Türkei - Blaue Reise - Alanya 2.6. - 16.6.2007

Wenn man sein Bier bei REALKAUF kauft (Nörten Hardenberger, 21 Ct. die Fl.) kommt man am LIDL nicht vorbei, was es da wohl wieder geben mag? ALDI ist auch in der Nähe, da werden immer lecker Krabben, Flusskrebse oder gar Partykrebse, vor Weihnachten sogar leckere Aale eingekauft. Bei LIDL dagegen gibt es schon mal Hühnerbeine, Hirschkeule, Weihnachtsente oder eine preiswerte Handsäge oder auch Schwimmflossen samt Taucherbrille mit Schnorchel. Oder einen Flyer (früher hieß das Prospekt), da steht drauf: "Traumhaft reisen zu LIDL-Preisen!": Malediven, Hochsauerland, Gardasee - oder "Blaue Reise"?  Irgedwas mit Türkei und 1 Woche auf einem Schiff. Wer meine Gattin Heidi kennt, kann sich vorstellen, dass die Blaue Reise eine halbe Stunde später per Telefon von zu Hause aus gebucht ist.  Mit Verlängerungswoche im Hotel Gold Safran in Alanya. Bevor man sich per Internet näher erkundigen kann, ist die Reise bereits vom Konto abgebucht (469+270 EUR).

Zitat:
"Blaue Reisen entlang der türkischen Mittelmeerküste sind eine ganz besondere Art, die traumhaft schöne Südküste kennen zu lernen.
Die Gegend (Lykien) zwischen Antalya und Marmaris gehört mit zu den abwechslungsreichsten Küstenstreifen am Mittelmeer. Einsame Buchten, von Pinienwäldern gesäumte Küstenstriche, Orangenplantagen, Olivenhaine, die Taurusausläufer mit schroffen Gebirgszügen und lange Sandstrände bieten herrliche Landschafts- und Naturerlebnisse. Kleine Fischerdörfer und malerische Ortschaften laden zu Landausflügen ein und der Koch sorgt mit Köstlichkeiten der türkischen Küche für das leibliche Wohl an Bord."

Während man sich in den folgenden Wochen um Informationen über die mysteriöse Blaue Reise bemüht, ist von den Veranstaltern nichts zu hören. Die haben ja auch schon gleich einen Tag später vom Konto abgebucht (Bucher Reisen). Eine Woche vor Reisebeginn muss man dann doch mal durchtelefonieren, wie es denn nun mit den Reiseunterlagen, Flugterminen usw. steht. Durchtelefonieren ist leicht gesagt, da weiß der eine nichts vom anderen und der heutige Kollege ist nicht der von gestern - oder sind die alle von gestern? - es scheint so! Aber immerhin wird im Telefon Musik eingespielt, bis die Verbindung jeweils zustande kommt. Nach so etwa fünf Telefonaten, die natürlich mit der nötigen Vehemenz von Heidi vorgetragen werden (ich bin inzwischen meistens mit dem Hund draußen oder mähe den Rasen) stellt sich heraus: man hat unsere Adresse nicht vollständig notiert, die Reiseunterlagen sind deshalb nicht zugestellt worden und liegen nun irgendwo auf Lager. Immerhin kann man uns die Abflugzeit nennen, und die Reiseunterlagen von Paneuropa Reisen sollen wir am Schalter von Thomas Cook am Flughafen in Empfang nehmen. Dann verschiebt sich die Abflugzeit - wie per Telefon mitgeteilt wird - noch einmal um drei Stunden, und als wir dann endlich am Flughafen sind, verschiebt sich alles noch einmal um zwei Stunden. Heidi kocht!!!

Trotzdem oder deswegen muss sie plötzlich feststellen, dass ihre Handtasche abhanden gekommen ist. Zum Glück muss man nicht lange suchen, wenige Meter hinter uns liegt sie auf der Erde. Das Problem ist nur, da steht ein Sicherheitsbeamter davor und kratzt sich am Kopf. Wahrscheinlich wird jetzt gleich der gesamte Flughafen gesperrt und evakuiert, die An- und Abflüge gestoppt und ein Sicherheitskommando mit Spezialgeräten wird die Tasche zu einem sicheren Ort transferieren, wo sie dann gesprengt wird. "Wann haben sie die verloren?" "Eben gerade!" "Na gut!". So haben wir das Schlimmste für den Flughafen Hannover abgewendet.

Ich befasse mich ab nun mit Sudoku Rätseln, da kommt man irgedwie nicht so zum Kochen und die Zeit vergeht, ohne dass man das merkt. Um 22.40 Uhr ist dann schließlich der Take Off angesagt.

Den besagten Take Off besorgen die Sky Lines, eine türkische Fluggesellschaft, die anscheinend nur auf Verbindungen mit Antalya spezialisiert ist. Die Bordansagen sind jedenfalls total unverständlich, man kann nicht beurteilen, ob da in Türkisch oder gar auf Russisch parliert wird. Wir gedenken wehmütig der Flüge mit Hapag Lloyd oder so, wo wenigstens ein Herr Mr. Bean seine Unbeholfenheit auf den Screens präsentiert hat oder zuweilen auch die jeweilige Flugroute, Position, Geschwindigkeit, Flughöhe und Aussentemperaturen angezeigt wurden. Hier bleiben die Bildschirme, obwohl vorhanden, blind. Was den Imbiss betrifft, fehlt uns die Erinnerung, aber der Tomatensaft mit Pfeffer und Salz ist wie immer über jede Kritik erhaben. Nachts um 3.10 landen wir in Antalya. An der Passkontrolle legen wir die Pässe vor und bekommen einen Stempel mit dem Einreisedatum hinein - darauf werden wir noch einmal zurück kommen!

Ab hier werden wir von der türkischen Argentur H&H TUR betreut, und deren Service ist perfekt, was man vorausschickend schon einmal erwähnen darf. Der Shuttle Bus läd in der dunklen Nacht den Rest der Mitreisenden an einem unsichtbaren Hotel aus, und nur wir beide werden noch hinaus zum  entfernten Hafen namens Marina Setur  (hört sich an wie der Name einer RapSängerin - Sabrina Seltlur - hatte die nicht was mit Boris Becker?) chauffiert. Ein devoter Herr empfängt uns zu so früher Stunde per Handschlag, aber die Koffer ergreift ein junger Bursche namens Kenneth - kürzer Ken - und ballanciert damit einen wackeligen Laufsteg hinauf auf das Schiff Scarlet 2. Heidi ballanciert weniger elegant hinauf, fast auf den Knien oder so: und dann sind wir an Bord. Inzwischen ist es 5 Uhr morgens und damit kurz vor Sonnenaufgang.

Wir beziehen eine Kabine, die ist naturgemäß nicht gerade geräumig, aber man will hier ja nicht unbedingt Parties feiern, das findet woanders statt, wie wir sehen werden. Es gibt zu der Kabine sogar eine Art Badezimmer, mit Waschbecken, Dusche und Toilette. Für die 5 Sterne - Hotels gewohnten Edeltouristen sei gleich gesagt: benutztes Toilettenpapier ist in den bereitstehenden Eimer zu entsorgen, damit die Abwasserpumpe nicht verstopft. Letztere entsorgt die ganze Geschichte aber nicht in die blaue See, sondern in einen Abwassertank, dessen Inhalt in den Häfen hoffentlich anständig weiter verarbeitet wird.

Zum Schlafen sind wir eigentlich zu aufgekratzt, aber nach zwei Bier an Deck verschwinden wir endlich für eine Mütze Schlaf in den Kojen.

Sonntag, 3.6., Antalya

Um 8.30 gibt es Frühstück. Da treffen wir die meisten Teilnehmer der vorangegangenen Reise an und können denen Löcher in die Bäuche fragen. Die haben alle noch glänzende Augen und können nicht verstehen, dass wir danach noch eine Woche Hotelurlaub gebucht haben. Das wäre ja nichts - jetzt auch noch in ein lautes Hotel? Aber abreisen müssen sie eben auch.

Wir machen uns auf den Weg in Richtung Antalya, wo wir einen Dolmus zu ergattern hoffen. Daraus wird nichts, weil der Weg zur Hauptstraße zu weit ist. An einem schattigen Plätzchen steht ein Taxi, wo die Beteiligten sich dem Backgammon Spiel hingeben. Wir kommen schnell ins Geschäft, für 25 EUR wird man uns hin und zurück bringen. Nach etwa 30 min Fahrt durch wenig anheimelnde Gegenden Antalyas werden wir in einer Tiefgarage abgeladen, die nennt sich Otogard. Da umschwirren einen sogleich etliche dienstbare Geister, der eine hat es mit Juwelen oder ein anderer hat es mit Ledertextilien zu tun. Mit dem Taxifahrer machen wir eine Zeit für die Rückfahrt aus, bezahlen sollen wir dann erst. Das finden wir nobel.

