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Sonntag, Ostern

Bisher vermissen wir unsere Tischgenossen. Wir habern sie noch nicht gesehen, aber es muß sie geben, denn heute finden wir beim Frühstück ein paar Körner auf der Tischdecke.

In diesen ersten Tagen ist das Wetter morgens immer trübe, um sich dann so gegen Mittag in Sonnenschein zu verwandeln. So gehen wir heute morgen mal in Richtung Santa Ponsa, vorbei am Beverly Playa und Hapimag. Hapimag ist ein Konzern, wo man Aktien zum Bewohnen von weltweit verteilten Appartments erwerben kann.

Der Blick auf Paguera und Cala Fornells ist schön, der Weg nicht weniger, da geht es kreuz und quer durch das Gestrüpp und irgendwann nicht mehr weiter. Wir kommen dann an einem Tennisplatz raus, wo sich einige Leute mutwillig ins Schwitzen bringen. Beim Hapimag holen wir uns eine kleine Wanderbroschüre. Im Ort bewundern wir den Einkaufs-Esel, der ist gespickt mit Souvernirs und steht reglos an der Straße. Erst habe ich den für ausgestopft gehalten. Einmal hat er aber sehr elegant einen Huf abgeknickt, ist also doch nicht ausgestopft. Zum Fotografieren traue ich mich nicht, weil der zugehörige Eselstreiber so geldgierige Augen macht.


Straßenleben

In einer Seitenstraße ist ein kleines Maleratelier, da malt ein bärtiger Künstler Landschaftsaquarelle von Fotografien ab. Der Mann macht einen armseligen Eindruck, aber vielleicht ist das sein Trick. Die Landschaftsbilder sind etwas übertrieben, Personenportraits aber recht gut gelungen.

An der Mole treiben andere Ganoven ihr Unwesen. Einer bietet Uhren an, diskret in Papier eingewickelt: "Schmuggeluhr, Occasion, Rolex, 50 Mark". Andere verteilen ständig Zettel mit Einladungen zu Einkaufsfahrten, ganz interessante Sachen dabei und weit preiswerter als die offiziellen Veranstalterangebote. Auch mit dem Glasbodenboot sollen wir fahren, na, kommt Zeit kommt Rat. Bald sind wir wieder am Pool in der Sonne. Ich muß mit meinem Sonnenbrand aufpassen und ein Hemd anbehalten oder der Sonne den Rücken zukehren.

Zur Erheiterung erwählen wir uns einen Herrn der verblüffend dem Komiker Loriot in der Attitüde des alternden Jagdmanns ähnelt. Damit steht der Spitzname Loriot natürlich fest. Dieser Herr nähert sich mit schlurfenden Schlappen gemächlich einer freien Liege, schleift sie in die richtige Positur, und Beine hoch, Kopf hoch, der Sonne entgegen. Vorher wird noch Muttchen zugewinkt, die haust wohl oben auf einem der Balkone. Bald schläft er ein. Es dauert nicht lange, da erscheint sein Muttchen auch unten, schleift eine weitere Liege heran und bettet sich daneben wie eine Glucke. Doch schon wacht unser Loriot auf, schnappt seine Sachen, entfernt sich brummelnd und schlägt weitab von seinem Muttchen sein neues Lager auf. Wir haben wieder was zum Grübeln.

Beim Abendessen lernen wir unsere Tischgenossen endlich kennen, ein jüngeres Paar aus Bremen. Die sind kaum ansprechbar. Etwas unwirsch sehen sie uns beim Essen zu, während ich meinen Dorsch auseinander pule. Kaum können sie ihr Mineralwasser so schnell austrinken, wie sie wegwollen. "Was war das denn", sagt Heidi, als sie sich eilig verabschiedet haben."Na, das sind so Körnerfresser, sind wir uns einig, womit wieder ein neuer Spitzname gefunden ist. Es sei aber fairerweise gesagt, daß unsere Körnerfresser sich durchaus wie wir auch ernährt haben und es dann später auch schon mal zu einem Gespräch gekommen ist.

Die K.-fr. haben sich für drei Tage ein Auto gemietet. Zwei Tage wäre zu stressig, meint sie, um alles zu sehen. Nochmal würde man auch nicht mehr herfahren, das Hotel sei zu laut. Und das Essen sei auch nicht das Wahre...

Am Abend gehe ich allein aus, Heidi spielt lieber den Leuchtturm in der Hotelhalle, auch ihre Gesichtsfarbe ist entsprechend. Ich begebe mich auf der Rückseite des Hotels hinaus in die wilde Bergwelt. Die hat man nach wenigen Schritten erreicht. Auf Trampelpfaden geht es in alle möglichen Richtungen. Ich habe mir einen Hausberg ausgeguckt, den ich gelegentlich besteigen möchte. Den Anstieg kann man ja schon mal erkunden. Dazu steige ich in einem kleinen Wäldchen 20 Min. auf und erreiche dann eine Anhöhe wo man in das dahinterliegende Tal sehen kann. Dort hindurch wird die Umgehungsstraße führen, der Anstieg zu meinem Berg scheint hinter der Baustelle schräg den Hang hinauf zu laufen. Jetzt ist es ratsam, vor dem schnellen Einsetzen der Dunkelheit wieder hinab zu hüpfen, denn das Gelände ist sehr unwegsam.

In der Disco-Bar des Hotels findet heute ein Travestie Kabarett statt, was wir aber unter unserer Würde halten. Die Mehrzahl der Gäste ist jedoch begeistert über jede Abwechslung, dazu gehören auch Bingo-Abende oder Tanzvergnügen. Ein Herr namens Paco organisiert diese Veranstaltungen.

Wenn man in den Ort geht, kann man auch seinen Spaß haben. In einer Disco-Bar namens Club Hawai bekommt man einen Blumenkranz umgehängt. Wer mutig ist, kann auf der Bühne als Stier verkeidet gegen einen Torero kämpfen, beide auf Rollschuhen. (Das entnehmen wir aber nur den aushängenden Fotografien.) Andere Lokale bieten die deutschen Fernsehprogramme. Besonders Übertragungen von Fußballspielen erfreuen sich gesteigerter Beliebtheit.

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