Subject: Oder-Neiße-Radweg, Teil 1 Date: Fri, 04 Jan 2002 13:45:07 +0100 From: "Dr. R. A. J." To: m.wittram@tu-bs.de Sehr geehrter Herr Wittram, über Ihren „frei von der Leber weg” (oder wie man bei uns in der Pfalz sagt: „Vunn de Lung uff die Zung”) verfaßten unterhaltsamen Reisebericht habe ich mich sehr amüsiert, darüberhinaus war er informativer als mancher geschönte Hochglanzprospekt der offiziellen Touristenbüros. Nur über eine Kleinigkeit bin ich als Musikfreund gestolpert: Die „Sonnenorgel” in Görlitz ist nicht elektro-pneumatisch, sondern mechanisch angelagt, d.h. der Weg von der Taste bis zum Ventil an der Pfeife (genauer: an der sog. Windlade) geht über Hebelchen, Wellen, Ärmchen und dünne Holzleistchen, sodaß der Organist ein unmittelbares Spielgefühl hat. Der Neubau war erforderlich gewesen, weil man im 20. Jahrhundert in das historische Gehäuse eben ein elektropneumatisches Instrument eingebaut hatte, bei welchem besagter Kontakt zwischen Taste und Pfeife durch Druckluft und Elektromagnete vermittelt wird. Das war damals modern und billiger als eine aufwendige Mechanik, leider aber auch störungsanfälliger (Undichtigkeiten, Kurzschlüsse usw.). Nach rund sechzig Jahren war die Maschine unspielbar, hoffen wir, daß der (noch nicht ganz abgeschlossene) Neubau länger hält. Soweit mein keineswegs als Beckmesserei gedachter kleiner Einwand. Weiterhin viel Spaß bei den grenzübergreifenden Exkursionen - und einen freundlichen Gruß aus dem dick verschneiten kalten Pfälzer Wald an Sie und Ihre Mitradler! Ihr R. A. J. P.S.: Falls Sie oder jemand aus dem Bekanntenkreis Musik mögen und/oder sich gar auf den Umgang mit Tasteninstrumenten verstehen - probieren Sie doch einfach mal eine schöne Kirchenorgel aus (nach Absprache mit den zuständigen Leuten ist dies meist ohne Bürokaratie möglich, notfalls wirkt eine kleine Spende zum Unterhalt der Kirche oder der Orgel durchaus katalytisch); Sie werden staunen (falls Sie es noch nicht getan haben), was man selbst als Amateur für Klangreichtümer hervorzaubern kann. Aber Vorsicht: Es könnte sein, daß die Orgel Sie nicht mehr losläßt... (Ähnliche Warnungen gelten für den engeren persönlichen Umgang mit Glocken, auch dort gibt es Klangwelten zu entdecken.)