Hic Rhodos, hic salta!

Kolimbia auf Rhodos, 24.-31.3.94

Im letzten Jahr hieß es für uns "Auch mal nach Mallorca". Nun nahen die Osterferien und das Motto wandelt sich ab in "Wieder nach Mallorca"? Hintergrund ist nach Schmuddelherbst und -winter die Sehnsucht nach
Blumen, blauem Meer und Sonnenschein.

Unsere Tochter Annika hatte schon im März das Vergnügen, nach arbeitsreichen Monaten eine Woche daselbst zuzubringen. Die Mandelblüte hat sie gerade noch mitbekommen, mit dem Sonnenschein hat es wohl noch etwas gehapert. Jedenfalls haben wir uns für die Osterferien innerlich auch schon darauf eingestellt, dem grausigen Frühling in unseren nördlichen Gefilden zu entfliehen. Auf der Reiseliste stehen Stefanie und die zahlenden Eltern.

Nach mehreren anstrengenden Besuchen diverser Reisebüros müssen wir leider feststellen, daß wir die Rechnung ohne die reisewütigen Massentouristen und den davon profitierenden Wirtschaftszweigen gemacht haben. Alle Flüge sind ausgebucht, besonders die von Hannover aus. Berlin, Düsseldorf, Dresden oder Paderborn sind uns dann doch als Startrampen zu umständlich. Eine Stunde lang lassen wir uns über tunesische Reiseziele beraten - aber auch da wirft der Computer auf dem Tresen des Reisebüros (Karstadt) nichts Begeisterndes aus. Resigniert finden wir uns in der Braunschweiger Fußgängerzone wieder, ohne Aussicht auf den ersehnten Sonnenschein.

Geduckt hasten wir durch Regen und Windböen zum "Last Minute"-Büro am Hagenmarkt, da stehen die Leute bis auf die Straße und hoffen auf Teneriffa und Grand Canaria. So landen wir unverrichteter Dinge wieder zu Hause vor dem heimischen Fernseher. Es vergehen die zwei Wochen bis zu den Osterferien ohne weitere bemerkenswerte Ereignisse, ich habe den Urlaub schon in den Schornstein geschrieben und heize lieber den Kamin an, wenn draußen die Windböen toben und der Regen an die Fenster prasselt.

Heidi - wie es ihre Art ist -, läßt nicht locker. An einem Freitag, nachmittags gegen 16 Uhr, wo ein normaler Arbeitnehmer sich schon längst um seinen Schrebergarten kümmert, ich aber noch im Rechenzentrum für einen Benutzer aus Schwarzafrika eine Flußbegradigung graphisch aufarbeite, ruft Heidi an, ich müßte auf der Stelle in's Karstadt-Reisebüro eilen und eine Reise nach Rhodos buchen. Wie immer gehorche ich, eine halbe Stunde später schon sind die Formalitäten erledigt, namentlich die finanzielle Angelegenheit. Eine Woche Rhodos für drei Personen, der Ort heißt Kolimbia, das Hotel Dounavis, Flug von Hannover am drauffolgenden Donnerstag, 24.3. Stefanie, Heidi und ich reisen mit Neckermann (NUR).

Als ich mich verpustet habe, kaufe ich ein erstmal ein Merianheft und eine Landkarte von Rhodos. Wo liegt das überhaupt, was gibt es dort zu sehen. Bekannt ist Rhodos nur durch zwei Dinge: den Koloß von Rhodos, eines der sieben Weltwunder, inzwischen einem Erdbeben zum Opfer gefallen, sowie dem lateinischen Ausspruch "Hic Rhodos, hic salta!" Mir ist entfallen, von wem und zu welchem Anlaß dieser Spruch geprägt wurde. Seine Übersetzung: "Hier ist Rhodos, hier tanze!" soll doch wohl vermitteln, daß es auf Rhodos so schön ist, daß einen der Zwang zu tanzen geradezu überwältigt.

Ergänzung (es klärt sich alles auf):

In Äsops Fabel "Der Prahler" ... rühmt sich jemand, daß er in Rhodos einst einen gewaltigen Sprung getan, was Zeugen best&aumltigen könnten. Von den ungläubigen Zuhörern bekommt er zur Antwort: "Wenn's wahr ist, brauchst Du keine Zeugen. Hier ist Rhodos, hier springe".

Abends natürlich Hochstimmung, in weniger als einer Woche fliegen wir nach Griechenland - ist es denn die Möglichkeit. Sogar Ajax freut sich und bellt, weil er nicht weiß, worum es geht. Stattdessen büchst er am Sonntag in den Wald aus, hinter Hasen und Rehen her, was wir zwar mißbilligen, dem Hund aber bislang nicht verständlich machen konnten.

Mit dem Auto gibt es auch noch Probleme, das linke Vorderrad gibt sonderbare Geräusche von sich, der Befund der Reperataurwerkstatt ist niederschmetternd, da hat einer die Schrauben nicht richtig angezogen, hätte einiges schiefgehen können. Der Auspuff ist auch noch kaputt, schon kostet diese Kleinigkeit genausoviel wie eine Woche Mallorca. Aber wir fahren ja nach Rhodos. Das ist noch teurer!

Endlich ist der ersehnte Donnerstag gekommen und wir fahren um die Mittagszeit los zum Flughafen Hannover-Langenhagen. Auf dem Touristikparkplatz ergattern wir den letzten freien Platz. Vor Verlassen des Geländes studiere ich den Parkscheinautomaten, da kann man auch mit der Visakarte bezahlen, in deren Besitz ich seit einigen Wochen bin, um auch als vollwertiger Mensch zu gelten. Die Zeit bis zum Abflug vergeht schnell, in der Halle des Flughafens gibt es viel zu sehen. Nach einem Kaffee in einer der allgegenwärtigen Mövenpick-Restaurants klettern wir auf das Aussichtsdach, wo der Wind uns tüchtig zerzaust. Ein Jumbo (Boeing 747) der Lufthansa ist gerade gelandet, aber der kommt nur aus Frankfurt.

Dann klettern wir wieder runter, mit Routine erledigen wir das Entrichten der Sicherheitsgebühr und das Einchecken. Einer ist mit dem Fahrrad da, der stellt sich erst in der Warteschlange zum falschen Flug an, wie wir schadenfroh vermerken. Dann aber ist man neidisch, wie problemlos das Fahrrad aufgegeben wird, das kostet nicht einmal extra Gebühren.

Eine halbe Stunde vor dem Abflug müssen wir durch die Sicherheitskontrolle, Heidi muß ihre Ohrclips aus einer ihrer Taschen hervorholen, um einer Flugzeugentführung vorzubeugen. Am längsten dauert die Kontrolle bei Stefanie, die mit ihrem Krimskrams in den Taschen das piepende Kontrollgerät schier aus dem Häuschen bringt. Schließlich werden wir als Nicht-Sicherheitsrisiko eingestuft, Heidi stürzt auf den Duty-Free Shop los und ersteht eine Stange Zigaretten und eine Rolle mit Schokoriegeln. Endlich dürfen wir das Flugzeug betreten, wir haben unsere Plätze in der letzten Reihe, Stefanie bekommt den Fensterplatz.

