Türkei 11.4.-18.4.2009
Einwöchige Busreise in
Südwest-Anatolien
Wenn man heutzutage eine Reise bucht, ist das manchmal schon etwas
abenteuerlich. Ein Reisebüro braucht man kaum noch, es gibt ja
Internet, Sonnenklar und Telefon. In diesem Falle flatterte uns ein
Reiseangebot für eine Busfahrt in der Türkei ins Haus. Alles
umsonst - heißt es. Absender ist die Zeitschrift Hör Zu, die
wir seit vielen Jahren abonniert haben. Das soll nun eine Belohnung
sein. Nach einem klärenden Anruf ist die Sache dann doch
nicht kostenlos. Im April ist ein Saisonaufpreis zu zahlen, dazu kommen
Flughafen-Zuschlag und Halbpension, alles zusammen 486 € für eine
Woche und zwei Personen. Da kann man nicht meckern, wenn man bedenkt,
was sonst allein die Tagesausflüge am jeweiligen Ferienstandort
kosten. Sicher werden hier auch ein paar Verkaufsveranstaltungen dabei
sein. So etwas nennt der Fachmann bei billigen Reiseangeboten
"Refinanzierung". Wir entschließen uns also für diese
Unternehmung und werden so über Ostern nicht zu Hause sein und
Heidi spart das Kochen für die Kinder. Das wird stattdessen am
Karfreitag dann doch
veranstaltet und es gibt den ersten Spargel (aus Griechenland). Abends
wird Hund Otto in seine bewährte Pension verfrachtet, von wo er
jedes mal schlanker als vorher zurückkehrt.
1. Tag, Samstag, Antalya
Am Samstag morgen geht es los, der Flug von Hannover nach Antalya ist
10.15 - 14.50. Dabei geht einem unterwegs durch Zeitverschiebung eine
Stunde flöten. Gegen 7.30 Uhr werden wir vom Nightliner, dem
Zubringerdienst zum Flughafen, vor der Haustür abgeholt. Schon
ertönt es von den Mitinsassen aus Waggum und Wolfsburg: "Wir haben
bei Quelle eine Reise gewonnen". Aber auch sie haben zu bezahlt, und
zwar mehr als wir. Ja, dann haben wir ja auch eine Reise gewonnen. Beim
Einchecken haben dann alle ihre Reise gewonnen, bei Weltbild,
Bertelsmann oder sonstwo. Veranstalter derartiger Reisen ist die
refinanzierende Firma Viva d' Or,
die haben den ganzen Flieger von Sky
Air in Beschlag genommen.
Nach dem Abheben gen Osten schaut man erstmal angestrengt nach unten,
ich habe einen Fensterplatz. Da fällt mir ein etwa dreieckiges
Waldstück auf. Ist das nicht unser Wald? Und da stehen unsere vier
Windräder und wir fliegen tatsächlich über unser Dorf
Geitelde. Dann weiß man nicht mehr, wo man ist, in diesem Flieger
werden keine Bildschirme mit der Streckeninformation angeboten.
Zwischendurch kommt wohl mal die Donau in Sicht. Dazu gibt es zweimal
Getränke und ein eingetütetes Gummisandwich. Wenn man Hunger
hat, isst man sogar das.
Nach der Landung geht alles planmäßig vor sich, nachdem die
Koffer endlich auf dem Förderband erscheinen. Wir sind 10
Gäste, die mit dem Flug von Hannover gekommen sind. Man bringt uns
nun zu unserem ersten Hotel, dessen Lage oder gar Namen noch keiner von
uns kennt. Vorbei an zahllosen mehr als zehnstöckigen Wohnblocks
und z.T. auf abenteuerlichen Wegen werden wir schließlich im Club
Hotel Falcon im Ortsteil Lara
abgeliefert. Der Reiseleiter namens Aziz
erwartet uns schon. Man kann nun zusätzliche Buchungen vornehmen:
Gala Abend, All Inclusive, Mittagessen. Wir beschränken uns auf
die Eintrittsgelder für die Rundfahrt von 25 € p.P. Wir bekommen
ein Zimmer zur Straße raus, wo zwar kein Durchgangsverkehr ist,
aber im Eingangsbereich des Hotels herrscht immer Trubel, zumal hier
heute eine Hochzeit stattfindet.
In der Nähe ist heute ein ausgedehnter Obst- und Gemüsemarkt.
Da schlendern wir nun einmal hin und einmal her. Es werden auch kleine
gelbe Küken aus ihrer Kartonbehausung angeboten. Wenn man die
fotografiert, will der Besitzer gleich ein paar Münzen sehen.
Zurück im Hotel ist schon bald das Abendbuffet geöffnet. Das
ist mittelmäßig aber man findet schon was zum Sattessen. Nur
das Bier ist eine Katastrophe, blassgelb und wässerig zum stolzen
Preis von 3 €. Danach gibt es nicht mehr viel zu tun, wir werden am
nächsten Tag um 8 Uhr zur ersten Unternehmung starten, so legt man
sich nicht allzu spät zur Ruhe nieder. Wegen des Lärms muss
die Balkontür geschlossen werden. Am frühen Morgen
übernehmen ein Hund und die Muhedzine die Gestaltung des Konzerts.
