Sonntag
Wir wollen noch einmal auf den Burgberg. Wir haben die mittlere Anlage noch nicht gesehen. Außerdem hat man da oben eine alte Karawanserei zum Hotel umfunktioniert, das kann man sich ja mal ansehen. Zunächst landen wir natürlich in dem kleinen Restaurant am Parkplatz. Heute wird es teuer, abgesehen von dem Apfeltee. Wir erstehen einen weiteren Bildband über Alanya, der von einem pensionierten Lehrer verfaßt wurde. Außerdem kommt Heidi nicht an einer der Tischdecken vorbei, die zum Verkauf aufgehängt sind.
Wir wandern wieder den Berg hinunter und kommen an der Rückseite jener ehemaligen Karawanserei heraus. Bald stehen wir auch vor der Vorderseite und werfen einen Blick in den Innenhof. Da zweigen kleine Zimmertüren zu den Schlafräumen ab. Wir wagen uns noch ein wenig weiter und entdecken prompt ein Gewölbe mit der Kennzeichnung "Harem". Ist wohl heute eher ein Speisesaal. Man hat uns erzählt, daß unter dem Gebäude noch verließartige Gewölbe seien. Es läßt sich von den dienstbaren Geistern aber keiner herbei, uns diese zu zeigen.
Wir wandern nun durch enge Gäßchen zu den Überresten der mittleren Burganlage. Hier sind noch ein paar mehr Mauern erhalten als auf der oberen Burg. Ein Mädchen wandert hier herum und erklärt den Gästen den Zweck der ehemaligen Gebäude. Obwohl die Burg etwa im 12./13. Jahrhundert in dieser Form angelegt wurde, wird alles auf unsere gute Kleopatra bezogen. Hier war ihr Badehaus, dort ihr Schlafgemach. Durch ein Portal hat man einen schönen Blick auf den Kleopatrastrand. Das war ihr Schlafzimmerfenster. Der geschichtliche Hintergrund besteht darin, daß einst nach der Ermordung Caesars 44 v. Chr. jener Antonius die Herrschaft des Oströmischen Reiches übertragen bekam. Nach seiner Heirat mit Kleopatra hat er die Burg und den umgebenden Distrikt seiner Gemahlin zum Geschenk gemacht. Die hat sich dann wohl nicht nur an dem nach ihr benannten Strand geahlt, sondern die wertvollen Zedernwälder zum Bau ägyptischer Kriegsschiffe abholzen lassen. Leider endet diese Geschichte mit einer Niederlage 30 n.Chr. und dem Selbstmord der Beteiligten. Wenn ich richtig rechne, liegen aber fast 70 Jahre dazwischen, über die nichts berichtet wird.
Man kann in den Burgruinen luftig zwischen den Zinnen herumklettern, worauf ich mit Rücksicht auf meine zagende Gattin auch gern verzichte. "Can I help you" bietet einer an, aber ich winke ab. Schadenfroh schauen wir einer Holländerin zu, die sich zitternd mit Unterstützung ihres Begleiters eine steile Rampe herunter quält. Wir wählen nun einen Weg geradewegs den Hang hinunter, der in einem Kiefernwäldchen endet. Da ist es durch die herabgefallenen Kiefernnadeln recht rutschig und ich heimse mal wieder gehörige Kritik über diese Abkürzung ein. Als wir an einem Friedhof rauskommen, sind wir wieder unter den Lebenden.
Nun sind es nur ein paar hundert Meter durch neu bebautes Gelände, dann sind wir schon an unserem Hotel, wo wir den sonnigen Tag in gewohnter Weise angenehm genießen.
Montag
Wir erleben den ersten Tag, der einen daran denken läßt, sich an den Strand zu begeben. Dort kann man Liegen und einen Sonnenschirm mieten, sich bequem lagern und den Blick über das blaue Meer schweifen lassen. Das Wasser ist nicht ganz vertrauenerweckend, da schwimmen so einige bräunliche Schaumbläschen herum. Wenn man etwas weiter raus schwimmt, wird es sauberer. Ein paar mutige Jugendliche klettern auf die Felsen und köppern dann runter, gerade so erreichen sie das Wasser. Ab und zu kommen Ausflugsschiffe um die Felsnase, manche ankern auch zu einer Badepause.
