Land's End to John O' Groats 12.6.-27.6.1999

Eine Radreise durch England, Wales und Schottland

Kapitel 4: Südschottland

9. Tag, Sonntag: Dumfries - Kilmarnock - Irvine
9.30-19.00, 107 km trp, 13.3 km/h avg, 35.4 km/h max, 1148 km total

Ein paar Worte muß ich noch über meine Unterkunft verlieren. Es handelt sich um eine typisch britische (wehe man verwechselt englisch mit schottisch) Wohnungseinrichtung, eben old fashioned. Es stehen eine Menge Sachen herum, Uhren, Vasen, Obst- und Keksschalen, Döschen und Kissen. Elektrische Kamin-Attrappen sorgen für angenehme Temperierung. Ferner liegt ein Buch aus mit unzähligen Gedichten eines gewissen Robert Burns, der im 18. Jahrhundert in dieser Stadt gelebt hat. Wenn man genauer nachforscht, stellt sich heraus, daß es sich um Schottlands meistgeliebten Dichter handelt. Ferner erfahre ich, daß zur Zeit in Dumfries ein großes Fest gefeiert wird, das nennt sich "Good Neighbours". Davon habe ich gestern im Regen wenig mitbekommen.

Heute herrscht strahlender Sonnenschein, ich gehe voller Tatendrang vor dem Frühstück schon mal die Kette ölen. Da Sonntag ist, wird es mit dem Aufbruch heute etwas später, da kennt man nichts. Mein Tatendrang wird bald nach dem Start allerdings gedämpft als ich merke, was angesagt ist: Gegenwind! Die Strecke führt immer am River Nith entlang, parallel verläuft auch eine interessante Eisenbahnlinie. Heute habe ich reichlich Gelegenheit zum Meilenzählen, wo es so langsam und mühsam voran geht. Erste Abwechslung ein Ort namens Holywood. Mehr als dessen Namen ist allerdings nicht erwähnenswert.

Im Tal des River Nith
Die Landschaft ist jedoch sehr schön, leicht gewellte Berge begleiten das Flußtal, die Gegend heißt hier Southern Uplands. Weiter talaufwärts wird der Fluß und sein Tal wilder, da sieht man auch schon mal Kanuten oder Schlauchbootfahrer auf den schäumenden Wassern. Das Wasser ist durch die gestrigen Regenfälle schokoladenbraun. Einmal sehe ich zwei schwerbeladen Radtourer vor mir, aber ehe ich sie erreiche biegen sie auf einen Rastplatz ab. Ich zockele lieber weiter, wobei die Windverhältnisse zwischen Enterkinfoot und New Cumnock am schwersten sind, weil man genau nach Westen fährt.

Cumnock
Hier oben liegt das Quellgebiet des River Nith und man hat einen weiten Blick. Ganz weit vorne erheben sich mächtige blaue Berge. Lange später kann man sie identifizieren: es sind die Berge der Isle of Arran. Mit dem Ort Cumnock kommt wieder etwas Abwechslung auf, da gibt es hübsche Hausfassaden. Auf dem letzten Stück für heute Richtung Kilmarnock gerate ich wieder in die Fänge der Hauptstraße A76, der man nur entrinnen kann, wenn man Umwege und zahlreiche Anstiege in Kauf nimmt, was ich lieber lasse.

In Kilmarnock wollte ich eigentlich ein Quartier suchen. Aber der Ort gefällt mir gar nicht. Man hat für meinen Geschmack zu modern gebaut, eine sterile schnurgerade Fußgängerstraße mit einem riesigen Einkaufszentrum. Ein Mädchen mit lückenhaften Zähnen trollt herbei und ist schwer wieder los zu werden "I like your bike" sagt sie und streichelt über den pulver beschichteten Chrom-Molybdän Rahmen. Ich mache mich lieber auf die Socken, es wird sich zeigen, daß ich richtig daran getan habe.

Der nächste Ort ist Irvine und bis dorthin kann man wenigstens ein Stück auf einer Nebenstraße fahren. In Irvine habe ich wieder einige Probleme, ein Quartier zu finden. In den Pubs und Bars ist man munter mit dem beidhändigen Bierstemmen beschäftigt. Obwohl meistens Hotel an den Häusern steht, wird immer wieder beteuert, daß man keine Zimmer habe. Außerdem sind die Leute hier kaum zu verstehen, sie sprechen einen ziemlich harten Dialekt. Dann klappt es aber doch noch beim "Laurelbank Guest House, 3 Kilwinning Road". Mein China-Restaurant liegt nur ein paar Straßenblocks entfernt. Dafür verliere ich heute eine Pfundmünze in einem defekten Telefonautomaten. In meinem Zimmer läuft die Heizung, das ist mir und einigen Kleidungsstücken nach dem Regendesaster sehr willkommen.