2. Tag, Ostersonntag, Antalya
Um 6.30 werden wir per Telefon geweckt. Wenn man heute jemandem Frohe
Ostern wünscht, heißt es "Ach ja, ist ja Ostern". Nach dem
Frühstück geht es pünktlich ans Werk. Unser Busfahrer
heißt Schakir und wird
im folgenden sehr besonnen fahren, sodass
die Sorge über allzu rabiate Busfahrer gegenstandslos ist. Wir
haben einen schönen Platz zwei Reihen hinter dem Fahrer. Unser
Reiseführer Aziz bringt den Busgästen das "Guten Morgen" auf
Türkisch bei, und das heißt "Günaydin". Das i ist
allerdings ohne Punkt und wird wie ein stumpfes e ausgesprochen.
In Abänderung des ursprünglichen Programms ist für den
ersten Tag der Besuch von Hafen und Altstadt Antalyas und weiterer
Sehenswürdigkeiten vorgesehen, wie wir sehen werden. Zuerst wird
ein Ausblickspunkt angefahren, wo man einen herrlichen Blick auf die
Bucht von Antalya, den Strand und das Taurusgebirge hat.
Anschließend geht es ins Zentrum. Der Hafen, umgeben von steilen
Felsen, bietet wie immer ein malerisches Bild. Die verwinkelten Gassen
der Altstadt sind vorbildlich mit Natursteinen gepflastert. Ein Foto
von ein paar malerischen Balkonen - und oh Wunder, das gleiche Motiv
hatten wir zwei Jahre zuvor auch schon fotografiert. Viel hat sich
nicht verändert - zum Glück. Alles Moderne rund um die
Altstadt ist schlichtweg scheußlich. Laut Merian Reiseführer
hatte Antalya in den 60er Jahren gerade mal 60.000 Einwohner,
mittlerweile sind es über 800.000, und da kann man sich
vorstellen,
welch ein Bauboom hier stattgefunden hat.
Als wir auf den Bus warten, kommt eine Kette kleiner Raupen des Weges.
Die haben sich eine nach der anderen am hinteren Ende des
Vorgängers eingeklinkt und steuern geradewegs auf den Fußweg
zu. Dort sind bereits einige Raupen zertreten. Ein mitleidiger Passant
versucht, den Weg der Raupen in ein nahes Gebüsch abzulenken.
Ziemlich sicher rettet er damit gerade einen Schädling namens Prozessionsspinner. Diese Spezies
befällt ganze Kiefernwälder und bringt die Bäume nach
und nach zum Absterben. Giftig sind sie noch obendrein durch ihre sog.
Brennhaare. Man kann überall die Gespinste der Brutstätten in
den Wipfeln der malätrierten Kiefern hängen sehen. Beliebter
sind natürlich die Seidenraupen, die den Maulbeerbaum bevorzugen.
Darüber werden wir zu gegebener Gelegenheit mehr erfahren.
Die Weiterfahrt führt uns durch nicht endende Hochhaus-Siedlungen.
Viele der Gebäude sind gar nicht oder spärlich bewohnt. Dazu
wird etwa folgender Kommentar gegeben: "Hier links war früher
alles grün, durfte nicht bebaut werden. Aber die Politiker haben
sich durchgesetzt, vielleicht auch gut verdient. Aber nun durch die
Finanzkrise ist es schwer, Mieter oder Käufer zu finden. Rechts
ist ein Naturschutzgebiet, da kann man mit dem Geländewagen hin
und her fahren, als Sport". Es ist bemerkenswert, wie die Stadt Antalya
sich in den vergangenen Jahren ausgebreitet hat, fast ist es schon eine
Millionenstadt. Da mag manches sich nicht so gut auf die umgebende
Natur auswirken. Was wir vor zwei Jahren auch noch nicht beobachtet
haben sind die vielen Treibhausflächen, wo Gurken, Tomaten,
Erdbeeren, Succhini usw. usw. gezogen werden. Alle Güter werden zu
90% per Schwerlastverkehr befördert, die Bahnstrecken sind in der
Türkei nur spärlich vorhanden. Berühmt ist allerdings
die historische Bagdadbahn.
Wir fahren nun in das, wie es heißt, typisch türkische Dorf
Aksu, direkt an der Autobahn
gelegen. Aziz entschuldigt sich geradezu:
"Das Programm ist vorgegeben, ich fülle es nur mit Inhalt". Da hat
er recht, denn hier gibt es nichts zu sehen, außer einer
blühenden Wiese. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter zu den
Kursunlu Wasserfällen.
Das ist schon interessanter, geradezu eine
grüne Hölle. Auf befestigten Wegen gelangt man zu dem ersten
Wasserfall, die weiteren sind in der verfügbaren Zeit nicht zu
erwandern. Über Treppen und Stege gelingt es uns, ein Stück
weit vorzudringen, eine Schildkröte mit der Sonne entgegen
gerecktem Hals zu beobachten. Beim weiteren Vordringen kommen uns Leute
entgegen: "We are completely lost". Da kehren wir lieber auch um. Bei
dem Rückweg gilt es, auf den schmalen Stegen den
entgegenströmenden Menschenmassen auszuweichen. Wenn sich
japanische Touristen gegenseitig und gleichzeitig fotografieren, ist
man immer im Wege. Hin und wieder quakt ein Frosch. Als wir wieder den
Ausgang erreichen, atmen wir auf. Inzwischen geht es auf die
Mittagszeit zu, und schon strömen einheimische Großfamilien
bepackt mit Riesentaschen voller Picknickausrüstung in Richtung
grüner Hölle. Schön ist es da!
Auch für uns ist die Mittagsrast angesagt. Ein Restaurant am Meer
wird angefahren. Die Gäste, die ein Mittagsessen gebucht haben,
werden an den gedeckten Tischen plaziert, wir anderen etwas abseits.