Das Flugzeug rollt zur Startposition, dann brüllen die Triebwerke auf und immer schneller geht es dahin. Plötzlich drückt es uns in die Sitze, wie der Flieger seine Nase emporstreckt und abhebt. Nun herrscht heute ein böiger Wind, sodaß die ganze Sache etwas holperig gerät. Stefanie auf ihrem ersten Flug wird leicht weiß um die Nase, aber Aussteigen geht nun nicht mehr. Immer tiefer versinkt die Stadt Hannover zur Rechten, dann geht das Flugzeug auf Kurs und hat dann so in der Gegend von Kassel die Reiseflughöhe von etwa 11000 m bei einer Geschwindigkeit von über 800 km/h erreicht.

Die Reiseroute führt über Nürnberg, die östlichen Alpen bei Graz, dann über Jugoslawien. Dort herrscht immer noch der unsinnige Krieg, es kommen einem sonderbare Gedanken. Wir fliegen in ein Drei-Sterne-Hotel auf Rhodos, unter uns leiden Menschen unter Hunger und Kälte. In der Abenddämmerung überfliegen wir Griechenland und die Ägäis. Hin und wieder eine Insel, deren Namen allesamt stark nach Reiseprospekt klingen. Als wir Rhodos erreichen, ist es fast dunkel, außerdem müssen wir die Uhr wegen der osteuropäischen Zeit um eine Stunde vorstellen . Nach der geglücktenLandung klatschen alle Passagiere erleichtert, Stefanie auch.

Auf dem rhodischen Flughafen ist es weniger luxuriös als in Hannover. Am Gepäckfließband warten wir auf unsere sieben Sachen, dann lassen wir uns von einer Neckerfrau zu unserem Transferbus geleiten. Wir erfahren zur Begrüßung, daß unser gebuchtes Hotel Dounavis (mühsam hat man sich den Namen mit der Eselsbrücke Du-Naseweis eingeprägt) geschlossen ist, wir stattdessen in das Hotel RELAX umgebettet werden. Nach einer Stunde Fahrt - wir sind die letzten Gäste - kommen wir um 22.15 Uhr dort an. Da es inzwischen schon lange stockdunkel ist, haben wir weder auf der Fahrt noch bei der Ankunft irgend etwas gesehen, schon gar nicht das Meer. Im Hotel werden wir freundlich empfangen, schnell die Koffer auf das Zimmer, dann kriegen wir gerade noch etwas zu essen. Salat und Klops, das muß für heute reichen. Wieder in unserem Zimmer, räumen wir sorgfältig das Gepäck in die Schränke ein. Stefanie hat nur ein Beistellbett mit eingebautem Kreuzbrecher. Nur die Müdigkeit läßt sie einigermaßen in Schlaf versinken.

Freitag

Der Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Nach Zurückziehen der Vorhänge erkennen wir deutlich das Meer in zwei Richtungen, links und rechts. Wir haben ein Südzimmer, ein sonnenüberfluteter Balkon liegt hinter der gläsernen Schiebetür. Später werden wir lesen, daß alle Zimmer des Hotel RELAX einen Blick auf das Meer aufzuweisen haben, und das stimmt sogar, auch wenn wir es nicht überprüft haben.

Das Frühstück ist spartanisch, ein paar Brötchen, alle Beigaben handlich in Tütchen (Zucker), Fingernagelschälchen (weil man die Alufolie mit dem Fingernagel abbpulen muß) das sind Butter und Marmelade, ein Tellerchen mit zwei Scheiben Wurst und Käse - für drei Personen. Der Tee wird aus Teebeuteln bereitet, der Kaffee aus einer großen Kanne lauwarm serviert. Nachdem das überstanden ist, und wir eine rauchen wollen, stellt sich heraus, daß die Plastiktasche mit der Stange zollfreier Zigaretten wohl im Flugzeug vergessen worden ist. Stefanie trauert ihren Schokoriegeln nach.

Pünktlich um 9 Uhr erscheint die Neckermann-Service-Dame, die heißt Anke Stoeter und kommt aus dem Extertal bei Rinteln im Landkreis Grafschaft Schaumburg. Braun würde sie nicht auf Rhodos, bei einem freien Tag in der Woche, erfahren wir.Nun aber geht es zur Sache. Das mit dem kreuzbrecherischen Beistellbett, wo man ein Dreibett-Appartement gebucht hatte, für eine stolze vierstellige Summe, das sei doch wohl nicht zumutbar, wie wir meinen.

Wenige Minuten später ist das geregelt, wir dürfen umziehen, allerdings auf ein Zimmer nach Norden raus, Blick auf eine militärische Anlage in Form von großen Sendemasten, die uns nachts durch ihr rotes Funkelfeuer das Fernsehen ersetzen. Nachdem wir Koffer und Gewänder über die Flure geschleift haben, haben wir uns bald in dem Nordzimmer häuslich eingerichtet. Stefanie haust halbseparat in einer Seitennische.

Nun soll der Urlaub aber losgehen. Heidi begibt sich als versierte Mallorcafahrerin direkt an den Pool. Das ist der eingebaute Badeteich, wie man ihn in jedem besseren Hotel vorfindet. Als Badeutensilien nimmt man die im Hotelzimmer bereitgehaltenen Handtücher und Badelaken mit. Nach einer Weile Sonenanbeterei meldet sich Stefanie mit der bemerkenswerten Äußerung "Ich kann hier nicht ewig rumsitzen" Allso schaun wir mal, wir fragen, ob wir dürfen, Heidi cremt sich gerade ein. "Nur los mit Euch - ich habe Urlaub!"

So marschieren wir beide los auf der Eukalyptusalle, die ist drei Kilometer lang. Wenn man nach vorne schaut, sieht man wie durch einen Tunnel ganz hinten am Ende ein gelbes Gebäude. Auf beiden Seiten der Straße werden an jeder Ecke Flächen und Auffahrten betoniert, Rent a Car steht dann dort zu lesen. Auf der linken Straßenseite verläuft eine betonierte Rinne, das ist eine Wasserleitung, die das Wasser aus dem Tal der sieben Quellen in die ehemals landwirtschaftlich genutzte Ebene um Kolimbia führen soll. Im Augenblick ist die Betonrinne vielfach löcherig und wird kaum das Wasser halten können. Manchmal kann man eine huschende Eidechse entdecken, die sich auf den Steinen sonnt.

Hin und wieder erkennt man ein Haus, das aus älteren Zeiten stammen muß. Das ist dann entweder für modernere Nutzung umgebaut oder in einem trostlosen Zustand. Kennzeichnend ist ein großer Torbogen, fast so groß wie das ganze Haus. Daneben sind die Ställe für Rinder Esel oder Ziegen.

Bild 1
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Kontraste

Wenn man Glück hat, zischen auch ein paar Hühner durch die Gegend und ein einsamer Kettenhund freut sich über eine Abwechslung. Hier herrscht offensichtlich noch Armut, anders kann man das nicht nennen.

Als wir einen Blick über den Zaun von Hotel Dounavis werfen, ruft uns einer zu "Morgen Eröffnung!" Gut zu wissen. So schlendern wir - mal ein Grüppchen deutsche Touristen vor, mal hinter uns - bis ans Ende der Straße. Das gelbe Haus an ihrem Ende ist eine Anstalt für Behinderte, eine Kirche ist auch noch dabei, an die man aber nicht herankommt. So ist hier absolut nichts weiter los, weder ein Geschäft, noch eine Ortschaft, nur der Verkehr der Hauptstraße Rhodos - Lindos rauscht hier hindurch.

Wir machen uns auf den langen Rückmarsch. Wenige hundert Meter von der Kreuzung entfernt liegen rechterhand die Reste einer alten frühchristlichen Basilika aus dem 5./6. Jahrhundert, nur die Fundamente sind erkennbar. Das ganze ist eingezäunt und nicht näher zu besichtigen.

