Das morgendliche menschliche Rühren meldet sich, für einen Radfahrer aus organisatorischen Gründen sehr wichtig. Auf der Toilette findet sich kein Papier. Blitzschnell stibitze ich eine Rolle aus der Damentoilette nebenan. Dann gibt es noch Probleme mit der Spülung - aber das will ich mal hier nicht breittreten. Nun wieder in die Gaststube - wie mache ich das wenigstens mit der Bezahlung. Ich suche mir Kugelschreiber und einen Zettel und schreibe: "Wegen meiner Zugverbindung mußte ich pünktlich losfahren, anbei DM 20.-, M.W., Zimmer 7". Bevor ich mein Angebinde auf der Theke ablegen kann, erscheint ein verschlafenes Mächen im Morgenmantel. Sie sei krank, die anderen hätten wohl verschlafen. Gerne aber mache sie mir das Frühstück. Das nehme ich dankend an, habe dabei selbst ein schlechtes Gewissen. So kann ich wenigstens ordnungsgemä meine Rechnung bezahlen. Danach ist das Mächen wieder verschwunden und ich mache mich auf den Weg. Es nieselt leicht aber erträglich. Dafür ist es herrlich ruhig, kein Mensch läßt sich blicken und ich fahre durch ein paar kleine Orte. Dann die einzige kritische Situation: ich fahre einen steilen von Wasserrinnen zerfurchten Weg hinunter, da kommt mir in einer Kurve plötzlich frontal ein bergaufschnaufender Wartburg entgegen. Unter beiderseitigem Vollbremsen gelingt es uns, ohne Feindberührung aneinander vorbei zu lavieren.
Bis Eisenach geht es meistens weiter bergab, so sind die 20 km heute morgen schnell abgespult. Weit vor Eisenach immer wieder Schilder an der Straße: "Sei so nett, Motor aus". Also Staugebiet - oder Eisenbahnübergang. Da ich meine Zeit einteilen muß, fahre ich durch Eisenach immer der Nase nach, links die Bahnstrecke, an deren Begrenzungsmauer alle weitschweifenden Blicke zerschellen. Schließlich komme ich in einem Industriegebiet zum Stehen, hinter einem Cirkus im Vordergrund thront oben die Wartburg und schält sich aus dem Morgennebel.
Circus vor Wartburg |
Nun an einer im Wiederaufbau befindlichen Bahnstrecke entlang, das ist die Werra-Talbahn, mit der man wohl was vor hat. Dann bin ich - oh Wunder - wieder in Hörschel: der Kreis hat sich geschlossen. Wenig weiter vor Wartha ist eine Brücke über die Werra, dann färt man wieder durch die Grenzanlagen und ist auf bundesdeutschem Terrain (im alten Sinne). Dafür kann ich in Herleshausen der aufatmenden Familie per Telefon mein Wohlbefinden mitteilen.
Porta Thüringiensis |