Wir nehmen Abschied von unserem schönen Quartier in Klosterneuburg und fahren nun wieder auf dem Fahrrad auf einem schönen Weg entlang der Donau nach Wien hinein. Ich muß zuerst die Visa abholen, die eine ganze Stange Geld gekostet haben. Dann schlagen wir uns zu dem Hundertwasserhaus durch, das ja einen recht skurilen Eindruck macht. Die Tatsache, daß das Haus ständig von Touristen umlagert wird, beweist, wie trostlos die übrige heutige Baukunst sich darbietet. Wie sonst ist zu erklären, daß ein etwas ausgefalleneres Gebäude eine solche Anziehungskraft ausübt. Hätte man mehr davon, müßten nicht alle nach Wien kommen.
Das Hundertwasserhaus |
Zuerst lernen wir an einem Gemüsestand an der Straße zwei Marktfrauen kennen, eine heißt Mizzi, ist 85 Jahre alt und kommt vom Semmering. Warum wir nicht dorthin fahren, da sei es viel schöner als in Ungarn. Dieser Spruch hat sich bei mir wohl irgendwie festgesetzt (s. ein Jahr später).
Unsere Taschen sind nun gut gefüllt mit Pfirsichen und Birnen und wir sind wieder auf der Tour. Hier gibt es einen wunderschönen Radwanderweg zwischen Neusiedler See und Leitha Gebirge, man kommt durch die Orte Breitenbrunn, Purbach und Rust, dem Storchenort.
Neusiedler See bei Rust |
Unser Ziel ist aber die andere Richtung, eine langgezogene Steigung führt uns hinauf zum ungarischen Grenzübergang. Nun beginnt es doch ein wenig zu prickeln vor Abenteuer, schließlich machen wir die Fahrt in ein Land des Ostblocks zum ersten Mal, und das mit dem Fahrrad. Umso mutiger also, daß wir vor der Grenze noch verbotenerweise das überschüssige Bargeld in ungarische Währung umtauschen, Verena muß das Geld unauffällig verstecken. Als wir vor den Grenzbeamten stehen, macht Heidi vor Aufregung schmerzhafte Bekanntschaft mit den zähnebewehrten Pedalen ihres Mountainbikes. Um jeglichen Verdacht abzuwenden, daß wir bereits ungarische Währung bei uns haben, frage ich nach einer Möglichkeit, Geld zu wechseln. Anscheinend haben die Zollbeamten es eiliger als wir, denn mit einem harrschen "Nix wechseln,...Sopron!!" werden wir über die Grenze expediert.
Zum einen sind wir froh, das nun hinter uns zu haben, zum anderen empfinden wir die Fremdheit des neuen Landes, die Sprache ist fremd, was wird uns hier erwarten. Dieses Gefühl kennt man weniger, wenn man mit dem Auto fährt oder ein fest geplantes Programm abspult. In der Abendsonne fahren wir nun wieder flott bergab, bis Sopron sind es nur ein paar Kilometer. Auf einem Platz versammeln wir uns erstmal und halten zaghaft nach einem Quartier Ausschau. Leute zu fragen hat gar keinen Zweck, da kann keiner Deutsch. Kein Hotel, Pension oder gar Privatquartier ist in Sicht. Etwas bedrückt zockeln wir die eine Hauptstraße entlang, die zum Großteil unverständlichen Aufschriften auf Häusern und Schildern studierend. Irgendwo kommen wir an ein Restaurant, wo einigermaßen etwas los ist. Ich gehe dort hinein, um nochmal nach einem Hotel zu fragen. Zum Glück kann man mir einen Weg erklären. Es geht nur um zwei Ecken, schon stehen wir vor einem sehr gut ausgestatteten ***-Hotel mitten in Sopron. Wie sich später herausstellt, ist es wirklich das einzige. Der Preis für die Übernachtung ist für unsere Verhältnisse zivil, ein Hotel in Deutschland wäre in der Lage mindestens doppelt so teuer.
Das Zimmer ist urgemütlich mit schrägen Wänden, der Duschtrakt sehr geräumig wie in einer Turnhalle. Da wir zwei Nächte bleiben wollen, bietet man uns einen Wechsel in ein vornehmeres Zimmer für die nächste Nacht an. Das könnnen wir gar nicht verstehen, schöner kann man es doch gar nicht haben.
Nach dem üblichen Frisch- und Feinmachen gehen wir gleich unten im Hotel vornehm essen. Hat man zwar vorher gehört, daß Ungarn für uns ein billiges Land ist, so staunt man doch, wenn man nach gutem Mahl und Getränk (z.B. Pilsener Urquell) einen Imbißbudenpreis zu zahlen hat. Zum Auslüften schlendern wir noch durch das nächtliche Sopron, das ist einigermaßen romantisch. Auf dem Rückweg geraten wir in einem Bierkeller noch mit einem Ehepaar zusammen, die mit dem Auto in Ungarn unterwegs sind.