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Do 5.5. La Rochelle - Saintes - Morcenx 90/223 km: Rückzug und Eisenbahn


Markthalle in Rochefort
Eiskalt ist das Wetter geworden, ein typisches Atlantiktief hat zugeschlagen. Wir fahren 35 km bis Rochefort und sind durchgefroren. In der Markthalle wärmen wir uns auf und ergänzen die Vorräte. Was sonst so angeboten wird, ist nicht unser Fall: Schweine- und Hammelköpfe, blutrotes Pferdefleisch, gerupftes Federvieh mit Kopf und Klauen. Auch draussen auf der Strasse ist Markt, da lässt es sich gut bummeln - wenn es nur nicht so kalt wäre. Auf dem Platz im Zentrum finden wir ein gläsernes Restaurant. Zur Mittagszeit wollen wir nur einen Kaffee, was den Kellner irritiert. Hastig räumt er Essbestecke, Trinkgläser und Brotkorb beiseite.

Wir diskutieren über Fortsetzungsmöglichkeiten der Fahrt mit der Bahn. Nach Thomas' Aussage ist die weitere Route an der Atlantikküste nicht so interessant. Wir suchen den Bahnhof auf. Eine geeignete Zugverbindung in Richtung Süden gibt es nicht. Also fahren wir weiter ins Landesinnere in Richtung Saintes, wo man die zentrale Nord-Südverbindung erreicht.


Tonnay
In Tonnay passieren wir eine alte Hochbrücke über den Fluss namens Charente. Die Brücke ist für den Autoverkehr gesperrt, weil ihre Holzbohlen einen recht morschen Eindruck machen. Mit den Rädern kommen wir aber heil hinüber und geniessen die Aussicht über das grüne Land. Ein Stück weiter scheint ein Schiff durch die Wiesen zu gleiten.

Die Weiterfahrt über die Dörfer ist schön, der Wind steht günstiger.

Kirche mit Rakete
Einen Rastplatz wählen wir hinter einer Kirche, deren Turm einen eigenartigen raketenähnlichen Anbau besitzt.

Am Nachmittag kommen wir in Saintes an. Sofort begeben wir uns zum Bahnhof. Dort kann man uns einen Zug nach Bordeaux und von dort weiter nach Morcenx, tief in den Wäldern von Les Landes offerieren. Dort käme man gegen 22 Uhr an. Ob es ein Hotel gibt und ob man noch ein Quartier zu so nachtschlafender Zeit bekommt, das macht Thomas keine Sorgen, mir etwas mehr. Wir lösen die Fahrkarten, der Fahrradtransport ist kostenlos, das freut einen dann wieder.

Eine Stunde haben wir noch Zeit für eine Ortsbesichtigung. Zuerst werde ich aber magisch von zwei Fahrradgeschäften angezogen, wo die Fahrradtrikots aber alle zu poppig sind. Saintes hat eine sehr reizvolle Innenstadt, auch Reste römischer Kultur sind vorhanden, wie man den feilgehaltenen Postkarten entnehmen kann. Wir erholen uns in einem Strassencafe.


Saintes
Wenig später durchstreifen wir schauend die engen Gassen der Altstadt, als Thomas in Panik ausbricht, seine Lenkertasche mit den erheblichen Wert- und Barbeständen befindet sich nicht mehr in unserer Gesellschaft. Im Eiltempo zurück zum Cafe - Thomas rast hinein und kommt ganz cool mit seiner Tasche wieder heraus. Aufatmen!

Nun aber ab zum Bahnhof, wir entern unseren Zug und finden es toll, dass man extra Abteile für die Unterbringung der Fahrräder vorgesehen hat. Zwei Stunden gondeln wir bis Bordeaux, die Abendsonne scheint noch. Wieder haben wir eine Stunde Zeit. Thomas lotst uns stadteinwärts bis zu einem grossen Platz. Dort steht ein grosser Torbogen, mal im Reiseführer nachlesen, was es damit auf sich hat.

Heute sind wir ganz zünftig und verköstigen uns im Mac Donald's Restaurant. Da gibt es bekanntlich diverse Macs, wo einem beim Reinbeissen die Tomatensosse die Mundwinkel hinunter läuft. Beachtlich ist der Anfall an Wegwerfmaterial in einem Mac Donald's Restaurant. Alles ist verpackt, eingewickelt und auf Einweggebrauch eingerichtet. Grosse Müllbehälter sind für die Entsorgung aufgestellt. Der geplagte Familienvater einer fünfköpfigen Schar am Nebentisch muss zweimal gehen, bis er den Müllberg vom Tisch hat.

Nachdem wir die Atmosphäre dieses Platzes in Bordeaux in uns aufgenommen haben, fahren wir auf Einbahnstrassen, manchmal in verkehrter Richtung, zurück zum Bahnhof. Unser Zug wartet bereits, wir machen es uns für die restliche Etappe des Tages gemütlich. Bald geht es durch die endlosen Waldgebiete von Les Landes. Längs der Bahn versucht man, riesige Flächen mittels künstlicher Bewässerung für den landwirtschaftlichen Anbau zu kultivieren.

Darüber wird es dämmrig, wir erreichen Morcenx in dunkler Nacht. Der Bahnhofvorplatz ist eine aufgerissene Wüste. Wir fragen einen vor sich hin grinsenden Mann nach einem Hotel. "Hotel, Bar, a gouche, ferme" ist alles, was wir verstehen. Also links halten und dann ein geschlossenes Hotel vorfinden, das heisst das doch wohl.

So ist es dann auch, ein Hotel ist da, die Tür verschlossen. Aber innen ist Licht. Wir klopfen. Ein Mann kommt herangeschlurft und öffnet misstrauisch die Tür. Weil aber Hotelräuber selten mit bepackten Fahrrädern vorfahren, werden wir aufgenommen und beziehen glückstrahlend unser Zimmer. Selbst eine Dusche gibt es, die haben wir nötig. Nur die Spülung des WC arbeitet nach einer eigenartigen Technik, da hat man so seine Probleme, deren Einzelheiten wir hier nicht diskutieren wollen.

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