S. Jean de-Luz |
Das Wetter ist nach dem schönen Vortag wider Erwarten umgeschlagen. Der Morgen ist grau, und wir rollen durch dichten Verkehr auf der Nationalstrasse nach S. Jean de-Luz. Diese Hafenstadt ist weit romantischer als das mondäne Biarritz. Im Hafen liegen die bunten Fischerboote, dahinter die Kulisse von holzverzierten Häusern. Eine Rundfahrt über die Strandpromenade erschliesst uns alle Seiten des Ortes, nur einen Besuch der bemerkenswerten barocken Kirche (Reiseführer) vergessen wir aus Versehen.
In der Markthalle besorgen wir uns jeder eine Tüte Langusten. Die knackt man wie die Krabben, doch weil sie grösser sind, hat man mehr Fleisch. Zwischen Fischernetzen auf einer Hafentreppe sitzend geniessen wir das ganz zünftig. Bis uns der Regen in ein Cafe vertreibt.
Dort nun dürfen wir zwei Stunden sitzen und trüben Sinnes durch die Fenster in den Dauerregen schauen. Thomas besorgt sich in einer Bäckerei gegenüber Kuchen und verzehrt ihn unauffällig aus der Tüte unter dem Tisch zum Kaffee. Nach einer Weile haben wir eine Zeche von DM 18 für vier Kaffee, so ein Regentag kann teuer werden.
Gegen 15 Uhr halten wir es nicht mehr aus und starten in Richtung der regenverhangenen Berge. Der Regen hat vorerst einmal aufgehört. Nur von den Pyrenäen, denen wir uns erwartungsvoll genähert haben, ist ausser grauen Schleiern nichts auszumachen.
Der Verkehr ist mässig, heute hat wohl keiner Lust auf Ausflugsfahrten. Der Regen setzt mal wieder ein, mal hört er wieder auf. So haben wir genug mit dem Auf- und Abrüsten der Regenklamotten zu tun. Bei einer Abfahrt - Thomas fährt vorne - flattert mir sein grüner Regenumhang von Wiglo- Wunderland für DM 3.50 entgegen. Thomas lobt meine soziale Einstellung, als ich ihm das Teil überreiche, er hätte den Verlust gar nicht bemerkt.
In einem Ort, wo wir uns vor dem Regen unterstellen, zieht ein Ehepaar mit vorne und hinten prall bepackten Rädern seines Weges. Ein Kinderanhänger hoppelt hinterher. Da möchte man nicht tauschen.
Wir leisten uns ein Missverständnis, indem ich, ohne dass Thomas es merkt, vorausfahre. Vorfahren tue ich immer gern, da Thomas mit seinem Rennrad etwas zügiger fährt. Diesmal schaue ich mich nach ein paar Kilometern immer häufiger um, kein Thomas in Sicht. Noch eine scharfe Steigung hoch, dann stelle ich mich unter, um zu warten. Nach Verzehr eines halben Baguette tut sich immer noch nichts.
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als zurückzufahren, um die Situation zu klären. Also die scharfe Steigung wieder runter, immer weiter zurück bis zu der Stelle, wo wir Rast gemacht haben. Da sitzt Thomas seelenruhig in der Bushaltestelle und harrt der Dinge. Da er nicht mitbekommen hatte, dass ich vorausgefahren war, hat er mich in dem Ort gesucht. Den Ärger stecken wir weg, durch strömenden Regen fahren wir die Reststrecke bis Cambo.
Im Hotel Bellevue kehren wir triefend vor Nässe ein. Man nimmt uns wie immer sehr freundlich auf, wir dürfen sogar die Räder durch das Hotel hinter das Haus in die Garage schieben. Danach geht es uns gut, die Heizungen sind angestellt, ein heisses Bad ist das Schönste, was man jetzt haben kann. Die Glieder wohlig ausgestreckt im warmen Zimmer, draussen hält der Himmel seine Schleusen weit geöffnet.
Wir finden uns in dem vornehmen Speisesaal ein. Thomas belässt es bei einer Fischsuppe. Ich genehmige mir aber ein Menue. Die Vorspeise besteht aus einem pechschwarzen Sud von Tintenfischen, da wird sogar mir blümerant. Das Hauptgericht ist auch undefinierbar, eine Spezialität der Gegend angeblich. Irgendein gefülltes Hohlgemüse, was weiss man.
Die ganze Nacht pladdert der Regen an die Fensterläden.