Nun streben wir, die dienstbaren Geister hinter uns lassend, zunächst den Markthallen zu und hoffen auf einen orientalischen Basar oder sowas zu treffen. Damit kann man nicht dienen, stattdessen: Jeans und andere Klamotten, meist mit dem notwendigen Markenzeichen (Boss, Versace, Gucci, Lacoste usw.) versehen. Die Schuhe sind von Adidas oder Puma - versteht sich. Kitschige Souvernirs und Modeschmuck - ab und zu auch Gewürze, Obst oder Brot. Aber das ganze hat keine Atmosphäre, wie wir finden.

Deshalb machen wir uns auf zum Hadrianstor und bewundern es (im Reiseführer steht mehr darüber drin). Nach einer Rast auf einer schattigen Bank bummeln wir durch die verwinkelten Gassen der Altstadt. Da kommt uns ein Bursche entgegen, der ein Tablett mit Gebäck auf dem Kopf ballanciert. Unversehens haben wir beide so eine Art Fladenbrot in der Hand. Das ist ja nett, denke ich, beiße rein, sage danke und wende mich dem weiteren Weg zu. Das war falsch, 2 EUR sind zu löhnen, ach so!

Damit sind wir am Hafen angelangt, den man schön von oben sehen kann. Wenn man sich da hinunter begeben würde, müsste man hinterher ja wieder hinauf, deshalb lassen wir das lieber und schieben eine weitere Rast auf einer Bank ein. Ein nahegelegener Park kostet Eintritt, das ist auch wieder nichts. Stattdessen stolpern wir an den Resten einer Moschee vorbei, das sind ziemlich alte Steine.

Zurück am Hadrianstor ist es nicht weit zum Otogard, aber wir haben noch fast 2 Stunden Zeit bis zur Rückfahrt. Es ist heiß, wir sind müde und sehen uns danach, die Seele baumeln zu lassen. Vielleicht kann man das Taxi umbuchen? Die genannten dienstbaren Geister umschwärmen uns sofort und reißen uns das Rückfahrticket (obwohl noch nicht bezahlt) geradezu aus der Hand. Der Juwelier gewinnt und läd uns in sein Geschäft zu einem Tee ein. Als jener für einen Augenblick verschwindet, taucht der Lederfuzzi mit unserem Ticket auf und beordert uns in seinen Laden und in eine komfortable Lederpolsterecke. Da muss man aufpassen, dass man nicht fest klebt, verschwitzt wie man ist. Natürlich wird sogleich ein Tee gereicht.

Das Taxi sei unterwegs, man habe telefoniert. Nun erfahren wir dankenswerterweise einiges über die Hintergründe dieser und anderer Handelseinrichtungen. Zunächst stellt sich unser Herr als gebürtiger Bulgare vor. Er habe einige Zeit in Deutschland zugebracht - "Wo?" "In Haldensleben" "Ja das kennen wir, das ist nicht weit von Braunschweig und kurz vor Magdeburg". Nach dem Ende des Sozialismus durften 8000 türkischstämmige Siedler aus Bulgarien in die Türkei umsiedeln. So sei man nun hier gelandet. Nun habe man dieses hochelegante Geschäft unter sich und einen Vertrag mit russischen Reiseveranstaltern. "Da rollt der Rubel?" "Nein, der Oeldollar". Aber für deutsche Gäste gäbe es noch einen Extrarabatt. Es gelingt mir nur mit Mühe, meine Gattin wieder aus dem Laden heraus zu lotsen.

Bald ist das Taxi mit unserem Fahrer da, und bringt uns in sportlicher Fahrt, ohne dass wir darauf hingewiesen hätten, direkt zu unserer Scarlet 2. Nun erst wird bezahlt, und das tut man gern, denn die Strecke von der Marina Setur bis in das Centrum und zurück mag 2 mal 30 km (geschätzt) betragen. Da kann man nicht meckern. Der Dolmus (sprich Dolmusch) wäre natürlich billiger - aber bis man sich damit auskennt...

Und nun sind wir an Bord und werden es eine Weile bleiben. Ob man da seekrank wird? Die Befürchtung hat man ja immer. Ab und zu schaukelt es auch, wenn ein anderes Schiff vorbeirauscht, von der Sahil Güvenlik (Coast Guard) z.B. Das macht einem rein gar nichts aus, ich glaube aber auch, dass wir inzwischen auf dem komfortablen Liegedeck unter einem Sonnensegel eingeschlummert sind.

Zum Abendessen sind jedenfalls alle Gäste der vorangegangenen Reise irgendwie verschwunden bis auf eine Dame aus Offenbach oder so, die perfekt türkisch spricht. Das liegt daran, dass sie Türkin ist. Sie wird erst spät am Abend abgeholt.

Wir lernen die ersten Mitstreiter kennen. Bei so einer Reise ist eine erhebliche Ungewissheit, wie die Gruppe zusammengesetzt sein mag, ob sich alle verstehen werden, ein Stinkstiefel dabei ist usw. Bislang sind wir zu sechst: das sind Marina und Jörg, Andrea und Sarah sowie wir zwei beide. Sechs weitere Gäste werden während der Nacht noch "anheuern". Zu gegebenem Zeitpunkt werden wir die anderen Kumpels noch vorstellen.

Für heute: das Abendessen (Hackfleisch usw.) schmeckt ganz toll - wer hat es gekocht? Darüber werden wir noch öfter rätseln. Auch die 3 köpfige Mannschaft werden wir noch vorstellen. Jedenfalls verstehen wir uns mit den ersten Mitreisenden ausgezeichnet, trotzdem wird es heute nicht so spät nach zwei Bier oder so. Das wird nicht so bleiben!

Montag, 4.6., Olympos, Bucht von Adrasan

Es schlummert sich gut in der Nacht. Gelegentliches Schaukeln stört weniger, eher dagegen das Knatschen der Kabinenwände. Da es sich um ein Holzboot (Gulet) handelt, ist der Schiffskörper wohl nicht so steif und da arbeiten die Innenwände bei allen Bewegungen mit. Bei der Gelegenheit sei gleich klargestellt, dass die Gulets bei diesen Reisen meistens nicht zum Segeln eingerichtet sind, es wird nur mit Motor gefahren. Spät in der Nacht bzw. früh am Morgen kommen andere Geräusche auf: Kofferrumpeln und Stimmen, bis einer ruft "Wollt ihr noch was trinken?" "Jaha!!".

Zum Frühstück sind die Teilnehmer komplett. Es sind noch Gabi, Hans, Conni, Chris, Rainer und Ingrid hinzu gekommen. Noch sind wir uns fremd, reden uns per Sie an und schweigen gelegentlich vor uns hin. Die eine oder andere Information können wir unsererseits aufgrund unserer Fragereien vom Vortag einstreuen. Wir warten noch auf eine Dame der Reiseagentur, die aber dann kaum etwas anderes im Schilde führt, als uns drei Ausflüge von unterwegs anzudrehen. Das Interesse ist mäßig und "Nebenan Boot ist noch nicht fertig" - so bleibt das mit den Ausflügen erst mal ungeklärt. Gegen 9 Uhr legen wir ab, das ging ja erstaunlich schnell.

An dieser Stelle muss man ja wohl die dreiköpfige Mannschaft vorstellen:

Der Kapitän heißt Yavuz, genannt Balta. Dazu gibt es eine Geschichte, die wir hoffentlich halbwegs richtig miterlauscht haben. Der Vorgängerkapitän hatte eines Tages die Faxen dicke, hat alles hingeschmissen und ist einfach nach Hause gegangen. Da hat Balta gesagt: "Dann mache ich das jetzt" - und seitdem ist er der Kapitän. Balta heißt übrigens Axt.

Der dienstbare Geist ist Kenneth, kurz Ken. Seine schwerste Aufgabe ist, die Getränkeliste zu führen und abzurechnen, was per Strichliste vor sich geht. Kapitän ist er zunächst auf dem Beiboot, alles weitere mag sich noch ergeben. Kochen und andere Arbeiten teilt er sich mit Oktay.

Oktay ist zu kurz geraten - nun gut, ein Lilliputaner, was zu dem Kosenamen "Lilli" führt. Er ist eine vollwertige Arbeitskraft und versteht, seine körperlichen Einschränkungen durch eine gehörige Portion Charme zu ersetzen. Sein Lieblingsplatz ist das Dach über dem Bootshaus, von wo aus er dann mitunter unvermittelt in das Wasser springt. "I hope I see you again" sind am Ende die letzten Worte, die wir wechseln.

Wir fahren entlang der Küste Richtung Süden. In diesem Bereich erheben sich die hohen Berge des Taurus unmittelbar an der Küste, das macht die Landschaft hier besonders reizvoll. Man passiert den bekannten Badeort Kemer und einige Strandanlagen, wo noch nicht allzu viel Betrieb zu sein scheint. Gelegentlich einige Jet Ski Fahrer, Wasserski oder Parasailing - Schirme.

