Überraschungen
sind ja immer was Feines. Und zu einem runden Geburtstag muss man wohl
mit einer Überraschung rechnen. Da lag vorher wohl mal schon ein
Schreiben herum von unserem Reisebüro Bokelmann in Goslar, aber da
schaut man dann lieber diskret weg und versucht, sich seinen
Teil nicht
zu denken. Dann ist es bei der offiziellen
Abfeierei vor versammelter Mannschaft - Freunde, Nachbarn und Familie -
soweit, und Heidi verkündet, dass für die brave und stete Begleitung in
südliche Gefilde als Belohnung nun auch mal ein nördlicheres Ziel
angestrebt werden sollte. Und das würde in Gestalt einer Minikreuzfahrt
von Kiel nach Oslo und zurück geschehen. Alles ist bereits gebucht,
Anfahrt mit der Bahn, Hotelübernachtung, Überfahrt, maritimes
Schlemmerbuffet an
Bord und Städterundfahrt in Oslo. Und das Ganze soll bereits
in
zwei Tagen losgehen, auch die Hundepension für Hund Otto ist bereits
bestellt.
So stehen wir am Sonntag, 27.4. mittags an der
Bushaltestelle vor unserer Haustür, um zum Bahnhof zu gelangen. Das
klappt sogar und dann geht es mit dem ICE gemütlich über Hamburg nach
Kiel. Das für die Übernachtung vorgebuchte
InterCity Hotel liegt direkt am Bahnhof, damit ist das Einchecken
schnell erledigt. Wir bekommen ein schönes
Zimmer, dann geht es aber auch schon auf die Suche nach einem
geeigneten Lokal für das Abendessen. Wir landen nach längerem Marsch in
dem China Restaurant
Mr. Yang
hinter der Nikolaikirche in der Nähe des Alten Marktes. Das chinesische
Buffet ist lecker wie immer, die Räumlichkeiten dagegen etwas nüchtern.
Auch das Kieler Stadtzentrum ist nicht allzu romantisch, es herrschen
große Einkaufspassagen vor, wie man sie heutzutage in den meisten
Innenstädten in Deutschland antrifft. Ein paar Dosen Bier und eine
Flasche Wein besorgen wir uns dann bei Lidl im Bahnhof, der auch am
Sonntag geöffnet hat. Der Rest des Abends vergeht mit Donna Leon und
Brunetti.
Kieler Innenstadt Panorama
Mo, 28.4.: Mit Color Line
nach Oslo
Nach
dem Frühstück bleibt genug Zeit, noch ein wenig zu shoppen, ein warmes
Tuch zum Schutz vor Zug und Fahrtwind oder so. Am Kieler Bahnhof ist
auch eine Stele zum Gedenken an den Matrosenaufstand Ende des ersten
Weltkrieges zu sehen. Nach einer nochmaligen Einkehr bei Lidl machen
wir uns dann auf den Weg zum Norwegenkai, wo die Color Line ihren
Anleger hat. Man überquert dazu die Hörnbrücke, die wohl bei Bedarf für
durchfahrende Schiffe wie eine Zieharmonika aufgeklappt werden kann (Dreifeldzugklappbrücke,
genannt Dreifaltigkeitsbrücke).
Im Moment ist das aber eine Baustelle und man hat provisorische Stege
errichtet.
Im Gebäude der Color Line suchen wir sogleich den Eincheckschalter auf
in der Hoffnung, dann auch beizeiten an Bord der Color Magic,
die uns nach Oslo bringen wird, zu kommen. Daraus wird nichts. Ein paar
Herren, wir vermuten LKW-Fahrer, blockieren unter ständigem
Telefonieren
den Schalter fast eine Stunde lang. Als wir endlich drankommen bekommen
wir die Bordkarten und die Billets für das Buffet. Nun können wir aber
doch nicht an Bord, das geht erst eine halbe Stunde vor Abfahrt. Da
heißt es nochmals 90 Minuten warten, aber wir haben wohlweislich
genügend Kreuzworträtsel und Sudokus dabei.