Mehr gibt es von diesem Tag eigentlich nichts dramatisches zu berichten. Immerhin haben wir uns die nötige Bräune geholt, wenn auch auf Schienbeinen und Fußrücken es bedenklich brenzelt. Abends brenzelt es auch hoch oben im Gebirge, da steigt plötzlich eine senkrechte Rauchsäule auf. Wir denken an die verheerenden Brände, von denen man immer wieder liest. Aber der Spuk ist bald vorbei.
Der Abend wird frisch, so sitzen wir mit unseren Kemalbüchern ganz gemütlich in unserem Zimmer und machen einen Leseabend.
Dienstag
Am Eingang zur Werft geht es über glitschige Steine, dort quittiert Heidi die weitere Begleitung. Der freundliche Herr geht munter winkend voran und ich folge ihm. Man betritt die unterirdischen Hallen, die so eine Art Trockendock mit ansteigendem Boden bilden. Trotz der Dunkelheit gelingt mir ein gutes Foto von den Verbindungsbögen zwischen den fünf Hallen. Der freundliche Herr ist nicht zu bremsen, nun lotst er mich auf der anderen Seite wieder hinaus, den Hang hoch auf den Turm der ehemaligen Kanonengießerei. Viel zu sehen ist da aber eigentlich nicht. Zu meiner Information erfahre ich per Zeichensprache, daß die Schießscharten zum Schießen benutzt wurden. Das ist sehr informativ. Nun wird gegenseitig auf Wunsch des freundlichen Herrn ein Foto gemacht.
Beim Verpacken des Fotoapparates gerät mir die Geldbörse in die Hand, man sollte sich für die nette kleine Führung doch immerhin erkenntlich zeigen. Leider habe ich kein Kleingeld, nur 10 Millionenscheine (DM 7.50). Der freundliche Herr hat schon seinerseits ein paar Geldscheine aus der Tasche gezogen und ich gebe ihm einen Schein in Erwartung von Wechselgeld. Dem ist aber nicht so, er zeigt weiter auf meine Geldbörse und ich gebe ihm - warum weiß ich bis jetzt nicht - einen weiteren Schein. Da zeigt er weiter fordernd auf meine Geldbörse. Jetzt erst kapiere ich, er hält mich für doof, womit er nicht ganz unrecht hat. Ich schalte endlich und winke ab. Die Münze im Wert von 20 Pfennig, die er erspäht hat, will er aber auch noch haben. Mir geht ein Licht auf, was da gespielt wird und ärgere mich maßlos. Natürlich kann ich ihm das Geld nicht wieder abnehmen, auch möchte ich bei dem Rückweg nicht am Fuß der Klippen enden. Also folge ich ihm zähneknirschend wieder hinunter.
Dort finde ich meine Gattin aufgelöst vor. Sie ist in der Zwischenzeit von einem seltsamen Individuum belästigt worden. Zum Glück kamen dann ein paar andere Leute um die Ecke, sonst weiß man nicht, was noch passiert wäre. Also eine Begegnung der dritten Art, das gehört auch dazu.
Wir machen nun zur Entspannung die offizielle Besichtigung des Roten Turms. Das kostet nur einen Bruchteil dessen, was man mir gerade abgeluchst hat. Man steigt dort drinnen etliche etwas eigenartige Treppen hinauf, bis man auf die obere Plattform gelangt. Dort ist die Öffnung der Zisterne, die bis zum Fuß des Turms hinunter reichen soll. Sie konnte den Wasserbedarf für ein ganzes Jahr speichern. Oben von den Zinnen hat man wieder die berühmten Ausblicke. Heidi ist inzwischen einem weiteren deutschen Paar beim Fotografieren behilflich.
Am Nachmittag werden wir Zeuge eines Lichtspiels über dem Meer, daß sich nur selten ereignen soll. Die dünne Wolkendecke hat manchmal kreisrunde Löcher, wo die Sonn hindurch scheinen kann. An der Stelle sieht es aus, als ob das Meer brodelt. In dem so entstehenden Kamin scheint das Wasser in einer Säule aufzusteigen. Einige behaupten, das sei eine Windhose und vor Jahren sei einmal ein Fischerboot darin verschwunden. Es handelt sich aber wohl doch nur um ein Lichtspiel. Beim Abendessen beobachten wir dann sogar weit hinten am Horizont mehrere solcher Erscheinungen nebeneinander, das sieht aus wie eine Orgel.