Daher nun etwas für die Bildung. Wir gleiten an eigenartigen Felsformationen vorbei. Das sind lockere Gesteinsschichten, sicher entstanden durch Meeresablagerungen. Darüber aber befinden sich Schichten aus kompaktem Fels. Das kann man sich nur mit vulkanischer Tätigkeit erklären. Wenn man dann jemanden fragt, was es damit auf sich haben könnte, bekommt man zur Antwort: "Da muss ich meinen Telefonjoker anrufen".

Das erste Mittagessen wird mit gutem Appetit verzehrt. Mich darf man nach den Gerichten nicht fragen, meistens rätselt man, um was es sich handeln mag. Auf jeden Fall schmeckt es immer ausgezeichnet, und das ist die Hauptsache. Fragt man dir Köche Ken oder Oktay nach den Gerichten so erfährt man "Alles Konserve", was natürlich nicht stimmt.

Bald nach dem Mittag haben wir uns der Bucht von Olympos genähert und gehen dort vor Anker. Ingrid und ich beschließen, vom Schiff bis zum Strand zu schwimmen, es mögen knapp 200 m sein. Das ist herrlich! Die anderen fahren mit dem Beiboot und bringen Fotoapparate und andere wasserscheue Gegenstände mit. Hans verschwindet sogleich in Richtung einer Taverne, wo es Raki geben soll. Um die Ecke an einer Flussmündung seien dann die Reste einer Siedlung aus hellenistischer Zeit (1. Jh. v. Chr.) zu bestaunen. Vorübergehend wurde diese Stadt von Piraten erobert, bis die Römer kamen. Oder die Hippies, die wussten genauso wo es am schönsten ist. Rainer und ich stehen dann ratlos vor einem Kassenhäuschen, an Geld haben wir natürlich nicht gedacht. Später tut sich Rainer mit Gabi zusammen, die Geld dabei hat, aber da bin ich schon wieder woanders. An einer Felswand befindet sich nämlich eine Höhle. Das wäre auch interessant, aber eine Taschenlampe hatte ich natürlich ebenso wenig in der Badehose.
(Rainer hat mir dankenswerterweise einige Fotos der Angelegenheit zugesandt)

Inzwischen hat sich der Strand gefüllt, es geht ein Schiff nach dem anderen vor Anker und bringt wahre Menschenmassen an Land. Zurück schwimme ich mit Gabi, die sich als Leistungsschwimmerin outet. Irgendwie erscheint der Rückweg weiter, vielleicht liegt das an den leicht kabbeligen Wellen. Gabi krault in der Hälfte der Zeit zum Schiff, aber schließlich bin ich auch gerettet.

Für heute fahren wir dann nicht mehr weit, an einer felsigen Küste entlang in die Bucht von Adrasan. Dort geht das Schiff vor Anker und hier werden wir über Nacht liegen bleiben. Nun ist die Atmosphäre inzwischen aufgetaut, wir sind nun alle per Du und verleben einen ersten geselligen Abend. Bemerkenswert ist noch der Sternenhimmel, wo man vor lauter Sternen die Sternbilder gar nicht ausmachen kann. Den großen Wagen findet man schließlich irgendwo hinter der Takelage.

Nach und nach sind wir uns auch einig geworden, dass wir in dieser stillen Bucht keine Animationsmusik (Cola in Angola, Pogo in Togo usw.) benötigen. Conni stellt den gerade mühsam reparierten CD Player kurzerhand ab, und damit ist alles gesagt.

Dienstag 5.6., Felsengräber von Myra

Heute sollte der erste organisierte Ausflug zu den antiken Felsengräbern von Myra und der Basilika des Bischof Nikolaus stattfinden. Da ist aber nichts organisiert. Zunächst ankern wir in einer eher hässlichen Bucht. Es sind nur drei Interessenten da: Gabi, Rainer und ich - wie gehabt. Da macht man sich evtl. Gedanken, dass nur wegen uns dreien hier ausgeharrt werden muss. Aber wir lassen uns an Land bringen und zahlen einem Taxifahrer jeder 20 EUR, der uns dafür die Eintrittstickets der beiden Sehenswürdigkeiten aushändigt und uns hinfährt.

Die Felsengräber und ein gut erhaltenes Amphitheater sind sehr beeindruckend. Wer näheres wissen will kann sich an einer Schautafel informieren oder bei Wikipedia nachgucken. Da fängt das dann so an:

Myra war seit dem 6. Jh. v. Chr. eine der sechs größten Städte des Lykischen Bundes...

Heute klettern hier viele deutsche Touristen herum und die Fotoapparate laufen heiß. Ich komme neben ein Ehepaar zu stehen, die gerade mit dem Kopf im Nacken ein Felsrelief bewundern, das man wohl sonst kaum entdeckt hätte. In dem Theater haben auch Gladiatorenkämpfe statt gefunden. Die angrenzenden Reste der Theatergebäude hat ein Teil der Darsteller dann wohl nach der Vorstellung nicht mehr benötigt.

Im Nu ist die mit dem Fahrer vereinbarte Stunde herum und wir fahren in die moderne Stadt Myra zur Nikolausbasilika.

Das liest sich so:
Die Kirche des Heiligen Nikolaus, erste Basilika des hl. Nikolaus, wurde im 6. Jahrhundert erbaut...


Hier wimmelt es von Touristen. Da sind etliche Gruppen die von russisch sprechenden Reiseführern geleitet werden. Da kann man sich noch so lange daneben stellen, man versteht kein Wort. Der eine Führer sieht sogar ganz wie ein Mongole aus. Zu sehen gibt es ein paar Säulen, eine Kuppelmalerei und den Sakopharg des Hl. Nikolaus. Der ist wohl aber da nicht mehr darin, denn die Seitenwand ist aufgebrochen ("1087 von italienischen Kaufleuten nach Bari abtransportiert"). Nur das Relief des ruhenden Weihnachtsmannes befindet sich auf der Oberseite des Schreins. Da gibt es doch wieder Leute, die für ihr Seelenheil oder so mit glasigem Blick oder verdrehten Augen eine Berührung mit der steineren Figur suchen. Deswegen ist es in diesem Raum so brechend voll.
 
Im Ort hat man sich nicht entblödet, eine Statue des Weihnachtsmannes zu errichten - so wie wir ihn kennen, Rotes Wams, Glocke, Sack und Zipfelmütze. Unser Fahrer sitzt nahebei und danach sind wir froh, als wir wieder auf unserem Schiff sind. Dort erfahren wir, dass die weiteren Exkursionen mangels Interesse bereits abgesagt sind.

Nach dem Mittagessen fahren wir weiter. Das Wetter ist leider etwas trübe. So laufen wir schon recht früh unsere "Schlafbucht" an, deren Lage oder gar Name nach der Karte in den komplizierten Küstengewässern dieser Region nachträglich nicht mehr festzustellen ist. Dafür ist sie ob ihrer landschaftlichen Schönheit aber gebührend in einem Panoramafoto festgehalten. Es laufen auch eine etliche Anzahl Schiffe der Blauen Reisen ein. Neben uns liegen eine Zeit lang russische Gäste, die aber irgendwann wieder verschwinden. Ein anderes Schiff mit blauem Rumpf kennen wir schon, das heißt "Valentinas" und wird daher immer überschwenglich mit dem Zuruf "Veltins, Veltins!" (Biermarke) begrüßt.

Der meiste Teil des Nachmittags wird zum Schwimmen benutzt. Gabi zieht weite Kreise, der Rest "flösselt", wie es ab nun heißt. Wenn man sich die Bucht vom Boot aus betrachtet, entdeckt man in der Nähe ein ärmliches Anwesen, auch das Meckern einer Ziege klingt zuweilen herüber. Einmal fährt sogar ein Boot mit zwei Ziegen darin vorbei. Hoffentlich geht es mut denen nicht zum Schlachten, denn sie sind so guter Dinge. Die Berghänge sehen so aus, als ob es hier vor Bergziegen wimmeln müsste, aber auch mit dem Fernglas ist keine zu entdecken. Am Ufer stehen zwei Angler, die wie immer nichts zu fangen scheinen. Zweimal kommt ein Boot daher, da will einer Eis verkaufen. Der verbraucht aber sicher mehr Spritkosten als dass er Profit macht.

Schließlich kommt Ken mit der Sensationsmeldung, dass er uns mit dem Beiboot zu einer Höhle ("Phosphorhöhle") fahren wolle. Schon habe ich Taschenlampe und Kopflampe (von Tchibo) griffbereit, aber die braucht man dann doch nicht, da es sich um eine Ufergrotte handelt. Nur blau ist sie nicht - wie auf Capri - aber es ist doch recht interessant. Auf der Rückfahrt zeigt Ken auf eine Hütte in einer Seitenbucht. Das sei eine Disco.

So nimmt es nicht Wunder, dass Ken und Sarah am späten Abend mit dem Beiboot in Richtung Disco verschwinden, während wir anderen uns selbst genug sind.

