In Winsen erwarten wir ein malerisches Ortsbild und fahren in Richtung
Ortszentrum. Der dichte und hektische Verkehr lässt uns aber bald
wieder umdrehen. Damit tun wir dem Ort natürlich Unrecht, denn laut
Tourenführer gibt es dort zu sehen: Museumshof, gotische Kirche, "Dat
groode hus", Bockwindmühle, Stechinelli Tor, Prinzensteine, Gut Sunder
und Meissendorfer Teiche. Bis man das alles gesucht, gefunden und
besichtigt hätte, wäre der Tag schnell vergangen.
Zumindest können wir Getränke einkaufen und spendieren uns noch einmal
ein Schälchen Blaubeeren aus dem Supermarkt. über zuweilen
langgestreckte Feld- und Waldstrecken geht es nach Celle. Leider hat
man hier nur die Bundesstrasse 214 für die Durchfahrt ausersehen. So
landet man automatisch am Knast oder vornehmer Justizvollzugsanstalt.
Da ist alles mit Stacheldraht umwickelt, kein schöner Anblick,
besonders wohl von innen! Einen Besuch der unbedingt sehenswerten
Altstadt mit Schloss und viel Fachwerk schenken wir uns, da waren wir
schon öfter, mit und ohne Hund.
Nun geht es neben der Eisenbahnbrücke wieder über die Aller. Dann noch
zwei Strassen parallel zur Aller und schliesslich erreicht man nach einer
Baustelle wieder Parkgelände, wo man aufatmen und eine Rast einlegen
kann. An einer Bank in der Nähe lassen es sich ein paar Individuen
feuchtfröhlich wohl sein.
Es folgt nun das landschaftlich schönste Stück des Aller-Radweges, so wie man es sich vorstellt: im Zickzack durch die Wiesen. Nun erreichen wir Wienhausen mit dem bekannten Zisterzienserkloster.
Am kommenden Wochenende soll hier die Veranstaltung "Wienhausen - Gourmet & Garden - eine idyllische Landpartie", mit 150 Ausstellern aus ganz Europa, stattfinden. Wir lassen uns auf einen Imbiss in einem Gartenlokal nieder und erfahren, dass die Veranstalter und Schausteller bereits die Quartiere belegt haben sollen.
Per Telefon können wir aber
im nächsten Ort Oppershausen
im Landhotel Klostergarten
ein Zimmer
bekommen. Man wird uns dort sogar ausnahmsweise ein Abendessen
zubereiten, weil am Montag Ruhetag ist und die Restaurants alle
geschlossen sind. Im Dorf befindet sich zwar das Restaurant
"Erlebnisgastronomie - Paulaner in Flotwedel" aber auch das hat
geschlossen. Flotwedel ist
übrigens die Samtgemeinde aus Wienhausen, Bröckel, Eicklingen und
Langlingen.
Wir kaufen noch mal ein, ein paar Ansichtskarten, hat man auch
Briefmarken? "Ja, die Poststelle ist da gleich hinter dem
Fleischstand". In Ruhe bummeln wir noch ein wenig um das Kloster herum,
das man heute auch nicht besichtigen kann. Es gibt dort eine bekannte
Ausstellung von Gobelins und anderen Teppichen. Schliesslich zockeln wir
noch die zwei Kilometer bis zum Hotel ab und werden dort sehr
gastfreundlich aufgenommen. Das Gebäude ist 1994 nach historischen
Vorlagen als Fachwerkbau errichtet worden, ein mächtiger Giebel bildet
die Frontseite.
Nach einem Bummel durch das Dorf - Strasse rauf und runter - bekommen
wir unser Spiegelei und Bratkartoffeln zum Abendessen und sitzen bei
ein paar Bierchen noch angenehm draussen im Hof.
