17.5., Sonntag: Die weißen Dörfer

Natürlich haben wir auch wieder eine Rundfahrt gebucht. Aber nicht nach Gibraltar oder Sevilla, sondern eine Fahrt zu den "weißen Dörfern", die für sich schon eine charakteristische Sehenswürdigkeit Andalusiens darstellen. Zunächst ist noch nicht klar, ob man uns vom Hotel abholen kann, weil die Fahrt von Jerez aus startet. Aber es finden sich noch zwei Damen, die am Hotel Duque de Najera in Rota zusteigen. Im Bus ab Jerez sind wir dann etwa 35 Personen, und die Reisebegleiterin versichert, dass sie in 28 Jahren noch nie einen Gast verloren hätte. Das hätte sich heute leicht ändern können, wie wir sehen werden.

 

 

 

 

 

 

Es geht nun in das Innere des Landes durch landwirtschaftlich geprägte Landschaften. Die zahlreichen Sonnenblumenfelder stehen leider noch nicht in der Blüte, denn das wäre eine Augenweide. Aber die Ausblicke auf eine liebliche Landschaft mit Oliven- und Pinienhainen sind ein Genuss. Auch die ersten weißen Ansiedlungen werden passiert. Nun wird uns erzählt, dass wir zunächst in das regenreichste Gebiet Andalusiens fahren, wo die westlichen Atlantikwinde die Wolken herantragen und diese sich an den ersten Bergen im Inland abregnen. Das ereignet sich aber hauptsächlich zwischen Oktober und März. Da oben hat man daher eine Anzahl Stauseen angelegt, wir werden einen davon am Rio Guadalete mit dem malerischen Ort Zahara de la Sierra anfahren. "Der Name des Ortes ist arabisch und bedeutet Blume" (WikiPedia).

 

 

 

 

 

 

Der Ort liegt zu Füßen eines Berges mit den Resten einer maurischen Burg. Nach dem Aussteigen aus dem Bus scheiden sich die Geister: die weniger wanderfreudigen Herrschaften begeben sich zu einem nahegelegenen Cafe, die anderen bergwärts, mal sehen, wie weit man kommt. Nach ein paar Gassen erreicht man den oberen Ortsrand mit einem Platz und einer Kirche unter schroffen Felsen. Aber es geht noch weiter, denn oben auf dem Berg ist ein Turm, da muss man ja irgendwie hinkommen. Und das gelingt nach einiger Steigerei, sogar zwei Mädchen mit Pantoletten haben es geschafft. Nun hinauf auf den Turm zu klettern, dazu reicht die Puste dann doch nicht.


Busfahrt
Wieder unten kann man den Zurückgebliebenen mit glänzenden Augen erzählen, wie schön es da oben gewesen ist. Zur Belohnung für alle wird vor der Weiterfahrt an einem Aussichtspunkt Rotwein aus dem Pappbecher spendiert. Die Strecke geht nun weiter an dem Stausee entlang. Während die Reiseleiterin etwas über die Gänsegeier erzählt, lassen sich tatsächlich zwei dieser Exemplare über der Straße sichten. Aus dem Bus heraus lassen sie sich leider nicht fotografieren.

Bald erreichen wir Ronda, sozusagen das Mekka der weißen Dörfer. Das liegt daran, dass der Ort zu beiden Seiten der schroffen Schlucht El Tajo mit dem Fluss Rio Guadalevin erbaut ist. Das zieht Unmassen an Besuchern an. So auch heute, denn es findet wohl gerade so etwas wie ein Volksfest statt. Hinter der Stierkampfarena befindet sich das Verkehrsbüro. Dort kommt man kaum hinein, die Massen quellen aus dem Eingang bis auf den vorgelagerten Platz. Aber schließlich gelingt es doch, einen Ortsplan zu ergattern. Nun ist man für ein paar Stunden auf sich allein gestellt.

 

An der Stierkampfarena

 

 

 

 

Puente Nuevo

Als erstes überquert man die Puente Nuevo und schießt von dort aus die notwendigen Fotos der Schlucht, deren Schlund tief unten gähnt. Man kann wohl dort hinabsteigen, aber dazu scheint keiner Lust zu haben. Man erreicht dann die Calle Armiñán, wo sich die Souvenirläden drängen.

 

 

 

 

 

 

 

Zur Entspannung gilt es noch einen Blick in die Kirche Iglesia de la Virgen de la Paz zu werfen, und an der Iglesia de Santa Maria la Mayor kehren wir dann um. Nun kommt uns noch ein Umzug mit napoleonischen Militäruniformen entgegen, soll wohl an die leidige Franzosenzeit erinnern und daran, dass man irgendwann davon befreit wurde. Da sollen Räuberbanden aus den Bergen eine gewisse Rolle gespielt haben, wird uns später erzählt.

