Dienstag, 6.7.
Die letzte Etappe also von Gransee nach Berlin. Kraatz-Buberow und
Kleinmutz, dann Zehdenick, eine größere Stadt. Danach verfransen wir
uns im märkischen Wald. Aus dem tiefen Sand erlösen uns zwei
Pilzsucher, die uns den Weg nach Krewelin beschreiben. Pilze haben sie
nur wenig vorzuweisen. "Dann gehn wir eben angeln" meinen sie. Von
Krewelin bis Liebenwalde geht es am Rand der Schorfheide durch grüne
Wiesen parallel zum Malzer Kanal entlang. In Liebenwalde wird Heidi
bei einem Bäcker fündig und bringt zwei Zuckerstücke an.
Am Oder-Havel Kanal biegen wir rechts ab in einen nicht enden
wollenden Wald Richtung Oranienburg. "Gut, daß wir nicht in Polen
sind" bemerke ich angesichts der Waldeinsamkeit. Später erzählt
Werner M., daß die Oranienburger Heide nicht so ohne ist, da würden
häufiger Autos aufgebrochen.
Uns passiert das aber nicht, keine Menschenseele läßt sich auf 15 km
Fahrt blicken und wir erreichen in Schmachtenhagen wieder das
Tageslicht. Auf dem Weg nach Oranienburg ein Hinweisschild auf
Massengräber im Wald, die wohl erst nach der Wende entdeckt wurden.
Wir suchen die Gedenkstätte Sachsenhausen auf, zu Hitlerzeiten ein
KZ, danach Internierungslager der Russen. Vor einigen Monaten haben
hier Neonazis einen Brandanschlag auf eine der Lagerhallen verübt.
Daneben befindet sich die Halle mit den ehemaligen Gefängniszellen.
Bekannte Personen, die hier in Einzel- oder Dunkelhaft, z.T. monate-
und jahrelang gefangen gehalten wurden, werden auf Schautafeln
vorgestellt. Die Fotoapparate klicken. Zweifelhafter ist die ehem.
Pathologie. Das geht nur knapp an einem Gruselkabinett vorbei.
Wir sind uns darüber klar, die Vergangenheitgsbewältigung reicht
nicht in die Gegenwart. Viele schöe Worte macht man ja, aber was heute
so auf der Welt passiert, was hat sich gebessert?
In Oranienburg schluckt uns der Großstadtverkehr. Auf der Suche nach
einer Nebenstrecke Richtung Berlin lernen wir allerhand verschwiegene
Ecken von Außenberlin kennen. Das bringt uns aber nicht weiter, an
einem Hundeübungsplatz im Winkel zwischen Oranienburger Kanal und
Autobahn geben wir auf und steuern direkt die S-Bahnstation
Birkenwerder an.
Von hier können wir direkt mit der S1 nach Lichterfelde fahren, wo
M.s wohnen. Ordnungsgemäß lösen wir die Fahrkarten für uns und die
Räder. Erst unterwegs entdecken wir, daß man die auch entwerten
muß. Das sorgt wieder für Spannung, aber wir schlüpfen durch das
Überwachungsnetz.
Als wir bei M.s eintreffen, ist die Radtour zuende. Geplant sind nun
noch zwei Tage in Berlin, Heidi war seit ihrer Schulzeit nicht mehr
richtig in Berlin.
Untergebracht werden wir unter'm Dach juchhee, wo uns die beiden Jungs
die elektrische Eisenbahn beiseiteräumen. Dafür muß ich mit Ihnen,
so oft es geht, Tischfußball spielen. Wenn ich das nächste Mal
hinkomme, schneide ich sicher schlechter ab...