Zurück zum Kapitel Index

Montag, 18.7. Sopron - Janoshaza 110 km

Nun geht es in das ungarische Hinterland. Das bietet landschaftlich allerdings nicht allzuviele Sensationen, ähnelt vielmehr stark manchen Gebieten in Norddeutschland. Ein paar Storchennester sind in den Orten südlich des Neusiedler Sees zu bewundern. Wir kommen nach Fertöd, dort steht ein schönes Schloß der Esterhazy - Fürsten. Leider ist heute am Montag der Besichtigungsbetrieb eingestellt. Das bedauert auch die kanadische Familie, die extra diesen Weg von Sopron heraus gemacht hat. Bevor wir weiterfahren, bekommt Verena ein Ahornblatt als Anstecknadel geschenkt.

Esterhazy - Schloß
Es geht weiter über Kapuvar, Beled nach Celldömölk. Die Landschaft ist landwirtschaftlich stark genutzt, riesige Gurken-, Sonnenblumen-, Mais- und Mohnfelder liegen am Weg und bieten dem Vorbeifahrenden ein wenig kulinarische Abwechslung. Einkaufen kann man überall gut, meistens gibt es etwas auf die Faust: Wurst, Brot, Schokolade. In Celldömölk wollen wir ein Quartier suchen, es ist ein größerer Ort und liegt etwa auf halber Strecke bis zum Plattensee. Aber das wird ein Reinfall, hier ist kein Hotel oder dgl., gar nichts. Zudem ist es hier noch schwerer sich zu verständigen als in der Nähe der Grenze.

Wieder kommen wir so halb in Panik. Ich fahre erstmal durch den Ort und wieder zurück. Wo man fragt, wird nur auf einen 25 km entfernten Campingplatz verwiesen. Davon wollen meine Damen nichts wissen, nun soll es unbedingt gleich zum Plattensee gehen, notfalls mit der Bahn oder mit dem Bus. Die Bahnverbindung ist unmöglich, das können wir uns aus dem Kopf schlagen, außerdem müssen die Räder als Gepäck aufgegeben werden, wer weiß, wann die dann ankommen.

Ein Busfahrer auf dem Bahnhofsvorplatz bietet an, uns nach Szombately mitzunehmen, dort soll ein Hotel sein. Dazu müssen wir das Gepäck abladen. Der Bus fährt aber erst in einer Stunde, da können wir noch ein bißchen beraten. Wie kommt man von Szombately zum Plattensee - das sind auch an die 100 km, wohingegen besagter Campingplatz die ganze Sache auf unter 50 km reduzieren würde. Das gibt den Ausschlag. Wir müssen zwar das soeben abgeladene Gepäck wieder aufladen, aber darin haben wir schon Übung. Wozu haben wir ein Zelt dabei, das muß ja mal genutzt werden.

So machen wir uns an die vor uns liegenden 25 km. Ich hoffe ja immer noch, unterwegs in irgendeinem Ort eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Aber meistens verursacht man nur einen Menschenauflauf, wenn man auf der Straße jemanden fragt, und immer heißt es dann: "Camping... 20 km". So langsam bekommen wir doch etwas Manschetten, denn hinter uns zieht ein ordentliches Unwetter auf.

Zum Glück erreichen wir noch vor dem Regen den Platz oder was sich dafür hält. Auf dem Platz steht kein einziges Zelt, nur ein Wohnwagen aus Belgien steht herum. Eine Art Wegschänke befindet sich hier, wo die vorbeirauschenden Autofahrer eine Rast einlegen können. Ich gehe in das Restaurant um uns anzumelden. Es vergeht eine Weile, bis die zuständige Person gefunden werden kann, mir wird bedeutet "Bitte nehmen Sie Platz". Wenn ich auf andere Leute angewiesen bin, bin ich immer sehr gehorsam, schaue mich also nach einer Sitzgelegenheit um. Bevor ich mich zu sehr lächerlich mache, schießt es mir durch den Kopf, daß damit wohl der Zeltplatz gemeint sei, daher bedanke ich mich smart und verziehe mich zu den Meinen.

Nun suchen wir einen Platz unter einem kleinen Bäumchen aus. Der gesamte Zeltplatz ist allerdings, eingeschlossen der sanitären Anlagen, fest im Besitz einer Schafherde. Das hat auch Spuren hinterlassen. Angesichts des immer noch heraufziehenden Unwetters beeilen wir uns, das Zelt aufzustellen. Jetzt wird herbe Kritik laut, denn ich habe das Überzelt nicht eingepackt. Das Innenzelt ist kaum als Sichtschutz, schon gar nicht für den nun losbrechenden Regen geeignet.

Aber es findet sich immer wieder eine Lösung, so auch jetzt. Hier muß vor nicht allzu langer Zeit ein Fest stattgefunden haben, es ist jedenfalls noch eine riesige Plane aufgespannt, stellenweise hängen Wasserbeulen tief herunter. Eine dieser Beulen suchen wir uns nun aus, um uns darunter häuslich einzurichten. Um es vorweg zu nehmen, die Beule hat sich während unserer Anwesenheit nicht über uns ausgeschüttet, auch wenn Heidi das wohl in jeder Sekunde befürchtet hat. Während der Regen nun losprasselt, sind Räder und Gepäck trocken abgestellt und wir können in aller Ruhe unser Netzhemd-Zelt aufbauen. Wenig später stellt sich heraus, daß man in dem Lokal recht gut essen kann, da gehen wir dann zufrieden bei Dauerregen in unsere Behausung.

Zweimal gibt es in der Nacht noch Aufregung: einmal wecken uns in unheimlicher Weise herumrangierende Autos auf dem Zeltplatz und am Morgen das Geblöke der Schafe direkt neben unserem Zelt. Heidi versucht, mit Gegengeblöke für Ruhe zu sorgen, erschreckt aber eher uns zwei andere friedlich Schlummernden.

Nächster Tag