Nun nehmen wir Abschied, Istvan drückt uns zwei riesige Mettwürste in die Hand. Wir mögen die gar nicht annehmen, aber beleidigen können wir ihn auch nicht. Also wieder schwereres Gepäck. Wir winken, Istvan winkt, und dann wischt er sich, wir können es kaum glauben, die Augen. Die Gastfreundschaft von Istvan und Irma wird eine der schönsten Erinnerungen aller unserer Radtouren bleiben.
Wir zockeln behängt mit unseren Taschen zum Bahnhof. Während wir auf den Zug warten, können wir die Schwalben beobachten, die hier in hunderten von Nestern nisten. Dann führt der Bummelzug um die Westspitze des Balaton herum. In Boglarelle müssen wir umsteigen in einen Expreßzug nach Budapest. Wir geraten in ein Abteil zusammen mit zwei Algeriern und einem ungarischen Ehepaar.
Als der Schaffner kommt, wird nach Studium unserer Fahrkarten wieder ein Problem eröffnet: wir haben keine Platzkarten. Immerhin läßt sich das nachholen und wenig später zahlen wir ein paar Münzen nach. Dafür sitzen wir jetzt zusammengepfercht zu siebt im Abteil, die Algerier und die Ungarn haben zudem noch die gleichen Sitznummern. Alle Nachbarabteile sind dagegen leer.
Wir schauen uns die ungarische Landschaft nun von der Bahn aus an, solange wir am Balaton entlangfahren, ist das auch noch sehr reizvoll. Näher an Budapest sieht es dann wieder ähnlich wie bei uns aus. Am Spätnachmittag kommen wir in Budapest an, wir müssen zur Weiterfahrt aber zu einem anderen Bahnhof wechseln. Es gelingt mir, bei einem Aufsichtsbeamten die benötigte Information zu erhalten, man muß zu einem anderen Bahnhof. Wir fahren mit dem Taxi durch den dichten Feierabendverkehr. Von Budapest sehen wir auf diese Weise natürlich fast nichts, wir sind aber immer noch von dem Trubel einer Großstadt entwöhnt und bedauern das gar nicht so sehr.
Wir erreichen unseren Zug nach Györ und atmen auf, daß wir nun Richtung Grenze fahren. Wir beschließen, in Györ ein Quartier zu suchen, weil das ein größerer Ort ist. Zwei Stationen vor dieser Stadt steigt eine Bande wilder und trinkfreudiger russischer Besatzungssoldaten ein, da herrscht ein Mordsgeschrei in unserem Abteil und wir fühlen uns recht unwohl. Schnell haben sie ein Auge auf unsere nicht gerade unhübsche Tochter geworfen, die das sogar prima findet und zurück lächelt. In Györ steigen wir alle gemeinsam aus, wir vermeiden so gut es geht jede Auffälligkeit. Auf dem Bahnhofsvorplatz breiten wir erstmal unser Gepäck aus und setzen uns auf den Bordstein.
In der Nähe ist ein Hotel, dort renne ich anschließend hinüber, um ein Zimmer zu besorgen. Es ist nicht so billig, aber wir könnten es mit dem uns verbliebenen Restgeld gerade noch bezahlen. Wie ich zurückkomme, spricht mich ein Taxifahrer an und sagt uns, daß da auch ein Campingplatz mit Zimmervermietung sei. Inzwischen aber steht da so ein russischer Soldat mitten zwischen unserem Gepäck und will unsere Pässe sehen, woher und wohin usw. Heidi sagt etwas Unhöfliches, was er zum Glück nicht versteht, obwohl das Wort durchaus zum Wortschatz einer Nationalität gehören könnte, mit der die Deutschen nicht nur vornehmen Kontakt gepflegt haben.
Mit Hilfe des Taxifahrers können wir den Russen überzeugen, daß wir nicht vor dem Bahnhof übernachten wollen und rauschen dann per Taxi zum Campingplatz. Dort bekommen wir billig unser Appartement und gehen danach noch essen. In dem Lokal wurde gerade die Küche geschlossen, wir bekommen aber dann doch noch ein Schnitzel. Am Nebentisch sitzen eine Menge Leute aus der DDR, die sind hier nicht so beliebt. Die, die wir hier kennenlernen, benehmen sich allerdings auch recht auffällig.