Angesichts zahlreicher Schmuckstände piert Heidi schon wieder auf eine Perlenkette. Die Schmuckverkäufer sind zumeist Zigeuner und rufen immer "Looki, Lookiii!!" hinter einem her. Schließlich wird eine Kette angeboten zu dem stolzen Preis von 5000 Peseten (60 DM). Wir legen uns stur auf 1500 Peseten fest. Bei 1750 Peseten kommt der Handel zustande. Wahrscheinlich hat man uns immer noch über's Ohr gehauen, aber wir sind ganz stolz auf unsere Feilschkünste.
Die Stimmung wird weiterhin dadurch angehoben, daß an sämtlichen Verkaufständen mit Musikkassetten oder -CDs derselbe Schlager erklingt. Der Text ist naheliegender Weise in Deutsch und geht etwa so:
Ob allein, oder zu zwein: Palma, Palma de Mallorca, Palma de Mallorca....
und das wiederholt sich dann immer weiter so. Das geht also sofort in's Ohr und läßt sich leicht merken, faszinierend.
Die nächste Attraktion ist wieder der Hütchenspieler. Aufgeregt drängelnd umgeben ihn die Mitspieler, setzen hektisch vierstellige Beträge und gewinnen oder verlieren. Man weiß nur nie, ob das echte oder mitgebrachte Mitspieler sind. Wir spielen natürlich nicht, zumal ich - hinter dem Spieler stehend - seinen Trick herausbekomme. Die Hütchen sind ausgehöhlte Kartoffeln. Das Kügelchen quetscht er zuweilen von einer Kartoffel zur nächsten durch, das kann man nicht erkennen, weil es durch die Kartoffelschale verdeckt geschieht. Deswegen ist es unmöglich, auch bei genauester Beobachtung, einen zuverlässigen Tip abzugeben, unter welcher Kartoffel das Kügelchen nach einigem Herumgeschiebe schließlich landet.
Nach dem abschließenden Erwerb von ein paar Nagellackpatronen und einer Tüte Mispeln, das sind aprikosenartige orangefarbige Früchte, fahren wir mit dem Bus zurück. Vor dem Hotel treffen wir auf die Schneider Connection, die sich abreisefertig zum Aufbruch anschickt. Wahrscheinlich sind alle Geschäfte getätigt, die Profite verrechnet, Provisionen abgebucht usw. In 14 Tagen sei er schon wieder da, sagt der eine. Wir bieten ihnen ein paar von den gerade erworbenen Mispeln an. So scheiden wir voneinander und von der Schneider Connection kann desweiteren nicht mehr berichtet werden.
In der Nachbarschaft des Hotels entdeckt Heidi einen Beauty-Shop oder sowas, ein nettes deutsches Mädel macht Make-Up, Maniküre und Fußpflege. Bei Heidi erschwert nun seit geraumer Zeit ein Hühnerauge den beschwerdefreien Sitz von allerleih Schuhwerk. Heidi meldet sich für den nächsten Tag an. Gleich daneben ist ein Verleih für Autos, Motorräder, Motorroller, Mopeds und Fahrräder. Da melde ich mich für den nächsten Tag an.
Dann vergeht der Rest des Tages an einem schattigen Plätzchen, dem Palmenzimmer, wie ich es taufe. Da liegt man unter Palmwedeln, und wenn man die Augen zumacht, meint man, süße Südseeklänge zu vernehmen. Es ist aber nur der Schneewalzer, und der erklingt aus der Bar. Ein paar Tage später drückt es eine Dame, die uns diesen Platz weggeschnappt hat, so aus: "Dat is als wenn ein einer mit die Wedel immer so die Luft zufächeln täte, woll".
An diesem Tag liegen auf den Nachbarliegen ausschließlich weibliche Sonenanbeterinnen. Eine davon sticht besonders ins Auge, tiefschwarze Haare und unverkennbar einige kosmetische Ersatzmaßnahmen lassen ihrer Erscheinung erhöhte Aufmerksamkeit zu Teil werden.. Sie ist im Besitz eines hoffentlich rechtmäßig erworbenen Badetuches mit der Aufschrift "Cretan Village". Im angekleideten Zustand (ich meine: nicht im Badedress) bevorzugt die Dame weitausladende weiße Gewänder. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einer bekannten Geschäftsfrau aus Hannover (Theresa. O.) ist auch nicht von der Hand zu weisen.
Eine weitere Personengruppe des Hotels erscheint immer erst abends, denn das sind hartgesottene Sportler. Es sind 4 Bobfahrer und sie kommen aus Winterberg. Angeblich Olympiakader, Nationalfahrer und sowas. Die bessern nun mit Rennrädern hier ihre Kondition auf und haben mit der holden Weiblichkeit zunächst nichts am Hut.
Auf eine Zigarette sitzen wir noch mit unseren Tischgenossen nach dem Abendessen draußen. Wir diskutieren nochmal das Altersprofil der Gäste. Unter Silberhochzeit läuft ja hier gar nichts, hat man den Eindruck. Ehepaar B. aus Hildesheim erzählt, das sei so eine Sache bei ihnen, sie seien zwischendurch ja mal geschieden gewesen. Jetzt laufe es aber ganz gut, versichert er, man lasse die Silberhochzeit weg und feiere dann 5 Jahre später lieber den dreißigjährigen Krieg!
Am Abend zieht es zu und es fallen sogar ein paar Regentropfen. Ich bange - mehr als Heidi - um die morgige Unternehmung.