Heute wird es spannend, wie werden wir aus Ungarn rauskommen. Zuerst
wollen wir mit dem nächsten Zug die restlichen 35 km nach
Moson...(s.o.) zurücklegen. Wir bestellen uns ein Taxi zum Bahnhof.
Auf dem Weg dorthin sagt uns der Fahrer, daß die Fahrt mit dem Taxi
nach Moson... genauso billig sei, also bleiben wir sitzen und lassen
uns chauffieren. Nun fährt der Taxifahrer wie ein Henker, das ist
wohl eine weltverbreitete Krankheit dieser Berufsgruppe, wenn das
Imponierbedürfnis durchschlägt. Am Bahnhof in Mosonmagyarovar
steigen wir erleichtert aus und suchen, Unheil ahnend, die
Gepäckabfertigung auf. Da leuchten sie uns schon entgegen, alle drei
Räder, selbst das für die Ungarn sicher nicht uninteressante
Mountainbike, sind wohlbehalten an Ort und Stelle.
In gehobener Stimmung machen wir uns an die restlichen Kilometer bis
zur Grenze. Leider können wir nur die starkbefahrene Nationalstraße
benutzen. Wir fahren nach Hegyeshalom hinein und geraten auf die
Zufahrt zum Grenzübergang für Lastwagen. Ein ungarischer Soldat
kontrolliert uns und schickt uns zurück. Der Umweg läßt sich gerade
so verkraften, bald sind wir auf der richtigen und stark befahrenen
Straße. Da steht schon wieder so ein Soldat am Straßenrand. Und
wieder müssen wir die Pässe rausrücken, denn dieser hat
offensichtlich Langeweile. Endlich sind wir dann an der Grenze. Hier
werden uns Visa und Pässe abgenommen, eine geschlagene halbe Stunde
warten wir auf die Rückgabe der Pässe. Radfahrer sind wohl sehr
verdächtige Subjekte.
Bei fast unerträglicher Hitze geht es nun 3 km bis Nickelsdorf. Dort
setzen wir uns in einem Gasthof fest, wir müssen ein paar Stunden auf
den nächsten S-Bahnzug Richtung Wien warten. Inzwischen essen wir,
nun nicht mehr so billig, und heben Geld vom Postsparbuch ab.
Endlich wird der Zug bereitgestellt, es gibt wegen der Hitze noch
Schwierigkeiten mit dem Weichenstellen. Auf dem nächsten Bahnhof
Parndorf müssen wir in den Wiener Zug umsteigen. Irgendwie
mißverstehen wir zweimal die Hinweise auf den richtigen Bahnsteig, so
geht es im Galopp erst in die eine, dann wieder in die andere, dann
endlich in die richtige Richtung. Heidi und Verena sind voraus,
während ich mich gerade zur Überquerung des Gleises anschicke, auf
dem der Zug gerade einläuft.
Auf den Zuruf eines Bahnbeamten bleibe ich ermattet stehen, natürlich
auf der falschen Seite des Zuges. Während ich denke, daß Heidi und
Verena gegenüber nun einsteigen, versuche ich auf meiner Seite die
Türen zu öffnen. Das geht nur mit großer Kraft, offensichtlich sind
die Türen hier blockiert. Ich gebe auf, der Zug fährt auch schon an.
Was nun ? Aber da stehen sie beide, böse auf mich, zum Glück sind
sie nicht Richtung Wien abgedampft, wer weiß, wie das wieder geendet
hätte.
Nun haben wir eine weitere Stunde in Parndorf abzusitzen, die nähere
und weitere Umgebung des Bahnhofs interessiert keinen mehr. Ich rechne
im Stillen aus, wieviel Zeit wir in Wien noch haben werden, denn wir
müssen: den Bahnhof wechseln, die Räder aufgeben, Fahrkarten lösen,
in Passau anrufen und was weiß ich noch alles. Dafür haben wir eine
gute Stunde Zeit. Als wir dann endlich in Wien sind, machen wir uns
unverzüglich auf den Weg zum Westbahnhof. Das wird eine Horrorfahrt
entlang der Ringstraßen, bei Feierabendverkehr und brütender Hitze,
Radwege existieren hier nicht, oft steht man umringt von Autos mitten
auf einer Kreuzung.
Durchgeglüht und -geschwitzt kommen wir auf dem Westbahnnhof an.
Erstmal her mit den Fahrkarten und ab mit den Rädern. Dann Anrufen in
Passau, das besorgen Heidi und Verena. Ich setze mich erstmal zum
Verschnaufen zwischen unser Gepäck. Nun haben wir alle rote Köpfe,
was ja kein Wunder ist, aber Heidi und Verena bringen es fertig, da
noch eins draufzusetzen. Denn mit dem Telefonieren will und will es
nicht klappen, obwohl sie echte oesterreichische Schillinge verwenden.
Verena ist schließlich gewitzter und schlägt vor, erstmal die
Gebrauchsanweisung durchzulesen. Das ganze geht natürlich nicht
gerade in freundschaftlichem Ton vor sich. Wie andere Passanten auch,
werde ich auf die Situation aufmerksam und mische mich nun auch noch
ein. Verena hat inzwischen herausgefunden, daß da so eine spezielle
Zahltaste existiert, die nach Zustandekommen des Gesprächs zu
drücken ist. Von dieser Erkenntnis profitiere ich nun und erledige
weltmännisch unsere Rückmeldung bei Ingrid in Passau.
Leider löst sich die Spannung diesmal nicht in einem Lachanfall, so
streben wir etwas wortkarg dem inzwischen fast vollbesetzten Zug nach
Kopenhagen über Passau zu. Gerade noch finden wir inmitten von
schwedischen Interrailmädchen und -knaben einen Platz.
Nach anstrengender Bahnfahrt nehmen wir in Passau ein Taxi und fahren
hinauf zu Ingrids Wohnung. Hier sind aber alle ausgeflogen, so machen
wir uns auch noch auf den Weg und setzen uns beim Griechen um die Ecke
noch zu einem Gyros und ein, zwei Bieren nieder. So um Mitternacht
gehen wir nach Hause, da sitzt inzwischen die ganze Korona
erwartungsvoll um den Tisch herum und wartet auf den vollständigen
Reisebericht. So gut es geht, spulen wir noch ab, es kommt uns und den
anderen wie eine Weltreise vor. Schließlich fallen uns aber die
Augen fast schon am Tisch zu.
Samstag, 22.7. Györ - Passau mit Rad und Bahn