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Dienstag, Tuttlingen - Zwiefaltendorf 100 km

Heute ist der Himmel blank geputzt und ein Zuckerstück des Donauradweges liegt vor uns. Gleich hinter Tuttlingen passiert man den sehenswerten Ort Mühlheim. Für uns bleibt er nur lesenswert, denn er liegt auf einem Berg, und da habe ich heute nicht den Hauch einer Chance, Heidi zu einem Zugeständnis für einen Abstecher zu bewegen. Also bleibt uns nur die Rast an einer Waldecke, wo ich erstmal die lila Klingel montiere. Das alte Exemplar gab bei hoppeligen Wegen beständig ein Dauerklingeln von sich und das nervt. Wie wir so bei der Arbeit sind, überholt uns der Einzelmann, also ist der auch noch nicht weiter gekommen.

Zwischen Fridingen und Beuron schließt sich der landschaftlich schönste Abschnitt der deutschen Donau an (Reiseführer). Das erkennt man an den Felsen, die überall aus den Bäumen schauen. Außerdem wird das Tal eng und gewunden. Und zum letzten merkt man es an der wachsenden Zahl von Radlern, die mit oder ohne Gepäck ihres Weges ziehen.


Wo die Felsen aus den Bäumen schauen
Am Kloster Beuron fällt es schon schwer, das Fahrrad abstellen zu können. Heute ist der katholische Feiertag Mariä Himmelfahrt. In der Klosterkirche findet deshalb wohl gerade eine Messe statt. Man kann nur durch den Eingang hineinschauen, bleibender Eindruck: alles Barock.

Nun treffen wir auch das Pärchen von der Versickerung wieder, er lacht herüber, ich grinse etwas säuerlich zurück.

Neben einer Bahnlinie geht es in dem weiterhin malerischen Tal weiter. Ich habe mein Kartenmaterial falsch sortiert und stelle erst kurz vor Sigmaringen fest, daß ich zwei Blätter vertauscht habe. So habe ich wohl die Burgen oben - und damit unerreichbar - über dem Donautal immer ganz falsch benannt. In Sigmaringen kann man auf dem Parkplatz vom Kaufhof erstmal die Stadtkulisse bewundern. Oben thront das Schloß mit der Barockkirche St. Johannes.


Sigmaringen
Darunter ist ein Platz, wo sich anscheinend alle Radler von dem so schönen Streckenabschnitt erholen. Neben unseren Rädern hat ein Tandem mit Anhänger geparkt, da bleiben die Leute stehen. Unsere Räder trotz Heidis neuer lila Klingel finden dagegen keine Beachtung. Wir genießen eine Gulaschsuppe und hören den umlaufenden Gesprächen mit Woher und Wohin zu. Blau, Lauter, Altmühl - das sind die Stichworte.

In Sigmaringen Dorf springt mir beim Schalten die Kette ab. Während ich das in Ordnung bringe, überholt uns schon wieder der Einzelmann. In Scheer fahren wir eine kleine Abkürzung, da haben wir den Einzelmann fast schon wieder eingeholt. Der legt sich nun aber ins Zeug und wir sehen ihn bald weit voraus.

Das Tal ist nun wieder breiter. In Mengen begibt sich Heidi in ein Tengelmann-Geschäft und kommt mit zwei Bananen und einer Gurke wieder heraus. Die werden auf einer Bank vor dem Bahnhof verzehrt.

Wir haben nun wieder weites Land um uns, leider auch einen kräftigen Wind gegen uns. Eine französische Familie radelt immer in Sichtweite, da wird auch gekämpft. Wir machen bald wieder eine Rast an einer Wiese. Da gibt es ordentlich was zu sehen. Zwei Mädchen auf einem Trecker mähen das Gras. Der Bauer fährt mit einer Wendemaschine und legt die Grasschwaden in säuberliche Reihen. "Guten Appetit" ruft er uns im Vorbeifahren zu. Eigentlich heißt das ja "An Guade" aber vielleicht kann der kein Schwäbisch oder denkt, wir können keins. Und nun - und so war es wirklich - schwebt ein Storch heran und stolziert durch das frisch gemähte Gras. Damit nicht genug, ein Graureiher gesellt sich auch noch dazu, streicht aber wenig später frustriert wieder ab. Sofern wir das Kauen nicht vergessen haben, machen wir uns frisch gestärkt an die Weiterfahrt.

Es tauchen die Giebel von Riedlingen auf, zu einer Ortsbesichtigung nehmen wir uns nicht die Zeit. Der Weg wird wieder sehr schön, im Zickzack auf asphaltierten Wegen durch die Wiesen. An einer Stelle wird die Donau auf einer Eisenbahnbrücke überquert. Da sieht man durch die Gitterroste die Baumwipfel unter seinen Füßen. Heidi will davon nichts wissen, sie fängt sonst an zu schlingern. Bemerkenswert ist dann noch eine Bahnunterführung, die wegen der niedrigen Durchfahrt eine gute Skalpiermaschine abgeben könnte.


Riedlingen und Zwiefaltendorf
Wir stehen nun mit einer glatten 100 auf dem Tacho vor einer Wirtschaft in Zwiefaltendorf. Eigentlich wollten wir bis Rechtenstein, aber fragen kann man hier ja auch schon mal. In der Wirtsstube ist ein Betrieb wie in einem Bienenstock. Die Bedienungen rasen mit roten Köpfen hin und her. Ich will schon wieder rausgehen, da sieht mich der Wirt fragend an. Ich kann mich in dem Lärm kaum verständlich machen, fast kommentarlos kriege ich einen Schlüssel für das Gästehaus nebenan in die Hand gedrückt.

Wir finden ein riesiges Zimmer vor. Zum Fenster schaut der Kirchturm herein. Den zugehörigen Glockenschlag testen wir gleich aus, er ist aber gemäßigt und läßt sich ertragen. Nun schaue ich erstmal in den Radführer, wo wir da gelandet sind. Ich zitiere wieder:

... bietet sich der Braugasthof "Rössle" an.

Nicht nur des kühlen Bieres und der deftigen Brotzeit wegen, lohnt es sich, dieses Haus aufzusuchen, sondern auch wegen der eindrucksvollen Tropfsteinhöhle, die sich unter dem Gebäude verbirgt."

Da werde ich ja ganz kribbelig.

Vor dem Abendessen statten wir noch Kirche und Friedhof einen Besuch ab. Die Kirche ist frisch renoviert, das ist nicht so romantisch. Am Friedhof scheint ein Steinmetz gut zu verdienen, gewaltige Grabsteine wetteifern miteinander, wer der Größte ist.

In der Gaststube ist immer noch ein Gewimmel. Wir bekommen gerade so einen Platz, zusammen mit einer schwäbischen Familie. Die bestätigen uns, daß dieses Lokal ein Geheimtip sei. Dabei ist mein Essen gar nicht so gut, ein ziemlich faseriger Schweinebraten. Heidis Holzfällersteak ist besser. Ihr mißfallen nun wieder die Spätzle, die für mich als "Neigschmeckter" durchaus dazu gehören. Mit der Höhle, da kann man in diesem Trubel natürlich nichts erreichen, aber morgen ist auch noch ein Tag.

Heidi ruft nochmal zu Hause an, ob Annika uns ein Quartier im Moevenpick in Ulm besorgt hat, wir würden Mitarbeiterrabatt bekommen.

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