Mittwoch, Inselrundfahrt

Heute startet die erste Unternehmung: die Inselrundfahrt. Der Bus schraubt sich zunächst die Straße hinauf, die wir auf der Herfahrt im Dunkeln entlang gefahren sind. Nun kann man die Landschaft bewundern, die mit zunehmender Höhe grüner wird, da sich weiter oben mehr Feuchtigkeit aus der Luft und gelegentlichen Wolken niederschlägt. Unser Reiseführer heißt Olav und er versorgt uns mit den nötigen Informationen in Deutsch und Englisch. An der Abzweigung Richtung San Sebastian fahren wir in Richtung Inselinneres und es gibt einen Fotostop am Aussichtspunkt Roque de Agando bei etwa 1100 m Höhe. Von diesen Roques (Felsen) gibt es eine ganze Reihe auf Gomera. Es handelt sich um ehemalige Vulkanschlote, die aus härterem Gestein (Phonolith lt. Wikipedia) bestehen als das ehemals umgebende Lavagestein, das inzwischen weggewittert ist.

Bald darauf biegt der Bus in eine kleinere Straße Richtung Norden ein und an einem Parkplatz dürfen wir Gäste aussteigen. Hier beginnt eine kleine Wanderung, als "kurzer Spaziergang" angekündigt. Man bekommt einen Eindruck von dem Regenwald oder Nebelwald, der inzwischen streng geschützt ist und seine Feuchtigkeit aus den Wolken bezieht, die über den Atlantik herantreiben. Die Bäume sind z.T. mit Moos bewachsen und das macht schon einen bizarren Eindruck. Nach etwa einer halben Stunde kommt man an einem tiefer gelegenen Parkplatz an, wo der Bus schon wartet. Einige atmen auf.

Es geht weiter nach Norden durch das gut besiedelte Tal von Hermigua in das Dorf Agulo, das als das schönste Dorf der Insel bezeichnet wird. Hier war einmal ein Zentrum des Bananenanbaus. Ein paar Steinblöcke an der Felsenküste sind letzte Reste einer Verladestation, wo man die Bananen über eine Seilbahn in die Schiffe verladen hat. Heute sei der Export der Bananen zum Erliegen gekommen, weil die Früchte nicht der EU-Norm entsprechen und zu gut schmecken würden (Augenzwinkern). Auf die Frage, wovon die Inselbewohner heute leben heißt es "Von wenig" (kein Augenzwinkern).

Das Dorf Agulo ist umgeben von steilen Felswänden, die Hänge soweit zugänglich in Terrassen angelegt, doch heute macht man sich nicht mehr die Mühe, jedes Fleckchen Erde zu nutzen, die Zeiten sind vorbei und die Jugend wandert ab. In vergangenen Zeiten seien schon viele Anwohner ausgewandert, z.T. nach Venezuela, wo es nach Ölvorkommen Arbeit gab. Doch viele Auswanderer sind noch eng mit ihrer Heimat verbunden, kommen zu Festlichkeiten zurück und haben auch noch Besitztümer auf der Insel. Mit der Besichtigung der Kirche beschließen wir den Besuch dieses schönen Ortes.

Das nächste Ziel ist ein Informationszentrum Juego de Bolas bei Las Rosas. In einem Gebäude sind allerhand Schautafeln über Vegetation, Klima, geologische Gegebenheiten oder historische Vergangenheit zu studieren. An einem plastischen Modell ist die Insel nachgebildet und man kann verstehen, warum es keine Küstenstraßen gibt. Die Insel ist eigentlich ein vulkanisch entstandener Kegel, und nun durchzogen von radialen Längstälern, die man durch Straßenbauten unmöglich überwinden kann. Um von einem Ende der Insel zum anderen zu kommen, muss man stets über das hochgelegene Inselzentrum fahren.