Dienstag 4.8. Oppershausen -
Wolfsburg/Vorsfelde 65 km
Auf dem Parkplatz vor dem Haus rüsten sich zwei Damen zur Abfahrt mit
dem Auto. An die Ostsee soll es gehen, am besten nach Usedom. Da haben
wir aber unsere Adressliste schnell zur Hand und mit den wärmsten
Empfehlungen schwärmen wir von Anke und Achims Anwesen in Kölpinsee.
Vielleicht haben die Damen ja dorthin gefunden und einen freien Platz
ergattert.
Wir machen uns auch auf den Weg Richtung Offensen und Schwachhausen. Dort steht an der Allerbrücke ein Kutschwagen mit zwei angespannten Pferden. Der Kutscher liest Zeitung. Ob man ein Foto machen dürfe, frage ich lieber. "Na klar". Er warte auf eine Gästegruppe, aber die seien schon eine Viertelstunde überfällig. Na ja, wir brauchen heute keine Kutsche. Wenig später passieren wir eine Siloanlage mit prall gespannten Abdeckhauben. Da handelt es sich um eine Anlage zur Herstellung von Biogas. Vielleicht wird dort der ganze Mais von den endlosen Feldern verarbeitet?
In Langlingen läd eine Bank
zur Rast ein: "Sett di hän" steht da drauf. Ein Knabe kutschiert mit
einem vierrädrigen Gefährt umher. "Die Bank hat mein Opa gebaut"
erfahren wir sogleich. Der Knabe heisst Benjamin und kommt nun nach Ende
der Ferien in die zweite Klasse. "Und wo gehst du zur Schule?" "Ehem,
weiss nich so richtig". Naja, das wird in Müden, dem nächsten grösseren Ort,
sein. Benjamins Vater sei Landmaschinenmechaniker und für sein Gefährt
gebe es auch einen Motor. "Was habt ihr denn in den Taschen, wollt ihr
verreisen?" "Wir sind auf Reise, da braucht man die Sachen zum
übernachten oder wenn es regnet". Damit verabschieden wir uns von
Benjamin, der nach den Fotos mindestens einmal wie David Beckham
aussehen könnte.
Auf der Landstrasse fahren wir über Nienhof
direkt (also gemogelt) nach Müden.
Hier mündet die Oker als
stärkster
Nebenfluss in die Aller. Dieses Ereignis muss natürlich fotografiert
werden.
Es folgt nun eine lange gut befahrbare Schotterstrecke. Erst durch einen sog. Nurda Wohnpark. Da gibt es Ferienhäuser im dunklen Wald, die haben sogar Sonnenkollektoren auf dem Dach. Wer weiss, wann da mal die Sonne hin scheint. Andere Grundstücke und Gärten sind aufwändig gestaltet mit Teichen, Wintergärten u. dgl.
Bei dem Anwesen mit dem Namen Bokelberge
machen wir in einem
Bushäuschen eine Rast. Um uns herum ist reine Idylle, die Hühner und
Enten mit Küken laufen frei herum und der Blick schweift über Felder
und Wiesen. "Hier ist der Hund verfroren" sagt man von solchen Orten
und kann doch froh sein, dass es so was noch gibt. Und wenn man genauer
hinsieht, gibt es hier sogar eine Tiertherapiestation, wo sich vor
allem Kinder durch die Begegnung mit Tieren von Stress oder Krankheit
erholen können. Die Umwelt, die daran schuld sein mag, werden wir heute
noch kennen lernen (WOB).
Nun geht es lange durch den Wald, an dem unbefestigten und sandigen Weg
hat man für die Radfahrer einen geschotterten Saumpfad vorgesehen, da
geht es gut voran. In dieser Gegend möchte man keinen Waldbrand
erleben. An einer Lichtung ist auch deutlich zu sehen, dass man die
Monokultur der Kiefern durch Mischwald ablösen will. In diesem Fall ist
es eine Ahornanpflanzung.