10. Tag, Montag: Irvine - Ardrossan - Isle of Arran - Lochgilphead
8.15-18.45, 90 km trp, 13.7 km/h avg, 45.4 km/h max, 1238 km total


Fähre Ardrossan - Isle of Arran
Zum Glück bringt mir der Chef am Morgen den Zeitplan der Fähre von Adrossan zur Insel Arran. Die fährt nämlich um 9.45 und es sind noch 13 km bis dorthin. Die nächste Fähre fährt erst wieder zwei Stunden später. Außerdem erklärt mir der Chef, wie ich auf einer Radroute am Ufer der Flußmündung fahren kann. Dort sind sogar Schilder der National Cycle Route bzw. Sustrans bzw. Coast-to-Coast (C2C) aufgestellt. Bald aber ereilt einen das übliche Schicksal: auf die 4-spurige Schnellstraße. Man hätte auch seewärts durch den Ort Ardrossan fahren können, aber ich folge lieber der Beschilderung zur Fähre um nichts zu riskieren. Ich komme dort gerade so eine knappe halbe Stunde vor Abfahrt an.

Ich freue mich so unbändig auf die Insel Arran - warum weiß ich gar nicht - daß ich in diesem Moment an keinem anderen Ort der Welt sein möchte. Fahrkarte lösen, schnell ein Foto vom Schiff der Caledonian MacBrayne (Hebridean and Clyde Ferries), dann an Bord, da gibt es sogar eine Bicycle Area mit Stricken zum festzurren der Räder. Das Schiff ist ziemlich gut ausgestattet mit Restaurants, Aussichts- und Sonnendecks. Nach dem Ablegen herrscht allerdings ein ziemlich starker Wind, so daß man sich bald in das Innere verzieht.


Ablegen und

auf die Berge von Arran zu

Ich vertiefe mich erst mal in den umfangreichen Fahrplan der zahlreichen Fährverbindungen zwischen den schottischen Inseln und Halbinseln, Sounds und Lochs. Da kann man eine richtige Planung darauf aufbauen, und ich habe noch etwas besonderes vor, darauf werde ich später zurückkommen. Nach über einer Stunde läuft das Schiff in Brodick auf Arran ein. Ich lasse meiner Phantasie freien Lauf: vor eineinhalb Stunden noch auf der Autobahn - und jetzt im Paradies? Es ist ein Paradies, das schönste, was ich bisher auf der Tour zu sehen bekommen habe. Ich will hier eine Schleife fahren, d.h. erst die Insel überqueren und dann an der Westküste hinauf nach Lochranza, von wo aus einen die Fähre wieder zurück aufs Festland bringt (?: England ist selbst eine Insel, Mainland sagt man hier).


Brodick auf Arran

Das Paradies beginnt

Die Straße über die Insel ist ein kleiner Paß, und wenn man den hinauf schiebt, hat man die Muße, die Fülle an Vegetation und die atemberaubenden Ausblicke zu genießen. Das absolut Einmalige an dieser Insel ist, das die Klimazonen auf engstem Raum aufeinander folgen. An der Ostküste sind fast tropische Vegetationsverhältnisse anzutreffen, üppige Rhododendron-Dschungel und verfilzte knorrige Bäume.


Cattlegrid

Binsenwiese

Auf 200 m Höhe liegt schon die Baumgrenze und es folgen Flächen mit Heide- und Farnkraut. An den Berghängen grasen die Schafe. Wo das Wasser sich seinen Weg zwischen den Wiesenmatten gesucht hat, bilden sich schmale Schluchten, man mag sich vorstellen, wie ein Tal entsteht. Die ebenen Hochflächen sind moorig und üppig mit Wollgras bewachsen. Und blühender Fingerhut wohin man blickt. Soviel zur Beschreibung, zum Glück habe ich wieder Fotos. Als ich die Berghöhe überwunden habe und bergab durch die blühende Landschaft gleite, - ich muß mich jetzt als sentimental outen - bekomme ich eine Gänsehaut und Tränen in den Augen - kennt das jemand, dieses Gefühl?