Mittwoch 6.6., Kekova, Simena, Kale

Heute morgen fahren wir sozusagen über die versunkene Stadt Kekova, dem Lykischen Atlantis. Ich erlaube mir, wieder eine Notiz aus dem Internet zu übernehmen:

Bekannt ist Kekova wegen seiner antiken Überreste auf der nördlichen Seite der Insel. Durch ein Erdbeben versanken Teile der Insel und mit ihr die Stadt im Meer. Diese unter Wasser gelegenen Ruinen sind das Ziel zahlloser Touristen, die mit Booten aus Demre, Kas oder sogar aus Kalkan hierher gefahren werden. Die Boote sind mit gläsernen Böden und Guckfenstern ausgestattet, denn Tauchen, Schnorcheln und selbst Schwimmen ist im Bereich der versunkenen Stadt verboten.

Tatsächlich kann man am Ufer Mauerreste oder gar Treppenstufen erkennen. Vor der Halbinsel Simena gehen wir vor Anker. Ein Boot holt uns ab und bringt uns zu dem Dorf Kale Köy, das nur per Schiff zu erreichen ist und über dem eine Burgruine thront.

"Die Ritterburg, welche den Ort überragt, wurde während der Kreuzzüge vom Orden der Johanniter über den Grundmauern einer antiken Festung errichtet. Trotz der späteren Eroberung durch die Osmanen ist die Wallmauer mit ihren vielen Zinnen erhalten geblieben."

An Land wird man sogleich von geschäftstüchtigen bunt gekleideten Türkinnen begrüßt, die einem umgehend Armbänder, Halsketten oder textile Kostbarkeiten andrehen wollen. Eine ist besonders anhänglich: "Wie heißt du?" "Heidi" "Oh Heidi, Television! Ich Fatima". Dafür begleitet uns Fatima den steinigen Weg hinauf bis zur Burgruine und verweist noch auf einen 1000 jährigen Olivenbaum oder einen besonders schönen Aussichtspunkt. Nun ja, dafür kann man ihr schon zwei EURo in die Hand drücken. Gabi und Rainer passieren derweil im Stechschritt das Tickethäuschen zum Inneren der ehemaligen Burg. Hinterher können sie uns erzählen, was wir alles verpasst haben. Vor allem wohl antike Grabmäler abgesehen von den zinnenbewährten Burgmauern.

Das Dorf Kala jedenfalls hat man, soweit es ging, in seinem Urzustand belassen, so schlau war man immerhin. Vieles macht einen ärmlichen Eindruck, aber das kann täuschen. Wir überschlagen einmal, wie viele Gäste pro Saison das Dorf besuchen und was sie durchschnittlich dort verzehren oder an Geld ausgeben. Da kommt mindestens eine 6 stellige Summe heraus, wenn nicht mehr. Darf man nur hoffen, dass die gesamte Dorfbevölkerung daran teil hat.

Wir versammeln uns in dem Cafe namens "I am here" auf einen frisch gepressten Orangensaft. Nebenan sitzt eine Gruppe deutscher Touristen gemütlich um eine Wasserpfeife versammelt. Die Schuhe müssen ausgezogen werden, Rheuma- oder Thrombosesocken dürfen anbehalten werden, sorry.

Bevor wir uns wieder am Hafen einfinden, entdecken Rainer und ich noch eine Gasse unten am Meer mit schönen Motiven und am Schluss dem Blick auf das Wahrzeichen, das man auf allen Postkarten findet: ein halb im Meer versunkener Sakopharg. Inzwischen haben sich alle wieder versammelt. Hans hat sich eine schicke Türkenmütze (leider ohne Bommel) samt Oberhemd gekauft. Damit kann er nun wie bisher und weiterhin den Pascha spielen.

Bald sind wir wieder an Bord und fahren nur eine kurze Strecke weiter. In dem moderneren Touristenort Ücagiz gehen wir dagegen nicht an Land, sondern es wird per Beiboot nur frischer Brotenachschub gefasst. Zum Abschluss für heute geht es in eine weitere Bucht zur Übernachtung. Hier läßt es sich besonders gut schwimmen bzw. schnorcheln und flösseln. Jörg, der Experte in maritimen Dingen, erteilt einem jeden, der möchte, einen Crashkurs im Schnorcheln. Das wichtigste beim Tauchen sei: das Atmen nicht zu vergessen. Da muss man erst einmal drauf kommen.

Jörg hatte uns einen Seeigel versprochen. Er präsentiert ein quicklebendiges Exemplar mit pechschwarzen Stacheln. In der anderen Hand hat er ein langes Messer einsatzbereit (Jörg, nicht der Seeigel). Der Seeigel ist dabei so niedlich, dass nach lautem Protestgeschrei auf eine Sektion verzichtet wird und der kleine Bursche wieder im Meer landet, um zu seinen Kumpels zurück zu kehren. Danach wird noch eine besondere Muschel zu Tage gebracht, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe (Steckmuschel - danke Conni). Die können auch Perlen ausbilden, manchmal sogar schwarze, heißt es. Diese Muschel ist leider bereits beschädigt und deswegen auch ohne Perle.

Zum Abschluss des Badenachmittags muss Conni Toilette machen, damit es hinterher heißen kann "Du hast die Haare schön". Dazu wird ein spezielles für Salzwasser entwickeltes Shampoo eingesetzt, das man unbedenklich verwenden könne, ohne befürchten zu müssen, dass die Wasserqualität des gesamten Mittelmeeres hinterher umkippen könnte. Nun ist Chris vom Fach, was die reinigungschemische Angelegenheit betrifft, und Conni hat endlich wieder die Haare schön (mit geliehenem Föhn).

In dieser Bucht verleben wir wieder einen besonders schönen Abend. Es läßt sich nicht vermeiden, dass es jedesmal später wird. Darunter leidet am ehesten die Besatzung, die ja nicht den lieben langen Tag faulenzen kann. Deshalb haben wir zwischendurch bereits mal eine Portion Trinkgeld verteilt (20 EUR p.P.). Da schaut man uns schon mit freundlicheren Augen an. Für den nächsten Tag werden einige Überraschungen auf uns warten.

Donnerstag 7.6., Finike und Hamam (Türkisches Bad)

Bei der Abfahrt zeigen sich endlich die ersehnten Bergziegen, so sieben an der Zahl. Sie begleiten uns eine Weile an den felsigen Ufern und verschwinden dann um eine Felsnase. Wir befinden uns nun bereits auf der Rückreise und nehmen Kurs auf die den Hafenstadt Finike. Zwischendurch wird gestoppt, damit man das Mittagessen einnehmen kann. Die Uferstraße verläuft gleich gegenüber und die See läd auch nicht zum Baden ein. Landschaftlich ist diese Küstenpartie nicht so reizvoll, zudem ziehen dunkle Wolken auf. Eigentlich müsste man von hier aus den höchsten Berg der Gegend sehen können, das ist der Berg Akdag mit 3070 m Höhe. Heute klappt das nicht. Schließlich laufen wir in dem großen Hafen von Finike ein. Alsbald sind wir auf dem Weg zu dem besagten Hamam, geführt von Ken. Wir bezahlen den stattlichen Eintritt von 20 EUR p.P. und kriegen dafür ein Badetuch überreicht und werden in eine stickige Kabine eingewiesen. Dort legt man die Kleider ab und das Badetuch um.

Soweit sind wir noch auf Reihe. Nun harren wir der Dinge, die da kommen sollen. Es ist doch wohl zu erwarten, dass in der sittenstrengen islamischen Welt die Gäste einzeln aufgerufen werden und in diskreter Weise der Zeremonie des Türkischen Bades zugeführt werden. So sitzen wir in der stickigen Kabine und harren weiter der Dinge. Schwitzen kann man auch hier. Nach so einer halben Stunde erscheint ein aufgeregter Herr mit Glatzkopf und gleichfalls nur mit Badetuch bekleidet. "Hamam finish, Hamam finish" zischt er uns zu und führt uns endlich eine Treppe hinunter. Dann kommen wir in einen dampfenden Raum, und da ist unsere ganze Gruppe bereits spradelnackt zugange. Das hätte man ja nicht erwartet. Und alle lachen sich kaputt über unsere Unbedarftheit. Und wir dachten, wir wären besonders schlau!

Nun wird geduscht, aufgegossen und die Sitzpartie auf dem zentralen beheizten Steinpodest erhitzt, dass es eine Lust ist, bis es qualmt. Der Reihe nach wird man dann aufgerufen, sich auf eine Liege zu betten, da wird man nun mit speziellen Handschuhen abgerubbelt, das nennt sich Peeling. Da kommt wohl einiges runter, nicht dass man die ganze braune Haut wieder los wird? Der zweite Durchgang ist dann eine Schaummassage. Da wird ein großer Plastiksack aufgeschlagen und ist plötzlich meterhoch mit Schaum gefüllt. Den bekommt man dann auf den Körper geklatscht und wird damit eingerieben, bis man froh ist, unter die nächste Dusche entfliehen zu können. Das war es dann schon, jedenfalls fühlt man sich sauberer als jemals zuvor (was diese Reise betrifft). So ein paar Haremsdamen hätten da auch gut rein gepasst, aber wenn man mit seiner Gattin unterwegs ist, ist das vielleicht nicht so unproblematisch.