Landschaftspanorama

Den Rest der Zeit drängeln wir uns mit Tausenden anderen durch einen kleinen Park. Dort sind anlässlich der Vergnügungsaktivitäten allerlei Buden zur Verköstigung aufgebaut. Leider wird es immer voller, zudem windiger, sodass zuweilen kleine Sandstürme die Gegend eintrüben. Am Rande des Parks lassen wir uns nieder und trinken eine Cola, bis der Zeitpunkt für das Treffen zur Weiterfahrt gekommen ist. Ab und zu schreckt einen ein Böllerschuss auf, der stammt von einer Theateraufführung nebenan vor der Iglesia de Nuestra Senora de la Merced Ronda (Google) oder Convento de la Merced (Ortsplan). Es wird wohl das freudvolle Ende der Franzosenzeit inszeniert.

 

 

Unser Treffen für die Weiterfahrt fällt genau mit dem Schlussapplaus des Theaters zusammen und schlagartig entsteht ein großes Gedränge. Da hat es unsere Reiseführerin schwer, die Gäste wieder vollzählig zurück zum Busparkplatz zu lotsen. Nachdem sie dort etwas in Panik noch einige Herrschaften zusammen gesucht hat, kann sie nun doch ihre 28 jährige makellose Gästebilanz fortsetzen.

Und wir stimmen einer Empfehlung in den Reiseführern zu: man sollte eine Übernachtung in Ronda buchen und ab Spätnachmittag den Ort ohne den Touristenansturm genießen. Das gilt übrigens auch für Helgoland und Hiddensee hierzulande.

Das letzte Ziel des Tages ist das Vorzeigedorf Grazalema. Bei der Fahrt durch ausgedehnte Korkeichenwälder werden uns die Hintergründe des Serranoschinkens erläutert. Dessen höchste Qualität stamme von schwarzen Schweinen, die man frei in den Korkwäldern herumlaufen lässt und wo diese sich von den Eicheln ernähren können. (Bei Wikipedia steht allerdings, dass der Schinken von schwarzen Schweinen Jamon Iberico heißt und wesentlich teurer ist.) Jedenfalls wird der Schinken 6 bis 18 Monate bis zur Reife gelagert und danach zum Verzehr unter Verwendung oben beschriebener Fettnäpfchen an die Wand gehängt.

 

Grazalema

 

Irgendwie hat diese Erläuterung den Gästen Appetit gemacht, denn angekommen in Gazalema begibt man sich sogleich in enes der Tapa-Restaurants an der Plaza. Bei mangelnden Sprachkenntnissen ist man mit der Speisekarte allerdings hoffnungslos überfordert. Macht man sich die Mühe - und das geht nur zurück zu Hause, die Speisekarte zu übersetzen (mit LEO), kommt folgendes dabei heraus - aber das ist ohne Gewähr. Fürs erste hilft uns unsere Reiseführerin und empfiehlt die Paprikawurst aus Jerez. Das sei eine besondere Spezialität, und damit hat sie recht. Nur ist die Menge bei dem Preis von 2 € nicht zu bewältigen.

 

Paprikawurst aus Jerez

 

Damit muss eingestanden werden, dass der Ort Gazalema etwas zu kurz gekommen ist, was eine genauere Besichtigung angeht. Aber die Plaza und ein paar blumige Balkons vermitteln schon einen guten Eindruck. Damit geht es wieder zurück, wir passieren noch die wohl sehr sehenswerte Stadt Arcos. Da hält der Bus an einer bestimmten Stelle kurz an, wo man die Stadtsilhouette besonders gut bewundern kann. Aber bis man sich mit dem Fotoapparat richtig eingezoomt hat, geht die Fahrt schon wieder weiter. Und rechtzeitig zum Abendessen sind wir wieder zurück in unserem Hotel.

 

 

Rückreise

Damit sind die Hauptereignisse und Unternehmungen dieses Urlaubs erzählt. Vielleicht war es diesmal unser "Traumhotel" und vielleicht kommen wir einmal wieder. Am Mittwoch reisen unsere Schweizer Freunde ab, und wir lernen eine neue Nachbarin kennen. Wir müssen nach ihrem Dialekt fragen, den wir gar nicht einordnen können: es ist Pfälzisch. Als wir am Abflugtag morgens um 6 Uhr das Zimmer verlassen, finden wir eine Abschiedskarte vor, auf der zu lesen ist:

Liebe Nachbarn!
Ich glaube nicht, dass es sehr darauf ankommt,
wieviel Zeit man zusammen verbringt,
sondern wie intensiv die Momente des Zusammenseins sind!
Danke für die schönen Momente und das Miteinander "Lachen". Ich wünsche euch einen super Heimflug und ein schönes Leben.

Das war ja nun richtig nett, und so treten wir wohlgemut den Rückflug an, bei dem diesmal alles nach Wunsch klappt. Zu Hause haben wir mit dem Wetter nichts verpasst, Kälte und eine Trockenheit, die noch bis Mitte Juni anhält. Aber der Rasen im Garten wächst trotzdem.


 

 

 

 

 

 

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