Hier fährt man mit einer Gänsehaut - die nicht von der Kälte kommt


An der Westküste
An der Westküste kann ich - wieder nüchtern - ein wenig Vektorrechnung betreiben. Die Richtung der Straße hat nämlich eine Westkomponente, was einen unangenehmen Gegenwind zur Folge hat. Ab dem Ort Pirnmill schwenkt die Straße um wenige Grade und hat ab da eine Ostkomponente. Und siehe da, man hat den herrlichsten Rückenwind. Auf dieser Strecke hat man einen weiten Blick über den Killbrannan Sound hinüber zu den Bergen der langgestreckten, wie ein Finger geformten Halbinsel Kintyre. Dort gehen in grauen Schleiern Regenschauer nieder, an anderen Stellen scheint die Sonne, und das erzeugt interessante Lichteffekte.


Ruine mit Kochkesseln
Einer dieser grauen Schleier macht sich allerdings auch über die Insel Arran her. Man muß kurz die Regensachen raus holen, dann ist es schon wieder vorbei. Am Wegesrand entdecke ich die Reste eines Hauses, da sind noch große Kochkessel über Feuerstellen zu erkennen. Ich kann nicht sagen, wozu sie einmal gedient haben mögen.


Fähre Lochranza - Claonaig
Nun noch die Geschichte mit der Fähre zurück. Ich kenne ja die Abfahrtszeiten: 13.50 oder 15.05. Würde ich rasen, käme ich noch zur ersten Abfahrtszeit zurecht. Das lasse ich lieber bleiben, raste öfter und lasse die Landschaft auf mich wirken. Als ich lange vor 15 Uhr am Fähranleger eintreffe, legt die Fähre gerade an und fährt - für meine Begriffe - völlig fahrplanwidrig zu einer ganz falschen Zeit. Ein mitfahrender Radtourer meint dazu, das machten die sowieso, wie sie wollen. Ein erneuter Blick in den Fahrplan läßt mich fast erröten: es ist alles OK. Ich habe mir nur unsinnigerweise die Zeiten der Gegenrichtung eingeprägt.

Der erwähnte Tourenfahrer macht eine interessante Fahrt, er fährt nach Campbeltown auf Kintyre, von dort mit dem Schiff nach Nordirland und macht dort eine Küstentour. Da die Landschaft hier so zerrissen ist aber verkehrsmäßig geradezu netzartig erschlossen, kann man solche Unternehmungen sehr variabel gestalten - ich sagte es schon. Die Mutter meines Mitstreiters ist Deutsche und stammt aus Bückeburg - da bin ich mal zur Schule gegangen und habe mich damals über die vielen englischen Besatzer geärgert. Wir verlassen die Fähre in Claonaig, wo sich unsere Wege trennen. Ein paar gute Tips habe ich mit auf den Weg bekommen.


Der Ort Tarbert
Zunächst geht es quer über die Halbinsel über moorige Hochebenen. Einmal sehe ich auf einer Wiese einen grauen Laufvogel mit einem langen Schnabel. (Nach dem Bestimmungsbuch handelt es sich um den Großen Brachvogel, Curlew). Im Hintergrund verblassen die Berge von Arran allmählich, von hier wirken sie wie die Buckel in einem Eierkarton, rein topologisch. Man fährt auf der anderen Seite dann am Loch Tarbert entlang, das ist gar nicht mal so reizvoll. Um so hübscher ist der Ort Tarbert am Ende der langgestreckten Meeresbucht. Ich setze mich auf eine Bank und schaue ein paar Radfahrern im Rennoutfit zu, wie sie ihre Beine ausschütteln. Dann begebe ich mich in eine Bäckerei, um mal etwas Kuchen zu kaufen. Was ich für Kuchen halte, ist irgendwas mit Käse. Was die Verkäuferin für Kuchen hält, sind für mich nur Plätzchen oder Kekse. Also nehme ich das irgendwas mit Käse, leider habe ich die Bezeichnung des irgendwas nicht verstanden und noch weniger behalten. Schmeckt aber prima, das irgendwas!

Es geht weiter an dem breiten Loch Fyne entlang, hier sehe ich die ersten Lachsfarmen. Darauf kommen wir noch. Ansonsten sind hier viele Baustellen, man baut die Straße leider wohl zu einer Rennstrecke aus. Einmal überholt mich ein riesiger roter Bus mit deutschem Kennzeichen. RoHo = Rollendes Hotel steht darauf. Das sind diese Gefährte, wo die Mitreisenden in so einer Art Schubfach schlafen, auch als Training gegen Platzangst zu verstehen. Jedenfalls scheine ich mich in der richtigen Gegend aufzuhalten, denn wenn die schon hier lang fahren...