Der Wirt dieses Etablissements ist sehr geschäftstüchtig und
erscheint lautstark anpreisend mit Tabletts voller Rakigläser oder
gar einem Granatapfelcocktail. Das geht alles reißend weg,
während wir an der Cola schlürfen. Schließlich kann man
am Strand einige hübsche Muscheln sammeln, die darf man
hoffentlich zollfrei exportieren. Nun findet die berühmte
Baumpflanzaktion statt. Es werden Kiefernschösslinge in Eimern
bereit gestellt, Schaufeln verteilt, und dann kann man buddeln. Das
eingepflanzte Pflänzchen wird sodann gegossen und mit einem
Namensschild versehen, damit man sehen kann, was man für einen
Mammutbaum geschaffen hat, falls man mal wieder hierher kommt. Wir
wüssten aber nicht, wo das überhaupt war. Nebenan spielen
Kinder auf den frischen Anpflanzugen Fußball. Dann ist das
Schicksal der Pflanzen wohl ungewiss. Längs der Küste
befinden sich in dieser Gegend öffentliche Flächen, wo
Grillplätze eingerichtet sind und heute an diesem schönen
Sonntag eifrig genutzt werden.
Zum Abschluss der heutigen Tour geht es noch einmal in die Stadt, um
den Bazar aufzusuchen. Doch leider wird man praktisch an jedem
Verkaufsstand sehr unangenehm belästigt. Als wir das zweite mal
mit abwehrenden Gesten an einem Stand vorbeikommen, wird uns zugerufen
"Da ist der Ausgang". Das lässt man sich dann nicht zweimal sagen.
Draußen sind ein paar Restaurants, da kann man dann
gemütlich einen türkischen Kaffee trinken. Nachdem der Bus
uns wieder in das Hotel gebracht hat, kann man noch eine Stunde die
Sonne am Pool genießen.
Nach dem Abendessen setzen wir uns mit einem Ehepaar aus Jena in einen
Biergarten um die Ecke. Dort schmeckt das EFES Bier ganz gut und ist
einen Euro billiger. Leider findet gerade ein Fußballspiel
zwischen Galatasaray und
einer anderen Mannschaft aus Istanbul
(Fenerbahce)statt. Das Spiel
wird auf einem Fernsehschirm in den Garten
übertragen und das geht sehr lautstark zu. Dadurch wird die
abendliche Idylle empfindlich gestört. Wie man später
hörte, musste das Spiel wegen derber Rangeleien unterbrochen
werden, nachdem die Schiedsrichter sich in Sicherheit bringen mussten.
Inzwischen unterhalten wir uns mit unserem Ehepaar über diese und
jene Reisen. Ja, die schönste Reise sei ja nun eine Fahrt mit dem
russischen Atomeisbrecher Jamal
zum Nordpol gewesen. Alles vom feinsten, und man sei wirklich bis auf
wenige Breitengerade an den Nordpol herangekommen, der Kompass sei
dort ratlos gewesen. Es wird uns auch der Preis für die Reise
verraten: so etwa der Preis eines Kleinwagens. Ende diesen Sommers soll
es dann Richtung Antarktis gehen, das wird von den norwegischen
Hurtigrouten veranstaltet.
3. Tag, Montag, Fahrt nach Kusadasi
Heute geht es schon um 7 Uhr los, weil eine lange Fahrt bevorsteht.
Nachdem endlich die Außenbezirke der fast-Millionenstadt hinter
uns liegen geht es durch eine Schlucht hinauf in das Taurusgebirge. Vor
der Stadt Korkutel wird eine
Rast eingelegt. Dort ist eine urige
Raststätte nach Art eines Nomadenzeltes. Im Inneren kann man sich
verköstigen lassen oder allerhand Merkwürdigkeiten erwerben.
Wir fahren weiter durch interessante Landschaften, entlang am Salda
See, an dessen Ufern weiße Magnesiumschichten abgelagert
sind.
Der Salda See ist mit 184 m der tiefste See der Türkei.
Einmal ist an der Straße ein Werbeschild für
Metalldetektoren
zu sehen. Die seien in der Türkei allerdings verboten,
erklärt unser Führer Aziz. Es gebe tausende unerschlossene
antike Fundstätten, finanziell sei es unmöglich, diese
wissenschaftlich zu erschließen. So gebe es viele
"Schatzwächter" - wie er sich ausdrückt -, die auf eigene
Faust auf reiche Beute aus sind. Wir haben im vergangenen Jahr in
Ägypten auch schon erfahren, welche Schätze durch
Grabräuber leider unwiederbringlich verschwunden sind.
Der nächste Halt ist in der Nähe der Stadt Serinhisar. Die
Raststätte ist total verkitscht, man hat eine Burg oder Kastell
nachgebildet, das sieht furchtbar aus. Interessant aber ist die
Kichererbse, die in dieser Gegend angebaut wird und in mancherlei Form
verkauft wird, salzig oder süß geröstet und so. Bald
hat fast jeder einen Beutel erworben und knispelt vor sich hin.
Auf der weiteren Strecke sieht man an den Berghängen häufig
Marmorsteinbrüche. Große Blöcke liegen dort zur
Weiterverarbeitung und zum Abtransport herum.
