Jiujiang, Lushan Gebirge, Fr. 6.11.
Nun geht es wieder mit dem Bus los, man ist es fast schon leid, aber
verpassen darf man ja auch nichts. Die Stadt Jiujiang zählt diesmal 5 Mio.
Einwohner. Wenn es so weiter geht, kriegen wir noch die 1,3 Mrd. der
Bevölkerung Chinas zusammen. Heute soll es in das Lushan Gebirge bis über 1000 m
Höhe gehen. Die Region ist vor allem im Sommer beliebt, wenn man
aus den tiefer gelegenen "Backofenstädten" mit bis zu 40 Grad
Hitze sich hier hinauf in ein kühleres Klima flüchten kann.
Auch ein prominenter Politiker hat sich da oben ein Anwesen geschaffen,
das wir später kennen lernen werden. Zunächst wird eine
Strecke von 24 km mit 396 Kurven in Angriff genommen, diese
Straße existiert seit 1953. Oben erreicht man die Ortschaft Guling, die Engländer nannten
es "Cooling". Wir steigen in
kleinere
Busse um, die dadurch wohl auch ein gutes Auskommen haben.
Nun
gibt es die Möglichkeit, auf festen Wegen durch eine
Felslandschaft zu wandern. Wer das Auf und Ab weniger liebt, kann
einmal um einen kleinen See herum spazieren und auf die warten, die
zünftiger unterwegs sind. So zünftig ist das dann auch wieder
nicht, denn man marschiert im Gänsemarsch inmitten der
Touristengruppen von Klippe zu Klippe. Auf deren Spitzen ist durch rote
Markierungen angezeichnet, ab wann man bei einem Foto keinen Schritt
rückwärts mehr machen darf. An einigen ebenen
geräumigeren Plätzen finden sich wieder Verkaufsstände,
Grillplätze und Opferstätten. An einem Geländer sind
hunderte von Vorhangschlössern mit roten Wunschfähnchen
angebracht. Damit der Wunsch auch in Erfüllung geht, besitzen die
Vorhangschlösser kein Schlüsselloch.
Auf dem Rückweg
passieren wir einen eher langweiligen Bonsaigarten und finden uns
schließlich im "**** Lu Shan Xi
Hu Ministry of Railways Hotel" ein. Trotz der vier Sterne haben
wir hier das schlechteste Essen bekommen, nach der ersten Portion
knorpeligen Rindfleisches haben die weiteren Gerichte auch nicht mehr
geschmeckt.
Wir
besichtigen nun noch die Villa von Chiang
Kaishek, der hier oben fernab vom aktuellen Geschehen zu
verweilen beliebte. Auf die Frage, wie denn der immer noch vor Ausbau
der Straße hier herauf gekommen sei, heißt es: in einer
Sänfte. Ob das nun wieder stimmt? Nun kann man die Wohn- und
Arbeitsräume besichtigen oder sich auf dem Balkon in einer
geliehenen Militäruniform fotografieren lassen. Zum Abschluss
dürfen wir noch eine Weile in der Ladenstraße von Guling
bummeln. In einem kleinen Park gibt sich die Bevölkerung allerlei
Spielen hin, vor allem wohl dem Mahjongg.
Wuhan, Sa.
7.11.
Nach einer weiteren Nachtfahrt erreichen wir die Stadt Wuhan, die sechstgrößte
Stadt Chinas mit 6 Mio. Einwohnern. Unsere beiden Reiseführer Han
und Willi sind hier zu Hause und bekommen dafür an diesem Tag
frei. Ein örtlicher Reiseführer wird sie gut vertreten.
Wieder ist ein reichhaltiges Tagesprogramm angesagt. Zuerst besuchen
wir das buddhistische Guiyuan-Kloster.