Etwas müde erreichen wir wieder unser Hotel und packen uns nun auch in die Sonne. Ich schlafe bald ein. Als ich anfange zu schnarchen werde ich aus dem Schlummer geboxt. Es hat aber schon gereicht, meinem Gesicht die charakteristische Leuchtturmfarbe zu verleihen, wie sie unvernünftige Touristen an den ersten Tagen in den südlichen Ländern auszeichnet.

Nun schauen wir einigen Hotelangestellten dabei zu, wie sie die kleine Imbißbude auf der anderen Seite des Pools für die Saison vorbereiten. Das macht auch wieder müde, denn fern von aller Hektik geht man hier zu Werke. Da werden ein paar Sachen mal von hier nach da geräumt und dann wieder zurück. Am Schluß werden alle Gebäudeflächen weiß überstrichen, zwischendrin immer mal wieder eine angemessene Pause.

Besonders zeichnet sich ein junger Mann durch stets wechselnde Betätigungen aus, wir nennen ihn den Kalfaktor, was Stefanie in Karl-Viktor umdichtet. Richtig heißt er Leonida, denn so wird er von den anderen gerufen. Heidi hat das erst nicht richtig verstanden und sagt "Er muß wohl zum Telefon". So haben wir auf unseren Sonnenliegen ganz schön zu tun. Während wir über die arbeitende Bevölkerung lästern, bekommen wir nicht einmal ein schlechtes Gewissen.

Auch gibt es noch andere interessante Gäste. Zwei Damen mittleren Alters erfreuen die Welt durch eine ausgefallene Mode, die hauptsächlich aus weitgeschnittenen Gewändern und Tüchern besteht. Wir nennen sie etwas respektlos die Tücherweiber. Sie lassen sich einen Sonnenschirm in eine Ecke bringen, wo sie dann zurückgezogen, allerdings von der Straße aus weithin sichtbar, sich dem Oben-Ohne-Sonnenbad hingeben.

Dann erscheint ein Mädchen, das uns gleich mit Beschlag belegt. Mit lautstarkem Geschrei fordert sie uns auf, ihrem Bauchtanzschwimmen zu huldigen, das habe sie sich selbst beigebracht. Schließlich gelingt es ihrem stets mißmutig dreinschauenden Vater, das Kind zum Eisessen oder Billardspielen von uns abzuziehen. Künftig werden wir auch in Ruhe gelassen, offenbar hat Stefanie zu deutlich die kalte Schulter gezeigt.

Am späten Nachmittag wird es schnell kühl, die kleine Gemeinde um den Pool löst sich auf, so auch wir. Mit brennenden Gesichtern begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang hinunter an die Nordseite der hier vorgelagerten Landzunge. Dort steht die ehemalige Fischerhütte, ein verwitterter Mann sitzt auf einem roten Plastikstuhl in der Sonne. Das ist sicher der alte Fischer. Dahinter hat man einen gläsernen Anbau errichtet, wo man gut essen und trinken kann. Der Blick schweift über die blaue See und die rotweißen Sendemasten der Militäranlage.

Ginster
Buchtpanorama

Der Strand besteht weniger aus Sand als aus Steinen. Diese allerdings sind bildschön, zum Teil kugelrund und farbig geädert. Mit den flachen Steinen kann man sich im Steinehüpfen auf der Wasseroberfläche erproben, Stefanie fehlt es noch etwas an Technik, Heidi ist über solche Kindereien erhaben.

Durch leicht sumpfiges Gelände, überall blüht es üppig, erreichen wir wieder die Eukalyptusallee. Es gibt zwei Geschäfte, in denen man einkaufen kann. Frische Apfelsinen und ein Sortiment Wein zum Probieren werden eingekauft. Beim Wein bleiben wir vom ersten Tag an der Marke Platoni,semi sec (halbtrocken) kleben, der uns wunderbar schmeckt.

Leider wird das Abendessen dadurch immer etwas teurer. Leider auch gibt es kein Buffet, sondern das Essen wird in vier Gängen serviert. Das sind Vorspeise oder Suppe, Salat, Hauptgericht und Dessert. Meistens schmeckt es auch recht gut, aber an einem Buffet hat man eben doch größere Möglichkeiten.

Wir zweifeln auch so langsam an der finanziellen Angemessenheit dieser Reise. Wenn man eine vierstellige Summe pro Person und Woche abgenommen bekommt, noch dazu zum Hauptsaisontarif, obwohl hier vor Ort weit und breit noch tote Hose ist, dann in ein Hotel niedrigerer Kategorie umgelegt wird und in einem klammen Nordzimmer bibbert, dann geht man schon in sich. Aber wir sind friedliche Menschen, besonders ich, und stürzen uns nicht gleich in den nächsten Rechtsstreit. Aber zur Warnung für Nachahmer sollte das nicht unerwähnt bleiben.

Sonnabend

Nach dem Frühstück sinnen wir über die weitere Verwendbarkeit des Tages nach. Die Tücherweiber haben einen Mietwagen gechartert, brauchen aber eine ganze Weile, bis sie den Rückwärtsgang reinkriegen.

Währenddem rüstet ein Radrennfahrer vor unseren Augen auf. Er hat eine Spezialtasche, wo seine ganzen Utensilien verstaut sind, auch das Fahrrad. Erst ist man ja neidisch, als man dann aber sieht, was da alles zum Vorschein kommt - die reinste Materialschlacht. Von den Spezialschuhen mit Clipfixierung bis zum aerodynamisch gestalteten Sturzhelm ist alles vorhanden. Frau ud Sohn helfen beim Zusammenbau des Rades und des Fahrers, dann verschwindet er unter dem Surren des riesigen Kamcorders um die Ecke. Wo der nun wohl herumdüsen mag, wir für unseren Teil haben von der Insel überhaupt noch nichts gesehen.

Mir läßt das keine Ruhe, um die Ecke ist ein Fahrradverleih, da gehe ich erstmal hin. 1000 Drachmen, das sind sieben DM, kostet ein Trekkingrad guter Qualität pro Tag. Da muß man sagen, das ist äußerst preiswert. Noch aber ist es nicht so weit, der strahlend blaue Himmel fordert sein Recht.

Heidi ist schon mit ihren Badetüchern zugange. Meine bedenkliche Gesichtsfarbe aber zwingt nochmal zu einer anderen Maßnahme. Stefanie und ich besorgen uns je eine Schirmmütze, die schont Haut und Augen und schützt vorm Blenden beim Lesen in der Sonne.

Bald schon kann ich wieder nicht mehr stillsitzen und verabschiede mich in Richtung Berge. Da steht ein wunderbarer Berg geradezu hinter dem Haus. Er heißt Tsambika Berg, ist 326 m hoch, ßeine Kegelspitze wird von der Klosterund Wallfahrtskapelle der wundertätigen Muttergottes gekrönt" (Polyglott). Auf der Rückseite des Berges führt zwar eine Fahrstraße dort hinauf, aber wie man von unserer Seite sozusagen in der Direttissima an die Sache rangehen kann, das muß ja wohl erstmal geklärt werden.

So marschiere ich am Meer entlang, bis es nicht mehr weiter geht. Die Küste steigt in schroffen Felsabstürzen steil an, da riskiert man besser keine Kletterstücke. Brav schlendere ich einen kleinen Weg zu Füßen dieses heiligen Berges entlang. Was man von weitem bei dem grauen, unbewaldeten Berghang nicht vermuten kann, zeigt sich von der Nähe. Es herrscht eine zauberhafte Vegetation. Tiefroter Mohn mischt sich mit gelbem Klee und weißen Anemonen. Dann erklingt ein Meckern von hoch oben. Nach einigem Herumschauen entdecke ich erst eine, dann zwei und dann immer mehr Bergziegen. Die Annahme, eine seltene Beobachtung gemacht zu haben, erfüllt mich mit Stolz.