Bald biegen wir links ab in Richtung der Stadt Karacasu zu der ersten
größeren Besichtigung, der antiken Stadt Aphrodisias. Hier
ist alles an alten Steinen zu sehen, was man sich so wünscht,
Sakopharge, Säulen, Fundamente, ein sog Tetrapylon, die
Hadrianstherme usw. Ein großes Theater diente
Sportveranstaltungen und konnte 30.000 Besucher aufnehmen. Ein
Stück weiter sind die Reste eines Amphitheaters freigelegt, wieder
bildet eine herrliche Landschaft mit einem schneebedeckten Berg die
Hintergrundkulisse. In einer Halle hat man die wichtigsten Skulpturen
der Ausgrabung ausgestellt.
An dieser Stätte finden sich nicht die üblichen
Touristenströme ein, es ist wohl zu abseits gelegen. Ein paar
Japaner finden aber auch hier hin. Zurück zum Busparkplatz fahren
wir in einem Wagen, gezogen von einem Trecker. Eine junge Dame darf auf
dem Beifahrersitz mitfahren, wahrscheinlich weil sie recht hübsch
ist. Aziz geht derweil zu Fuß und sammelt Blätter der
Rettichpflanze ein. Bei der Mittagspause lässt er sie in der
Küche des Restaurants abkochen und reicht sie dann zum Probieren
herum. Scheint aber nicht jedermanns Geschmack zu treffen.
Wir erreichen nun das fruchtbare Tal des Flusses Menderes. Auf 160 km
im Tal kommen 280 Flusskilometer, wenn wir uns die Zahl richtig gemerkt
haben. Daher hat dieser Fluss den Namen Mäander geprägt, wie
man ihn für die gewundenen Flussschlingen verwendet. Insgesamt ist
der Fluss 550 km lang. Damit ist gesagt, dass es sich um ein recht
langes Tal hndelt und damit auch unsere Fahrt sich noch hinziehen wird.
Es ist schon später Nachmittag, wir passieren die
Provinzhauptstadt Aydin und gegen 18 Uhr laufen wir wegen der
vorteilhaften Beleuchtung einen Parkplatz an, um die letzte
Sehenswürdigkeit für heute zu bewundern. Es handelt sich um
den Artemis Tempel in
Ephesos, eines der sieben Weltwunder. Eine - wie
gesagt wird - falsch aufgestellte Säule steht im Vordergrund.
Obendrauf ein Storchennest. Das nächste Erdbeben würde die
Säule wohl kaum überstehen. Im Hintergrund eine Burg, eine
Art Moschee und andere Gebäudereste. Na ja, nach der langen
Busfahrt sind wir nicht mehr so aufnahmefähig. Jedenfalls hat man
es hier mit dem Apostel Paulus und auch dem Jünger Johannes, die
hier gewirkt haben sollen.
Zu meiner Konfirmationszeit musste ich mal - wohl zur Strafe - die
Abfolge der Apostelbriefe auswendig lernen. Voila, die kann ich noch: Römer, Korinther, Galater, Epheser,
Philipper, Kolosser, Thessalonicher, Thimoteus, Titus, Philemon.
Nicht
abgeschrieben, ehrlich!! Und in diesem Jahr wird unsere goldene
Konfirmation in Espelkamp gefeiert. Ob man da deswegen hinfahren sollte?
Wieder im Bus jippern alle nach dem immer noch unbekannten Hotel, dem
Zimmer und Abendbuffet. Aber es ist noch eine Weile hin, und, wie uns
Aziz erzählt, fahren wir nun in einer früheren Meeresbucht.
Die wurde nach und nach durch den Fluss mit Ablagerungen
zugeschüttet. "Von Menschen gemacht", denn durch die Abholzung in
der hellenistischen und römischen Zeit wurde die Erosion der
Berghänge ausgelöst und die Geröllmassen heran
transportiert. So liegt der ehemalige Hafen der Stadt Ephesos heute ca.
20 km landeinwärts. Folge dieser Entwicklung war auch ein feuchtes
ungesundes Klima, Malaria usw. So hat man in einer Schlucht, wo der
Seewind für ein besseres Klima sorgt, die Stadt Ephesos umverlegt,
und das werden wir morgen besichtigen.
Nach 19 Uhr erreichen wir das Hotel Tusan
Beach Resort an der Küste des ägäischen Meeres.
Das hört sich toll an, doch wir sind die
einzigen Gäste dort. Wir haben ein Zimmer mit Meerblick ergattert.
Leider hat man davon nicht viel, denn es wird schon dunkel. Beim
Abendbuffet sind
fast mehr Bedienstete als Gäste anzutreffen. Keiner weiß,
wie das hier alles funktioniert. Damit ist der heutige Tag beendet,
alle
sind müde und - wie am nächsten Morgen zu hören ist -
haben auch alle gut geschlafen, was daran liegen mag, dass in der Nacht
nichts als Meeresrauschen zu hören war.
4. Tag, Dienstag, Fahrt nach Ephesus -
Denizili/Pamukale
Heute ist die Abfahrt auf 8 Uhr angesetzt. Es wird zunächst eine
Rundfahrt durch die Hafenstadt Kusadasi
unternommen. Dort liegen drei
Kreuzfahrtschiffe am Kai. Wo deren Passagiere alle hinwollen, werden
wir später erleben. Was einen immer erschüttert, ist der
ungebremste Bauboom in diesen touristisch geprägten Orten.
Irgendwie graben die sich selbst das Wasser ab, weil man es dort eines
Tages nicht mehr schön finden kann.
Zwei und mehr Jahrtausende zuvor hat es einen anderen Bauboom gegeben.
