Wie wir später von den Grosseltern erfahren haben, sind sie eine flämische Großfamilie bestehend aus drei Generationen, 15 Personen insgesamt. Was besonders auffällt ist, dass diese Familie sehr liebevoll während der ganzen Fahrt miteinander umgegangen ist. Auf diese Weise machen sie seit Jahren gemeinsam Urlaub. Das könnten wir uns geradezu als Vorbild nehmen, aber wir sind ja erst elf Personen, Hund Otto eingerechnet. Und ob wir uns auch so einträchtig verstehen würden - das weiss man nicht!
Unsere Gruppe besteht dagegen aus c.a. 20 Gästen und der Reiseführer heißt Josef. Wir besteigen einen Bus und werden über die Nilbrücke nach Theben West gefahren. Es wird sogleich erklärt, dass Osten Leben bedeutet, weil dort die Sonne aufgeht, der Westen ist dagegen eher dem Reich der Toten vorbehalten. Folgerichtig geht es nun in das Tal der Könige, wo sich 63 Gräber befinden. Die Gräber wurden hier an geheimen Orten angelegt, weil die Pyramiden zu auffällig waren und ausnahmslos ausgeräubert wurden. Am Ende dieses Tals ist wenigstens ein Berg, der aussieht wie eine Pyramide. Die Toten wurden mit allem ausgestattet, was man für die Reise ins Jenseits oder wohin auch immer benötigen konnte. So waren die Grabkammern gefüllt mit Schmuck, Gold und Gebrauchsgegenständen, die dann aber nach und nach auch immer weniger wurden.
Bekanntermaßen wurde das Grab
des Tut-anch-Amun
im Jahre 1922 von dem englischen Archäologen Howard Carter zuletzt
entdeckt. Dieses Grab war nur wenig ausgeplündert und enthielt
5000
Einzelstücke von unschätzbarem Wert. Deswegen kostet das Grab
heute einen Extra-Eintritt.
Haben es sich die Pharaonen beim Anlegen ihrer geheimen Gräber
träumen lassen, dass heute tagtäglich Menschenmassen aus
aller Welt, einer Welt, die sie noch gar nicht kannten, diese
Stätten aufsuchen? Wir stellen unserem Reiseführer Josef
natürlich die naheliegende Frage, ob es hier noch weitere
unentdeckte Gräber geben könnte. Er meint aber, bis auf einen
habe man die Reihe der Pharaonen beisammen. Nun sind aber nicht alle
Gräber nur für Pharaonen angelegt worden, sondern auch
für hochgestellte Beamten und dergleichen.
Mit der normalen Eintrittskarte darf man 3 Gräber besuchen. Manche
Gräber werden auch zeitweise geschlossen, weil der Besucherandrang
den Farben und Malereien zusetzt. Fotografieren ist generell verboten.
Im Nachhinein fragen wir uns, welche der drei Gräber wir nun
eigentlich besucht haben. Womöglich war es sogar das von Ramses
II, der von allen Pharaonen am längsten geherrscht hat. Jedenfalls
geht man eine Treppe runter, einen langen Gang entlang durch mehrere
Kammern und kehrt dann wieder um. Die Malereien und Hieroglyphen sind
teilweise erstaunlich gut erhalten. Aber alles was sich tragen
lässt, ist natürlich aus den Gräbern verschwunden.
Die beiden weiteren Gräber, die wir noch besucht haben, kriegen
wir auch nicht mehr zusammen, die lagen ziemlich weit hinten. Eine gute
Quelle im Internet haben wir aber gefunden bei:
http://www.fam-reim.de/Tal_der_koenige.htm
Unser Führer Josef teilt uns abschließend mit, das heute
Temperaturen von 39 Grad herrschen. Da ist der "Filmriss" zu
entschuldigen. Dann wird noch ein Gruppenfoto angefertigt, das wir ein
paar Tage später für ein paar Euros erwerben können.
Außerdem gibt es eine CD bzw. DVD von dem Fotografen Naschaat
Obaid Saad mit 3500 Fotos aus ganz Ägypten für 10 €. Diese
Anschaffung lohnt sich ganz besonders.
Wir fahren nun ein paar Kilometer aus dem Tal der Könige hinaus zu dem Ort, wo einst die Arbeiter für die Königsgräber untergebracht waren. Die Arbeiter wurden mit verbundenen Augen an ihren Arbeitsplatz gebracht, damit der Ort geheim blieb - so wird uns erzählt.
Heute betreibt man hier Alabasterwerkstätten und
versucht mit allerhand Hokus Pokus den Touristen etwas anzudrehen.
Besonders die Fruchtbarkeitsstatuen mit überlangem Penis rufen
Heiterkeit hervor. Wenn einem das zu viel wird und man vor die Tür
tritt, wird man sogleich von bettelnden Kindern umringt. Man kann
gerade mal so ein Foto um die Ecke schießen, dann muss man sich
wieder in den Bus flüchten.
Bei der Weiterfahrt werden uns Hügel gezeigt, wo man die
Behausungen hat abreißen lassen. In den Hügeln befinden sich
nämlich auch Gräber von allerdings niedriger gestellten
Personen. Aber für die darüber wohnenden war es einfacher,
hinter, neben oder unter dem Haus herumzubuddeln.