Wenig später endet der Weg an einem Tor zu einem Anwesen. Davor hat man allerlei Gartenabfälle gelagert, und dort lassen es sich meine seltenen Ziegen in Scharen wohlsein. Um keine Auseinandersetzug zu provizieren, beschließe ich als die Klügere der zwei Parteien den Kürzeren zu ziehen, d.h. unauffällig den Rücktritt anzutreten.

Auf dem Rückmarsch habe ich wieder Gelegenheit, Kontraste zu studieren. Eine Bauernklitsche umgeben von Gerätschaften und Matschflächen, ringsherum dann wieder Hotelneubauten oder Baustellen. Viele Baustellen sind inzwischen wohl auch Bauruinen. Bei den bereits fertiggestellten Gebäuden ragen überall die Armiereisen aus den Betonpfeilern im ersten Stock, offensichtlich plant man in einem späteren Zeitalter die Erschließung der nächsthöheren Ebene. Als ich

Als ich an den Pool zurückkehre, kann ich leider keine positive Nachricht betreffs eines Bergaufstiegs mitbringen. Mir wird dagegen mitgeteilt, wie Karl-Viktor den Rasen mäht, immer einen Streifen, dann folgt eine Pause oder andere Ablenkung. Daß der Motor des Rasenmähers auf diese Weise zig-mal angeworfen werden muß, scheint ihn weniger zu stören.

In dem kleinen Fischerlokal an der Bucht nehmen wir einen Imbiß ein. Ich lasse mir Kalamares schmecken, das sind die Ringe vom Tintenfisch. Auf dem Rückweg schauen wir dann bei dem inzwischen geöffneten Hotel Dounavis vorbei. Das macht schon einen besseren Eindruck als der mehr nüchterne Kasten des Relax. Auf Wunsch könnten wir umziehen, versichert uns der Geschäftsführer, was uns aber in unserem Hotel niemand gesagt hat. Wir verzichten aber darauf, weil das Hotel Relax die bessere Lage zum Meer hat. Auch in die Stadt, wie wir zu den zwei bereits geöffeten Geschäften sagen, ist es ja nicht weit.

Sonntag

Heute haben wir eine Fahrt nach Lindos geplant, weil am Sontag dort der Eintritt frei sein soll. Lindos ist ein kulturschwerer Ort, von dort aus hat sich in grauer Vorzeit die Besiedelung der Insel vollzogen. Heute gibt es dort noch den Ort in seiner ursprüglichen fast orientalisch anmutenden Form, darüber thront die Ruine der Johanniterburg, in deren Mauern wiederum die Reste des Athena Heiligtums, auch als Akropolis bezeichet, befinden. Auf den einschlägigen Ansichtskarten oder in den Reiseführern kann man sich hinreichend vorbereiten, beim Du Mont Kunstführer bildet Lindos das Titelbild. "Der schönste Ort der Insel" liest man überall, und das stimmt sicher und spricht sich rum.

Wir warten auf den Bus, der um 10 Uhr fahren soll. Aber weil Sonntag ist und man gerade auf die Sommerzeit umgestellt hat, sind wir da noch nicht so sicher. Ein kulturbeflissenes Ehepaar, mit denen wir schon ein paar Worte gewechselt haben, gesellt sich aber schließlich noch dazu, sodaß die Aussichten auf den Bus nicht schlecht stehen. Tatsächlich kommt der ganz pünktlich, wir fahren nur bis zur Kreuzung, dort steigen wir um in Richtung Lindos.

Während wir auf den Anschlußbus warten, sehen wir unseren Radrennfahrer auf der Hauptstraße in Richtung Rhodos dahineilen. Der Bus nach Lindos ist knüppelvoll, wir bekommen nur Stehplätze. Erstmals sehen wir einiges von der Landschaft ringsum. Meist kahle Berge, graue Felspartien, mitunter glänzt links das blaue Meer. Überall gibt es Ziegen.

Der Bus fährt durch den Ort Archangelos, der sich noch ziemlich ursprünglich erhalten hat. Heute am Sonntag Vormittag sitzen überall die Männer mit grauen Anzügen, Schirmmütze und verwitterten Gesichtern hinter ihrem Ouzo oder anderen Getränken und bestimmen die Geschicke der Welt.

Wir stehen direkt hinter dem Busfahrer. Irgendwann fällt uns auf, daß der immer mit geschlossenen Augen fährt. Jedenfalls sieht es so aus. So ein ganz gutes Gefühl haben wir dabei nicht und atmen auf, als hinter einer Berghöhe die aus den Büchern bereits vertraute Kulisse von Lindos erscheint. Die Busladung muß sich erstmal verlaufen.

Bild 1 Lindos

Das ältere Ehepaar aus unserem Hotel sehen wir alsbald schon hoch oben auf der Treppe zur Burgruine. Wir bummeln erstmal ganz langsam los, hinein in das ursprüngliche und unverfälschte Lindos. Ein Souvernirladen reiht sich an den anderen, Textilien und Modeschmuck sind der Renner. Zum Glück befinden wir uns noch in der Vorsaison, da kann man sich noch frei bewegen.

Wir kommen auch auf die Treppe zum Aufstieg. Heidis Pupillen weiten sich, mit den Händen tastet sie sich rechts am Felsen entlang, wenn es links ein paar Meter hinuntergeht. Allerdings weitet sich das Tal vor einem bis hinunter zur Bucht, das schafft die Illusion eines luftigen Standortes. Am Eingang zur Burg erkennen wir, daß wir wegen des freien Eintritts heute am Sonntag etwa DM 24.- gespart haben.

Nun beginnt eine Treppe. Hier ist die Skulptur eines Schiffes eingemeißelt, sie stammt aus vorchristlicher Zeit und wurde von denselben Steinmetzen angefertigt, die die berühmte Laokoon-Gruppe geschaffen haben. Die Treppe ist nun wieder sehr luftig, ein Geländer gibt es nicht. Mit allerlei Scherzen lotsen wir Heidi hinauf.

Nun beginnt der antike Teil der Angelegenheit, erkennbar an allerlei liegenden und stehenden Säulenresten. Die stehenden Säulen sind eingerüstet, da bringt man Mogelpackugen aus neuerem Gestein an. Ringsherum und auch bei uns klicken die Fotoapparate, daß es eine Lust ist.

Bild 1 Bild 2 Auf der Burg

Die Aussicht ist beeindruckend, tief unten liegt eine fast kreisrunde Bucht, der Paulus-Hafen. Dort soll der Apostel Paulus anläßlich einer Vorbeifahrt angelandet sein.

Dann geht es wieder an den Abstieg, jetzt schon ein wenig routinierter.

Bild Bild

In Ruhe schauen wir uns nochmal die verwinkelten Gassen von Lindos an. Bemerkenswert sind die feinen Mosaike, die man aus den runden Steinen, die wir zum Wassertitschen immer sammeln, angefertigt hat. Wegen der besseren Haltbarkeit hat man die Steine senkrecht gesetzt.

In einem kleinen Hinterhof bosselt eine schwarzgekleidete Frau herum. In der Hoffnung auf ein Foto der griechischen Art suche ich unauffällig nach einem Motiv, aber es ist dann doch zu aufdringlich.