Die Überreste davon hat man teilweise ausgegraben, und damit sind
wir in der antiken Stadt Ephesos, heute Efe - wie die Biermarke - also
leicht zu merken. Wenn man die historischen Ereignisse aufarbeiten
wollte, müsste man an dieser Stelle ein ganzes Buch schreiben. Das
haben andere schon getan, so auch ein gewisser Herodot im 5. Jahr. v.
Chr. mit seinen Historien über
die Geschehnisse in Kleinasien. Was uns Aziz alles erzählt
schwirrt einem bald im Kopf durcheinander. Da gab es mancherlei
Feldzüge, von Alexander d. Gr.
bis Lukullus, Schlacht bei Issus
usw. Unsereiner, der sich mit der kleinasiatischen Geschichte nicht
sonderlich beschäftigt hat, ist schon mal neu, dass hier in
Ephesus so eine bedeutende Stadt bestanden hat und so spektakuläre
Überbleibsel unter einer 3 m dicken Bedeckung zu Tage
gefördert worden sind. Viele Flächen sind noch gar nicht in
Angriff genommen worden, dazu fehlen die Mittel. Wir wandeln also auf
der ehemaligen Prachtstraße mit Originalpflasterung aus
Marmorplatten.
Zwischendurch wird eine antike Gemeinschaftstoilette besichtigt. Das
war alles vom sanitären Standpunkt schon weit entwickelt,
Ablaufrinne mit Wasserspülung und so. An diesem Ort sei sicher
manche Vereinbarung getroffen worden, außerhalb von Rat, Senat
und anderen Gremien. Heute sagt einer zum anderen: "Setz dir mal druff,
ick machen Foto". Das markanteste Gebäude bzw. dessen Reste ist
neben dem Theater die Celsus Bibliothek. Wenn man weiter hinabwandert,
kommt man in die Gegend des ehemaligen Hafens. Dort gab es auch
Badeanlagen, wo die verschwitzten Seefahrer sich erst mal reinigen
konnten. Heute ist das alles verlandet, wie bereits erwähnt.
Auf den freien Flächen gedeiht eine üppige Vegetation. Hohe
gelb blühende Fenchelpflanzen, Malven und eine gelbe Blume, die
wir zunächst nicht bestimmen können. Es handelt sich um den
gelben Affodil (Asphodeline lutea).
Den Weg zurück müssen wir uns durch eine immer dichter
werdende Menschenmenge bahnen. Vielleicht sind das alles Gäste der
Kreuzfahrtschiffe. Wir fahren nun nach Selcuk und besichtigen die Isa Bey Moschee, erbaut um 1375.
Die ist fast komplett mit Teppichen ausgelegt, wo die Gläubigen
gen Mekka gewandt ihre Gebete zu verrichten pflegen. Aziz erzählt
einiges über den Islam, die Rolle der Frauen, ob Kopftuch oder
nicht und den Pilgerfahrten nach Mekka. Wieder draußen im
Innenhof herrscht hin und wieder ein durchdringendes Geschrei. Das
rührt von einer Schar Dohlen her, die mit dem Nestbau
beschäftigt sind. Nun thront oben auf den Resten des Minaretts ein
Storchennest samt Bewohnern. Dort klauen sich die Dohlen klammheimlich
den einen oder anderen Zweig und verschwinden damit entweder in einer
Palme oder in Mauernischen.
Es liegt nun noch eine lange Fahrt vor uns, allerdings mit einigen
Überraschungen zum Schluss. Zunächst geht es wieder das Tal
des Flusses Menderes entlang, wo wir gestern schon gefahren sind.
Für diese Reise habe ich leider versäumt, eine geeignete
Landkarte mitzunehmen. An der Moschee in Selcuk gab es aber eine Karte
der West-Türkei für 2 € zu kaufen. Nun bin ich
glücklich, es geht nicht mehr im Blindflug dahin, sondern man hat
sein "Cockpit". Das Ziel für heute soll die Stadt Denizili sein. So langsam sickert
durch, dass eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten an der
Strecke liegt. Man kann die Angelegenheit dann irgendwann von weitem
sehen: weiße Hangformationen, dieses mal nicht Marmor sondern
Kalkablagerungen. Nun weiß jeder, was gemeint ist: Pamukkale, was so ähnlich
ausgesprochen wird wie Pomuckel mit angehängtem e.
Unser Fahrer Schakir kennt einen Schleichweg dorthin und wir sind
begeistert, denn diese Sache stand gar nicht auf dem Programm. Aus
Zeitgründen können wir dann nicht zu den Sinterterrassen
aufsteigen, was auch noch einen saftigen Eintritt gekostet hätte.
Von unten sieht diese Geschichte eher wie ein Gletscher aus, mit dem
Unterschied, dass diese Formation ständig zunimmt und wächst,
laut Wikipedia werden täglich 48 Tonnen (!) abgelagert. Nachdem
man die unsinnigerweise an den Thermalquellen erbauten Hotels in den
Jahren nach 1998 abgerissen hat, sollen sich die Verhältnisse
wieder bessern. Die Hotels hatten auch das Problem, dass die
Wasserrohre immer nach kurzer Zeit durch die Kalkablagerungen zugesetzt
waren.
Ich klettere mal kurz ein paar Meter einen Hang hoch, um ein Foto zu
machen. Da ertönt ein scharfer Pfiff, ein Wärter ist auf der
Hut. Vielleicht meint er aber auch eine Dame, die sich noch viel weiter
den Kalkterrassen genähert hat. Oder er wollte verhindern, dass
man auf einem Umweg die Eintrittskasse umgeht.