Endlich
um 13.30 Uhr
ist es soweit. Man betritt das Schiff auf Deck 7, das ist das
Promenadendeck. Da reibt man sich erst mal die Augen. Ist man hier auf
einem Schiff. Denn das Promenadendeck ist eine Art Straße mit
Geschäften und Restaurants. Das kennen wir als Kreuzfahrtneulinge noch
nicht so. Dann gilt es die Kabine zu finden, und die ist auf Deck 11,
ganz oben, Fahrstühle 11-13 zu benutzen. Es stehen aber auch dienstbare
Geister herum, die einem notfalls weiter helfen. Die Kabine ist
urgemütlich und mit Holz verkleidet. Ein kleiner Fernseher steht auch
drin.
Für die eine
Übernachtung an Bord muss der Koffer nicht groß ausgepackt werden und
sonst ist nichts zu tun. Da begibt man sich am besten gleich auf das
Sonnendeck am Heck auf Deck 13, wo man die beste übersicht hat. Am Kai
stehen massenweise Wohnmobile für Import oder Export bereit - was weiß
man. Die Szene um den Kieler Bahnhof breitet sich einigermaßen
malerisch vor einem aus. Um 14 Uhr legt die Color Magic pünktlich ab
und dann wird es bald zugiger auf den Sonnenplätzen. Man gleitet durch
die Kieler Förde, und ich kann es kaum erwarten, dass man das
Marineehrenmal von Laboe zu Gesicht bekommt. Dorthin haben wir noch in
den 50er Jahren (Obertertia) eine Klassenfahrt unternommen und sind von
einem
marinebesessenen Klassenlehrer anhand der Ausstellung im Ehrenmal mit
den Ereignissen der Skagerakschlacht 1916 konfrontiert worden. Das
Uboot U-995 lag allerdings damals noch nicht dort, das kam erst 1972
aus Norwegen, wie zu lesen ist.
Bald ist die offene Ostsee
erreicht, und bei der frischen Brise leert sich bald das Sonnendeck.
Nun ist es Zeit für einen Rundgang an Bord. Da gibt es jede Menge
Restaurants, Cafes und Pubs, ein Spielkasino oder einen Golf Simulator,
aber uns interessiert nur das Restaurant Grand Buffet, Deck 6, wo wir
nach 17 Uhr das Buffet einnehmen werden. Das ist dann auch bald soweit
und man wird an den Platz geführt, der für einen reserviert wurde. Ein
paar Tische weiter musiziert eine schöne Pianistin. Das Buffet aber ist
umwerfend. Schwerpunkt hier auf See natürlich: Früchte des Meeres. Die
können hier nicht alle aufgezählt werden. Belassen wir es bei Kaviar,
rot oder schwarz, Lachs, Makrele, Kalamares, Muscheln, Shrimps und -
immer wieder lecker - Matjes. Aber mehr als sich sattessen kann
man ja nicht, und Tupper haben wir nicht dabei - leider! über das
Angebot von Käse, Früchten und Dessert reden wir erst gar nicht weiter.
Wenn man bedenkt, dass das hier jeden Abend so geht, und das nicht nur
hier, sondern auf allen Kreuzfahrtschiffen - und obendrein in allen
Hotels der Welt, dann fragt man sich, wie lange es dauern mag, bis die
Meere leer gefischt und der Rest der Welt abgefressen sein wird. Sorry!
Zum
Abschluss finden wir noch ein windstilles Plätzchen (Leeseite) auf dem
Sonnendeck, wo man die vorbeiziehenden Küstenstreifen der dänischen
Inseln sehen kann. Irgendwann wird es zu kühl und wir ziehen uns in
unsere Kabine zurück. Woanders kann man sich kaum aufhalten, ohne in
irgendeinem Restaurant wieder Zeche zu machen.