Wir werden noch zu einem Mineralwasser versammelt, das wir hinterher auch noch teuer bezahlen müssen. In der Zwischenzeit hat es draußen geregnet, da haben wir es derweil mit den ganzen Prozeduren gut abgepasst. Nach dem Schrecken versammeln wir uns auf ein paar Bier oder den einen oder anderen Raki in einem netten Hafenrestaurant, wo eine einsame Sängerin gar nicht mal schlecht für musikalische Untermalung sorgt.

Zurück an Bord hat man für uns bereits extra gegrillt, Geflügelspieße mit Paprika, die dann lecker schmecken. Damit ist der weitere heitere Verlauf des Abends gesichert. Wir liegen zwar nicht in einer stillen Bucht, aber die Illumination der Hafenbeleuchtung, Leuchtreklamen, Hotels usw. hat nun auch was - nach der vielen Natur. Dennoch ist die Stadt Finike nicht gerade ein Urlaubsort. Man lebt hier, wie man auch anderswo lesen kann, hauptsächlich von den Hafengeschäften.

Auf dem Schiff nebenan hat man sich wohl einen Barbier gechartert. Da wird eingeseift, rasiert und frisiert. Und dann wird mit offenem Feuer gearbeitet, anscheinend geht das gegen die Nasenhaare oder evtl. Ohrbewuchs an. So kommen wir auf das Thema: haben wir uns doch bei Tchibo mal so einen Nasenhaar-Trimmer gekauft, der hörbar mit einem klickenden Geräusch sich über die Nasenhaare hermacht. "Haben wir auch" hört man, aber das Wort "Popelquirl" - das hat sich noch keiner ausgedacht. Großes Gelächter - aber dann kommt Lilli angeschlichen und fragt Heidi "You were waiting in the Hamam?" - noch größeres Gelächter!

Schließlich ist es dunkel und Sarah und Ken rüsten sich für einen Landgang. Da helfen wir flugs mit. Sarah wird kurzerhand umkostümiert - natürlich den strengen Sitten entsprechend. Das heißt eine gestreifte Hose anzuziehen und ein Tuch um den Kopf wickeln: und damit haben wir eine perfekte Aische. Als Ken dieser so herausgemachten Aische ansichtig wird, geht er sofort stiften.  Aber dann gehen sie doch so an Land, und wir packen die Fotoapparate wieder weg.

Heute wird es wieder später als der Kapitän erlaubt hat, denn er will morgen um 5 Uhr losfahren, damit noch Zeit für einen weiteren Aufenthalt in einer Bucht übrig bleibt. Schließlich sind die letzten Unentwegten in der Koje.

Freitag 8.6., Bucht von Ceneviz, Römersiedlung Phaselis

Kaum liegen wir schwer danieder, wird das Schiff klargemacht und wir laufen am frühen Morgen aus. Da schaukelt und knastert es wieder sehr angenehm. Nach nur wenig Schlaf begibt man sich an Deck und lässt die Klüsenaugen blinzeln. Mit mäßiger Fahrt gleitet das Schiff dahin. "Delphine!" schreit einer, aber selbst wenn man die Klüsenaugen etwas weiter aufmacht, sieht man nur Wasser, Wellen, Wogen. Während wir in eine wiederum malerische Bucht einlaufen, nehmen wir das Frühstück ein.
(Die Bucht könnte Ceneviz oder Genueserbucht gewesen sein)

Wir gehen vor Anker, das dauert immer ein bisschen, weil auch noch ein weiteres Tau jeweils an einem Uferfelsen angeschlagen werden muss, damit das Schiff sich nicht drehen kann. Dann heißt es "Wer will an Land gehen?". Natürlich wieder mal wir drei Musketiere: Gabi, Rainer und ich. "Watch the Scorpions" - da will sich sowieso niemand anderer auf das Abenteuer einlassen. Nachdem wir angelandet sind, entdecken wir statt der angedrohten Skorpione sogleich zwei Schildkröten, die sich ratzefatze unter einen Busch verdrücken.

Nun haben wir ein Gefühl wie Robinson oder James Cook (nicht Thomas): unbekanntes Terrain voraus. Natürlich tummeln sich hier sicher jährlich hunderte von Menschen, trotzdem hat man dieses Gefühl: mal sehen, was es da zu entdecken gibt. Wir klettern einen Abhang hoch, und da öffnet sich der Blick auf eine benachbarte Bucht. Unten bellt ein Hund, in der Bucht befinden sich seltsame ringförmige Netzeinfriedungen, da sind wohl Fischkulturen angelegt. Eine weiße Felsspitze ragt aus dem Wasser. Der uns umgebende Pinienwald ist teilweise verkohlt. Weitere Abstecher ersparen wir uns lieber, unten bellt der Hund, den möchte man nicht stören. Links und rechts ragen steile Felswände empor, von denen man auch lieber die Finger und Füße lässt. Gabi ist allerdings kletterkundig, wer hätte das gedacht.

Wir kehren ganz brav an das Gestade zurück, sacken noch ein paar Skorpione ein (Wunschdenken), und werden schließlich wieder von unserem Beiboot in Empfang genommen. Es ist noch Zeit zum Schwimmen, Schnorcheln und Flösseln. Was mich betrifft, sobald man die Uferfelsen erreicht, nur nirgends hinfassen oder -treten, nicht dass da gerade ein Seeigel sitzt.

Leider müssen wir diese malerische Bucht auch einmal wieder verlassen und steuern für heute die Bucht von Phaselis an. Nun finden sich auch einmal ein paar mehr Interessierte, die die dortigen Relikte aus der Römerzeit besichtigen wollen. Über diese Stätte gäbe es sicher viel zu erzählen, was man an dieser Stelle nicht machen kann. Wir wandeln jedenfalls durch diverse Einrichtungen, Gymnasium, Thermalbäder (frühe Hamams) und klettern auf einem gut erhaltenen Amphitheater herum. Sehr beeindruckend sind auch die Reste eine Aquadukts, sowie die Tatsache, das diese Ansiedlung über drei Häfen in den diversen Buchten verfügte.

Kulturmüde lassen wir uns auf einen frisch gepressten Orangensaft am Gestade nieder. Man kann hier sogar wissenswerte Literatur erwerben: Türkische Küche, Reiseführer oder eine "Karte von Lykien". Die hätte man gleich am Anfang schon gut gebrauchen können. Nun kann man anhand der Karte mal klar stellen, wie der hier alles beherrschende Berg heißen und wie hoch er sein mag. Wir schätzen eine Höhe von etwa 1500 m aber es sind tatsächlich 2366 m und der Name des Berges ist (bitte nachsprechen): Tahtali Dagi.

Am Abend soll es heute etwas besonderes geben. Das läuft unter dem Arbeitsbegriff Captain's Dinner, wie man es anscheinend von Kreuzfahrtschiffen kennt. Einen Smoking brauchen wir dafür allerdings nicht! So hatte man gestern in Finike bereits Fische zum Grillen besorgt. Das sind Doraden, die auch bei uns als Leckerbissen gelten. Und das sind sie auch. Von einem weiteren Fischzug kann noch berichtet werden. Oktay hatte den ganzen Tag Haken und Köder auf eine lange Schnur gezogen und diese gegen Abend in der Nähe des Ankerplatzes ausgelegt. Später kann man es nicht erwarten, noch einmal ins Beiboot zu steigen und zu schaun, was sich da ergeben hat. Und siehe da: 6 Fische haben angebissen. Wer diese hingegen verzehrt hat, haben wir nicht mehr erfahren.

Nun verleben wir unseren letzten gemeinsamen Abend an Bord, und da wir uns einig sind, dass wir uns alle so gut verstehen, wird das feuchtfröhlich gebührend gefeiert und es wird ein letztes mal sehr spät, bis das Bier schließlich alle ist.

Samstag 9.6., Kemer, Rückkehr nach Antalya

Der letzte Abschnitt der Rückfahrt ist abzusehen. Wir passieren die bereits bekannten Küstenstriche mit etlichen touristischen Einrichtungen, mehr oder weniger geschmackvoll. Kurz nach jenen rätselhafen Felsformationen laufen wir in die Bucht von Kemer ein, gehen dort vor Anker und dürfen noch einmal für eine Besichtigung an Land gehen. Das hätte sich eigentlich nicht gelohnt, hätte man nicht einige Fischer beobachten können, die gerade ganz aufgeregt einen wohl sehr erfolgreichen Fang bergen. Da sind etwa 5 Schwertfische dabei, so an die 2 m lang. Leid tun sie einem, wie sie nun ihrem feuchtfröhlichen Dasein aus den Tiefen des Meeres entrissen worden sind. Nun verschwinden sie in Bergen von Eisblöcken und werden irgendwo ein abendliches Buffet bereichern.