Wir nähern uns nun der Stadt Gifhorn,
passieren ein Golfgelände (hallo
Birgit und Wolfgang), wo der Parkplatz gut belegt ist. Also wird da
eifrig eingelocht und das Handicap gesenkt. In Gifhorn sind wir nur
eine Autostunde von zu Hause entfernt. Unser anfangs erwähnter Freund
Terje hatte uns vorgeschlagen, doch zu Hause zu übernachten und sich
wie ein Gast zu fühlen. Sicher etwas ungewohnt, und ohne unseren Hund
Otto, der z.Zt. in seiner bewährten Pension zu weilen geruht, würden
wir uns zu Hause gar nicht wohlfühlen.
Wir durchqueren stattdessen Gifhorn zügig, ertragen den Verkehr und
machen dann Rast am Schloss-See mit Blick auf das Mühlenmuseum. Heidi
sammelt ein paar Augustäpfel unter einem nahegelegenen Baum auf, leider
sind die noch etwas sauer. Den Hauptteil der Durchfahrt durch Gifhorn
bildet die Konrad Adenauer Strasse, wobei jener erste Kanzler der
Bundesrepublik mit Gifhorn wohl herzlich wenig zu tun gehabt haben mag.
Bald schon befindet man sich aber wieder in der Botanik, wo die Rohrkolben, das Pfeilkraut, Blutweiderich oder die Schwanenblumen gedeihen. Die Gegend nennt sich Clausmoor, und dann erreicht man den Allerkanal, der so etwas wie eine grüne Hölle namens Barnbruch um sich hat. Auch die Brennnesseln gehören dazu, die hin und wieder in den Weg ragen. Mit der grünen Hölle ist es aus, als man den Elbe-Seitenkanal erreicht.
An der betonierten Unterführung machen wir eine Rast. Ich
erlaube mir, die Böschung hinaufzuklettern, um einen Blick auf den
Kanal zu werfen. Das hätte man sich schenken können, eine öde
Wasserstrasse ohne jede Natur. (Vor Jahren sind wir hier mal bei
Gegenwind Richtung Danzig (!) entlang gebrettert). Eine kleine
Heidenelke zeigt sich zumindest auf dem vielleicht sich bildenden
Trockenrasen der Böschung.
Kurioserweise schliesst sich hier ein weiteres Naturschutzgebiet an, das
sind die Ilkerbruchwiesen.
Einer Schautafel kann man entnehmen, dass
hier Eisvogel und Seeadler vorkommen. Die kriegen wir natürlich nicht
zu
Gesicht. Es gibt auch einen See, wo man von einer Beobachtungsstation
die Tier- und Pflanzenwelt unauffällig beobachten kann. Heute ist
leider nicht viel zu beobachten, ausser Enten oder Blesshühnern, und die
kennt man schon.
Die Stadt Wolfsburg bzw.
vorgelagert Fallersleben
begrüssen uns mit einem grob geschotterten öden Feldweg, bis man die
Brücke über den Mittellandkanal erreicht. In der Ferne sind schon die
Schornsteine der VW-Werke zu erkennen. Unter der Brücke schlängelt sich
was in der Grösse einer Blindschleiche. Aber die sind durchweg grau,
während dieses Tier gelbe Flecken am Kopf hat. Es gelingt sogar ein
Foto, und demnach müsste es sich um eine junge Ringelnatter handeln.
Wer hätte das gedacht.
Wenn man nun gleich am Mittellandkanal weiter fährt, erspart man sich
die sicher verkehrsreiche Route durch Fallersleben und Wolfsburg
weitgehend. Ein netter Herr - seine Frühschicht ist gerade überstanden
- gibt uns bereitwillig Auskunft über die Strecke am Kanal. Bis
Sandkamp könnte man fahren,
dann käme eine Baustelle. Damit bleibt
Fallersleben aussen vor, und am Sandkamp machen wir eine Rast im "Alten
Dorfkrug am Kanal". Hier könnte man auch übernachten, aber für
heute
ist es noch zu früh.
