Und dann endlich erreichen wir den Weserdeich, ein Blick auf den Fluss, und da fährt sie ja, die Fähre. Sogar vollbesetzt, weil von der gegenüberliegenden Seite Unmengen von Radlern an Bord sind, und andere warten noch. Gentsiet - nennt sich die Fähre, und wir geniessen die überfahrt und die unverhoffte überraschung. Nur wissen wir inzwischen überhaupt nicht mehr, wo wir uns befinden. Da gibt es eine Ansiedlung die nennt sich Grinden. Einer Dame werden wir ansichtig, die sammelt gerade mit einer Schaufel Kuhfladen auf der Wiese auf, was immer sie damit vorhaben mag. Sollten wir nun hinüberrufen: Sind wir hier in Grinden? Nein wir lassen sie lieber ungestört bei ihren Kuhfladen und finden uns nahe einem Ort namens Hagen wieder, um dann bald an der Schleuse Langwedel Rast zu machen.
Hier werden 5m Höhenunterschied geschleust, und dafür hat man extra
einen 8 km langen sog. Schleusenkanal gebaut. Damit sind wir wieder auf
dem offiziellen Weserradweg angelangt.
Weiter geht es gegen den Wind und so erreicht man bald die Aussenbezirke
der Stadt Verden. Dort befinden sich der Sachsenhain und eine
Storchenstation zur Pflege kranker oder verletzter Störche. Im
Sachsenhain hat man 4500 Findlinge aufgestellt zur Erinnerung an die
angebliche Enthauptung von 4500 heidnischen Sachsen unter Karl dem
Grossen. Diese "völkische" Idee mit den Findlingen hatten allerdings die
Nationalsozialisten im Jahre 1935.
Unser Hotel Verdener Hof liegt nun vielversprechend in der "Nassen
Strasse". Wenn man
Passanten nach dieser Strasse befragt, herrscht nur Ratlosigkeit. Ein
kleiner Junge verrät uns "Wir gehen jetzt nach Helga". Das hilft uns
nicht unbedingt weiter. Um die nächste Ecke, und dann stehen wir doch
unversehens vor dem Hotel. Grosse Erleichterung, denn die Fahrt gleich
zu Anfang und mit dem Gegenwind war doch anstrengend.
Nach einem erfrischenden Weizenbier begeben wir uns zum Stadtzentrum,
Rathaus, Dom und so. Dort tummeln sich die Dohlen. Auffallend viele
italienische Restaurants und Eiscafes gibt es hier, die nennen sich
meistens Bistro. Wir speisen
aber in unserem
Hotel, wo man draussen sitzen kann. Es gibt Schweinerückensteak und
Medallions, und das schmeckt zusammen mit ein paar weiteren Bierchen.
Gegenüber befindet sich ein Schlafbaum für Krähen, die sich nach und
nach einfinden, bis auch wir uns zurückziehen.
Sonntag, 2.8., Verden - Schwarmstedt
55 km
Heute morgen müssen wir zunächst die Aller überqueren, wo die Brücke
gerade erneuert wird. Zum Glück gibt es eine Behelfsbrücke. Hier hat
man einen schönen Blick auf die Kulisse der Stadt, die von dem
klotzigen Dom beherrscht wird. Dann fangen wir an zu mogeln, indem wir
nicht dem offiziellen Radweg durch die Felder folgen, sondern auf der
Landstrasse bis zu dem Ort Barnstedt
abkürzen. Nun geht es wirklich malerisch an der Aller entlang bis zu
den Orten Westen und Hülsen. Ab hier fährt man eine
ganze Weile angenehm und windgeschützt auf einer ehemaligen Bahntrasse.
Ein grösserer Ort ist dann Rethem.
Dort stehen die Reste einer Bockwindmühle von 1594. Noch ist die Mühle
ohne Flügel, bis man mit den Restaurierungsarbeiten so weit ist
Immer schön an der Aller entlang - inzwischen bei schwächerem Wind - gelangen wir schliesslich nach Ahlden, wo man sich eine Rast verdient hat. Zu Füssen des alten Spritzenhauses lassen wir uns nieder. Man wird sogar mit Musik aus einer nahen Garage oder Scheune berieselt: "Deine Spuren im Sand..." oder "Ein Schiff wird kommen..." (in Ahlden an der Aller). Unsere Trinkvorräte gehen zur Neige und nebenan ist ein Laden. Aber der hat zu und es gibt dort auch nur Tischlereierzeugnisse, oder eine Beerdigung könnte man buchen. Am Haus befindet sich ein Bildschirm, auf dem man life das Leben in einem Storchennest verfolgen kann. Die Kamera ist oben am Spritzenhaus angebracht, das Nest thront auf einem nahen Schornstein. Auch die Geschichte dieses Nestes ist dokumentiert, wie viele Jungstörche es in welchem Jahr gab, oder wann ein Sturm das Nest heruntergefegt und damit die Brut zerstört hat. Ein Dorfbewohner macht uns wenig Hoffnung, dass man hier - zumal am Sonntag - irgendwo etwas trinkbares einkaufen könnte
Da hat der sich geirrt. Kurz hinter Ahlden geraten wir an eine Art Gartenwirtschaft, die nennt sich Blaubeerland. Dort kann man Blaubeeren und alle möglichen daraus hergestellten Erzeugnisse erwerben. Natürlich setzt man sich mit einem Schälchen Blaubeeren gleich an den nächsten Tisch. Uns wird erzählt, dass 80% der weltweit produzierten Blaubeeren aus dieser Region stammen. Schmecken tun sie natürlich toll. Auch zwei Fläschchen Mineralwasser sind im Angebot. Natürlich erkundigen wir uns auch nach einer übernachtungsmöglichkeit auf dem weiteren Weg. Da gebe es das Leine-Hotel in Schwarmstedt, wo man gut übernachten und noch besser speisen könne. Na dann mal los
Nun schon an dem Fluss Leine entlang, die wir aus Göttingen, Alfeld oder Hannover kennen, kommen wir an die Bothmer Mühle von 1832, die man wieder funktionstüchtig restauriert hat. Gegenüber liegt das Hotel Schloss Bothmer, wo der Preis für eine übernachtung eine Kategorie höher liegen mag. Durch den Ort Bothmer hindurch sind wir dann auch schon in Schwarmstedt, wo "hinter dem Friedhof rechts" das Hotel liegt. Heidi macht mich darauf aufmerksam, dass wir gerade an besagtem Friedhof entlang fahren. "Danke" sage ich
An dem Hotel fahren wir zunächst vorbei, weil das seinen Namen geändert hat und nun "Tepe's Gasthof" heisst. Es ist gerade kurz nach 15 Uhr und das Hotel öffnet erst um 17 Uhr. Es gibt aber eine Telefonnummer, und es stellt sich heraus, dass der Chef sich gerade hinter dem Haus befindet und uns sogleich ein Zimmer zuweisen kann. Da sind wir wieder froh. Nach der erfrischenden Dusche wandeln wir ein wenig in der Gegend herum, kommen aber nur bis zu einer Bank in den Feuchtwiesen. Eine schöne Teichrose und die Blüte einer Seerose lassen sich bereitwillig fotografieren.
Nach 17 Uhr finden wir uns pünktlich im Biergarten ein, der sich dann auch schnell füllt. Zum Essen gibt es Holsteiner Schnitzel und Geschnetzeltes und wir geniessen den ausklingenden Tag