Auf der letzten Etappe zum Hotel "Irgendwo" werden wir noch über
die benachbarte antike Stätte Hierapolis
informiert. Auch hier befand sich so um 3 Jahrhunderte v. Chr. eine
blühende Stadt mit Tempel, Theater und Bädern. Es gab auch
eine sog. Nekropole, mit Gräbern und Sarkophagen. "Dort lebten die
Toten" erzählt Aziz. Um Grabräuber abzuschrecken, hatte man
die Gräber mit Fluchsprüchen versehen, die den
Plünderern allerhand Böses an den Hals und anderswohin
wünschten. Hat aber alles nichts genutzt, die Gräber sind
komplett ausgeraubt worden.
Nun hat die Fahrt ein Ende und wir werden vor dem Lycus River Thermal Hotel ausgeladen.
Das sieht ja alles sehr schnieke aus. Eine Menge Pools gibt es hier, ob
warm oder kalt, und auch in den Gebäuden befinden sich diverse
Bäder. Wir merken bald, dass wir nur "Durchgangstouristen" sind,
denn nach einem langen Gang durch die Gemeinde landen wir in einem
finsteren Kellerverschlag. Ein Aggregat - unsere Lieblingsmaschine -
steht
laut brummend dort, wo sonst ein Balkon wäre, aber hier nur ein
Kellerloch mit Sehschlitz darstellt. Den Koffer packen wir wie immer
gar nicht aus, sondern begeben uns sogleich in das Thermalbad um die
Ecke. Das Wasser ist warm wie in der Badewanne, tiefbraun dazu, also
bildet man sich ein, dass das durch die heilsamen Mineralien verursacht
wird. So nach 10 Minuten wird einem schwummerig, da geht man dann
wieder lieber raus. Zum Abschlaffen danach ist das Bett immer noch gut
genug.
Da wir mit unserem Zimmer nicht gerade das Paradies angetroffen haben,
machen wir uns bald auf zum Abendbuffet. Da herrscht schon ein
ziemliches und sogar internationales Gedränge. Man hat für
unsere Gruppe "Aziz Bey"
Tische reserviert, sodass wir mit den bekannten Mitreisenden speisen
können. Dem einen klappt aber alsbald beim Käseschneiden der
Teller aufs Oberhemd, der muss erstmal das Hemd wechseln gehen. Bevor
er wieder kommt, sitzen wir schon in einer Glasveranda beim Bier und
beschließen damit den Abend. Das geräuschvolle Aggregat, mit
dem wir kaum Schlaf gefunden hätten, schaltet sich
glücklicherweise nach 22 Uhr ab, und nun hat man eine himmlische
Ruhe im Kellerloch.
5. Tag, Mittwoch, Denizili,
Teppiche, Rückfahrt nach Antalya
Die Provinzstadt Denizili
haben wir an diesem Morgen nur vom Bus aus zu sehen bekommen. Ist
vielleicht auch besser. Da boomt es überall, Neubauten und weitere
Baustellen. Teppichindustrie und Seidengewinnung von jenen Raupen, die
sich in Maulbeerbäumen guttun, ist hier angesagt. Ein paar
Kilometer weiter, Richtung Serinhisar
hat sie uns dann: die Teppichindustrie. Nun muss gesagt sein, dass
diese in Anatolien einen bedeutenden Wirtsschaftszweig darstellt, indem
dieses Gewerbe hauptsächlich handwerklich betrieben wird. So kann
man auch in entlegenen Dörfern Arbeitsplätze schaffen. Es
wird etwas verschwiegen angedeutet, dass schon die Kinder in dieses
Handwerk "hineinwachsen". Die richtigen Könner der
Teppichknüpfkunst sind zumeist Frauen, die auch als
Künstlerinnen gewertet werden.
Nun, angekommen in der Teppichstation, werden wir von einem
charismatisch auftretenden Herrn empfangen. Ja, der kann reden, das
Deutsch beherrscht er perfekt, er habe in Deutschland studiert und habe
in der Türkei das Studium der Teppichkunde und damit diesen, wie
es sich anhört, blühenden Industriezweig eingeführt.
Unsere Busgruppe von Teppichbanausen - zu denen wir selbst uns auch
zählen - wird in einem viereckigen großflächigen
Vorführraum an den Wänden plaziert, damit in der Mitte des
Raumes genügend Platz bleibt. Und da rollt auch schon der erste
Teppich längs durch den Raum heran. Füße hoch, aber
kurz vor den Zehenspitzen kommt die Rolle mit einem Knall zum
Stillstand. Ein echter Vermeer heißt es. Den würden wir
weder in der Wohnung noch im Garten unterbringen können. Und hat
Vermeer denn Teppiche hergestellt? Wohl weniger, aber auf seinen
Bildern hat
er gern Teppichmuster verwendet, und die dienen nun als Vorlage. Andere
Meister desgleichen, Dürer, Holbein d.Ä. und d.J. und so. Wir
Teppichbanausen geraten so langsam ins Grübeln, ob wir im Leben
vielleicht etwas verpasst oder nicht richtig mitgekriegt haben
könnten.
Nun kommt es noch besser. Man habe im Jahr 2007 den Oskar der
Teppichkunst verliehen bekommen. Zuerst ein Poster mit einem
wunderschönen - diesmal modernen - Motiv. Und dann der Teppich
selber - wunderschön, aus Seide gewebt, und alle Teppichbanausen
lassen sich zu einem langgezogenen AaaaH! oder auch OoooH!
hinreißen. Nur bezahlen könnte ihn keiner. Damit nicht
genug, es werden noch zwei Teppiche entrollt, einer schöner als
der andere - und die hätten jene Oskars von 2008 und 2009
gleichermaßen gewonnen. Damit liegen mittlerweile einige
Millionenwerte vor unseren geschwollenen Füßen.