Das nächste Ziel ist der Tempel der Hatschepsut, der seine traurige Berühmtheit durch den Terrorangriff im Jahre 1997 mit 68 Toten erlangte. Seitdem hat man die Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärft und man sieht überall bewaffnetes Militär. Dieser Tempel ist ein Monumentalbau mit zwei Terrassen, die durch Rampen verbunden sind. Über das Leben - soweit bekannt - der Hatschepsut könnte man wohl einen Roman schreiben, an dieser Stelle kann nicht genauer darauf eingegangen werden. Heute kämpft man sich mit den Massen mühsam voran, bis man schließlich den Innenhof erreicht, aber bei dem Gedrängel kaum wieder hinaus kommen kann.
Weiter oben am Berghang erkennt man einen weiteren
Grabeingang, der wohl für die Hatschepsut vorgesehen war, als sie
noch weniger vornehm bzw. mächtig war. Über deren Ende
herrscht ohnehin Unklarheit, womöglich ist sie von ihrem Stiefsohn
beseitigt worden.
Unsere Gruppe versammelt sich wieder an dem Freiluftcafe. Gleich
daneben ist ein brunnenartiger Schacht mit einer Leiter darin. Handelt
es sich womöglich um einen "Nilometer"? Diese dienten der Messung
des Wasserstandes im Nil. Nur ist der Nil von hier aus etwas weit
entfernt.
Die letzte Station für heute sind die Memnon Kolosse. Diese waren
ursprünglich aus einem Block Sandstein oder Quarzit gefertigt,
wurden aber durch ein Erdbeben zerbröselt. Das sieht man ihnen
heute leider an. Als sie noch intakt waren, sollen sie gesungen haben.
Man meint, das habe an den Temperaturunterschieden gelegen, die an den
Rissen im Gestein singende Töne verursacht haben. Heute singen sie
nicht mehr, und das kann man verstehen, wenn man sie genau anschaut.
Damit ist das Besichtigungsprogramm für heute beendet. Zurück
an Bord werden wir nobel empfangen. Es werden angefeuchtete
Handtücher und Tee gereicht, damit man sich wieder akklimatisieren
kann. Nach dem Mittagessen legt das Schiff ab. Nun beginnt die mit
Spannung erwartete Schiffsfahrt auf dem Nil und wir sichern uns zwei
Liegen auf dem Sonnendeck ganz vorn.
Was nun abläuft ist ein Film in natura. Die Behausungen an den
Ufern des Nils gleiten an einem vorüber bzw. wir an ihnen. Am
malerischsten sind die Hütten und Gebäude erbaut aus
Nilschlamm oder einfachen Ziegeln. Aber das sind auch die
ärmlichsten. Zwischen ihnen verlaufen schmale Gassen das Ufer
hinauf. Am Wasser tummeln sich Ziegen, Esel oder Wasserbüffel, die
aber meistens nur eine Kuh sind. Die Menschen in lange graue
Gewänder gekleidet lagern im Schatten. Die sind fix und fertig von
der Hitze. Heidi meint, vielleicht mit Recht, die seien
glücklicher als wir in unserer ständigen Wohlstandshektik. So
ganz sicher kann man sich da nicht sein. Es sind verschiedene Welten -
wir auf dem noblen Nilschiff, und dort die Fellachen, die leben um zu
überleben. Es gibt unzählige Palmenhaine, die mitunter einen
Hauch Karibik aufkommen lassen. Dazwischen Felder mit Bananenstauden
oder Zuckerrohr.
Mitunter verzweigt sich der Nil und umströmt eine Insel. Auch auf
diesen Inseln, die manchmal noch teilweise unter Wasser stehen, weidet
das Vieh oder es schippern ein paar Einheimische mit kleinen Booten
herum, vielleicht fangen die Fische. Unser Schiff Mahrousa
überholt derweil einen Nildampfer nach dem anderen, das wird uns
an der Nilschleuse bei Esna zugute kommen.
Am Spätnachmittag haben wir Esna erreicht. Hier befindet sich die
Schleuse, die pro Stunde jeweils zwei Schiffe Nil-aufwärts wie
abwärts abfertigen kann. So kommt es zu einem Stau. Das machen
sich die nicht fliegenden sondern schwimmenden Händler zunutze.
Sie umlagern mit ihren Booten die ankernden Schiffe und werfen in
Plastiktüten
verpackte Textilien hinauf auf das Sonnendeck. Einiges landet im Pool
und muss herausgefischt werden. Wenn einem ein Stück gefällt,
kann man von oben herab einen Preis aushandeln und das eingetütete
Geld hinunter werfen. Diese Art von Handel scheint gut zu
funktionieren, auch bei uns an Bord bleibt einiges hängen.
Bis wir mit dem Schleusen dran sind, ist die Dunkelheit
hereingebrochen. Die Fahrt wird noch im Dunkeln fortgesetzt, bis die
Stadt Edfu erreicht ist. Dort liegen jeweils etliche Schiffe
nebeneinander am Kai und wir verbringen die Nacht dort. Man hat hier
etwa die Hälfte der Strecke bis Assuan hinter sich.