An einer Stelle an dieser Straße ist eine Schautafel über die Eigenarten des Waldes (Artilligan Forest), der sich von der Küste die Hänge hinauf zieht. Es soll sich um eine einzigartige von der Eiszeit überkommene Vegetation handeln. Wegen der reichlichen Niederschläge in diesen Breiten spricht man auch von einem nordeuropäischen Regenwald. Man wird sogar aufgefordert, mit Vorsicht den Wald zu betreten, aber da würde man nicht weit kommen.

Der nächste Ort heißt Ardnshaig, wo man vor eine Schranke vor einer Drehbrücke den Verkehr regelt. Hat da nicht vorhin einer was von einem Kanal gesagt? Es handelt sich um ein Industriedenkmal, und ich zitiere einmal, was auf der Schautafel zu lesen ist:

The canal was built nearly 200 years ago to encourage trade with the islands and avoid the hazardous route round the mull of Kintyre.

Mit 10 Schleusen hat man den Höhenunterschied landeinwärts überbrückt. Ich fahre noch etwas weiter bis Lochgilphead, wo es eigentlich nicht viel zu sehen gibt. Ich kann aber ohne lange rum zu suchen gleich im Argyll Hotel bleiben, wo ich auch zu Abend essen kann, diesmal ganz ordinär Fish and Chips bzw. vornehm ausgedrückt Fried Scramps.

Abends auf dem Zimmer habe ich Zeit und Platz für die große Karte. Ich arbeite jetzt meinen großen Plan aus, auf die Stunde genau. Ich will von Oban mit der Fähre auf die Äußeren Hebriden oder auch Western Islands auswandern, diese dann längs abfahren und mit der Fähre nach Ullapool zurückkehren. Eine kleine Mogelpackung ist auch mit dabei, man spart durch die Schiffsfahrten ein paar Kilometer. Da das Schiff von Oban erst am übernächsten Tag mittags fährt, ist quasi auch noch ein Ruhetag dazwischen, was auch nicht schaden kann.

11. Tag, Dienstag: Lochgilphead - Crinan - Oban - Conan/Ardgour
8.30-18.15, 128 km, 16.43 km/h avg, 51.0 km/h max


Schleusenanlagen des Crinan Canals

Loch Crinan
Vom Start heute morgen bis Oban ist es nur eine Halbtagstour, da kann man es gemütlich angehen lassen. Zuerst sollt man sich genauer mit dieser Kanalanlage befassen. Dazu kann man geruhsam auf der B841 an dem Kanal entlang fahren, sich die Schleusentore und das bergumsäumte Loch Crinan anschauen. Danach wird man allerdings hereingelegt, indem man über einen Berg in den Ort Crinan gelotst wird, das gilt für die Autofahrer. Als Radfahrer könnte man am Kanal bleiben und dann am Schluß über eines der Schleusentore queren. So schlau war ich aber auch erst zu spät.

Bilderbogen aus Crinan
Der Ort Crinan ist wieder so ein Ort, wo der Shangrila-Orden vergeben werden darf. Absolute Ruhe, vom Möwengeschrei abgesehen. Zwei alte Dampfer liegen in der Hafenbucht, ein Leuchtfeuer, Fischereigeräte usw. Nur ungern verläßt man diesen Ort wieder.

Es geht zunächst flach dahin durch Marschland mit Binsenwiesen bis man auf die A816 stößt. Genau an dieser Stelle befinden sich bei Templewood ein paar Vorzeitrelikte in Form eines Steinringes sowie ein paar senkrechter Steinplatten. Auf einer Schautafel wird vorgeschlagen, für ein Weilchen sich den Gedanken hinzugeben und zu grübeln, wozu diese Heiligtümer einmal gedient haben mögen. Mehr wird nicht erklärt.

Wenig später hole ich drei lustige Gesellen ein. Die kommen aus Deutschland, da muß man immer aufpassen, daß man nicht so lange englisch miteinander spricht, das ist dann irgendwie peinlich. Diese drei sind von Frankfurt nach Glasgow geflogen und wollen nun auf die Insel Mull. Viel Radfahren würden sie ja nicht, lieber Biertrinken. Und heute wollen sie auch nur bis Oban, da sieht man sich ja dann noch - denkt man.