Wir bummeln noch ein wenig herum, machen Fotos von einander vor einem Restaurant, das für eine Hochzeit geschmückt ist. Schließlich enden wir wie üblich bei einem Orangensaft in einem Strandrestaurant.

Auf der allerletzten Etappe spendiert unser Kapitän Balta eine Ehrenrunde, d. h. er fährt einmal im Kreis herum, und Jörg verkündet aufgeregt: "Wir fahren zurück, weil es so schön war!". Schön war es - das ist allerdings wahr - aber wir fahren nicht zurück! Stattdessen wird uns ein Fragebogen vorgelegt, in dem wir unsere Meinung äußern dürfen, wie die Reise, Betreuung, Verpflegung, Unterkunft usw. zu beurteilen seien. Wir jauchzen auf! Na alles doch sehr gut bis "super sehr gut", und einig wie immer werden die Fragebogen - hoffentlich zum Wohl der geschätzten Mannschaft - einstimmig ausgefüllt ihren Weg zu den uns unbekannten Eignern, Organisatoren, Vorgesetzten oder was immer im Hintergrund finden.

Pünktlich um 15 Uhr legen wir an der Setur Marina an. Unsere Koffer haben wir bereits an Deck gebracht. Wir umarmen uns zum Abschied, ein letzter Raki wird gereicht - und man glaubt es ja nicht - die eine oder andere Träne stiehlt sich in die Augenwinkel.

Wir hatten in einem anderen Reisebeicht gelesen: "Das war der schönste Urlaub meines Lebens!". Nun gut, das sagt man oft gleich hinterher. Aber dieses mal kommt man doch ins Grübeln, ob da nicht was dran sein könnte...

Samstag, 9.6. "Ab in den Russenbunker"

Nun gut, das Wort "Russenbunker" war nun einmal geprägt, und man weiß ja dann auch erst einmal nicht, was einen erwarten könnte. Aber wir wollen von Anfang an klarstellen, es gab keinerlei Probleme mit den Gästen aus Russland, die heute, ähnlich wie die Deutschen nach dem Wirtschaftswunder in den frühen 60er Jahren es taten, die sonnenreichen Gefilde Europas und anderer Regionen genießen. Und das konnten sie zur Zeit des Sozialismus über lange Jahrzehnte nicht - das sollte man auch mal bedenken.

So dass war ein  Vorgriff, denn wir haben ja gerade erst vom Schiff abgemustert und lassen uns nun in einen nagelneuen VW-Reisetransporter verfrachten, begleitet von erst zwei, dann drei dann vier sonnenbebrillten Herren der H&H TUR Reiseagentur. Die smarten Herren hatten wohl aber Flughafendienst oder so in Antalya und müssen nun ohnehin zurück nach Alanya transferiert werden. Das erspart uns das schlechte Gewissen über soviel Aufwand.

Die etwa fast 3 stündige Autofahrt gehört nicht zu den Highlights dieser Reise, was nicht am Fahrer liegt, der seine Sache gut macht. Die Landschaft bietet hier eben nur wenig. Lassen wir es dabei bewenden, dass am Straßenrand häufig urige Eisenöfchen vor sich hin köcheln, da werden Maiskolben geröstet. Gegen 18 Uhr erreichen wir die quirlige Stadt Alanya. Man kann uns heute nicht einmal vor dem Hotel Gold Safran abladen, da kocht die Straße - und wie wir hinterher erfahren - findet dort heute so was wie ein Apfelsinenfestival statt. Pferde, Kostüme, Kutschen und Musike: für uns ist das gerade das richtige: nämlich ein Kulturschock.

Mit dem uns zugewiesenen Zimmer gibt es gleich etwas zu beanstanden, da läuft irgendwo ein Aggregat und das Balkongeländer vibiert. Per Telefon teilt der Hotelmanager mit, dass z.Zt. alle Zimmer "full" seien, "perhaps tomorrow". Wir finden uns drein. Ein Gang zum Strand, wo es ganz hübsch ist, man Liegen und Sonnenschirm allerdings bezahlen muss: 3 EUR pro Tag, das geht ja! Nahebei ist auch ein Geldautomat, wo man wahlweise YTL (Neue Türk. Lira), Euro oder Dollar ziehen kann. Mit allen drei Währungen kann man überall bezahlen. Die Wechselkurse sind in sämtlichen Registrierkassen gleich einprogrammiert, manchmal hat man auch drei verschiedene Geldschubladen. Wir nehmen natürlich Euros zu uns, das ist man gewohnt.

Ab 19.30 Uhr wird das Abendbuffet eröffnet und wir sicherern uns rechtzeitig einen Platz im Restaurant. Eine Katze streicht unter den Tischen herum, die hat leider eine verletzte Pfote und kann sich nur mühsam voran bewegen. Da läuft ein kleiner Junge hinter der Katze her und tritt nach ihr. Sowas kann Heidi natürlich nicht mit ansehen und schreit "He He!!". Das hilft zwar, aber der Vater des Jungen, ein Russe mit Body-Building Shirt, schaut argwöhnisch herüber. "Wir kriegen hier noch den Frack voll" warne ich Heidi. (Ist aber nicht passiert).

Ein junges Pärchen setzt sich zu uns an den Tisch, sichtlich aufatmend, dass wir ausnahmsweise Deutsche sind. Sie heißen Lars und Iris (oder so) und sind sichtlich auch verdattert, wo sie da hineingeraten sind. Wir kommen gleich in Kontakt und parlieren per Du miteinander, wenn wir nicht gerade auf dem Wege zur Bar sind, um ein neues Bier zu holen: Denn das kostet nun nichts mehr, weil "all inclusive". Das Essenbuffet ist sehr abwechslungsreich zuweilen auch gewöhnungsbedürftig. Mir haben es wieder mal die Suppen angetan, die ausgezeichnet sind. Am Pool sind noch Extrastände eingerichtet, dort wird gegrillt, und weil es dort am leckersten ist, bilden sich zuweilen längere Warteschlangen.

Nach dem Speisen erfolgt dann das Animationsprogramm, das wir nicht mit dem vergleichen möchten, das wir im vergangenen Jahr in Dalmatien erlebt haben. Aber da haben wir am Anfang auch gemeckert. Es geht los mit der Minidisco, die ist für die Kleinen gedacht, die dann angeführt von einem selbstgefälligen Animateur durch die Sitzreihen geführt werden. Die Musik lässt keine Sprachprobleme aufkommen, das geht zum Beispiel so: "Aramdamdam, Aramdamdam, Bully Bully Bully, Ramdamdam" oder "Piapiapiano...". Das versteht jeder.

Was nachher auf der Bühne ablief, kann ich nicht mehr so richtig einordnen, wir hatten uns mit dem Rücken zum Geschehen an einen Tisch mit weiteren Deutschen (Frank u.a.) gesetzt und schließlich auch noch dem All inclusive Raki ordentlich zugesprochen. Erstaunlich, was manchmal an einem einzigen Tag so alles passiert! Jedenfalls schlafen wir gut.

Sonntag, 10.6. Friseurbesuch, Faulenzen

Gleich nach dem Frühstück begeben wir uns zu dem Friseur, der sein Geschäft in der Hotelhalle hat. Heidi benötigt Pediküre, ich will eigentlich nur Bart und Haare stutzen lassen. Das artet dann doch in ein volles Programm aus. Erst werden einem Genick und Arme massiert, dann an den Fingern gezogen, bis sie knacken. Es folgt eine Nassrasur, dann Haare waschen und schneiden, Bart und Augenbrauen trimmen. Nasen- und Ohrenhaare werden abgefackelt. Am Schluss sind für uns beide 38 EUR fällig. Das war der Spaß wert, man macht sowas ja nicht alle Tage. Um das Hamam gleich nebenan machen wir dagegen immer einen großen Bogen.

Nach einem Blick zum Strand, wo es heute sehr windig ist, kehren wir zurück und finden glücklicherweise noch zwei nette Plätze am Pool. Das ist deswegen nicht so einfach, weil hier ungeniert "belegt" wird, möglichst noch vor dem Frühstück, und dann ist schnell alles voll. Nun geben wir uns dem Nichtstun hin mit Kreuzworträtseln und Lektüre, ab und zu eine Runde im Pool, die bei 28 Grad Wassertemperatur wenig erfrischend ist.