Wir kommen mit einem älteren Radlerehepaar aus
Wolfenbüttel ins Gespräch. Die sind völlig von der Rolle. Sie wollten
zum Tankumsee und haben den nicht gefunden. Eine Landkarte haben sie
nicht dabei. Ob dies der Elbe-Seitenkanal sei? "Nein, das ist doch der
Mittellankanal". Und wo sie ihr Auto abgestellt haben, wissen sie auch
nicht mehr so genau. Nach einer Weile ziehen sie weiter, ungewissen
Zielen entgegen.
Wir telefonieren wegen einer Unterkunft. In Alt Wolfsburg nahe dem
Wolfsburger Schloss ist angeblich besetzt. Bei einem anderen Hotel
meldet sich einer, der lallt schon. Mit dem Hotel Conni in Vorsfelde
haben wir dann Glück, nur müssen wir da noch hinkommen. Am Kanal kann
man wegen einer Baustelle hier nicht weiter fahren. Man muss nun
parallel zum Kanal auf der Heinrich Nordhoff Strasse fahren. Dort
herrscht dichtester Feierabendverkehr, zum Glück gibt es Radwege.
Da stehen Hinweisschilder auf eine Ausstellung: "Als Wolfsburg auf zwei Rädern fuhr".
Heute hat man hier die "Autostadt"
- welch ein Fortschritt! Schliesslich geht es am Wolfsburger Stadion
vorbei, das sich konsequenter Weise
VW-Arena nennt. Hier ist nun der derzeitige Deutsche Fussballmeister zu
Hause.
Am Schloss vorbei und dann hat man den schlimmsten Verkehr überstanden.
In Vorsfelde müssen wir noch einmal nach dem Hotel fragen, das liegt
komischerweise wieder auf der anderen Seite des Kanals, wo eigentlich
der Ortsteil Reislingen
liegt. Schliesslich sind wir angekommen und
froh, weil es sehr heiss geworden ist. Unser Zimmer liegt allerdings
direkt raus zur Bahnstrecke Hannover - Wolfsburg - Berlin und die ICEs
donnern vorbei wie die Düsenjäger. Im Hof des Hotelrestaurants hat man
mit Stellwänden, Blumenkübeln und Sonnenschirmen einen Biergarten
improvisiert, wo wir auch den Abend angenehm
verleben. Heidi versucht sich an Sauerfleisch und bekommt ganze 6
Scheiben serviert. Drei davon schafft sie nur. "Es gibt welche, die
schaffen das" meint die Bedienung.
Zurück auf dem Zimmer sagt Heidi plötzlich: "Guck mal, wer mich da
anlacht". "Na ich doch nicht" sage ich. Nein, es ist der Vollmond, der
gerade wie ein Lampion am Himmel hängt. Und bei Vollmond gibt es
immer Schlafprobleme. Doch trotz Vollmond und der ICE Düsenjäger
schlafen wir ganz gut bei geöffnetem Fenster.
Mittwoch 5.8. Vorsfelde - Flechtingen
50 km
Das Aufstehen fällt dann wieder leichter bei dem anschwellenden
Verkehrslärm ringsum. Auf unserer Route sind wir bald wieder in der
Botanik im sog. Vorsfelder Drömling.
Nun kommen wir mit einer Kuhherde
in Kontakt, die gerade auf die Weide geführt wird. Heidi erzählt dem
Landwirt mit den Kühen ihr traumatisches Kindheitserlebnis, als in
Braunlage sie einmal eine Kuh bis auf die Treppenstufen eines
Hauseingangs verfolgt hatte. Ja, man habe auch einmal so ein
"Miststück" gehabt, das habe immer besonders Frauen mit Kinderwagen
aufs Korn genommen. "Wir sind zwar versichert, aber da bleibt dann nur
der Schlachthof".
Nach dieser Episode verpassen wir eine Abzweigung und fahren geradewegs
in die Feuchtwiesen. Als wieder der Mittellandkanal in Sicht kommt, der
hier einen Knick nach Norden macht, wissen wir, dass wir falsch
gefahren sind. Man kann aber auf einem anderen Weg zurück zur richtigen
Route fahren und erreicht nach einer längeren Waldstrecke den Ort
Grafhorst, direkt an der ehemaligen Grenze. An der Allerbrücke machen
wir eine Rast und meinen, uns nun von der Aller verabschieden zu müssen.