Es wurde von einem der Reiseführer schon angekündigt: "Am
Schluss könnt ihr keine Klöster,Tempel und Pagoden mehr
sehen". Aber
wir machen
noch mit, man könnte ja was verpassen? Zu sehen gibt es das
übliche: geschwungene Dächer, Säulen, eine große
Glocke, Räucherstäbchen-Altäre, aber auch eine Halle mit
500 gold-eingefärbten Statuen, die man Arhat oder Luohan nennt, wie die Schüler
Buddhas genannt werden. Zwei Eingänge, Männer links, Frauen
rechts,
und wenn man Geburtstag hat, kann man die Figuren der Reihe nach seinem
jeweils erreichten Alter entsprechend abschreiten und dann bei der
schließlich erreichten Erscheinung sich ein Bild für sein
eigenes Leben ableiten. Wer schlau ist, schielt schon mal nach der
nächsten Figur, denn die wäre im nächsten Jahr dran.
Es gibt auch ein wassergefülltes Steinbassin, in dem sich
Schildkröten langweilen. Und gerade leert einer der Besucher aus
einer Plastiktüte ein plumpsendes Etwas aus, das sich paddelnd der
wartenden Gesellschaft zuwendet. Diese Geste mag auch dem weiteren
Lebensheil zuträglich sein. "Werden die auch gefüttert?"
fragt einer unser Mitreisenden (Micha) mit schreckensweiten Augen. Aber
ja, Futter könne man am Eingang erwerben, auch das sei dem
weiteren Lebensergehen des Spenders zuträglich.
Nun geht es weiter in einen Bonsai-Garten und in eine
Ausstellung von seltsamen Steinen, die man aus ganz China
zusammengetragen hat. Als Erläuterung steht für uns unlesbar
eine Inschrift in chinesischen Schriftzeichen dabei und, lesbar: "Odd
Stone" an den Ausstellungsstücken.
Weiter geht es, immer weiter. An der Promenade am Yangtseufer gibt
es einen Park, in dem Monumente und Skulpturen die Gefahren der
Wassermächte und deren Bewältigung präsentieren. Gleich
daneben befindet sich die zweistöckige Eisenbahn- und
Straßen-Brücke von 1957. Vor deren grauen Pfeilern
lässt sich gerade ein Hochzeitspaar ablichten. Fragt man sich:
gibt es keinen schöneren Hintergrund? Aber vielleicht spielt das
Symbol der Brücke eine Rolle für das weitere eheliche
Wohlergehen.
Wir fahren nun über diese Brücke um inmitten von
Menschenmassen das Wahrzeichen der Stadt Wuhan zu besichtigen: den
"Gelben Kranich Turm". Wem es
gegeben ist, der mag ihn besteigen oder
mit dem Fahrstuhl hinauf fahren. Der Turm stammt aus alter Zeit, wurde
verschiedentlich zerstört und 1985 wieder aufgebaut. Man hat von
oben eine gute Aussicht, wenn auch dunstig - wie immer.
Am Nachmittag gibt es Gelegenheit, zu Fuß in der Stadt umher
zu streifen. Die Unentwegten steigen in der Gegend des quirligen
Marktes aus. Sie berichten später von abenteuerlichen
Beobachtungen und eigenartigen Nahrungsangeboten wie Schweineschnauzen
oder Rinderhoden.
Da bummeln wir lieber die moderne
Fußgängerzone ab, wo es allerdings weniger interessantes zu
sehen gibt. Elegante Geschäfte und die Passanten meistens
jüngere Leute nicht minder elegant gekleidet. Wir trinken umgeben
vom Charme eines Mövenpick Restaurants einen Kaffee und bummeln
dann in Richtung unserer Anlegestelle zurück. An einer
Straßenecke sitzen einige Männer auf Rollbrettern,
vielleicht dienen diese dem Lastentransport?
Am Flussufer gibt es aber
noch eine lange Gasse mit einem Tiermarkt, die muss noch abgebummelt
werden. Wollen wir hoffen, dass die Hunde und anderes Getier ein
artgerechtes Dasein fristen oder einen liebevollen Käufer finden.
An der Anlegestelle können wir unser Schiff nicht entdecken.
Nach einigem Suchen mithilfe der "Boarding Card", auf der die Nummer
der Anlegebrücke verzeichnet ist, sind wir schließlich am
Ziel: unser Schiff liegt unsichtbar zwischen zwei anderen
Yangtse-Kreuzern.
Kapitel 4
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