Gelegentlich schaue ich mir mal die Landschaft an. Die Berge sehen aus wie jene der Modelleisenbahnlandschaften, kahl und wie mit grünem Tuch überzogen. Am schönsten ist es jedesmal, wenn man von einem Berg herunter an eine Bucht kommt, hier Loch genannt, wie man wohl schon gemerkt haben wird. Damit ist gleichzeitig gesagt, daß es auf dieser Strecke recht bergig zugeht, was mich wieder an meine liebe Frau denken läßt und eine gemeinsame Schottlandtour fragwürdig macht. Wenn man an einem solchen schönen Aussichtspunkt verweilt, passiert meistens folgendes: ein Auto hält an, man stöhnt vor Wonne auf, dann springt einer raus und macht ein Foto, springt wieder rein und es geht weiter. Ich schlage dann meistens gerade Wasser ab.

Nun gut, man muß ja auch viel trinken. Ich habe immer eine 2 l Flasche Schweppes oder Limo dabei. Bei einer dieser Gelegenheiten entdecke ich zu meinen Füßen eine Menge Knabenkräuter, also wieder mal kein Urlaub ohne Orchideenbild. Auch mit dem Viehzeug links und rechts hat man seine Freude, die glotzen einem mit unterschiedlichem Intelligenzausdruck in den Augen nach.


Oban
Früh am Nachmittag bin ich in Oban, wo mir der Verkehr und die allgemeine Geschäftigkeit gar nicht schmeckt. Ich suche natürlich sofort das Touristenbüro auf, um meinen penibel ausgetüftelten Plan zu konsolidieren (Tickets, Quartiervorbestellung). Da muß man Zeit mitbringen, denn es wuselt hier, vor allen Schaltern stehen Warteschlangen. Und was soll ich einen lieben langen Tag in Oban anstellen? Und verpasse ich nicht in Schottland die schönsten Gegenden, wenn ich mich mit den wahrscheinlich kargen Äußeren Hebriden einlasse. Und könnte man nicht heute noch ganz schön ein wenig weiterfahren?

Mein penibel ausgebauter Plan fällt zusammen wie ein Kartenhaus, geradezu fluchtartig verlasse ich Oban. Hier treffen sich anscheinend sämtliche Schottlandreisenden, der andere Treffpunkt wird Inverness sein, das zum Glück nicht auf meiner Radroute liegt. Ab Oban wird die Strecke schnell, natürlich habe ich wieder meinen Rückenwind, zum anderen kann man zwei praktische Brücken benutzen die einem das Umfahren jener im Wege liegenden Lochs ersparen.


Brücke über Loch Etive

Brücke über Loch Creran


Stalker Castle
Lange kämpfe ich mit dem Gedanken, bis Fort William zu Füßen des Ben Nevis durch zu fahren. Die Karte bietet aber eine viel bessere Variante, und die läßt sich praktizieren, wenn ich an der Fähre von Loch Linnhe eine Unterkunft finde. Die Fähre ist für Biker kostenfrei, das hat man gern. Auf der anderen Seite befindet man sich in dem District Ardgour und ich vertraue auf die Einrichtung "The Inn of Ardgour". Da muß ich erst einmal auf deren Computer vertraue n, denn der Checkin will nicht klappen und der Chef scheint mich darüber ganz vergessen zu haben.

Nachdem ich so 15 Minuten gewartet habe, werde ich ein bißchen ungeduldig und bekomme dann prompt meinen Zimmerschlüssel. Für die Räder würde gerade ein Schuppen gebaut, erfahre ich. "Das Radfahren in Schottland ist unglaublich schön, warum sind wir damals nur getrampt?" so habe ich auf die Ansichtskarte aus Oban an meinen Freund Roland geschrieben, mit dem ich vor 31 Jahren hier war. Damals sind wir allerdings gewandert, oben im Glenn Affric, das war auch nicht schlecht...

Das Abendessen findet in gepflegter Atmosphäre in der Bar statt. Ich wähle eine Lachsschnitte, man gönnt sich ja sonst nichts. Bei unserer damaligen Fahrt haben wir in dem Ort Glenelg beobachten können, wie man einen Schwarm Lachse umziengelt, herausfischt, tötet und sofort in Eis abtransportiert. Heute macht man das anders. Trotzdem ist der Lachs auch hier nicht gerade billig. Am Nebentisch sitzen ein paar Schweizer, die tafeln auch nicht schlecht. Auf die Frage "Do you like a pudding" heißt es "No, one more beer please". So ist es bei mir auch.

Sei noch die Aussicht geschildert, die ich aus meinem Zimmerfenster habe: direkt über das Loch Linnhe hinüber nach Fort Williams, dessen Lichter in der Nacht aufleuchten.


Kapitel 5: Mittelschottland
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