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Dienstag, 22.8. Obernberg - Oberndorf, 92 km

Der Morgen beginnt hier wie überall mit dem Anläuten des Tages um 6 Uhr in der Frühe. Danach wird uns ein eigenartiges Frühstück zuteil. Neben der üblichen Anzahl Brötchen, Butter und Marmelade muß man sich den Aufschnitt von einem Buffet holen und bezahlen! So kommen wir heute mal nicht zu Wurst und Käse. Eine Berliner Reisegruppe wuselt herum, die waren gestern in Wien, heute Salzkammergut und Salzburg. Unser Programm ist bescheidener.

Heidi spricht später vom schwarzen Dienstag. Da ist sie auch selber ihren Teil dran schuld. Es beginnt mit einem Platten, als wir gerade eine schöne Abfahrt herunterbrausen. Nach 10 Minuten ist aber der Schaden behoben. Dann fliegt mir ein Spatz gegen den Hals, das ist mir auch noch nie passiert. Es kommt aber keiner zu Schaden, denn beide Beteiligten fliegen vergnügt weiter.

Nach reizvoller Fahrt am Inn erreichen wir Braunau. Das ist wieder ein hübscher Ort, in einem Eduscho können wir einen Kaffee trinken. Wie die Stadt Braunau mit dem nun einmal hier geborenen "großen" Sohn umgeht - ändern kann man das nun nicht mehr - kriegen wir auch heraus. Vor dem Geburtshaus steht ein Mahnmal:

"...Nie wieder Faschismus, Millionen Tote mahnen".



Braunau am Inn
Da wir uns beim Verlassen der Stadt mal wieder dumm anstellen, muß ich die Räder eine steile Treppe zum Inn hinuntertragen. Es folgt eine sehr lange Geradeausstrecke immer auf dem Damm des Innufers. Dann muß man schon einen Berg hinauf, sonst kann man den "Inn - Salzach - Blick" nicht genießen. Ein anderes Ehepaar fährt auch noch vor, da meint die Frau: "Der Ausblick ist ja ganz undramatisch". Wahrscheinlich meint sie damit die ausstrahlende Ruhe.


Zusammenfluß von Inn und Salzach
Mit der ist es nun bei uns gleich vorbei. Wenig später kommt eine steile Abfahrt nach Überackern, dann muß man sogleich wieder hinauf nach Düttendorf, um dann gegenüber von Burghausen wieder auf Flußhöhe hinab zu brausen oder zu -bremsen. Wenn sie könnte, würde mir Heidi den Kopf abreißen. Dabei fühle ich mich heute ganz unschuldig, denn den Weg habe ich ja nicht so angelegt. Ich sei es aber, der unbedingt den Tauernradweg fahren wollte.

Daß wir hier mit Burghausen die wohl schönste Ortsansicht unserer ganzen Tour vor uns haben, entgeht uns bei diesem Palaver fast völlig. Ich hoffe, auf den Fotos dann etwas von der Schönheit des Ortes wiederzufinden.


Burghausen
Natürlich folgen weitere Steigungen, die nun unter Funkstille absolviert werden. Ich fahre in bewährter Weise wieder so einen halben Kilometer hinterdrein. So begibt es sich, daß wir uns auf dem Marktplatz von Tittmonig auf der deutschen Seite wiederfinden, wo wir gar nicht hin wollten. Da kann man sich wenigstens unter einen Sonnenschirm setzen und versuchen, Herr der Lage zu bleiben. Auf den Karten schaue ich schon mal nach den nächsten Bahnhöfen aus, hier gibt es gerade keinen.

Die Reststrecke an diesem Tag besteht aus mehr als 20 km Uferweg. Da gibt es keine Berge. Dadurch, daß die Blumen wild durcheinander blühen, ist die Strecke eigentlich ganz hübsch zu fahren. Es blühen Balsamine (Knöterich) in Rosa, Goldrauten, Glockenblumen, Blutweiderich, Ackerwinde und einige Schafgarbenarten, um nur einige zu nennen. Die Bäume verhüllen sich teilweise in Schlingpflanzen.

Flußidylle
In Oberndorf machen wir für heute Feierabend, näher an Salzburg lohnt es sich nicht wegen der sicher steigenden Quartierpreise. Noch ist ja auch nicht klar, wie wir eigentlich weiterfahren wollen. Wir bekommen ein Zimmer im Salzacher Hof. Zum Essen gehen wir über die Brücke und damit über die Grenze nach Laufen. Die Altstadt dort wirkt angenehm verschlafen. Wir inspizieren einen Antiquitätenladen, der richtig ramschig organisiert ist. Auch in die Kirche gehen wir wieder hinein.

Das mit den Kirchen und Schlössern ist eine zwiespältige Angelegenheit. Einmal stößt einen der Glanz und Prunk ungeheuer ab, wenn man bedenkt, auf wieviel Schweiß und Blut sich das alles aufbaut. Auch die grenzenlose Gottesverehrung, aus der heraus Kathedralen und Dome hoch wie Berge entstanden, ist nur schwer nachvollziehbar. Offensichtlich steckt hinter allem auch ein gezielter Machtanspruch der Institution Kirche, das kann man immer feststellen, wenn man sich die aushängenden Blättchen in den Kirchen genauer ansieht.

Auf der anderen Seite freut man sich über jedes Türmchen, das man auf dem Wege sieht. Meistens sind es die Kirchen, die ein Ortsbild prägen. Man denke sich nur mal die Kirchen aus den Orten weg. Kulturell sind sie also durch nichts zu ersetzen, ohne Schlösser, Kirchen und Kloster würde sicher kein Japaner oder Amerikaner seinen Camcorder surren lassen.

In Laufen tuen wir uns schwer, ein geeignetes Eßlokal zu finden. Schließlich ist es ein Pizza-Restaurant an einer verkehrsreichen Kreuzung, trotzdem umschwirren einen zahlreiche Fliegen beim Essen. Zurück in Oberndorf finden wir als einzige Bierquelle auch nur das Bahnhofsrestaurant, wo man zwar im Freien aber auch nicht gerade verkehrsberuhigt sitzt.

Soviel zum schwarzen Dienstag.

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