Natürlich statten wir auch der Marienkirche einen Besuch ab. Sie ist in ihrem Inneren von Fresken verziert, eine silberne Ikonostase verdient auch noch Beachtung, so steht es im Reiseführer. Für ein paar Münzen darf man eine Kerze anzünden, was Stefanie sich nicht entgehen läßt.

Bald ist man hier kultursatt, wir landen wieder auf dem Platz mit der Bushaltestelle. Der nächste Bus zurück fährt in einer halben Stunde. Ich schlage vor, bis Archangelos zu fahren und dort noch ein wenig herumzubummeln. So machen wir es auch.

Jetzt am frühen Nachmittag sitzen nicht mehr soviele alten Männer hinter ihrem Ouzo. Entweder haben sie die Geschicke der Welt fertig entschieden oder vielleicht zuviel Ouzo getrunken. Nach wenigen Schritten von der Hauptstraße weg befindet man sich in einem Ganggewirr inmitten
schneeweißer Häuschen. Hier beeindruckt einen das viel mehr als in Lindos, weil man sich hier nicht inmitten von Touristenscharen bewegt.

Eine schwarze Frau grüßt sehr freundlich. Ein paar Ecken weiter kauert eine alte Frau auf dem Boden und hat Mühe mit dem Verzehr eines Reisgerichts. Sowas kann man einfach nicht fotografieren, obwohl man so ein Bild in jedem Reiseprospekt unterbringen könnte. Über Archangelos liegt auch eine Burgruine, aber von der sind nur noch die Grundmauern erkennbar. In die Kirche kommt man auch nicht hinein. In den Straßenlokalen sind alle Plätze besetzt und wir sind müde. Wir leisten uns ein Taxi zurück nach Kolimbia.

Den Imbiß nehmen wir in unserem Strandlokal ein, Heidi nimmt wie immer Salat, griechische Art, ich bestelle eine Pizza und Stefanie wählt mutig Calamares. Da macht sie aber große Augen, als diese serviert werden. Neben den üblichen panierten Ringen sind zur Verzierung - vielleicht weil Sonntag ist - zwei komplett erhaltene Tintenfische auf dem Teller drapiert, Greifarme, Saugnäpfe, alles gut erhalten und rosa schimmernd. Bis auf diese beiden Kameraden gelingt es Stefanie dennoch, den Großteil der Kalamaresringe aufzuessen. Mir bleibt der Rest, die possierlichen kleinen Tintenfische schmecken sogar sehr gut.

Müde schlurfen wir in unser kaltes Hotelzimmer, schmeißen uns auf die Betten und lesen in den Reiseführern nach, was wir heute alles gesehen oder versäumt haben. Später dann reicht die Kraft wieder für einen Gang in die Stadt um einzukaufen. Auf dem Weg durch die zur touristischen Aufsiedelung rechtwinklig angelegten Teerstraßen schließt sich uns ein Hund an und folgt uns in gebührendem Abstand. Wir gehen einen uns noch unbekannten Weg hinauf zu der kleinen Landzunge. Ein eingezäuntes Gelände gibt Anlaß zu Spekulationen. Es handelt sich wohl um ein Ferienlager, das im Sommer Jugendliche beherbergt. Überall stehen kleine Hütten, die nur durch Planen verhängt werden können, um als Behausung zu dienen. Aber im Sommer ist es hier ja warm.

Oben auf der Landzunge ist wieder eine unberührte Vegetation. Heidi findet sogar ein Exemplar von Knabenkraut. Der Hund ist immer noch dabei, begleitet uns bis zum Hotel und bleibt auch während des Abendessens in Sichtweite. Stefanie allerdings verabschiedet sich nach der Vorsuppe, das mit den Tintenfischen war zu viel für sie. Neben uns sitzt eine Familie mit zwei Söhnen so um die zehn Jahre alt. Die sitzen nur mit Hohlkreuz und essen was auf den Tisch kommt. Beide Eltern sind Lehrer. Da kann Stefanie froh sein, was sie für mißratene Eltern hat.

Rhodos Montag

Das Wetter hat sich noch nicht gebessert, es herrscht ein starker böiger Wind und es ist kalt. Also müssen wir fortfahren mit dem bildenden Teil der Reise. Wir fahren mit dem Bus nach Rhodos-Stadt, wo es ja eine malerische Altstadt geben soll. Eine ganze Weile kämpft sich der Bus an der alten Festungsmauer entlang durch das Verkehrsgewühl.

An der Endstation am Hafen steigt man augenreibend aus und versucht den allgegenwärtigen Autos auszuweichen. Am Hafen ist es recht ungemütlich, die Windstöße bringen auch schon den einen oder anderen Regentropfen mit. Wir machen, daß wir in die Altstadt kommen, stellen uns wieder mal etwas dumm an, und laufen immer außen rum.

Rhodos

Dann sind wir aber doch wohl drin, obwohl einen weiterhin der Verkehr umtost. Ich bin stocksauer, daß man die Touristenattraktion von Rhodos nicht einmal verkehrsfrei hält. Während wir noch so herumstolpern spricht uns eine Verkäuferin vor einem Modegeschäft an. "Kommen Sie aus Deutschland, wie schön!" - als ob wir die einzigen deutschen Touristen weit und breit wären. Überall laufen sie doch, mit Baseballmützen, umgehängten Fotoapparaten und Kamcordern. Aber hier geht es darum, Kunden zu ködern.

Ich dränge auf Weitergehen, aber Heidi (als Kollegin) und die Dame sind schon in ein Gespräch verwickelt, uns wird ein Kaffee angeboten, wir möchten doch bitte hereinkommen. Ich bin begeistert und habe die Hand fest auf der Geldtasche. Die Verkäuferin, die uns angesprochen hat, ist in unserem Alter, blond und aus Schweden. Seit 20 Jahren lebt sie auf Rhodos, weil sie in einem Urlaub hier hängengeblieben sei. Ihre Chefin, die sich auch kurz vorstellt, stammt aus Oesterreich.

Offensichtlich floriert das Geschäft mit dieser Masche von Kundenfang. Wir schlürfen unseren Kaffee und erfahren doch manches Interessante. Ab 1. April sei die Altstadt von Rhodos für jeglichen Verkehr gesperrt. Zur Zeit beherrschen noch die Vorbereitungsarbeiten auf die Saison die Szenerie. Auf dem Flughafen von Rhodos seien am Freitag über 30 Flugzeuge mit Touristen niedergegangen. Die Armbanduhren im Kasten dort seien individuelle Stücke im Technik-Look direkt aus London. Auch Gold sei ja hier so billig...

Da habe ich schon einen Fuß im Ausgang. Wir verabschieden uns dankend, und werden mit einer Visitenkarte und einem ein wenig säuerlichen Lächeln entlassen.

Nun irren wir erstmal ziellos herum. Die Altstadt ist ein Labyrinth, lauter verwinkelte Gäßchen, in denen man schnell die Orientierung verliert. Immer wieder kommt man unversehens an bekannten Plätzen heraus. So bekommen wir eine ganze Menge zu sehen. Die Ritterstraße ist seit dem Mittelalter unverändert. Heute bezwingen zwei Mountainbiker die Steigung der Straße mit kleinster Übersetzung.