Wir gelangen nach Oebisfelde,
früher mal Grenzbahnhof für den
Schienenverkehr. Nach einigem Hin und Her finden wir die Landstrasse
nach Gehrendorf und Lockstedt, danach doch noch einmal
über die Aller
in den "Westen" nach Saalsdorf.
Auf der Strecke erntet man gerade ein
Rapsfeld ab, das geschieht mit einem herkömmlichen Mähdrescher, nur
dass die Samen des Rapses rabenschwarz sind.
Bald schon sind wir wieder im "Osten", ohne dass man den Verlauf der
ehemaligen Grenze noch erkennen könnte. Es gibt eine
Naturschutz-Initiative, die nennt sich "Grünes Band", und diese
versucht die Flächen des ehemaligen Todesstreifens als Refugium für
seltene Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Davon ist hier nichts zu
sehen.
Wir kommen nach Seggerde, wo sich ein Gutshof und angrenzender Landschaftspark befindet. Doch wir fahren weiter, es ist wieder sehr heiss geworden. Eine erhoffte Abkürzung nach Klinze erweist sich schliesslich als kaum befahrbar, bis man wieder auf die Landstrasse trifft. Und nun kann ich leider ein Versprechen nicht halten, indem ich keinerlei Berge angekündigt hatte. Wir befinden uns hier im Bereich des Flechtinger Höhenzuges, dessen höchste Erhebungen um die 140 m liegen. So gilt es eine Weile zu schieben, wir kommen dann nach Belsdorf und Behnsdorf, von wo aus man direkt auf der Landstrasse nach Flechtingen, unserem heutigen Ziel, fahren kann. Am frühen Nachmittag haben wir es geschafft.
Doch zuvor entdecken wir am Strassenrand einen Riesenbovist, nach dem
wir zu Hause immer so eifrig suchen. Leider können wir diesen nicht
unserem Gepäck einverleiben, so muss man sich mit einem Foto begnügen.
Zur Entschädigung finden wir zurück zu Hause nach ein paar Tagen eine
ganze Gruppe dieser Pilze, auch davon gibt es nun ein Foto. Leider
waren nur noch zwei der Pilze essbar, die anderen waren schon zu alt.
In Flechtingen reibt man sich erst einmal die Augen, das ist ja
wunderhübsch hier. Da ist ein See und ein Wasserschloss, einladende
Restaurants und auch eine Badestelle. Aber das Wasser ist doch recht
grün und damit nicht so einladend. Es gibt auch eine grosse Kurklinik
aber kein Hotel. Nachdem wir einmal den See umrundet haben, landen wir
in der Pension am Park und
werden sehr freundlich aufgenommen. Ob wir ein "Pärchen" seien, wegen
der Betten, ob die zusammenstehen dürften. "Seit 37 Jahren verheiratet"
versichern wir. "Das ist viel zu lange" sagt die Chefin und wir
bekommen ein Zimmer, wo die Betten nicht
zusammenstehen. Dafür ist der Balkon gleich in der Nähe, und das ist
viel wichtiger.
Wir haben nun noch den Nachmittag lang Zeit, uns ein wenig umzusehen. Das Schloss und die Kirche kann man z.Zt. nicht besichtigen, das sind Baustellen. Aber die Wassermühle von 1311, nach Umbau 1695 hat man seit dem Jahr 2003 in liebe- und mühevoller Arbeit restauriert. Sogar das Wasserrad dreht sich zuweilen, und wenn man sich in das unterste Stockwerk begibt, kann man auch die Zahngetriebe in Bewegung sehen, die ihrerseits die Treibriemen für die angeschlossenen Mahlwerke in den oberen Geschossen mit Energie versorgen.