Der höchste Punkt der Insel heißt Garajonay mit 1487 m Höhe. Mit dem Namen verbindet sich eine Art Romeo und Julia Geschichte. Ein junger Mann aus Teneriffa namens Jonay verliebte sich auf Gomera in ein Mädchen namens Gara. Später dann schwamm(!) er von Teneriffa nach Gomera, wo er bei den Angehörigen seiner Angebeteten aber keine Anerkennung fand. So trafen sich die beiden Liebenden in ihrer Not auf dem höchsten Punkt der Insel, spitzten einen Stock beidseitig an und umarmten sich mit dem Stock zwischen sich, wodurch sie beide den Tod fanden. Seitdem heißt dieser Ort Garajonay, auch wenn man die traurige Geschichte eher dem Reich der Sage zuordnen muss.

Im Anschluss an die Besichtigung des Informationszentrums wird in einem nahen Lokal das Mittagsessen eingenommen. Ein Gast wagt sich an ein Kaninchengericht, wir belassen es bei Kichererbsen. Bei der Weiterfahrt wird an einigen Aussichtspunkten (Mirador) ein Fotostopp gemacht, wo man schöne Bilder machen kann, aber hinterher nicht mehr weiß, wo das gewesen sein könnte. So wird noch ein Halt eingelegt in Chipude oder El Cercado, jedenfalls einem Töpferdorf, wo nicht mit der Töpferscheibe sondern von Hand getöpfert wird. Die Gäste kaufen eifrig, sodass eine Dame beim Verkauf die Finger zu Hilfe nehmen muss, um den Kaufpreis auszurechnen.

Schließlich wird der letzte Halt am Mirador de Igualero eingelegt. Hier befindet sich eine kleine Kapelle und man hat einen schönen Panoramablick auf den Tafelberg La Fortaleza. Außerdem gibt es eine Bronzestatue als Symbol für die einzigartige Pfeifsprache El Silbo, mit der sich die Einwohner über weite Strecken und über die Täler hinweg zu verständigen wussten. Das wird heute wieder in der Schule gelehrt, nachdem man die Pfeiferei zum Weltkulturerbe erklärt hat. Leider wurden wir keine Ohrenzeugen dieses akustischen Schauspiels. Wenig weiter befindet sich das Dorf Igualero. Auch dieser Ort ist weitgehend aufgegeben. Es wohnen dort noch zwei Brüder, und die haben seit zehn Jahren nicht mehr miteinander geredet - so wird erzählt.

Zum Abschluss fahren wir durch den Ort Alajero, wo unser Führer Olav mit seiner Familie lebt. Dort hat man mit EU-Mitteln eine Buszentrale und eine Käsefabrik eingerichtet. Fazit: die Buszentrale wird nicht genutzt und die komplett ausgestattete Käsefabrik hat noch nicht einen Käse produziert. Fast zurück in Playa de Santiago fährt man durch ödes Gelände, wo früher einmal Tomaten angebaut wurden. Nach einer großen Dürre wurde die Produktion eingestellt. Nun hat man hier mit viel Aufwand einen Flugplatz angelegt. Dort landet einmal am Tag ein Propellerflieger, für größere Flugzeuge reicht die Landebahn nicht aus. Um noch einen weiteren Rückschlag zu nennen: seit kurzem ist auch eine Schiffsverbindung entlang der Küste der Fa. Olsen wegen Finanzkrise und Sparmaßnahmen eingestellt worden. Man hatte diese täglich mit 7000 EURo subventioniert, und bei einem zu geringen Touristenaufkommen rentiert sich die Sache eben nicht. So muss man sich auf das Autofahren und Wandern, oder auch Golfspielen konzentrieren.

Am Nachmittag erreichen wir wieder unsere Hotelanlage und freuen uns über die erlebnisreiche und informative Inselrundfahrt, auf der man viel gesehen und gelernt hat. Der morgige Tag wird als Ruhetag verplant, am Freitag geht es dann auf die nächste Tour.


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