Bild 1 Bild 2 Ansichten

Der Großmeisterpalast ist Montags geschlossen - heute ist Montag. Auch die zahlreichen Kuppelkirchen sind alle geschlossen. Wenn hier in der Altstadt Erdarbeiten gemacht werden, so kommt wohl in der Regel eine archäologische Sensation dabei zu Tage, ob aus der Barbylonier-, Griechen-, Römer- oder Johanniterzeit. Alle diese Kulturen haben hier ihre Reste übereinandergeschichtet hinterlassen. Da geht man wie auf Eiern!

In den Straßen findet man in erster Linie Geschäfte derselben Art wie in Lindos. Es folgen Handwerksbetriebe, Schneider, Pelzmacher, Tischler, Goldschmiede. Die Werkstätten sind zur Straße offen und man kann hineinsehen. In den kleinsten Gassen schließlich wohnen sogar Menschen. Eine alte Frau hat ihren Stuhl auf die Straße gesetzt, hinter ihr befindet sich - für jeden einsehbar - ihr Wohnraum mit allerlei Krimskrams.

Trotz des heftig um die Ecken brausenden Windes lassen wir uns endlich vor einem Restaurant auf einem der vielen Plätze nieder. Etwas trinken und speisen bringt uns wieder in Gang. Ab und zu muß man Gegenstände, die vom Tisch geweht werden, wieder einfangen. Eine über der Tür angebrachte Reklametafel landet auf dem Kopf einer der Bedienungen.

Auch der Wirt ist sehr behende und wuselt ständig zwischen den Tischen herum. Einige Hunde sorgen auf dem Platz für Abwechslung, indem sie einmal die Weite des Platzes in allen Diagonalen nutzen, das andere Mal in einem Knäuel übereinanderpurzeln. Wir denken an unseren Ajax, der sich gegegenüber anderen Hunden nur wie eine giftige Kröte zu benehmen weiß.

Unser Aktionsdrang ist damit erschöpft, Stefanie sucht noch ein Geschäft für Kosmetikartikel (Body Shop) in einer der Nebenstraßen auf, das gäbe es in Deutschland nur in Berlin. Die Artikel sind aber wohl überteuert, so ziehen wir weiter und landen wieder an der Bushaltestelle. Gerade fährt ein Bus direkt nach Kolimbia, schon sitzen wir drin.

Nach der wohlverdienten Ruhe raffen wir uns noch zu einem Spaziergang auf, am Meer entlang. Es herrscht eine für diese Gegend wohl starke Brandung. Baden wäre sicher nicht ratsam, es würde einen ganz schön auf die Steine knallen. Eine tote Ziege ist angeschwemmt worden, das Fell ist weitgehend abhanden gekommen, kein schöner Anblick. Hinten am Berg, wo die schönen Blumen blühen kehren wir wieder um.

Als abends über das schlechte Wetter lamentiert wird, meint eines der Tücherweiber, auf der anderen Seite der Insel habe die Sonne geschienen. Damit kann sie diskret dokumentieren, daß sie mit ihrem Leihauto ungeheuer mobil sind. - Na, wartet! -

Dienstag

Das Wetter sieht wieder freundlicher aus. Heidi sortiert schon wieder Badetücher. Beim Frühstück beobachten wir eine neu angekommene beleibte Dame, wie sie diskret ein paar Brötchen schmiert und in Servietten verpackt. Beim Weggehen erwischt sie wohl aber eine Tischkante mit der Hüfte, sodaß ihr die Brötchen entgleiten und auseinanderdriftend über den Fußboden rollen. Der Kellner steht feixend daneben. Was mit Heidi und Stefanie passiert, erspare ich mir zu schildern.

Nun wäge ich vorsichtig ab, wie weit ich mir die Freiheit erlauben kann, mal für eine Weile auszubüchsen. Da es die Sonne wirklich gut meint, gibt es keine Probleme, Stefanie will auch lieber in der Sonne sitzen. So bin ich wenige Minuten später bei meinem Fahrradfritzen und leihe mir ein schönes Trekkingrad mit 18 Gängen.

Kaum auf dem Rad, stellt sich wieder dieses Freiheitsgefühl ein. In einer unbekannten Landschaft in jede Richtung fahren zu können, das ist das Größte. Während ich so vor mich hin philosophiere, überholt mich tief geduckt der Radrennfahrer vom Hotel, biegt auf die Hauptstraße ein und steigert zwischen den Abgasschwaden das Tempo.

Ich fahre an der Kreuzung geradeaus weiter, links und rechts meckern die Ziegen. Mein erstes Ziel ist das Tal der sieben Quellen (Epta Piges). Auf dem Parkplatz vor demselben steht ein Bus, eine Gruppe Touristen davor. Steil führt ein betonierter Weg hinauf, da muß man sich mal wieder anstrengen, bis man aus der Sichtweite der gaffenden Busgäste ist.

Wenig später eine kleine Restauration, dort sind die sieben Quellen. Ich habe sie nicht nachgezählt, an jeder Ecke rinnt da das Wasser aus den Felsen. Eine mit dünnen Stöckern belegte Brücke und ein Tunnel zum Sammeln der Wasser sind für Wagemutige als Mutprobe vorhanden. Ringsum treiben sich frei bewegende Pfauen ihr Unwesen. Besonders ihre durchdringenden Schreie setzen einen in Erstaunen.

Zurück zur Straße fahre ich auf dem Fußweg, bald muß ich hinter gemächlich Dahinwandernden hinterherschieben. Weiter geht es das Lutani-Tal hinauf, Kiefernwälder und Felshänge beidseits der Straße. Einmal erkennt man am Bach eine brustkastenbreite Schlucht, in die sich das herabströmende Wasser tief eingegraben hat. Das wirkt sehr geheimnisvoll und steht in keinem Reiseführer.
Ebensowenig ist die nun folgende Kapelle irgendwo beschrieben, sodaß ich ihren Namen nun leider nicht nennen kann. mehr herausfinden kann. Ein Honigverkäufer wartet unter einer alten Platane auf Abnehmer.

Die nächsten Orte in dem sich weitenden Tal heißen Arhipoli und Eleousa, malerisch fügen sie sich in die grüne Landschaft. Hier ist die Passhöhe erreicht, man kan schon das Meer auf der anderen Seite der Insel erkennen. Deutlich sieht man auch die Berge der türkischen Küste, ist es doch das erste Mal, daß nach meinen 50 Lebensjahren das Auge auf Bergen des Erdteils Asien ruht (Stefanie behauptet, das sei noch Europa, wir einigen uns auf Kleinasien).

In Eleousa verzweigt sich die Straße, ich wähle den Weg über den dritthöchsten Berg auf Rhodos, die Profitis Ilias (ca.800 m). > Vorher noch eine kleine Rast vor einem verfallenden Kloster, ich setze mich auf eine Steintreppe und übersehe eine Pfütze. So geht es etwas frisch am Allerwertesten weiter. Nach beständigem Aufstieg erreicht man
die Kirche Ajos Nikolaos Fountoukli. Reiseführer: Teil einer Klosteranlage aus spätbyzantinischer Zeit. Ein kurzer Blick hinein, da hängen Weihwasserbehälter und niemand klaut sie. In die Eingangstür klemmt sich diagonal die gutgenährte Tochter eines Leihwagenfahrers und läßt sich fotografieren.

Nun geht es immer weiter rauf und rauf. Nach jeder Kurve hofft man, die Höhe erreicht zu haben, aber das läßt sich Zeit. Ein englisches Touristenpaar robbt auf den Knien mit aufgeklapptem Stativ und Kamera durch das Unterholz auf der Suche nach botanischen Sensationen. Die soll es hier zahlreich in Form unterschiedlicher Orchideenarten usw. geben.
Blumen

Immerhin begegnen mir vom Fahrrad aus die Zwergiris, die Berganemone und ein paar Knabenkräuter.