Bemerkenswert ist heute nur noch, dass wir spätabends feststellen, dass wir genau schräg über einer sehr lautstarken Disco hausen, wo bis nach 24 Uhr Rämmidämmi ist. Außerdem haben wir vom Balkon aus direkten Einblick auf die Bühne des Nachbarhotels, wo auch den ganzen Abend die Animation läuft. Nun beschließen wir doch, etwas ernsthaftes zu unternehmen. Man kann es nicht hinnehmen, dass einem nach der wunderbaren "Blauen Reise" so etwas zugemutet wird. Es war ja nicht unsere Idee, sondern laut Prospekt alles so arrangiert. Ein Reiseunternehmer, der etwas auf sich hält, müsste sich eigentlich im Klaren darüber sein, dass so etwas nicht geht.

Montag, 11.6. Strandleben, Zimmerwechsel

An der Rezeption vereinbaren wir ein Treffen mit dem Reisemanager der H&H TUR, er wird uns heute abend um 19 Uhr zur Verfügung stehen.

Nun geht es an den Strand, das Wetter ist gut und der Wind nicht mehr zu stark. Die Liegen hätten wir gern "near the water" und so kommen wir in der ersten Reihe zu liegen. Der Seegang ist ziemlich stark.Es kann einem passieren, dass eine Welle einen einfach umschmeißt. Oder man schwimmt wenige Züge raus und dann 24 Züge wieder zurück, gegen den Sog der Wellen kämpfend, bis einen eine gnädige Gischtkrone mehr oder weniger sanft oder unsanft an den Strand befördert. Zum Glück hatte ich wohlweislich die Brille (Multifokal) nicht aufgesetzt, die hätte man wohl schwerlich auf der Nase behalten geschweige denn wieder gefunden. Dafür entdecke ich einen blutenden großen Zeh, da ist man dann wohl gegen einen Stein geraten, ohne es zu merken. Am nächsten Tag habe ich sogar eine tiefere Schramme am Knie, die ich im Hotel desinfizieren lassen muss.

Ab da sind wir vorsichtiger und beobachten, wie die zuständigen Strandangestellten schon mal das Seil mit dem Rettungsring entwirren, was wohl eine Viertelstunde dauern mag, so vertüdelt ist die ganze Sache. Im Notfall hätte das schlecht ausgesehen. Dann wird noch eine rote Flagge aufgezogen, die ehemals ein T-Shirt gewesen sein mag. Tatsächlich kommt der Rettungsring mehrmals zum Einsatz. Mal kann ein kleines Kind sich nicht gegen die Wellen durchsetzen, mal bekommt es ein junges Mädchen mit der Angst. Eine Dame hat sich wohl ernsthafter verletzt, die hält sich das Genick und es wird gemunkelt, dass sie ins Krankenhaus musste.

Das hört sich nun alles so schlimm an - es soll nur gesagt sein, dass dieser Seegang nicht so ohne ist. Es sind hier auch unangenehme Felsen in Ufernähe, deswegen laufen auch noch andere Mitkämpfer mit Pflastern an Rücken oder Beinen herum.

Sonst geht es uns prima, freier Blick auf die rauschende See, ab und zu fährt ein Gulet oder Ketch vorbei, oder es geht sogar ein Kreuzfahrtschiff im Hafen von Alanya vor Anker. Die größte Attraktion ist aber ein Kamel, das herrenlos auf der Promenade daher kommt und unverdrossen gen Osten strebt. Eine Weile später kommt es zurück, inzwischen geführt von einem jungen Burschen. Nur ab und zu muss man stehen bleiben, um einen Hieb aus den Baumkronen zu erhaschen und sich malmend schmecken zu lassen. Wer einen Fotoapparat bei sich hat, lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen. Mein Foto liegt leider gerade im Hotel.

Am Abend haben wir nun den Termin mit dem Reisemanager. Er erscheint pünktlich und wir setzen uns an einen Tisch gleich neben der Rezeption. Ehe wir unsere Anliegen vorbringen können, hat schon der Hotelmanager die Initiative übernommen und ich werde aufgefordert, mir ein Ersatzzimmer (416) anzusehen. Das hätte man ja nicht für möglich gehalten! Ein Riesenzimmer, großer Balkon, nach Westen raus und ruhige Lage! Als ich wieder bei Heidi und ihren Verhandlungsbemühungen auftauche, kann man nur noch abwinken - nun ist alles zu unserer Zufriedenheit geregelt. "So ein schönes Zimmer haben wir noch nie gehabt". Uns ging es nur darum, die bereits vorher erwähnten prinzipiellen Dinge abzuklären. Wir seien die ersten Gäste dieser Reisekombination, demnächst seien 18 weitere Gäste zu erwarten. Hoffen wir also, dass die geschätzten Nachgäste etwas von unserer Initiative profitieren. Es muss noch einmal gesagt sein, dass der Service der türkischen H&H TUR Agentur perfekt ist!

Also dürfen wir in aller Schnelle das Zimmer wechseln. Und wer wissen will, wie lange man zum Kofferpacken braucht, dem kann man mitteilen: 5 Minuten! Dass wir den weiteren Abend bei bester Laune verleben, braucht nicht weiter gesagt zu sein.

Die weitere Woche

Wenn man schon einmal in Alanya war, weiß man, dass die Geräuschkulisse abgesehen von Animations- und Discolärm vielfältig sein kann. In unserem "ruhigen Zimmer" werden wir früh um 5 Uhr von den Gesängen eines Muhedzin erfreut. Ein Hund auf dem Nachbargrundstück mag sich da nicht lumpen lassen und stimmt mehr oder weniger melodisch in den Gesang mit ein. Um 7 Uhr wird es dann lebendig, wenn die Schulkinder in der nahen Schule einlaufen. Da gibt es auch einige Behinderte dabei. Und damit sei gesagt, dass dieses alles keine Lärmbelästigung bedeutet, sondern dem Tagesgeschehen zuzuordnen ist.

Man wird es uns nicht übel nehmen, dass wir uns weiterhin der Faulenzerei überlassen. Am Strand haben wir einen neuen Freund, und das ist ein Hund. Der genießt es, sich ein ansprechendes Plätzchen unter geeigneten Liegen und Sonnenschirmen auszusuchen. Er schätzt es auch, wenn man ihm aus einem Plastikbecher zu trinken anbietet. Bei einer Dame nebenan (von uns genannt Anna) bedient er sich selbst, woraufhin besagte Dame schnell den Becher selbst austrinkt, damit da nichts verloren geht.

Wenn wir dann mal so richtig aktiv sind, gehen wir so an die hundert Meter am Strand entlang. Mal in die eine Richtung, und dann auch noch in die andere.

Inzwischen haben wir auch ein nettes Ehepaar kennen gelernt. So kann man sich jeden Abend gegenseitig die Tischplätze sichern, und sich schließlich gemeinsam von dem Animationsprogramm berieseln lassen. Aber das haut einen nicht vom Hocker. Eines muss jedoch berichtet werden. Da gibt es einen "Sketchabend", wo es um die Eigenarten verschiedener Nationalitäten geht. Meistens bleibt der Gag unklar. Nur die russischen Landsleute kriegen ihr Fett weg, indem sie, sich auf den Knien fortbewegend, Wodkaflaschen-schwingend dargestellt werden. Und das ist genau nicht das Bild, das man hier von den russischen Mitgästen bekommen kann.

Am nächsten Abend heißt es "Turkish Night", wo sich die Animateure wenig originelles einfallen lassen. Man hat aber auch eine Profitruppe engagiert, die wohl Abend für Abend von Hotel zu Hotel tingelt. Da kann dann wohl mal einen Bauch wackeln sehen, denn anscheinend ist der Bauchtanz die Krönung der türkischen Kultur. Als dann auch noch einige Gäste (z.B. ein alternder Holländer) sich dazu hergeben, ähnliches zu versuchen, wendet man sich besser ab.

Zum Abschluss erscheint noch eine Dame mit einer ausgewachsenen Schlange. Sie demonstriert auf der Bühne, wie unkompliziert man mit so einem Tier umgehen kann. Schließlich kann man mit dem Tier sogar ein Bad in der Menge nehmen, hauptsächlich wohl für den Hotelfotografen. Am nächsten Tag kann man sich auf der entsprechenden Fototafel (pro Bild 3 Euro) vor Schlangen nicht retten. Unsere Freunde aus Plauen haben uns sogar ein Bild spendiert, und damit ist belegt, dass das alles so war.

Heidi ist am Abend früher zu Bett gegangen, weil sich ihre Erkältung verschlimmert hat. Am nächsten Morgen bleibt sie erst einmal liegen, um sich auszukurieren. Ich "belege" am Pool und schaue ab und zu nach dem Rechten. Die Zimmerfrau ist schließlich ganz aufgeregt: "Madam krank?" "Ja, sie schläft" "Ich putze morgen!".

Am Nachmittag geht es wieder besser.

Alanya

Fast hätten wir es nicht geschafft, auch einmal nach Alanya zu fahren. Dazu muss man einen Dolmus benutzen, die allerdings alle Augenblicke an der Strandpromenade entlang fahren und nur wenig kosten. Da wir vor einigen Jahren (1998) die Sehenswürdigkeiten von Alanya bereits ausgiebig studiert hatten, müssen wir kein großes Programm auflegen. Vom Basar sind wir enttäuscht, die Verkaufsstände bieten immer wieder dasselbe an.