Ganz im Gegensatz dazu wird noch eine anderes Kunstwerk
präsentiert, das auch im Guinessbuch der Rekorde verzeichnet ist.
Es handelt sich um das am feinsten gesponnene Webwerk der Welt in
Briefmarkengröße, aus 0.2 mm feinem Seidenfaden gefertigt.
Wenn ein Faden reißt, könne man von vorne anfangen. Nach 19
Versuchen in drei Jahren Arbeit sei das Werk gelungen und zeigt nun ein
Marienmotiv, wenn ich mich richtig erinnere. Die Künstlerin lebt
und arbeitet immer noch, was erstaunlich ist.
Der Herr Vortragende hat sich inzwischen ziemlich in Ekstase geredet.
Es wird nun ein Büchertisch herangerollt, hektisch Seiten in
Fachbüchern und Bildbänden von unschätzbarem Wert und
Alter umgeblättert, und die staunende Menge schart sich mit langen
Hälsen um das ganze. Wer das nicht mehr schafft, bleibt auf seinem
Stuhl und wartet auf den versprochenen Raki.
Zum Schluss wird wieder Platz geschaffen, um Produkte zu
präsentieren, die anscheinend auch zu vierstelligen
Euro-Beträgen für Teppichbanausen erschwinglich seien. Bald
ist eine meterhohe Schicht von Teppichen übereinandergestapelt.
Den anfänglichen Vermeer könnte man nun nicht mehr heimlich
drunter wegziehen. Will ja auch keiner, wir bitten nach nunmehr fast
zwei Stunden nur um den Weg zur Toilette. Nachdem das erledigt ist,
finden wir uns mit einem beflissenen Begleiter in einem separaten Raum
wieder. Ja, eine Brücke vor dem Bett, gleich neben dem
Hundekörbchen. Drei weitere Mitarbeiter schleppen diesen und jenen
Teppichläufer heran, bis es uns gelingt, angesichts der Preise,
der Gefahr durch Hundekrallen und mit Hinweis auf IKEA das
Verkaufsinteresse der beflissenen Herren soweit abzuschwächen,
dass uns der Ausgang gezeigt wird.
Draußen regnet es heftig, somit hat man wettermäßig
nichts verpasst. Nun ist das alles etwas lapsig geschildert. Doch haben
alle Teppichbanausen bestätigt, dass diese "Show" - anders kann
man sie nicht nennen - ein tolles Erlebnis war und auch viel
Wissenswertes vermittelt hat. Und wer Teppiche mag, der ist hier sicher
bestens aufgehoben. Wir hatten unsere letzten durch jahrelange
Hundehaltung und Aufzucht dreier Kinder verschlissenen Berberteppiche
aus der Erbschaft meiner Mutter vor ein paar Jahren entsorgt, als ein
Nachbar sie zum Abdecken bei Putzarbeiten verwenden konnte. Soviel zu
den Teppichbanausen.
Als man meint, alles überstanden zu haben, und die
tatsächlich Kauffreudigen wieder am Bus eingetroffen sind, wird
noch einmal etwas geboten. Da ist ein Ausstellungsraum, wo das Abspulen
der Seidenfäden von den Kokons demonstriert wird. Für alle,
die es wissen wollen: der Kokon wird erst einmal gekocht, nach dem
Trocknen wird dann der Seidenfaden vom Kokon abgewickelt und über
eine Spindel dreifach verzwirbelt, dann noch mal dreifach, damit schon
9 fach und schließlich noch einmal 7 fach oder so, das wäre
dann ein Faden aus 63 Fasern. Ob diese Zahlen genau stimmen, kann nicht
garantiert werden. Jedenfalls ist das Endprodukt ein sehr belastbarer
Seidenfaden, da könnte man einen Kartoffelsack dranhängen.
Wäre vielleicht aber schade um die Kartoffeln oder den
Seidenfaden, wenn man es darauf ankommen lassen würde.
Schließlich fahren wir Richtung Antalya im wesentlichen auf der
gleichen Strecke der Hinfahrt über das Taurusgebirge zurück.
Es ist ein Jammer, dass man aus dem Bus heraus die Landschaft nicht so
genießen oder fotografieren kann. Es gibt herrliche Ausblicke auf
sog. Erosionslandschaften, wo nach der Abholzung der Wälder schon
in der Antike und später die Natur bizarre Schluchten und tiefe
Wasserauswaschungen geschaffen hat. Mühsam versucht man wieder
aufzuforsten. Uralte Wachholderbäume haben ihren Standort
behauptet und sind unter Schutz gestellt.
Wir fahren über Pässe von über 1000 m und hinunter nach
Antalya durch eine wilde Schlucht. Da sind wohl einige aus der Spur
geraten, ein Auto liegt auf dem Dach, ein anderes lehnt zerbeult an der
Leitplanke. Die Polizei ist auch schon da und die Krankenwagen schon
wieder weg. Unser Busfahrer Schakir meistert alles nach wie vor sehr
besonnen. Vor Antalya macht man noch einmal halt an einem
Panoramaparkplatz wo eine eher weniger schöne Aussicht auf die
Steinwüste der ausufernden Stadt zu bewundern ist. Darüber
befindet sich ein künstlicher Wasserfall und eine
überdimensionale Skulptur des allgegenwärtigen Kemal
Attatürk.