Am Straßenrand sind auch allenthalben Bauarbeiter mit der Straßenbefestigug beschäftigt, die es freundlich zu grüßen gilt. Den griechischen Gruß beherrsche ich nicht, als Deutscher möchte man sich auch nicht offenbaren, so ruft man international "Salus!". oder "Moin, Moin!". "Guten Morgen" ist meistens die Antwort der griechischen Bauarbeiter.

Dann ist man doch irgendwann oben, da liegt das Berghotel Elafos (Hirsch), errichtet im Schweizer Chalet Stil. Ich steige nicht einmal vom Rad, eine Aussicht gibt es auch nicht zu bewundern, weil alles bewaldet ist. Dafür geht es an die lange Abfahrt, kalt bläst der Wind von vorn, fast brauchte man Handschuhe.

Irgendwo zeigt er sich nun endlich: der Ataviros, mit 1215 m der höchste Berg der Insel. Die Spitze hüllt sich in Wolken, rings herum dräuen dunkle Wolkenfelder, während die Küste hell erleuchtet in der Sonne liegt. Da kann man verstehen, daß sich in grauer Vorzeit allerhand Mythen um solche Bergwelten woben.

Ich strebe lieber dem Licht zu, die Gegenküste der Insel möchte ich schon gern erreicht haben. Bergab und mit Rückenwind saust man wie im Fluge die 10 km über Salakos nach Kalavarda hinunter. Außer dem blauen Meer gibt es hier allerdings nichts zu sehen. Nochmal 6 km bis Soroni, dann muß ich mich wieder auf den Rückweg machen. Es geht natürlich wieder hinauf, durch das Plati-Tal. Einmal fotografiere ich am Wegesrand ein üppiges Knabenkraut.

Als Rastplatz bietet sich die Ag. Soulas an, ein merkwürdiges Heiligtum. Eine winzige Kapelle aber riesige Busparkplätze. Da soll sich einer auskennen. Noch ein idyllischer Ort, den ich von oben schon gesehen habe: Dimilia, dann bin ich wieder in Eleousa und rausche das Loutani-Tal diesmal hinunter. Man kann höchste Übersetzung fahren, bedauernd erreiche ich wieder Kolimbia, wo ich den Rest meiner Familie bibbernd im Bett wiederfinde. Bis eben haben sie sich noch gesonnt, aber nun wird es empfindlich kalt. Ich zähle auf der Karte die zurückgelegte Strecke zusammen und komme auf stolze 68 km.

Wie immer machen wir später noch einen Rundgang, die Gangart ist heute etwas verkrampft vor Kälte. Erst beim Abendessen und dem Wein Platoni löst sich das etwas auf.

Mittwoch

Was bleibt nun noch zu unternehmen? Das Wetter ist wieder besser und wärmer geworden, sogar in den Pool wagen sich die ersten wieder. Ich erbitte mir drei Stunden Urlaub, mit dem Berg Tsambika hinterm Haus ist noch die Rechnung offen. Ich renne nun also gegen ihn an.

Sorgfältig wird jede mögliche Aufstiegsgelegenheit abgeprüft, einmal lande ich zwischen Hühnern vor einem Schafgehege, dann vor rostigen Teertonnen, die man hier in idyllischer Umgebung endgelagert hat.

Über eine kleine Felsschwelle gelangt man in Hörweite der Hauptstraße, es läßt sich der Berg wohl doch nur von der Rückseite bezwingen. Durch einen Olivenhain mit blühenden Grasflächen stoße ich zwischen Ziegenherden zur Hauptstraße vor. Wenig später finde ich den kurvigen Verlauf der früheren Straße, dem man eine Weile folgen kann. Man muß sich vor den Glasscherben in Acht nehmen, denn man hat hier wieder stillschweigend eine heimliche Müllabladestelle geschaffen.

Es folgt die Abzweigung des betonierten Fahrweges auf den Berg Tsambika. 20 Minuten wandere ich hinauf, die Landschaft versinkt immer tiefer um einen herum. Auf der Schulter des Berges liegt ein Lokal, hier müssen auch die sportlichen Leihwagenfahrer ihr Fahrzeug abstellen. Ein Ehepaar sitzt bei einer Cola, die frage ich, ob ein Weg direkt hinunter nach Kolimbia existiert. Das wüßten Sie auch gern, man müsse wohl im Haus fragen.

Das kann ich später auch noch tun, erst gilt es die letzte Spitze des Berges zu erklimmen. Leider hat man da wieder betoniert, was das Zeug hält, und eine Treppe angelegt, daß man den Berg auf Rollschuhen befahren könnte. Oben auf der Bergspitze findet man nun das am Anfang schon erwähnte Etablissement vor.

Bild 1 Bild 2 Tsambika Es ist der Rest eines Klosters, ein paar Mauern umschließen einen kleinen Innenhof mit der üblichen winzigen Kapelle. Außen um die Mauern herum bieten sich in alle Richtungen einzigartige Ausblicke.

Bild 1 Bild 2 Ausblicke

Im Süden sieht man bis Lindos, der Ataviros ist wieder leicht umwölkt,
Kolimbia liegt einem direkt zu Füßen.

Nur getrennt durch die schroffen Felsen liegt keinen Kilometer von Kolimbia entfernt
der schönste steinfreie Badestrand, das kann man von hier oben genau sehen. Von Kolimbia ist dieser Strand nur mit dem Leihauto nach 10 km Fahrt zu erreichen. Wenn man nun einen Weg zu diesem Strand durch die Felsen bahnen würde, wäre das mit den Leihautos nicht nötig, aber das will man wohl auch wieder nicht. Es ist alles schließlich genau durchdacht.

Ähnlich mag es sich mit dem Direktweg von Kolimbia hier herauf verhalten. Es hat einfach niemand Interesse daran, daß irgendjemand etwas zu Fuß unternimmt. Man hat sich gefälligst zu motorisieren. Als ich mich an den Abstieg mache, erscheint eine Gruppe junger Griechen auf dem Berg, einen Geistlichen (Popen) haben sie auch dabei. Schließlich ist das hier ein Wallfahrtsort zum Erlangen der Fruchtbarkeit. Wieder am Lokal kann ich den Wirt nach dem Direktabstieg fragen. Er zeigt nur in die Richtung, "Go ahead, you always see Kolimbia". So schlau bin ich beinahe selber.

Etwas aufgeregt taste ich mich also in das unbekannte Terrain vor. Zunächst erreicht man ein Reklameschild, Hotel Panomaric steht da drauf. Nur schwer zu erkennen ist ein zwischen den stacheligen Büschen sich windenderTrampelpfad. An manchen Stellen hat man kleine Steinhäufchen aufgebaut, das erleichtert die Sache etwas. Herrlich wieder die Blumenwelt, wovon man aus der Entfernung in diesem grauen Berghang nichts ahnen kann. Nachdem ich mich eingehoppelt habe, geht es schnell hinunter, gerade eine halbe Stunde vergeht, da bin ich wieder auf den vertrauten Teerwegen zwischen den Hotels, Baustellen und Bauruinen.

Den Rest des Tages verbringen wir mit faulenzen. Mit ein-zwei Ehepaaren kommt man ganz gut ins Gespräch und kann Erfahrungen austauschen. Als ich einmal hinauf aufs Zimmer gehe, sehe ich Karl Viktor im Garten zwischen den Apfelsinenbäumen stehen und sich die Fingernägel maniküren.

