tempo begnügt. Thomas zeigt ihnen, was eine Harke ist, und übernimmt die Führung. In Amboise aber muss er erstmal eine Apotheke aufsuchen, um eine Bindehautreizung mit Augentropfen behandeln zu lassen. Er schwärmt von der netten Apothekerin.

Für die Weiterfahrt kaufen wir einen Satz Michelinkarten ein, dann geht es weiter Richtung Schloss Chenonceau. Dort herrscht ein grosser Trubel, wohl weil heute Sonntag ist. So ganz können wir uns aus aller Kultur schliesslich nicht heraushalten, so entrichten wir zähneknirschend jeder umgerechnet DM 9.- Eintritt, um überhaupt des Schlosses ansichtig zu werden.

Die Besichtigung des Schlosses ist allerdings ein Erlebnis und ihr Geld wert. Man wandelt durch die prunkvollen Räume, ein Handzettel, auch in deutsch erhältlich, erläutert die Merkwürdigkeiten.


Chenonceau

Eine Besonderheit ist eine über den Fluss Cher gebaute Wandelhalle, durch die man das andere Ufer erreicht. Eine Gruppe jauchzender Schwimmer in Neoprenanzügen wälzt sich unter dem Schloss hindurch. Schliesslich bewundern wir noch ein berühmtes Portrait von Ludwig XIV. sowie die Küchen- und Kellerräume des Schlosses. Kulturgeschwängert begeben wir uns blinzelnd zurück in die Sonne und zu unseren Rädern.

Bei der Weiterfahrt ergeben sich erstmals einige ernstere Differenzen. Wartezeiten beim Umkleiden und damit verbundenes Vorauseilen einzelner Teilnehmer unserer Gruppe erregen den Unmut der anderen Beteiligten. Rainer muss einmal nach Bezwingen einer Anhöhe an die zwei Kilometer zurückfahren, weil er an der geplanten Abzweigung vorbeigefahren ist. Mit einem Kaffee wird der Unmut halbwegs runtergespült.

Noch ein weiteres Schloss steht auf dem Programm: Azay le Rideau. Dazu fahren wir südlich von Tours am Fluss Indre entlang. In Veigne übt ein Wildwasserfahrer im Schwall eines Wehres, dem gucken wir eine Weile zu. Als er merkt, dass er beobachtet wird, wirft er sogar sein Paddel weg und meistert das Ganze mit den blossen Händen.

Die weiterführende Strasse nach Montpazon ist wegen Bauarbeiten gesperrt, da fragen wir ein paar Spaziergänger, ob wir mit dem Fahrrad da durch können. Das ginge, heisst es. Beim Anfahren komme ich kurz aus dem Gleichgewicht, durch den im Pedalkorb fixierten Fuss kann ich nicht ausbalancieren und falle aus dem Stand wie mit der Axt gefällt zu Füssen der Spaziergänger danieder. "Kommen aus Deutschland mit grossem Gepäck und können nicht mal richtig radfahren" mögen die wohl denken. Schleunigst verschwinden wir um die nächste Kurve.


Montpazon
In Montpazon sind die Strassen aufgerissen, deswegen die Sperrung. Mit den Rädern schieben wir leicht hindurch. Bei Ripault passieren wir ein Industriegelände, da werden wohl irgendwelche Atomforschungen betrieben. Alles ist militärisch mit Stacheldraht und elektrisch geladenen Zäunen gesichert. Ein schlechtes Gewissen müssen die ja haben, wenn sie sich so verschanzen!

Durch das idyllische Tal des Indre erreichen wir Azay le Rideau, doch boshafterweise ist das Eingangstor heute geschlossen, das Schloss liegt weit hinten hinter Bäumen und bleibt unsichtbar. Damit nicht genug. In einem Restaurant am Marktplatz des Ortes geniessen wir mal richtig Kaffee und Kuchen. Nur als die Rechnung kommt, bleibt uns die Spucke weg. 30 Franc kostet ein Stück Kuchen, das sind 9 DM. Auf unseren Protest wird uns die Preisliste gezeigt, das hat tatsächlich seine unverschämte Richtigkeit. Wutschnaubend verlassen wir diese Stätte. Das verhüllte Schloss wird nur noch von seiner Rückseite fotografiert, nicht mal das ist was geworden.

Nach wenigen Kilometern erreicht man wieder die grünen Wiesenauen der Loire, auf einsamer Strasse kann man auf dem Deich entlangfahren. Die Strasse knickt schliesslich rechtwinklig ab und führt geradewegs auf das Schloss Rigny-Usse zu.


Rigny-Usse
Zwei Pappeln verstellen leider den optimalen Panoramablick. Vor dem Schloss steht ein Hubschrauber auf einer Wiese, von dort kann man - nicht ganz billig - Rundflüge unternehmen. Wie wir so den Hubschrauber anstaunen, spricht uns alsbald eine Dame an, die mit dem Hubschrauber oder dessen Piloten verheiratet zu sein scheint. Sie ist ehemalige Holländerin und kann deutsch. So können wir ausnahmsweise mal ein Gespräch über Land und Leute führen. Dieses Schloss wird alljährlich von einigen hunderttausend Besuchern aufgesucht. Was der Hubschrauber kostet, wieviele Flugstunden er jährlich absolviert und wie aufwendig die Wartung ist, all das erfahren wir auch noch.

Das genügt uns, wir machen uns an eine Bergstrecke hinauf in den Ort Huismes. Ein Hinweisschild auf einen Panoramablick erweckt unser Interesse. Rainer dreht auf der Dorfstrasse um, übersieht aber einen Bordstein. Nun ist es an ihm, sich langzulegen, ein paar Einheimische vor einer Bar lachen sich kaputt. Wieder entschwinden wir eilig in Richtung Panoramablick, steil hinauf. Dieser stellt sich nach einigem Suchen aber nicht ein. So fahren wir wieder hinab unter Umgehung des Dorfzentrums, um unseren feixenden Fans kein weiteres Schauspiel zu bieten.

Nun ist es nicht mehr weit bis Chinon, wo wir uns an einer Informationstafel über das Hotelangebot ins Bild setzen. Wir beschliessen, den Fluss (Vienne) zu queren, vielleicht ist es dort preiswerter. Im Hotel St. Jaques finden wir Quartier.

Das Abenddiner nehmen wir in dem vornehmen Restaurant Boulle dore (Goldener Ball) ein. Anschliessend warten wir den Zapfenstreich in einer zünftigen Bar bei ein/zwei Bier ab.

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