Inzwischen sind wir eher gespannt, in welchem Hotel wir heute abgeladen
werden. Und richtig - wie vermutet - ist es wieder das Hotel Falcon.
Wir bekommen sogar die gleichen Zimmer zugeteilt, und da fühlt man
sich ja fast wie zuhause. Und wo man abends sein Bier trinkt, das
wissen wir nun schon: im Gartenlokal um die Ecke. Heute ohne
lautstarkes Fernsehen, doch schließlich beginnt es zu regnen, und
nach dem langen Tag ist man auch müde.
6. Tag, Donnerstag,
Antalya, Schmuck und Leder, Pegasos Hotel
Der heutige Tag muss verdient sein, weil man an uns verdienen will.
Nach einem kurzen Halt an dem noch nicht von der Zersiedelung
betroffenem Wasserfall werden wir in einem Goldpalast abgeladen. Alles
Gold der Dekoration ist falsch und aus Gips, die Schmuckstücke in
den Vitrinen aber sollen mehr Echtheit vermitteln. Es tut mir leid, ich
sehe nichts, aber auch gar nichts, vielleicht sind die
Schmuckstücke zu klein für mein müdes Auge. Aber auch
Heidi, sie ist vom Fach, sucht nur den Ausgang. Den finden wir
gemeinsam, und genießen noch eine Stunde an den
Küstengefilden von Antalya.
Zurück am Bus erscheinen die Schnäppchenjäger. Für
hundert Euro ein Silberhalsband? Ja, meint meine silbererfahrenen
Gattin, bei ihrem früheren Arbeitgeber wurde das für 10 Euro eingekauft. Das
wird aber nur getuschelt, denn den stolzen Besitzern will man ja nicht
die Laune verderben.
Die nächste Station ist eine Ledermanufaktur. Da muss man nun
durch, schließlich war die Reise billig, hoffentlich bleibt es
auch so. Zunächst erleben wir eine kleine Modenschau, wo es
für die männlichen Models darum geht, möglichst
schwungvoll das Äußere der Lederjacken mit dem Inneren zu
vertauschen. Man kann sie nämlich beidseitig tragen. Nach der
Modenschau eilen wir möglichst uninteressiert durch die
Verkaufsräume, damit man nicht gleich jemand am Hals hat und nicht
wieder los wird. Uns gelingt das gut, anderen weiniger, und einige
erscheinen am Schluss auch mit prallen Verkaufstaschen.
Als letzten Besichtigungspunkt fahren wir nun noch die Brücke von
Aspendos an. Dort wird Mittag
gegessen, Spezialität: Forelle, doch
ich habe schon bessere Forellen gegessen. Das berühmte Theater
hier bekommen wir nicht zu Gesicht. Auch die Brücke über den
Fluss Köprücay ist antiken Ursprungs. Der Übergang auf
der Brücke ist im Zickzack angelegt - nicht wegen der bösen
Geister, sondern zu Verteidigungszwecken. Einzigartig ist die umgebende
Landschaft mit Blick auf das Taurusgebirge.
Am Nachmittag erreichen wir nun endlich das fünf Sterne Hotel
Pegasos Resort in Incekum, schon kurz vor Alanya
gelegen. Wir
verabschieden uns von Aziz und Schakir, es gibt ein Trinkgeld für
sie, auch wenn sich einige wohl darum gedrückt haben, was nicht
gerade anständig ist. Nun liegt diese Anlage leider in Sicht- und
Hörweite der stark befahrenen Küstenstraße. Den
Eintagsgästen, zu denen wir gehören, werden dann auch die
Zimmer zur Straße zugewiesen, wo man sich auf dem Balkon nicht
unterhalten kann und zum Schlafen die Türen schließen muss.
Da empfiehlt es sich, in der gegenüber liegenden Ladenzeile etwas
Trinkbares für den Abend zu besorgen. Ein Geschäft
heißt Ali Baba, "und die anderen 40 Räuber sind drum rum"
(Zitat von Aziz). Es ist aber ganz gemütlich dort und man kann auf
Gartenstühlen ein Bier trinken, wenn einen der Krach von der
Straße nicht stört.
7. Tag, Freitag, Pegasos
Hotel, Samstag, Rückflug
Heute dürfen wir den einzigen "Urlaubstag" der Reise
genießen. Das Wetter spielt mit, nach einem Rundgang durch die
weitläufige und sehr gepflegt Anlage lässt man sich am Pool
nieder, wo auch bald alle Plätze "belegt" sind. Am Strand ist es
zu windig und der Seegang auch ziemlich stark. Bald kehren einige
Gäste durchgefroren vom Strand zurück. So verleben wir einen
geruhsamen Tag mit Lesen und Kreuzworträtseln, worüber weiter
nichts zu berichten ist. Mir hat der Tag in der Sonne einen Sonnenbrand
beschert, der sich aber in der Folgezeit mangels weiterer
Sonnenbäder nicht weiter entwickeln konnte.
Am Abend werden die Koffer gepackt und um 2.30 Uhr in der Nacht werden
wir durch den Weckdienst aus dem Schlaf geholt. Der Rückflug von
Antalya geht pünktlich um 6.30 los und nach 9 Uhr sind wir schon
zurück in Hannover, wo uns der Abholdienst erwartet.
So haben wir in einer Woche viel gesehen und bringen schöne Bilder
mit nach Hause. Ein Mitreisender hat das so formuliert: "Auch wenn es
ein wenig anstrengend ist, zu Hause kann man sich ja immer erholen,
wenn man nicht mehr zur Arbeit muss".