Donnerstag

Der letzte Tag! Nach 22 Uhr am Abend geht das Flugzeug, gegen 19 Uhr sollen wir abgeholt werden. Morgens vor 12 Uhr müssen wir schon aus unserem Zimmer. So wird heute etwas improvisiert. Beim Frühstück gibt unser Kellner unfreiwillig die Abschiedsvorstellung für uns, indem er einen Stapel Kaffeetassen durch die Gegend ballanciert. Er hält die Tassen am Arm längs gestapelt, die oberste klemmt er unter der Achselhöhle fest. Alsdann veteilt er die Tassen auf den Tischen. Guten Appetit!

Nach dem Frühstück kann ich Stefanie davon überzeugen, daß sie ungeheuer was verpaßt, wenn sie nicht nochmal mit auf den Berg Tsambika steigt. Nachdem ich den direkten Weg nun kenne, möchte ich auch nochmal davon profitieren. Leider ist es heute etwas dunstiger als am Vortag und die Sicht nicht ganz so gut. Dennoch macht es einen großen Spaß, sich durch das unwegsame Gelände zu kämpfen. Mehrmals verlieren wir den Weg um ihn dann unvermittelt wiederzufinden. Die Sache ist auch einigermaßen schweißtreibend, obwohl wir uns im Schritt des Alm-Öhis versuchen, d.h. ganz langsam aufzusteigen.

Im Lokal bekommt Stefanie eine Cola, dann geht es wieder den Rest des Gipfels hinauf. Heute ist man da oben kräftig an der Arbeit und streicht die Wände, benachbarte Felsen und auch schon mal die darauf wachsenden Pflanzen mit weißer Farbe an. Die Griechen lieben die Farbe Weiß, obwohl sich die Frauen in Schwarz kleiden. Der Abstieg verläuft nun schon ganz routiniert. Zu meiner Freude entdecke ich noch eine Blume, die eine Frauenschuhart zu sein scheint (Ophyris, wer es genau wissen will).

Nach zwei Stunden sind wir wieder im Hotel, wo wir heute die Zeit totschlagen müssen. Wir tauschen noch ein wenig Geld, um ein paar kleine Einkäufe zu machen. Einmal läuft der Radrennfahrer an uns vorbei. Er joggt jetzt und ist gerade in eine Staubwolke von einem Betonmischer eingehüllt.

Schließlich wollen wir uns noch ein Essen leisten und begeben uns in unsere Strandtaverne. Wir bestellen gebratenen Fisch, der auf den Tellern von anderen Gästen immer recht lecker aussah. Das ist er dann auch, gut lassen wir es uns schmecken. Als dann die Rechnung kommt, muß ich zweimal hingucken, mehr als 6000 Drachmen, soviel haben wir gar nicht mehr! Erstmal wird alles auf den Tisch geblättert, was wir noch zusammenkratzen können, vielleicht 4000 Drmn. Heidi versucht es mit einem Fünf-Mark-Stück, als wären wir in Polen. Aber mit einem 10 DM Schein ist uns dann aus der Patsche geholfen.

Der Grund für die ganze Sache: Fisch ist unverhältnismäßig teuer, das haben wir übersehen.

Am Nachmittag reisen ein paar andere Gäste ab, unter ihnen die Tücherweiber. Als der glücklichere Teil der Gäste sich zum Abendessen rüstet, erscheint pünktlich unser Bus und entführt uns aus dieser Traumwelt. An der Kreuzung steht unser Hund von neulich, als ob er uns verabschieden wollte. Das rührt Heidi fast zu Tränen.

Unterwegs werden einige Hotels der Reihe nach abgeklappert, um die anderen Fluggäste aufzusammeln. Bei jedem Hotel wird uns schwummriger, also da hatten wir es ja noch schön. In Faliraki und um die Stadt Rhodos herum hat man die schönsten Hotelburgen errichtet, da muß der Gast sich wohlfühlen (jedenfalls solange er das Gebäude nicht verläßt). Ein paar Zugestiegene bemerken kurz nach dem Anfahren: "Guck mal, so weit sind wir gelaufen". Das klingt, als sei das die einzige Unternehmung in diesem Urlaub gewesen. Im übrigen duzen sich alle, die Verständigug an der Hotelbar war offensichtlich nicht die schlechteste.

Als wir den Flughafen erreichen ist es bereits dunkel. Die Zeit bis zum Abflug vergeht recht schnell. Den Rückflug treten wir in einem Airbus der größeren Kategorie an, da sitzen die Passagiere in drei Dreierreihen nebeneinander. Stefanie wählt einen sicheren Mittelplatz. Den Start merken wir heute kaum, das fühlt sich an wie Busfahren. Schlechter ist es über den Alpen, wo wir uns wegen rauheren Flugwetters, wie der Pilot sich ausdrückt, zwischenzeitlich anschnallen müssen. In dem Glauben, der Absturz sei nun nicht mehr weit, bekommt Stefanie bei der einsetzenden Ruckelei wieder eine weiße Nase und schwitzige Hände. Aber es geht vorüber, über Linz ist es wieder ruhig.

In Hannover: Landung, Gepäckausgabe - alles geht wie am Schnürchen. Nun folgt nur noch unsere Schlußvorstellung. Es ist inzwischen 0.30 Uhr, obwohl wir wieder eine Stunde für die mitteleuropäische Zeit zurückbekommen haben. Wir eilen auf den Touristikparkplatz, Heidi und Stefanie suchen schon mal das Auto, ich mache mich weltmännisch mit meiner Visakarte an dem Parkscheinautomat zu schaffen. Eine Weile nestele ich da herum und drücke alle möglichen Knöpfe, bis mir ein freundlicher Herr sagt, in welchen Schlitz ich die Visakarte zu stecken hätte.

Nun scheint alles OK und ich eile zum Auto, wo Stefanie schon winkt. In der Dunkelheit übersehe ich zwei Pfützen, eine für jeden Fuß. Das Starten des Autos ist von keinem Erfolg gekrönt: oing, oing .... Ruhe. Die Batterie war schon immer etwas schwach. Jetzt werde ich nervös.

Erstmal das Gepäck holen, bei dem Heidi am anderen Ende des Parkplatzes wacht. Wieder zurück, diesmal einen Bogen um die Pfützen machen, Heidi begreift gar nicht, was da vor sich geht, wohl bin ich auch etwas wortkarg. Wieder am Auto wird erstmal das Gepäck verstaut.

Noch ein Startversuch: wie eine Rakete springt der Motor an. Da kenne sich einer aus. Wir fahren an die Schranke, zwei weitere Autos sind schon hinter uns. Nach Einstecken des Parkscheins erscheint in Leuchtschrift "Vorgang abgebrochen". Nachdem das sich ein paar Mal wiederholt, bleibt mir nichts anderes übrig, als zurückzusetzen, um die anderen vorbeizulassen. Das ist auch wieder ein schwieriges Manöver.

Frau und Kind raten mir nun, meine weltmännische Visakarte in den Schlitz zu stecken, obwohl ich das ja bereits vorhin am Automat erledigt habe, was für ein dummer Vorschlag! Sei's drum ich fahre nochmal an die Schranke, erst den Parkschein hinein, dann die Visakarte - ist ja nun auch egal -, da erscheint in Leuchtschrift "Vorgang wird berechnet". Dann kommt die Visakarte wieder raus "Gute Fahrt" ist zu lesen und die Schranke hebt sich.

Nun kann das Osterfest kommen, mit Regen, Schnee und Kälte - und das tut es auch.