Eine Kuriosität ist die Flechtinger Mehlwurmfalle.
Diese Geschichte ist sicher nicht ganz ernst gemeint, indem man in
einer
Flasche Köder angebracht hat, und die angelockten Mehlwürmer über die
Schneide einer Rasierklinge spazieren lässt, und dann würden sie
gevierteilt oder mindestens halbiert? Fragt sich, ob das Gewicht eines
Mehlwurms ausreicht, von der Klinge zerteilt zu werden. Vielleicht nur,
wenn er vollgefressen ist, aber dann braucht er ja nicht auf den
Köder reinzufallen? Damit ist der Scherz der Sache erreicht, man macht
sich Gedanken - und ein Foto. Es ist jedenfalls sehr dankenswert, dass
man diese Mühle der öffentlichkeit so bereitwillig - unterstützt durch
ehrenamtliche Damen des Flechtinger Heimatvereins - zur kostenlosen(!)
Besichtigung zur Verfügung stellt.
Genauso freundlich wird man in der nagelneuen Glaskonstruktion der
Touristeninformation im Kurhaus betreut. Bei unserer Ankunft hatte
Heidi schon
einmal wegen einer Unterkunft dort vorgesprochen. Nun heisst es "Jetzt
sehen sie ja schon viel besser aus". Das liegt natürlich am Duschen und
Frischmachen. Wir dürfen auch hinaufsteigen auf eine
Aussichtsplattform, von wo man aber auch nicht mehr sieht. In einem
Raum hat man wissenswertes über das Flechtinger Schloss ausgestellt.
Auch die Dame von der Information kann sich nicht genug tun, uns
allerhand mitzuteilen. Als ihr -Telefon klingelt, können wir ausreissen.
Also: das Flechtinger Schloss wurde um 1307 als Wasserburg von einer
Familie von Schenck errichtet. In deren Besitz blieb die Burg bzw. das
spätere umbenannte Schloss
bis in das Jahr 1945, als es unter russischer Besatzung enteignet
wurde. Nach der Wende 1990 wollte die Familie Schenck das Schloss nicht
wieder haben. Ein erster Käufer hatte sich zusätzlich mit den Burgen
von Altenhausen und Belzig finanziell übernommen. Nun bemüht sich
bereits ein zweiter Käufer um eine sinnvolle Nutzung der Burg. Ob
Forschungseinrichtung, Hotel oder dgl. Am Festwochenende vom 21.8. bis
23.8. anlässlich des 10 jährigen Bestehens von Flechtingen als
Luftkurort wird der Innenhof des Schlosses erstmals seit 10 Jahren
wieder zugänglich sein. Ob die Besucher dann alle Bauhelme aufsetzen
müssen, falls es von den Fassaden rieselt?
Zum Abendessen finden wir uns im Biergarten von Eckardt's Gasthaus ein, der gleich
um die Ecke von unserer Pension am Park liegt. da sitzt man direkt am
Schlossteich, das Schloss und die Bäume am Ufer als sich im Wasser
wiederspiegelnde Kulisse vor einem. Heidi ist so begeistert von der
Aussicht, dass sie mich zurückjagt, den Fotoapparat zu holen und ein
Panoramabild zu machen. Das könnte man ja dann auch zu Hause zur
Fototapete ausarbeiten... Wir speisen vorzüglich bei Zwiebelsteak und
Rinderleber und laben uns am Köstritzer Bier. Wo das herkommt, weiss
auch die Wirtin nicht, obwohl sie die Brauerei schon einmal besichtigt
hat. "Dann kommt es wohl aus Köstritz" sagen wir. (Und das stimmt, es
kommt aus Bad Köstritz bei Gera, s. Wikipedia).
In unserer Pension können wir zum Abschluss den Abend auf dem Balkon
auf der Parkseite verbringen. Dazu haben wir uns ein Fläschchen Wein
besorgt und so kann man sagen: das ist ja beinahe wie im Urlaub.