Wir bummeln am Hafen entlang bis zum Roten Turm. Im Hafen liegen viele schöne Holzschiffe, aber da haben wir nun wirklich keinen Bedarf mehr. Landschaftlich sieht alles sehr schön aus, vorn das Meer und hinten das Taurusgebirge. In den letzten Jahren ist wohl in Alanya viel gebaut worden, selbst steile Hänge werden nach und nach erschlossen. Von den vielen Bauruinen in 1998 ist nichts mehr zu sehen.

Wir erinnern uns an einen Gewürzladen in der Damlatas Cad, ob es den noch gibt? Nach einiger Sucherei muss man feststellen: es gibt ihn wohl nicht mehr, stattdessen viele neue Geschäfte. Auch sonst können wir von der Straße wenig wieder erkennen. Wir kommen schließlich am Kleopatra Strand heraus, und wenden uns dann wieder in Richtung Hauptstraße, um einen Dolmus für die Rückfahrt zu ergattern. Da braucht man nicht lange zu warten.

Unsere Liegen am Pool samt Sonnenschirm hatten wir natürlich die ganze Zeit "belegt", deswegen haben wir für den Rest des Nachmittags unsere alten Plätze wieder.

Animation

Über die Animation haben wir bislang noch kaum gute Worte verloren. Es geht einem auch auf die Nerven, wenn abends zum Beginn des Essens herum gebrüllt wird, als ob da jemand betrunken wäre. Aber das sind die Animateure (allerdings nicht betrunken - das wäre ja auch streng verboten), die auf das Abendprogramm aufmerksam machen wollen, Bingo und so! Wir kommen mit Lena ins Gespräch. Sie ist gerade aus Deutschland angereist und weiß auch noch nicht, was sie genau erwartet. Sie ist hauptsächlich für die Kinder zuständig und freut sich, dass es da kaum Sprachprobleme gibt - irgend wie findet man immer zueinander.

Wir dürfen noch einen Abend erwähnen, wo man zum Abschluss und Höhepunkt alle anwesenden Hotelbediensteten zu schmissiger Musik auf der Bühne agieren lässt. Besonders dekorativ sind die weißbekittelten Köche mit ihren Kochmützen und Bratpfannen, die nun als Schlagzeuginstrumente dienen. Die ziehen allesamt wirklich eine Schau ab und es kommt Stimmung auf. Nur der Chefanimateur namens Bosi vermasselt die Sache am Schluss, verhaspelt sich, verschwindet hinter einem Vorhang beim DJ und versäumt, einen brausenden und berechtigten Applaus abzurufen. Vielleicht lernt man das noch.

Namentlich haben wir uns noch die beiden Kameraden Pinoccio und Fernando gemerkt. Pinoccio versucht mit allen Mitteln, für Stimmung zu sorgen. Fernando dagegen ist der Beau, sieht blendend aus und hat, wie zu hören ist, auch schon als Model gearbeitet. Vielleicht entdeckt man ihn einmal in einem Quelle-Katalog.

Der letzte Abend: Lederschau

So schließt sich der Kreis: haben wir gleich am Anfang in Antalya Bekanntschaft mit der gerühmten türkischen Ledermode gemacht, so dürfen wir uns heute auf eine Vorführung von Lederbekleidung freuen. Es werden etliche Kleiderständer herbeigerollt, auch werden Lose für eine Tombola verteilt. Wir haben Losnummer 9. Zunächst wandeln einige dekorative Damen lederbemäntelt durch die staunenden Sitzreihen. Da regt sich noch nicht viel im Publikum. Dann aber werden die Losnummern für die Tombola aufgerufen. Wir liegen immer knapp daneben, 8, 10, 11 sind schon weg. Die Gewinner schieben schon mal mit einer Flasche Wein oder Fresskorb oder sowas vorbei.

Dann wird groß ausgerufen: die letzte Nummer! Nummer  девять oder Neuf, Nine, oder Negen. "Neun, Neun, Neun! - das sind wir!!! Die letzte Nummer - der Hauptgewinn!!! Heidi spurtet los, ich nuckle an meinem Raki. Der Hauptgewinn: eine Fahrt nach Antalya zur Besichtigung einer Ledermanufaktur mit entsprechenden Rabattkonditionen. Die Rechnung hat man ohne meine liebe Gattin Heidi gemacht!!! Erstens werden wir morgen zurück fliegen und haben gar nicht die Zeit für eine Ledermanufaktur oder sowas, zweitens hätten wir ja auch schon Rabattkonditionen mit unserem Lederfuzzi vom ersten Tag in Antalya. "Präsent, I will have a Present!" Nun lässt man auch damit mit sich reden: "Dann morgen 10 Uhr an der Rezeption, eine Ledermütze". Tatsächlich wird Heidi, die sich den Termin morgens um 10 Uhr an der Rezeption nicht entgehen lässt, mit besagter Ledermütze beehrt. Diese ist aus edlem Leder, aber ein Verarbeitungsfehler muss auch festgestellt werden, was dem Spaß an der Sache aber keinen Abbruch tut.

Damit endet unser letzter Abend mit Beate und Karl-Heinz, unseren Tischgenossen noch recht feucht fröhlich. Wir kommen sogar noch in der Hotelbar bzw. - Disco zu sitzen und tragen, wenn ich mich recht erinnere, auch noch weit nach Mitternacht zu der allnächtlichen Geräuschkulisse bei.

Rückreise

Der schlimmste Tag jeder Reise: Koffer packen, Zimmer räumen, auf den Abholdienst warten. Nachdem die letzten Dinge aus unserem schönen Zimmer geborgen sind (zwei Stück türkische Kernseife haben wir mitgehen lassen), läuft uns die liebe Zimmerfrau über den Weg. "Oh, Urlaub finish, Madam OK?" "We say Good Bye, ten minutes later I come back". Das wird gemacht, 5 EURo in der Hand, und unsere liebe Zimmerfrau sitzt vis a vis von der Fahrstuhltür und hat sich extra die gesamte Wäsche zum Sortieren um sich verteilt, damit sie auch zur Stelle ist. Ja und die 5 EURo veranlassen sie zu einer überschwenglichen Abschiedsszene, mit Küsschen und Umarmung. Als ich wieder unten bin, kann ich nur sagen, die 5 EURo haben sich gelohnt. Es war aber auch eine wirklich liebe Zimmerfrau!

Den Rest des Tages hängen wir ab, bis wir pünktlich um 15 Uhr abgeholt werden. Beate und Karl-Heinz lassen es sich nehmen, uns gebührend in der Hotelhalle zu verabschieden. Am Flughafen erfahren wir alsbald, dass der Flug sich mal wieder um 90 Minuten verspätet. Wenn man nun eine Cola trinken will, um die Zeit zu überbrücken, so muss man 5 EURo löhnen. Das nächste Desaster erleben wir an der Passkontrolle. Für diesmal habe ich nur die Personalausweise dabei, die Reisepässe mit den Einreisestempeln sind bereits mit dem Gepäck eingecheckt. Ohne uns zu verstellen gelingt es uns, einen möglichst dümmlichen Eindruck zu machen. Endlich gibt sich der Kontrollbeamte nach Hinzuziehen einiger Kollegen mit den Flugtickets der Einreise zufrieden und knallt seinen Stempel drauf. Es wird uns hinterher klar, dass man beim Einreisen per Personalausweis einen gesonderten Schein bekommt, den man bei der Ausreise wieder vorzulegen hat. Das nächste mal sind wir schlauer, falls es uns noch einmal in die Türkei ziehen sollte.

Nach weiteren Verzögerungen sitzen wir endlich im Flieger und werden von den Stewardessen mit dem Schwimmwestenballett beglückt (Schwimmweste erst aufblasen, nachdem man den Notausstieg passiert hat...). Das ist etwa so spannend bzw. überflüssig wie der Spruch: "...fragen sie ihren Arzt oder Apotheker". Nur dass diesmal dreimal kurz hintereinander die Stromversorgung zusammenbricht. Die Stewardessen lachen, wir anderen Gäste nicht! Trotzdem rollt der Flieger los. Dann erfolgt eine unverständliche Ansage aus der Kanzel, das einzige verständliche Wort ist "Problem". Prompt sind wir auch schon wieder da, wo wir gerade los gerollt sind.

Nun wird wohl noch ein wenig gecheckt oder gebrieft oder wie sowas heißt, und dann geht es doch noch glücklich an den Start. Die Stromversorgung ist nicht mehr ausgefallen, vielleicht hat man einige Sicherungen ausgetauscht. Nach Mitternacht haben wir eine sanfte Landung in Hannover und werden von Schwiegersohn Sven in Empfang genommen.

So, das waren nun zwei Reisen in einer. Die schönere war die erste!!!


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